Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 11 K 4587/12 BG
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2Streitig ist, ob Grundbesitz auf den 01.01.2012 als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten ist.
3Es geht um die wirtschaftliche Einheit “A-Hof“ in B. Die Eigentümerin und Klägerin, Frau C, …, hat das Anwesen an die Eheleute D seit dem 01.10.1989 verpachtet. Verpachtet sind sämtliche Gebäude des A-Hofes. Zum Pachtobjekt gehören die Wirtschaftsgebäude, das Wohnhaus und anliegende Flächen der Hofstelle (§ 1 des Pachtvertrages vom 24.02.1989 – FG Akte Bl. 141 ff.). Zu dem Pachtvertrag gehört eine Anlage, in der die zugehörigen Grundstücksflächen zeichnerisch dargestellt sind (FG Akte Bl. 148). Die Nutzung sollte als „Reiterhof“ erfolgen.
4Laut Anlage zur Erklärung auf den 01.01.2010 zur Feststellung des Einheitswerts für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Klägerin beträgt die Gesamtfläche des von den Eheleuten D gepachteten A-Hofes 2,4724 ha.
5Herr D ist Lehrer, das Ehepaar D lebt selbst nicht auf dem Hof. Der Pachtvertrag vom 24.02.1989 ist bis zum Jahr 2017 verlängert worden.
6Die ehemalige historische Hofanlage ist seit dem 01.01.1968 als sonstiges bebautes Grundstück bewertet (EW-Nummer …).
7Die Anlage besteht aus einem Wohnhaus, zwei Ställen (Bauteile 4 und 5) und aus einer zur Reithalle umgebauten Scheune (Bauteil 6). Darin sind 17 Pferdeboxen vorhanden, von denen drei genutzt werden und mit Pferden des Pächters belegt sind. Die drei Wohnungen sind durch die Eheleute D weitervermietet.
8Die Klägerin ist im Übrigen Eigentümerin weiteren umfangreichen Grundbesitzes.
9Neben dem als Grundvermögen bewerteten A-Hof ist sie Eigentümerin des E-Gebäudes, die zuletzt genannte Einheit ist ebenfalls als Grundvermögen bewertet worden.
10Das gesamte land- und forstwirtschaftliche Vermögen der Klägerin – die Grundstücksflächen sind seit Jahrzehnten zu landwirtschaftlichen Zwecken verpachtet – wurde vom Finanzamt auf Antrag der Klägerin als eine wirtschaftliche Einheit erfasst (F-Hof, Einheitswert Nr. …), nachdem die Eigenbewirtschaftung des Obstbaubetriebs durch die Klägerin eingestellt und insoweit gleichfalls eine Verpachtung vorgenommen wurde.
11Am Bewertungsstichtag 01.01.2012 hat die Klägerin die land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen und Wirtschaftsgebäude an den Pächter G, … und Herrn H, …, verpachtet. Die forstwirtschaftlichen Flächen werden durch die Klägerin selbst bewirtschaftet.
12Für diesen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Klägerin wurde zuletzt mit Bescheid vom 30.03.2005 eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2005 vorgenommen, dieser Fortschreibung liegt eine Gesamtfläche von 117,8001 ha zu Grunde (Bl. 122 FG Akte). Es handelt sich um verschiedene Flurstücke, belegen in I (…), J (…) und B (…). Von der als sonstiges bebautes Grundstück bewerteten wirtschaftlichen Einheit A-Hof sind diese Flurstücke teilweise einige Kilometer entfernt.
13Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 19.02.2014 (FG Akte Bl. 125 ff.) und der Klägerin vom 10.03.2014 (Bl. 129 ff. FG Akte) Bezug genommen.
14Im Jahre 2010 teilte die Klägerin mit, es hätten sich hinsichtlich der Nutzung des als Grundvermögen bewerteten Objektes A-Hof erhebliche Änderungen ergeben. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude würden durch den Pächter im Rahmen eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft genutzt. Der Umfang der landwirtschaftlich genutzten Flächen betrüge rund 2 ha. Sie dienten der landwirtschaftlichen Pferdehaltung und Pferdezucht. Der Einheitswert sei daher zu mindern, für die wirtschaftliche Einheit „Betrieb der Land- und Forstwirtschaft“ sei auf den 01.01.2010 eine Nachfeststellung durchzuführen.
15Daraufhin besichtigte der landwirtschaftliche Sachverständige des Beklagten gemeinsam mit dem Pächter am15.11.2010 das Objekt.
16Der Sachverständige stellte fest, dass es sich bei der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit um eine ehemalige Resthofstelle, bestehend aus Wohnhaus, einem Pächterhaus, einer Reithalle sowie einem umgebauten Kuh- und Schweinestall mit eingebauten Pferdeboxen handele. Das Wohnhaus sei in drei Einheiten aufgeteilt und werde vom Pächter der Anlage, einem Lehrer, untervermietet. Es seien zwei Reitplätze vorhanden. Im weiteren Umfeld stünden Bäume und anschließend seien Weideflächen eingezäunt. Der Pächter der Anlage halte auf dem Anwesen drei Pferde, die auf den Sportflächen geritten würden. Die umliegenden Weideflächen stünden den Pferden zur Verfügung. Der Pächter lebe nicht auf dem Hof.
17Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, es bestehe kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, da die fraglichen Gebäudeteile der Unterbringung und Erhaltung von privat gehaltenen Pferden dienten. Ferner müsse die zum Grundvermögen gehörende Fläche, vorher 24.161 m², auf nunmehr 10.021 m² verringert werden, eine abbruchreife Arbeiterwohnung (Bauteil 2) sei nicht mehr im Einheitswert zu erfassen.
18Die Grundstücksfläche von 10.021,00 m² setzt sich zusammen aus einer Sportflächen/Reitplatz von 6.905,00 m², der Hof- und Gebäudefläche (ehemalige Wirtschaftsgebäude) von 2.351,00 m² und der Hof- und Gebäudefläche (Wohnhaus) von 765,00 m². Wegen der Einzelheiten wird auf den mit Schriftsatz des Beklagten vom 19.02.2014 überreichten Lageplan vom 06.02.2014 zu Flur x, Flurstück x, Gemarkung B und die beiden beigefügten Luftbilder Bezug genommen (FG Akte Bl. 128 a ff.).
19Infolgedessen wurde mit Wertfortschreibungsbescheid vom 29.12.2010 der Einheitswert auf den 01.01.2010 entsprechend herabgesetzt, die Bewertung erfolgte weiterhin als sonstiges bebautes Grundstück.
20Der Antrag auf Wertfortschreibung und Nachfeststellung eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft aus dem Jahre 2010 wurde unter Bezugnahme auf die Feststellungen des Sachverständigen abgelehnt. Die dagegen eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung aus Juli 2011 bestandskräftig zurückgewiesen.
21Mit Schreiben vom 11.10.2012 beantragte die Klägerin erneut, den A-Hof als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu bewerten und auf den 01.01.2012 eine fehlerbeseitigende Art- und Wertfortschreibung durchzuführen. Mit Beschluss vom 18.12.1985 (II B 35/85, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1986, 282) habe der Bundesfinanzhof entschieden, dass land- und forstwirtschaftliche Flächen, die dem Halten von Reitpferden zur privaten Freizeitgestaltung dienten (Liebhaberei), land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Sinne des Bewertungsgesetzes seien. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 33 Abs. 3 Nr. 4 S. 2 Bewertungsgesetz (BewG) werde die Zugehörigkeit der landwirtschaftlich genutzten Flächen (in dem entschiedenen Fall hätte es sich wie im vorliegenden Fall um die Erzeugung der Futtermittel für die zu privaten Hobbyzwecken gehaltenen Pferde gehandelt) zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen durch die Tierhaltung als Liebhaberei nicht berührt.
22Der Beklagte lehnte auch diesen Antrag ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14.11.2012 als unbegründet zurück.
23Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage.
24Die wirtschaftliche Einheit A-Hof in B – so die Klägerin – bestehe aus ca. 9.021 m² landwirtschaftlich genutzter Flächen und Hof- und Gebäudeflächen nebst Wirtschaftsgebäuden. Die auf den Wohnteil entfallende Fläche von ca. 1.000 m² sei in den 9.021 m² nicht enthalten. Der Hof sei seit Jahren verpachtet. Der derzeitige Pächter nutze die Flächen und die Wirtschaftsgebäude zur Pferdehaltung. Der Wohnteil werde vom Pächter selbst nicht genutzt, sondern sei insgesamt von ihm untervermietet.
25Das Finanzamt sei zur Begründung des Antrages, das gesamte Anwesen als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu bewerten, auf den Beschluss des BFH vom 18.12.1985 verwiesen worden. Darin habe der BFH entschieden, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen, die dem Halten von Reitpferden zur privaten Freizeitgestaltung dienen (Liebhaberei), land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Sinne des Bewertungsgesetzes seien. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 33 Abs. 3 Nr. 4 S. 2 BewG werde die Zugehörigkeit der landwirtschaftlich genutzten Flächen (in dem entschiedenen Fall handele es sich wie im vorliegenden Fall um die Erzeugung der Futtermittel für die zu privaten Hobbyzwecken gehaltenen Pferde) zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen durch die Tierhaltung als Liebhaberei nicht berührt. Der BFH verweise in der Begründung seines Beschlusses auf eine Entscheidung des Reichsfinanzhofes, die nach Auffassung des BFH in dem genannten Beschluss auch für das geltende Recht uneingeschränkte Bedeutung besitze. Danach sei geklärt, dass der bewertungsrechtliche Begriff der Land- und Forstwirtschaft eine Erzeugung des Erwerbs wegen nicht voraussetze.
26Die wirtschaftliche Einheit sei nur insofern als sonstiges bebautes Grundstück zu bewerten, als sie das Wohnhaus und die dazugehörige 1.021,00 m² große Grundstücksfläche betreffe.
27Die Klägerin beantragt,
28den Bescheid über die Ablehnung des Antrages auf eine fehlerbeseitigende Art- und Wertfortschreibung auf den 01.01.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, auf den 01.01.2012 für die wirtschaftliche Einheit des sonstigen bebauten Grundstücks eine Wertfortschreibung dahingehend durchzuführen, dass nur das Wohnhaus mit dem dazugehörigen Grund- und Bodenanteil (1.021,00 m²) als sonstiges bebautes Grundstück auf den 01.01.2012 bewertet wird;
29hilfsweise, die Revision zuzulassen.
30Der Beklagte beantragt,
31Klageabweisung.
32Die beantragte fehlerbeseitigende Wertfortschreibung sei zu Recht abgelehnt worden. Zutreffend seien die fraglichen Gebäudeteile bewertungsrechtlich nicht dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet, sondern im Einheitswert des sonstigen bebauten Grundstücks erfasst.
33Für die Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen komme es nach § 33 Abs. 1 S. 1 BewG darauf an, ob die Wirtschaftsgüter dauernd einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen bestimmt seien. Das setze eine gewisse planmäßige und ständige Bewirtschaftung voraus. Der Wille des Eigentümers müsse darauf gerichtet sein, einen angemessenen Nutzen in Form eines nachhaltig erzielbaren Rohertrages zu erwirtschaften (Rössler/Troll, § 33 BewG, Anm. 5). Ob Wirtschaftsgüter dauernd einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen bestimmt seien, sei im Übrigen nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen.
34Eine solche Nutzung sei im Streitfall nicht gegeben. Schon seit vielen Jahren liege kei-
35ne Nutzung zu landwirtschaftlichen Zwecken vor. Das hobbymäßige Halten von Reit-
36pferden durch den Pächter allein stelle keine derartige Nutzung dar. Der Pächter sei als Lehrer tätig, lebe nicht auf dem Hof und betreibe auch keinerlei Land- und Forstwirtschaft.
37Die von der Klägerin angeführte BFH-Entscheidung vom 18.12.1985 gehe von einem anderen Lebenssachverhalt aus. Anders als im hier zu entscheidenden Fall sei damals beantragt worden, dass Flächen nicht im Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erfasst werden, sondern als Grundvermögen bewertet werden sollten. Der damalige Eigentümer habe jedoch einen Teil der Flächen land- und forstwirtschaftlich genutzt. Folglich sei auch die Fläche, die der privaten Freizeitgestaltung diente (Pferdehaltung) im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen erfasst worden.
38Der von der Klägerin vorgenommene Umkehrschluss aus dieser Entscheidung sei nicht möglich und würde zu einer fehlerhaften Einordnung führen. Denn im hier vorliegenden Streitfall finde keinerlei landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des Bewertungsgesetzes statt. Dies habe der landwirtschaftliche Sachverständige bei seiner Ortsbesichtigung auch so festgestellt. Der gesamte Hof sei verpachtet, in erster Linie zu Wohnzwecken. Die Nutzung durch den Pächter für drei private Pferde (ohne Zucht) ersetze nicht die geforderte land- und forstwirtschaftliche Nutzung.
39Daher sei es auch unerheblich, dass die am Hof vorhandenen Grünflächen als ausreichend im Sinne von § 51 BewG erachtet würden. Diese Vorschrift diene allein der Abgrenzung der landwirtschaftlichen von der gewerblichen Tierzucht und Tierhaltung und löse nicht die hier vorliegende grundsätzliche Streitfrage.
40Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 27.01.2014 und 24.07.2014 Bezug genommen.
41E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
42- 43
I. Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, nach § 22 BewG die begehrte (fehlerbeseitigende) Wertfortschreibung auf den 01.01.2012 durchzuführen (§ 101 S. 1 Finanzgerichtsordnung –FGO-). Die wirtschaftliche Einheit A-Hof ist auch zum 01.01.2012 unverändert als sonstiges bebautes Grundstück im Bereich des Grundvermögens zu bewerten.
45Ist ein bisher als Grundvermögen bewertetes Grundstück nach § 33 Abs. 1 und 2 BewG dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen, so muss dies im Wege der Nachfeststellung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 BewG geschehen, da – ebenso wie im umgekehrten Fall – eine wirtschaftliche Einheit neu entsteht (BFH-Urteil vom 05.05.1999 II R 44/96, Sammlung amtlich nicht veröffentlichte Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2000, 8 unter Hinweis auf den BFH Beschluss vom 04.02.1987 II B 33/85, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 148, 537, BStBl. II 1987,326, sowie Gürsching/Stenger, § 23 BewG Anm. 18). Sind nur Teile des bisher als Grundvermögen bewerteten Grundstücks als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten, ist infolgedessen neben der entsprechenden Nachfeststellung eine korrespondierende Wertfortschreibung des bisherigen Grundvermögens vorzunehmen.
46Der Grund und Boden in dem dem Bescheid vom 29.12.2010 zu Grunde gelegten Umfang von 10.021,00 m² sowie die zugehörigen Wirtschaftsgebäude des Anwesens gehören am Stichtag 01.01.2012 nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen der Klägerin.
47Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ist die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 33 Abs. 1 S. 1 und 2 BewG). Zu den Wirtschaftsgütern, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind, gehören insbesondere der Grund und Boden, die Wohn- und Wirtschaftsgebäude, die stehenden Betriebsmittel und ein normaler Bestand an umlaufenden Betriebsmitteln; als normaler Bestand gilt ein solcher, der zur gesicherten Fortführung des Betriebes erforderlich ist (§ 33 Abs. 2 BewG).
48Die Voraussetzungen der Vorschrift sind im Streitfall nicht erfüllt.
491. Das BewG 1965 verwendet den Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens als Sammelnamen. Es fasst unter diese Bezeichnung neben der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft auch den Weinbau, den Gartenbau und die sonstigen Betriebszweige der Land- und Forstwirtschaft zusammen. Nach neuem Recht gibt es demgemäß beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen als wirtschaftliche Einheit nur den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, der allerdings verschiedene Nutzungen umfassen kann (vgl. §§ 33, 34 BewG). Bei der Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit sind die Grundsätze zu beachten, die der BFH im Urteil vom 05.12.1980 III R 56/77 (BFHE 133, 212, BStBl II 1981, 498) herausgearbeitet hat.
50Seit der Entscheidung des Reichsfinanzhofs – RFH – vom 17.12.1931 III A 825/31 (Reichssteuerblatt – RStBl – 1932, 329), die auch für das geltende Recht uneingeschränkte Bedeutung besitzt, ist geklärt, dass der bewertungsrechtliche Begriff der Land- und Forstwirtschaft eine Erzeugung des Erwerbs wegen nicht voraussetzt. Deshalb sind auch Betriebe, die ohne Gewinnabsicht im ertragsteuerlichen Sinne betrieben werden (Liebhabereibetriebe) land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Sinne des Bewertungsrechts. Hier besteht zwischen dem Ertragsteuerrecht und dem Bewertungsrecht ein erheblicher Unterschied (BFH, Beschluss vom 18.12.1985 – II B 35/85 –, BFHE 145, 440, BStBl II 1986, 282).
51Unter Landwirtschaft versteht man nach allgemeinem Sprachgebrauch die Nutzung des Grund und Bodens zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse sowie die unmittelbare Verwertung dieser Erzeugnisse, einschließlich der erzeugten Pflanzen und Tiere selbst. Zwar setzt der Begriff des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft nach ständiger Rechtsprechung weder eine Mindestgröße noch vollen landwirtschaftlichen Besatz voraus. Wesentlich ist aber immer die tatsächliche nachhaltige Nutzung und deren Zweckbestimmung durch den Eigentümer (vgl. BFH-Urteil vom 05.12.1980 III R 56/77 in BFHE 133, 212, BStBl II 1981, 498 unter Hinweis auf BFH-Urteil in BFHE 108, 445, BStBl II 1973, 282), wobei es auf einen angemessenen Mindestrohertrag nicht ankommt (BFH-Urteil vom 04.03.1987 II R 8/86, BStBl. II 1987,370).
52Eine solche nachhaltige Nutzung, beispielsweise durch gärtnerisch genutzte Grundstücke, ist dann als gegeben anzusehen, wenn diese Grundstücke hinsichtlich Arbeitseinsatz, Investitionen zur Erhaltung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit sowie erzielbarem Ertrag einem Vergleich mit einem durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb der gleichen Nutzungsart standhalten können. Um dies feststellen zu können, ist ein vergleichendes Verfahren zwischen den Nutzungen des streitigen Grundstücks und denen eines Haupterwerbsbetriebs durchzuführen. Diesen Vergleich kann ggf. ein Sachverständiger vornehmen (vgl. BFH-Urteil vom 05.12.1980 III R 56/77 in BFHE 133, 212, BStBl II 1981, 498, ferner BFH-Urteil vom 04.03.1987 II R 8/86, BStBl. II 1987, 370).
53In Zweifelsfällen sind außerdem alle Umstände des Einzelfalls entsprechend ihrem Gewicht zusätzlich in die Beurteilung mit einzubeziehen, so z.B. die Lage des Grundstücks in einem Naherholungsgebiet, die Grundstückspreise, die auf dem Grundstücksmarkt für vergleichbare Grundstücke gezahlt werden, der Beruf desjenigen, der das Grundstück nutzt sowie das Vorhandensein von Einrichtungen, die der Erholung und Freizeitgestaltung dienen (BFH-Urteil vom 05.12.1980 – III R 56/77 –, BFHE 133, 212, BStBl II 1981, 498-501,).
542. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind zum 01.01.2012 keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich, dass es sich bei der streitigen Grundstücksfläche der Klägerin um land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke handelt.
55a) Die Klägerin hat am Stichtag die streitbefangenen Grundstücksflächen nicht selbst zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken bewirtschaftet.
56b) Auch der Pächter hat das streitige Grundstück seit Pachtbeginn (1989) nicht zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt.
57Der Pächter hat von Anfang an nicht selbst auf dem Hof gewohnt, sondern stattdessen das Wohnhaus seinerseits zu Wohnzwecken fremdvermietet. Seinen Lebensunterhalt verdient der Pächter nicht als Landwirt, sondern als Lehrer. Er nutzt die Grundstücksflächen in Gestalt der Sportflächen/Reitplatz (6.905 m²) sowie die Hof- und Gebäudeflächen der ehemaligen Wirtschaftsgebäude ausschließlich zu Zwecken der Freizeitgestaltung, nämlich zum Reiten mit den drei von ihm privat gehaltenen Pferden. Eine solche Nutzung stellt keine land- und forstwirtschaftliche Nutzung im Sinne der §§ 51, 51 Buchst. a BewG dar, denn die Pferde sind weder Zugvieh, noch Mastvieh noch übriges Nutzvieh im Sinne von § 51 Abs. 3 S. 1 BewG.
58Die Pferde sind auch nicht als Zuchtvieh im Sinne von § 51 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BewG anzusehen; eine Pferdezucht wird und wurde von dem Pächter zu keinem Zeitpunkt betrieben. Aus diesem Grunde führt auch der Umstand, dass die früheren Wirtschaftsgebäude zur Unterbringung der zu Hobbyzwecken gehaltenen Pferde genutzt werden, nicht zur Annahme eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft.
59Selbst wenn die umliegenden, laut Klagevortrag zumindest teilweise mit verpachteten, Wald-/Weideflächen (13.148,00 m² und 8.862,00 m²) dem weiteren Auslauf und der Futtererzeugung für die Pferde dienen sollten, führt dies ebenfalls nicht zur Annahme eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in Bezug auf die Sportflächen/Reitplatz sowie die Hof- und Gebäudefläche (ehemalige Wirtschaftsgebäude). Gegen eine solche Annahme spricht, dass die Pferde des Pächters alleine zu Zwecken der privaten Freizeitgestaltung gehalten werden und dass der Pächter selbst die als sonstiges bebautes Grundstück bewertete Grundstücksfläche von 10.021,00 m² nicht zu sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Zwecken benutzt.
60Die angrenzenden Grundstücksflächen sind überdies vom Beklagten durch den bestandskräftigen Wertfortschreibungsbescheid vom 29.12.2010 auf den 01.01.2010 nicht mehr im Grundvermögen bewertet worden. Sie sind stattdessen als land- und forstwirtschaftliches Vermögen der Klägerin bei der wirtschaftlichen Einheit … (F-Hof) angesehen worden, wobei sich die Einbeziehung laut Darlegung des Beklagten wegen Nichterreichens von Wertfortschreibungsgrenzen lediglich einheitswertmäßig nicht ausgewirkt hat.
61c) Die Anwendung der Rechtsgrundsätze der BFH-Entscheidung vom 18.12.1985 II B 35/85 (BStBl. II 1986, 282) führt auch nicht zur Annahme eines land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in Bezug auf die als Grundvermögen bewertete strittige Grundstücksfläche von insgesamt 9.000 m² (10.021,00 m² abzüglich 1.021,00 m² laut Klageantrag).
62Der Streitfall unterscheidet sich insofern von dem Sachverhalt, welcher der BFH-Entscheidung vom 18.12.1985 (BStBl. II 1986, 282) zu Grunde liegt. In jener Entscheidung ging es darum, ob bei einer wirtschaftlichen Einheit – Betrieb der Land- und Forstwirtschaft – bestimmte Acker-, Wiesen- und Grünlandflächen, welche für Liebhabereizwecke (Pferdehaltung und Ähnliches) verwendet wurden, als Grundvermögen bewertet werden müssen. Dabei wurden weitere Grundstücksflächen derselben wirtschaftlichen Einheit in Höhe von rund 4,2 ha von den damaligen Klägern (Grundstückseigentümer) unstreitig auch weinbaulich genutzt. Nur aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 33 Abs. 3 Nr. 4 S. 2 BewG, wonach die Zugehörigkeit der landwirtschaftlich genutzten Flächen (im Streitfall handelte es sich um die Erzeugung der Futtermittel für die zu privaten Hobbyzwecken gehaltenen Pferde) zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen durch die Tierhaltung als Liebhaberei nicht berührt werde, hat der BFH seinerzeit die Handhabung des Finanzamtes (Bewertung als land- und forstwirtschaftliches Vermögen) bestätigt.
63Ein derartiger Sonderfall im Rahmen eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Die Klägerin betreibt zwar einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft überwiegend durch Verpachtung ihrer Grundstücksflächen. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht eine Einbeziehung der verpachteten und als Grundvermögen bewerteten strittigen Grundstücksfläche des A-Hofes von 9.000 m² in das land- und forstwirtschaftliche Vermögen der Klägerin.
64Die Rechtsgrundsätze der vorbenannten BFH-Entscheidung zu § 33 Abs. 3 Nr. 4 S. 2 BewG lassen sich nämlich auf Verpachtungsfälle nur dann anwenden, wenn durch die Verpachtung, im Streitfall also die Verpachtung an die Eheleute D, land- und forstwirtschaftliches Vermögen der Klägerin fortbesteht.
65Letzteres ist nicht der Fall. Fortbestehendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen setzt zumindest dem Grunde nach eine entsprechende erwerbswirtschaftliche Nutzung der verpachteten Flächen durch den Pächter nach den Rechtsgrundsätzen des oben erwähnten BFH Urteils vom 05.12.1980 III R 56/77 BFHE 133, 212, BStBl. II 1981, 498 voraus. Eine solche Nutzung fehlt jedoch im Streitfall.
66II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
67Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen (Abgrenzung zur BFH-Entscheidung vom 18.12.1985 II B 35/85 – BStBl. II 1986, 282).
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Referenzen
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