Beschluss vom Finanzgericht Hamburg (3. Senat) - 3 KO 35/14

Tatbestand

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I. 1. Der vorliegende Antrag des Sachverständigen auf Festsetzung seiner Vergütung durch gerichtlichen Beschluss ist zulässig, sei es zumindest nach § 4 Abs. 1 JVEG oder sei es zugleich nach § 133 FGO (Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., JVEG § 4 Rz. 1; Schneider, JVEG, § 4 Rz. 8; vgl. i. V. m. § 16 ZSEG i. d. F. bis 2004 FG Baden-Württemberg vom 26.09.1974 V 48/74, EFG 1975, 35).

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Abgesehen davon entscheidet über die Festsetzung der Vergütung das Gericht durch Beschluss, soweit es nach § 4 Abs. 1 JVEG die Festsetzung durch gerichtlichen Beschluss für angemessen hält, unabhängig davon, ob eine Entscheidung des Urkundsbeamten vorliegt.

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2. Das Verfahren der gerichtlichen Vergütungs-Festsetzung nach § 4 JVEG stellt kein Erinnerungs- oder kontradiktorisches Verfahren mit den bisherigen Beteiligten i. S. v. § 57 FGO dar (vgl. zu § 16 ZSEG Beschlüsse OLG Koblenz vom 14.01.1985 14 W 1/85, Rpfleger 1985, 333; OLG Stuttgart vom 03.12.1982 4 Ws 377/82, WM 1983, 462; Schneider, JVEG, § 4 Rz. 12).

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a) Der Vertreter der Staatskasse ist beteiligt, soweit er gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG den Antrag auf gerichtliche Festsetzung gestellt hat, anders als hier, oder soweit er gemäß § 4 Abs. 3 JVEG beschwerdeberechtigt ist (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 03.07.1984 1 Ws 464/84, MDR 1985, 257; Meyer/Höfer/Bach/Oberlack, JVEG, 26. A., § 4 Rz. 6 f.), anders als hier gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 JVEG. Ansonsten gibt es im finanzgerichtlichen Vergütungs-Festsetzungsverfahren neben dem Antragsteller keinen weiteren Beteiligten (vgl. FG Köln, Beschluss vom 26.06.2002 15 S 5806/00, EFG 2002, 1327 zu § 16 ZSEG; allg. a. A. Schneider, JVEG, § 4 Rz. 14).

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b) Unabhängig davon, ob eine Entscheidung des Urkunds- und Kostenbeamten ergangen ist, und ohne deren Anfechtung, Änderung oder Aufhebung und ohne Erinnerung entscheidet das Gericht selbst in vollem Umfang über den Vergütungsanspruch und wird damit ggf. eine Entscheidung des Urkunds- und Kostenbeamten ohne weiteres hinfällig (vgl. zum ZSEG Beschlüsse FG Köln vom 26.06.2002 15 S 5806/00, EFG 2002, 1327 m. w. N.; FG Baden-Württemberg vom 26.09.1974 V 48/74, EFG 1995, 38, 39; LSG Hamburg vom 10.12.1963 I SV 20/62, NJW 1964, 1243, 1245; Beermann in Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen Rz. 10859/28).

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Bei letzterer und bei dem internen Informationsaustausch zwischen dem Spruchkörper des Gerichts einerseits sowie dem Urkunds- und Kostenbeamten andererseits handelt es sich nur um ein Verwaltungsverfahren (BGH, Beschluss vom 05.11.1968 RiZ {R} 4/68, BGHZ 51, 148, Juris Rz. 2 7 f.; Schneider, JVEG, § 4 Rz. 32 f.).

Entscheidungsgründe

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II. 1. Der Vergütungsantrag ist begründet hinsichtlich des Zeitaufwands, der Honorargruppe und der nur angesetzten niedrigeren Beträge nach § 9 i. V. m. Anlage 1 JVEG i. d. F. vor August 2013.

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2. Die - abweichend von § 15 ZSEG - durch das JVEG in dessen § 2 außerordentlich streng mit der Rechtsfolge des vollständigen Anspruchsverlusts innerhalb von nur drei Monaten geregelte kürzeste Frist für den Vergütungsantrag (vgl. Hans. OLG Bremen, Beschluss vom 21.03.2013 5 W 4/13, JurBüro 2013, 486) hat der Sachverständige nach Erhalt und Durchsicht des ihm - versehentlich erst auf seine Nachfrage - am 9. Januar 2014 übersandten Protokolls des Ortstermins (vgl. FG-A Bl. 78, 84, 88, 98) durch seinen am 14. Januar 2014 eingegangen Vergütungsantrag eingehalten (FG-A Bl. 96 ff.).

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a) Dabei richtet sich die Frist im vorliegenden Fall nach der allgemeinen Drei-Monats-Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG und beginnt diese Frist nach Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags.

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aa) Zwar bestimmt sich der Fristbeginn grundsätzlich und vorrangig nach den hierfür getroffenen Spezialregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 JVEG.

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bb) Deren Fristbeginn deckt allerdings nicht die Beendigung des vorliegend gemäß § 82 FGO i. V. m. § 404a ZPO bestimmten Umfangs des Sachverständigen-Auftrags ab.

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Weder kann hier auf den Eingang eines schriftlichen Gutachtens i. S. v. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG abgestellt werden, das nicht in Auftrag gegeben worden ist; noch war der Auftrag mit der Beendigung einer (bloßen) Vernehmung i. S. v. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG abgeschlossen.

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cc) Der Fristbeginn setzt zumindest voraus, dass die Leistung des Sachverständigen abgeschlossen ist; abgesehen von dem weiteren Erfordernis dass dem Sachverständigen deutlich ist oder durch das Gericht deutlich gemacht wird, dass seine Leistung abgeschlossen ist (Hans. OLG Bremen, Beschluss vom 21.03.2013 5 W 4/13, JurBüro 2013, 486).

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Ein früherer Beginn der drei-Monats-Frist entspräche nicht mehr einer verfassungsgerechten und rechtsstaatlichen Auslegung (Art. 12, 20 Abs. 3 GG), sondern könnte sonst den Ablauf der materiell-rechtlichen Ausschlussfrist des § 2 JVEG vor Auftragsbeendigung zur Folge haben, wie der vorliegende Fall deutlich macht.

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b) Der Zeitpunkt des Fristbeginns und der Beendigung der Heranziehung und des Auftrags i. S. v. § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG bestimmt sich hier nach der Durchsicht des dem Sachverständigen zur Prüfung der gesamten Tondiktat-Übertragung übersandten Ortstermin-Protokolls, einschließlich der Genehmigung seiner darin enthaltenen Erklärungen.

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aa) Die Beauftragungen von (insbesondere Immobilien-)Sachverständigen im hiesigen FG-Bewertungssenat und -dezernat richten sich nämlich seit 1997 regelmäßig - wie auch hier - weder auf eine schriftliche Begutachtung noch auf eine bloße - mit einer Zeugenvernehmung vergleichbare - "Vernehmung".

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bb) Inhalt des einheitlichen Auftrags sind vielmehr
- Vorbereitung anhand Gerichtsakten, Finanzamtsakten, Grund- und Bauakten, ggf. Denkmalschutzakten; nach eigenem Bedarf Recherchen und - im generellen Einverständnis - Vorabbesichtigung(en);
- im Rahmen eines gerichtlichen Ortstermins - wie hier - mündliche Begutachtung in Verbindung mit richterlicher Augenscheinseinnahme, anschließend Beantwortung von Rückfragen bis zum Ende der Erörterung oder Verhandlung, meistens - wie hier - bis zur Einigung mit tatsächlicher Verständigung, Abhilfezusage und beiderseitiger Erledigungserklärung sowie Kostenregelung;
- Durchsicht des in Schriftform übertragenen Protokolls.

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cc) Das heißt, dass der hier insgesamt einheitlich an den jeweiligen Sachverständigen erteilte Auftrag im Ortstermin noch nicht abgeschlossen ist. Vielmehr werden die hiesigen Sachverständigen generell nach mündlichen Bewertungsgutachten noch zur Durchsicht des Protokolls herangezogen, das vor Ort richterlich diktiert und nach dem Termin in Schriftform übertragen und dem jeweiligen Sachverständigen durch die Geschäftsstelle übersandt wird.

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Das Absehen von einem schriftlichen Gutachten und von dem damit verbundenen mehrfachen Kostenaufwand bringt es mit sich, dass das Ortstermins-Protokoll ausführlich zu diktieren ist, nämlich mit allen wesentlichen tatsächlichen Feststellungen und deren sachverständiger Begutachtung - einschließlich der Fachbegriffe - und mit allen in das Gesamtergebnis einfließenden Flächenangaben und Werten (vgl. z. B. FG Hamburg, Urteile vom 30.08.2013 3 K 206/11, EFG 2014, 113; vom 22.02.2010 3 K 159/09, EFG 2010, 1294, DStRE 2010, 1453).

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Wegen der häufig zahlreichen - u. a. durch Geräusche vor Ort verursachten - Fehler bei der Diktatübertragung in die Schriftform würde eine Genehmigung des Tondiktats vor Ort nicht ausreichen und ist nicht nur eine sorgfältige richterliche Korrektur erforderlich, sondern wird das Protokoll auch an den Sachverständigen zur Durchsicht und zum Abgleich mit den von ihm notierten und erklärten Zahlen oder Zahlenwerken übersandt (vgl. Äußerung nach Protokoll 3 V 99/12 mit Erledigungen 3 K 175/12 und 3 K 34/14).

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Dazu gehören nicht nur die ausdrücklich als seine Erklärungen diktierten Inhalte, sondern sämtliche in seiner Begleitung und mit seiner Hilfe getroffenen Feststellungen, auch soweit sie, ohne ihn jedes mal als Sachverständigen oder mit Namen zu zitieren, von ihm durch Gericht oder Beteiligte übernommen wurden (vgl. FG-A Bl. 78-84), und zwar einschließlich der besonders fehleranfälligen Daten, Flächen- und Wertangaben (vgl. FG-A Bl. 79, 82-84).

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Durch diese Sorgfalt und nötigenfalls Protokollberichtigungen werden Folgestreitigkeiten über den Inhalt einer Begutachtung oder Verständigung sowie Abhilfezusage weitgehend vermieden und begrenzt (vgl. FG Hamburg Urteil vom 07.10.2011 3 K 122/10, DStRE 2012, 759).

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dd) Im Übrigen gehört diese Protokoll-Durchsicht ebenso untrennbar mit der mündlichen Begutachtung zusammen, wie die Genehmigung der schriftlich protokollierten Aussage eines Zeugen zu dessen Aussage gehört.

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c) Schließlich wird die vorstehende Auslegung der generellen Fristregelung im Obersatz § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG (oben a) bestätigt durch die vor Protokolldurchsicht und Auftragsbeendigung vom Januar 2014 bereits mit Wirkung ab August 2013 in § 4 Abs. 1 Satz 3 JVEG eingefügte Regelung, dass selbst bei mehrfacher Heranziehung deren letztere für den Fristbeginn insgesamt maßgeblich ist (zur Absicht des Gesetzgebers, Missverständnisse über den Fristbeginn zu beseitigen, vgl. BT-Drs. 517/12 S. 398 f.; Meyer/Höfer/Bach/Oberlack, JVEG, 26. A., § 2 Rz. 3 Seite 37 f.).

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3. Danach kommt es hier weder auf die Frage einer Wiedereinsetzung nach § 2 Abs. 4 JVEG an; noch auf einen vorangegangenen mündlichen Antrag auf Vergütung (vgl. im Fax-Schreiben des Vorsitzenden vom 10. Januar 2014 zitiertes Gespräch; FG-A Bl. 89) oder zumindest sinngemäß auf Fristverlängerung (vgl. Meyer/Höfer/Bach/Oberlack, JVEG, 26. A., § 2 Rz. 2; Schneider, JVEG, § 2 Rz. 3;).

III.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.

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Die Entscheidung über die gerichtliche Festsetzung der Sachverständigen-Vergütungsfestsetzung trifft als Gericht der Beweisaufnahme der Einzelrichter nach § 6 FGO (FG Bremen, Beschluss vom 14.08.1995 2 95 151 E 2, EFG 1995, 1079); hier zugleich als originärer Einzelrichter nach § 4 Abs. 7 JVEG (vgl. Beschlüsse OLG Dresden vom 08.10.2009 3 W 1016/09, Juris; OLG Rostock vom 08.04.2008 1 U 32/08, OLGR Rostock 2009, 226; Meyer/Höfer/Bach/Oberlack, JVEG, 26. A., § 4 Rz. 10 c).

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Die Unanfechtbarkeit folgt aus § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG und § 128 Abs. 4 FGO.

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