Urteil vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 K 43/15

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Tabaksteuer wegen des Besitzes von unverzollten und im Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland (Steuergebiet) unversteuerten Zigaretten.

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Im Rahmen einer in anderer Sache am 28.05.2010 durchgeführten polizeilichen Durchsuchung des Hauses, das der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau und seinem Sohn bewohnt, wurden ausweislich des Durchsuchungsprotokolls nebst Bildanlage insgesamt 8.520 Stück (39 Stangen à 200 Zigaretten und 36 Schachteln à 20 Zigaretten) unverzollte und im Steuergebiet unversteuerte Zigaretten mit ukrainischen Steuerbanderolen (im Folgenden: Zigaretten) aufgefunden. Im Einzelnen befanden sich im Bettkasten des Schlafzimmers 39 Stangen (18 Stangen der Marke "A" und 21 Stangen der Marke "B") sowie in der Küche 36 Schachteln der Marke "A".

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Zunächst wurde der Kläger mit Steuer- und Zinsbescheid vom 31.01.2011 (XXX-1) zur Zahlung von Zoll, Tabaksteuer und Einfuhrumsatzsteuer nebst Zinsen in Höhe insgesamt 1.928,53 € herangezogen. Nachdem der Beklagte diesen Bescheid aufgehoben hatte, setzte er neben einem gesonderten Steuer- und Zinsbescheid über Zoll und Einfuhrumsatzsteuer vom 23.02.2011, der Gegenstand des Verfahrens 4 K 109/15 ist, mit einem Steuer- und Zinsbescheid vom selben Tag (XXX-2) Tabaksteuer nebst Zinsen in Höhe von 1.249,26 € fest. Für die 4.320 Zigaretten der Marke "A" wurde eine Mindeststeuer von 14,02 ct/Stk. (605,66 €) und für die 4.200 Zigaretten der Marke "B" eine Mindeststeuer von 13.81 ct/Stk. (592,60 €), also insgesamt 1.198,26 €, festgesetzt. Hinzu kämen Zinsen in Höhe von 51,- €. Der Kläger sei Steuerschuldner, weil er im Steuergebiet die tatsächliche Sachherrschaft über die Zigaretten und damit den Besitz erlangt habe.

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Mit Schreiben vom 17.03.2011 legte der Kläger Einspruch gegen den Steuer- und Zinsbescheid über Tabaksteuer vom 23.02.2011 ein, den er wie folgt begründete: Er habe nicht gewusst, dass sich in seinem Haus unverzollte und unversteuerte Tabakwaren befunden hätten. Er könne auch keine Angaben dazu machen, wie diese Waren in seinen Haushalt gelangt seien. Es sei möglich, dass seine Ehefrau, die selbst starke Raucherin sei, die Tabakwaren von Dritten erhalten habe, wobei nicht unterstellt werden könne, dass ihr hätte bekannt sein müssen, dass es sich um unverzollte und unversteuerte Zigaretten gehandelt habe. Genauso könne sein Sohn die Zigaretten in seinem Wohnhaus deponiert haben. Auch weitere Familienangehörige und Freunde der Familie würden im Haus ein- und ausgehen.

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§ 23 Abs. 1 S. 2 TabStG verlange, dass die Ware zu gewerblichen Zwecken im Besitz gehalten werde. Wer Tabakwaren ausschließlich zum Eigenbedarf besitze, sei kein Steuerschuldner. Auch wenn die gefundene Menge über die übliche, für den Eigenbedarf angeschaffte Menge hinausgehe, sei zu berücksichtigen, dass es sich bei ihm sowie seiner Familie und seinen Freunden um dem Nikotin verfallene Süchtige handele.

6

Als mittelloser Empfänger von Leistungen nach dem SGB II würde er - der Kläger - nicht danach fragen, wo die Zigaretten herkämen, die ihm angeboten würden. Er bestreite, überhaupt in der Lage zu sein, den Unterschied zwischen einer deutschen und einer ukrainischen Steuerbanderole zu erkennen. Er - der Kläger - stehe auch nicht seiner Ehefrau bei der Hausarbeit zur Verfügung. Er gehe vielmehr seinen Hobbys nach. Er habe daher auch nicht durch Zufall von den Tabakwaren, die sich verborgen im Schlafzimmer und in der Küche befunden hätten, Kenntnis erhalten.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 25.07.2012 (XXX-3) - zugestellt am 31.07.2012 - wies der Beklagte den Einspruch zurück. Die Zigaretten seien auf bislang unbekanntem Weg aus einem Drittland in die EU geschmuggelt und anschließend zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht worden. Da dies unversteuert erfolgt sei, sei die Tabaksteuer nach § 23 TabStG entstanden. Nach hiesigen Erfahrungen sei es sicher, dass die Zigaretten mit der Absicht des Weiterverkaufs ins Steuergebiet verbracht worden seien. Der Kläger sei als Besitzer Tabaksteuerschuldner gemäß § 23 S. 2 TabStG geworden. Die unversteuerten Zigaretten hätten sich bis zu ihrer Sicherstellung in seiner Wohnung und damit in seinem Herrschaftsbereich befunden, so dass er zumindest einen generellen Besitzwillen an ihnen gehabt habe. Eine Beteiligung an der Verbringung sei nicht nötig. Nicht erforderlich sei, dass der Besitz auch zu gewerblichen Zwecken erfolgt sei. Fundort und Menge der vorgefundenen Zigaretten schlössen es aus, dass die Zigaretten ohne Wissen des Klägers in seiner Wohnung platziert worden seien. Seine Ehefrau könne nicht Alleinbesitzerin der Zigaretten gewesen sein, da die Zigaretten im direkten räumlichen Zusammenhang zu anderen persönlichen Gegenständen, die ihm zuzuordnen seien, insbesondere Armbrust, Rohrbombe und Revolver, gefunden worden seien. Es sei eine Schutzbehauptung, dass er nicht in der Lage sei, ukrainische von deutschen Steuerzeichen zu unterscheiden.

8

Der Kläger sei auch Zinsschuldner, weil hinterzogene Steuern nach § 235 AO vom Eintritt der Steuerverkürzung an zu verzinsen seien.

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Am 30.08.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Er verweist auf seinen vorgerichtlichen Vortrag. Es sei vorrangig zu klären, ob ihm die Zigaretten überhaupt zugeordnet werden könnten.

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Der Kläger beantragt,
den Steuer- und Zinsbescheid über Tabaksteuer (XXX-2) vom 23.02.2011 und die Einspruchsentscheidung vom 25.07.2012 (XXX-3) aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11.11.2014 (VII R 44/11), wegen dessen das Verfahren zum Ruhen gebracht worden sei, sei unmittelbar nicht anwendbar, da es sich auf § 19 TabStG in der bis zum 31.03.2010 geltenden Fassung beziehe. Allerdings bestärke die Entscheidung die hiesige Auffassung, dass auch im neuen Tabaksteuergesetz grundsätzlich jeder Besitzer von unversteuerter Tabakware Tabaksteuerschuldner sei. Es gebe auch keine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), da sich das Urteil des BFH lediglich auf die tabaksteuerrechtlichen, nicht jedoch auf die strafrechtlichen Folgen des Zigarettenschmuggels beziehe.

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Es sei hinreichend belegt, dass die Zigaretten auf dem Landweg über die östlichen EU-Mitgliedstaaten ins Steuergebiet verbracht worden seien. Daher sei der Kläger Steuerschuldner gemäß § 23 TabStG. Ein solcher Transportweg entspreche nicht nur hiesigen Erfahrungen in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle. Er sei auch in der Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 09.06.2011,1 StR 21/11, juris, Rn. 6) als übliche Route des Zigarettenschmuggels anerkannt. Ein Transport auf dem See- oder Luftweg sei entweder zu teuer oder wegen des außerordentlich hohen Entdeckungsrisikos unwahrscheinlich. Daher sei "mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit" bewiesen, dass die Zigaretten über einen anderen EU-Mitgliedstaat eingeführt worden seien.

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Der Kläger sei auch Steuerschuldner im Sinne von § 21 TabStG. Zwar erfasse der Wortlaut dieser Vorschrift den Besitz nicht ausdrücklich. Nach der EU-Verbrauchsteuersystemrichtlinie und der Rechtsprechung des BFH müsse jedoch jeder Besitzer Steuerschuldner sein. § 21 TabStG sei daher entsprechend auszulegen.

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Bei der Entscheidung haben eine Steuerstrafakte des Beklagten (...), ein Auszug aus der Akte der Staatsanwaltschaft C ..., die Strafakte der Staatsanwaltschaft Magdeburg C ... sowie zwei Einspruchshefte vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Anfechtungsklage gegen den Steuer- und Zinsbescheid über Tabaksteuer vom 23.02.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.07.2012 (XXX-3) ist begründet. Der Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt den Kläger - da er Adressat dieses belastenden Verwaltungsaktes ist - in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

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Die Erhebung der Tabaksteuer richtet sich nach dem Tabaksteuergesetz in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 15.07.2009 (BGBl. I 2009, 1870; im Folgenden: TabStG), da dieses Gesetz am 01.04.2010 in Kraft getreten ist (Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes) und die Tabakwaren, um die es hier geht, danach - nämlich am 28.05.2010 - sichergestellt wurden. Bei Anwendung dieser Vorschriften ist die Tabaksteuer zwar entstanden (dazu 1.). Der Kläger ist jedoch nicht Steuerschuldner (dazu 2.). Eine Umdeutung des Steuer- und Zinsbescheides in einen Haftungsbescheid ist nicht möglich (dazu 3.). Folglich können auch keine Zinsen geltend gemacht werden (dazu 4.).

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1. Die geltend gemachte Tabaksteuer ist entweder nach § 23 Abs. 1 S. 1 TabStG (Verbringung) oder nach § 21 Abs. 1 TabStG (Einfuhr) entstanden.

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Nach § 23 Abs. 1 S. 1 TabStG entsteht die Tabaksteuer, wenn Tabakwaren entgegen § 17 Abs. 1 TabStG - d. h. ohne deutsche Steuerzeichen - aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbracht oder dorthin versandt werden und erstmals zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden. Der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr steht gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16.12.2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. EU L 9/12; im Folgenden: Systemrichtlinie) die Einfuhr, d. h. der Eingang verbrauchsteuerpflichtiger Waren ins Unionsgebiet außerhalb eines zollrechtlichen Nichterhebungsverfahrens (Art. 4 Nr. 8 Systemrichtlinie), gleich.

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Nach § 21 Abs. 1 S. 1 TabStG entsteht die Steuer zum Zeitpunkt der Überführung der Tabakwaren in den steuerrechtlich freien Verkehr durch die Einfuhr, es sei denn, die Tabakwaren werden unmittelbar am Ort der Einfuhr in ein Verfahren der Steueraussetzung überführt. Einfuhr ist der Eingang von Tabakwaren aus Drittländern oder Drittgebieten in das Steuergebiet, es sei denn, die Tabakwaren befinden sich beim Eingang in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 TabStG).

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Die Voraussetzungen einer der beiden Steuerentstehungstatbestände liegen vor. Die Zigaretten wurden entweder verbracht oder eingeführt (dazu 1.1). Die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen der alternativ in Betracht kommenden § 23 Abs. 1 S. 1 (dazu 1.2) und § 21 Abs. 1 S. 1 TabStG (dazu 1.3) sind jeweils erfüllt.

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1.1 Auch wenn der genaue Reiseweg der Tabakwaren (dazu siehe unten 2.2) nicht nachweisbar ist, so steht fest, dass die beim Kläger sichergestellten Zigaretten entweder direkt (Einfuhr) oder über einen anderen EU-Mitgliedstaat (Verbringung) ins Steuergebiet transportiert wurden. Dies ergibt sich daraus, dass sie ukrainische Steuerbanderolen tragen und sich daher vor dem Transport in das Steuergebiet in der Ukraine befunden haben müssen.

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1.2 Falls die Zigaretten über einen anderen EU-Mitgliedstaat ins Steuergebiet gelangt sein sollten, wäre die Tabaksteuer gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 TabStG entstanden. Dass die Zigaretten zu gewerblichen Zwecken außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens in das Steuergebiet verbracht wurden, ergibt sich daraus, dass der Kläger diese Zigaretten, da er sie nicht selbst dorthin transportiert hat, angekauft haben muss. Sie müssen daher zu gewerblichen Zwecken angeboten worden sein.

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1.3 Falls die Zigaretten unmittelbar aus einem Drittland oder -gebiet, also über den Luft- oder Seeweg, in das Steuergebiet gelangt sein sollten, wäre die Steuer gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 TabStG entstanden. Sie entsteht dann mit der physischen Ankunft der Ware im Steuergebiet (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 TabStG). Dafür, dass die Ware sich beim Eingang in das Steuergebiet in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren befunden hat, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

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2.Der Kläger ist jedoch nicht Steuerschuldner. Für die Steuerschuldnerschaft stellen § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG und § 23 Abs. 1 S. 2 TabStG unterschiedliche Voraussetzungen auf. Der Kläger wäre nur dann Steuerschuldner, wenn er alternativ die Voraussetzungen beider Vorschriften erfüllte (vgl. in diesem Sinne bereits FG Hamburg, Urteil vom 15.07.2014, 4 K 183/13, juris; Beschluss vom 09.01.2015, 4 V 138/14, n. v.). Dies ist nicht der Fall. Er erfüllt nicht die in § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG genannten Anforderungen an die Person des Steuerschuldners (dazu 2.1). Nach § 23 Abs. 1 S. 2 TabStG kann er nicht Steuerschuldner sein, weil die Verbringung der Zigaretten nicht nachgewiesen ist (dazu 2.2). Seine Steuerschuldnerschaft lässt sich auch nicht auf andere Weise begründen: Der die Einfuhr erfassende § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG kann nicht analog auf den Besitzer von Tabakwaren angewandt werden (dazu 2.3). Genauso wenig ist der auf in die Union verbrachte Tabakwaren anwendbare § 23 Abs. 1 S. 2 TabStG einer analogen Anwendung auf die Einfuhr von Tabakwaren zugänglich (dazu 2.4).

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2.1 Der Kläger ist nicht Steuerschuldner gemäß § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG. Dabei kann offenbleiben, ob die Norm anwendbar ist, d. h. die Ware eingeführt wurde. Der Kläger erfüllt nämlich nicht die dort genannten Anforderungen an die Person des Steuerschuldners. Steuerschuldner sind danach nur die Person, die nach den Zollvorschriften verpflichtet ist, die Tabakwaren anzumelden oder in deren Namen die Tabakwaren angemeldet werden (Nr. 1), sowie jede andere Person, die an einer unrechtmäßigen Einfuhr beteiligt ist (Nr. 2). Der Kläger hat die Tabakwaren nicht zur Einfuhr angemeldet. Es ist auch keine Einfuhr bekannt, die in seinem Namen erfolgt wäre. Genauso wenig ist ersichtlich, dass er an der unrechtmäßigen Einfuhr der Waren beteiligt war. Die Zigaretten wurden vielmehr zufällig in dem westlich von C gelegenen Wohnort des Klägers gefunden. Wie genau sie dorthin gelangt sind, ist unbekannt.

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2.2 Der Kläger ist auch nicht Steuerschuldner gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 TabStG. Danach ist Steuerschuldner, wer die Lieferung vornimmt oder die Tabakwaren in Besitz hält und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger Besitzer oder Empfänger im Sinne dieser Vorschrift ist. Der Beklagte, der insoweit beweisbelastet ist (FG Hamburg, Urt. v. 15.07.2014, 4 K 183/13, juris, Rn. 14), hat nicht nachgewiesen, dass § 23 TabStG auf den vorliegenden Fall anwendbar ist.

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Wie sich aus der systematischen Stellung der Norm im Abschnitt 4 des Tabaksteuergesetzes, der sich mit der Beförderung und Besteuerung von Tabakwaren des steuerrechtlich freien Verkehrs anderer Mitgliedstaaten befasst und auf den Abschnitt 3 folgt, der die Einfuhr aus Drittländern regelt, ergibt, ist sie nur anwendbar auf Tabakwaren, die über einen anderen Mitgliedstaat ins Steuergebiet gelangt sind, d. h. ins Steuergebiet verbracht wurden. Nach § 96 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es muss also grundsätzlich davon überzeugt sein, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt wahr ist (Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 127. EL, Oktober 2011, § 96 FGO, Rn. 64). Überzeugt ist das Gericht, wenn kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (Seer, a.a.O., Rn. 66 m. w. N., auch mit Bezug auf das vom Beklagten angeführte Anastasia-Urteil [BGHZ 53, 245, 256]).

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An diesem Maßstab gemessen, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die beim Kläger sichergestellten Zigaretten ins Steuergebiet verbracht wurden. Hierfür mag eine gewisse Lebenswahrscheinlichkeit sprechen. Gleichwohl ist es, wenn auch weniger wahrscheinlich, so doch nicht unmöglich, dass die Tabakwaren auf dem Luft- oder Seeweg direkt ins Steuergebiet importiert wurden (so bereits FG Hamburg, Urt. v. 15.07.2014, 4 K 183/13, juris, Rn. 15 f.; siehe auch Beschl. v. 09.01.2015 V 138/14, S. 10 f. BA; Beschl. v. 20.02.2015, 4 V 192/14, S. 13 f.). Eine Stellungnahme der EU-Kommission bestätigt die vielfältigen Transportwege, auf denen geschmuggelte Zigaretten ins Zollgebiet der Union gelangen (Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, Verstärkung der Bekämpfung des Zigarettenschmuggels und anderer Formen des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen - Eine umfassende EU-Strategie, COM/2013/0324 final v. 06.06.2013, S. 9):

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"Die Vorgehensweisen der Schmuggler sind sehr verschieden. Waren kommen in Schiffscontainern, in straßentauglichen Fahrzeugen (Lastwagen, Kleinbusse, Pkw), in kleinen Schiffen über das Meer oder über Flüsse, per Eisenbahn oder als Luftfracht oder per Post an."

31

Dass die beim Kläger beschlagnahmten Zigaretten ukrainische Steuermarken tragen, ist ebenfalls kein Beleg dafür, dass sie auf dem Landweg - also über einen anderen EU-Mitgliedstaat - aus der Ukraine ins Steuergebiet verbracht wurden. Zwar wurden an den EU-Ostgrenzen in 2014 mehr als 14,6 Mio. Zigaretten sichergestellt (FRONTEX, Eastern European Borders Annual Risk Analysis 2015, S. 25). Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass ein Lufttransport zu teuer wäre, ist es jedoch keine nur theoretische Möglichkeit, dass die Zigaretten aus der Ukraine über die russischen Ostseehäfen D oder E, sei es mit einer LKW-Fähre oder einem Feeder-Schiff, direkt ins Steuergebiet transportiert wurden. Von diesen Häfen aus gibt es regelmäßige Fährverbindungen nach ..., ... oder ... (...). Daneben können alle deutschen Seehäfen aus Russland von Feeder-Schiffen angesteuert werden. So betreiben beispielsweise die Reedereien ... und ... regelmäßige Containerdienste zwischen D, ... und ... sowie zwischen E und ... (...). Ein solcher Reiseweg ließe sich zwanglos dadurch erklären, dass die Personen, die in der Ukraine mit den sichergestellten Zigaretten gehandelt haben, Kontakte nach Russland pflegen. Das vom Beklagten angeführte hohe Entdeckungsrisiko bei der im Vergleich zu Landgrenzen intensiveren Überwachung in Häfen hält Schmuggler nicht von der illegalen Verbringung über Seehäfen ab. Wie eine Auswertung der Beschlagnahmeorte ergibt, wurde in der EU die weit überwiegende Anzahl von Zigaretten (ca. 1,8 Mrd.) in Seehäfen sichergestellt (siehe die Mitteilung der Kommission, a. a. O., S. 10 [Abb. 2]).

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Weitere Anhaltspunkte für den konkreten Reiseweg der sichergestellten Zigaretten sind nicht ersichtlich. Es ist nicht aufklärbar, von wem der Kläger die Zigaretten bezogen hat. Es sind keine Kontakte des Klägers nach Polen oder Tschechien bekannt. Sein Heimatort in F liegt auch nicht in der Nähe zur Grenze zu einem dieser EU-Mitgliedstaaten.

33

Für eine Reduzierung des Beweismaßes gibt es keinen Grund. Der Kläger hat keine Beweise vereitelt. Er hat sich lediglich nicht zur Herkunft der Zigaretten geäußert. Zwar kann sich eine Reduzierung des Beweismaßes auch aus der Verletzung von steuerlichen Mitwirkungspflichten ableiten (siehe BFH, Urt. v. 15.02.1989, X R 16/86, juris, Rn. 14; Seer, a. a. O., Rn. 71 m. w. N.). Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich gehalten, seine steuerlichen Erklärungspflichten zu erfüllen, ohne Rücksicht darauf, ob er hierdurch eigene Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufdeckt (BVerfG, Beschl. v. 13.05.2009, 2 BvL 19/08 juris, Rn. 77). Auf der Grundlage des unstreitigen und erwiesenen Sachverhalts bestehen jedoch keine Erklärungspflichten des Klägers. Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung in § 23 Abs. 1 S. 3 TabStG setzt - genau wie die Steuerschuldnerschaft nach Satz 2 dieser Vorschrift - voraus, dass die Tabakwaren verbracht wurden. Die Verletzung der Erklärungspflicht kann daher nicht zur Erleichterung des Beweises für eine Tatsache herangezogen werden, die ihrerseits Voraussetzung für das Bestehen dieser Pflicht ist. Auch das Bestehen einer Erklärungspflicht nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 TabStG ist nicht erwiesen, da es keine Anhaltspunkte für das Mitwirken des Klägers an der Einfuhr der Zigaretten gibt (siehe oben 2.1).

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Aus § 162 AO i. V. m. § 96 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 FGO ergibt sich ebenfalls keine Reduzierung des Beweismaßes. Die hier zu beweisende Tatsache - die Verbringung der Zigaretten - ist keine Bemessungsgrundlage (§ 3 TabStG), so dass § 162 AO nicht anwendbar ist.

35

Es ist auch kein strukturelles Beweisproblem der Zollverwaltung erkennbar, das ein Absehen vom Vollbeweis oder eine Darlegungslast des in Anspruch Genommenen rechtfertigen könnte (zum sachtypischen Beweisnotstand Seer, a. a. O., Rn. 74 m. w. N.). Zum einen gibt es durchaus Fälle, in denen die Umstände des Einzelfalles Hinweise auf den Transportweg der Zigaretten liefern. Zum anderen hat die Zollverwaltung die Möglichkeit, einen Haftungsbescheid zu erlassen, um so die Steuer geltend zu machen; von dieser Möglichkeit macht der Beklagte nunmehr auch in anderen Fällen Gebrauch.

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Auch der vom Beklagten ins Feld geführte Beschluss des BGH vom 09.06.2011 (1 StR 21/11, juris, Rn. 5 f.) führt zu keiner anderen Einschätzung. Der Senat versteht die Ausführungen des BGH dahin gehend, dass sie sich ausgehend von dem Begriff der Einfuhrabgaben in § 374 Abs. 1 AO und dem danach in strafrechtlicher Hinsicht vorauszusetzenden Einfuhrvorgang mit der Frage der regelmäßig anzunehmenden Einfuhr von Zigaretten bestimmter nichteuropäischer Marken in das EU-Zollgebiet in Abgrenzung zur Herstellung derartiger Zigaretten innerhalb der EU, nicht jedoch mit der Abgrenzung zwischen Einfuhr und Verbringung auseinandersetzen.

37

Sollte der BGH (Rn. 6 des Beschlusses) indes der Auffassung sein, dass allein der Umstand, dass es sich um Zigaretten der Marke "Jin Ling" handele, darauf schließen lasse, dass diese ins Steuergebiet verbracht - und gerade nicht eingeführt - worden sein müssten, würde der Senat dieser Auffassung nicht beitreten. Zwar werden Zigaretten der Marke "Jin Ling" nur in Russland und Moldawien hergestellt und nicht legal in der Union gehandelt (https://de.wikipedia.org/ wiki/Jin_Ling). Der Ort der Herstellung in Russland bzw. Moldawien oder - wie im vorliegenden Fall - die ukrainische Herkunft der Steuerbanderolen lassen- wie oben dargelegt - für sich betrachtet nicht auf einen bestimmten Reiseweg schließen.

38

Auch das dem Beschluss des BGH zugrundeliegende Urteil des LG Bochum vom 15.01.2010 (6 KLs 6 Js 93/08 - 18/09, abrufbar unter www.justiz.nrw.de) veranlasst den Senat nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Nach Meinung des LG Bochum sei es "allgemein bekannt" sowie auch von einem Zeugen dargelegt, dass illegale Zigaretten in der Regel aus Ländern der früheren Sowjetunion über Osteuropa ins Bundesgebiet gebracht würden (Rn. 129 des Urteils). In dieser Pauschalität vermag sich der erkennende Senat aus den dargelegten Gründen dieser Einschätzung indes nicht anzuschließen. Die Aussage des LG Bochum ist auch deshalb nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar, weil diesem Urteil ein in wesentlichen Punkten anderer Sachverhalt zugrunde lag. Der Angeklagte in jenem Verfahren war nämlich ein Deutsch-Pole, der nach den Feststellungen des Urteils Kontakte zu Personen in Polen hatte, die in großem Umfang mit illegalen Zigaretten handelten (Rn. 29 des Urteils). Bei dieser Sachlage mag es durchaus naheliegen, von einer Verbringung über Polen auszugehen.

39

2.3 Die Steuerschuldnerschaft des Klägers kann nicht im Wege einer analogen Anwendung von § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG auf den Besitzer begründet werden. Der Senat hält eine analoge Anwendung zulasten des Steuerbürgers für unzulässig (dazu 2.3.1). Selbst wenn sie nicht von vornherein ausgeschlossen wäre, wären die Voraussetzungen einer Analogie nicht erfüllt (dazu 2.3.2).

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2.3.1 Da die Anwendung von § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG auf den Besitzer von Tabakwaren die Grenzen der zulässigen Wortlautauslegung sprengen würde, könnte sie nur im Wege der Analogie erfolgen. Eine analoge Anwendung einer Norm zulasten des Steuerbürgers hält der Senat jedoch auch dann für unzulässig, wenn es um die praktische Durchsetzung einer EU-Richtlinie geht, die unvollständig in mitgliedstaatliches Recht umgesetzt worden ist (so auch: BFH, Urt. v. 15.02.2012,  XI R 24/09, juris, Rn. 19; EuGH-Vorlage v. 11.12.2013, XI R 38/12, juris, Rn. 81 [Die richtlinienkonforme Auslegung zulasten des Steuerbürgers finde im Wortlaut ihre Grenze]; daran anschließend FG Kassel, Urt. v. 07.04.2014, 6 K 430/10, juris, Rn. 46; siehe auch Urt. v. 08.10.1991,V R 95/89, juris, Rn. 22; Urt. v. 19.05.1993, V R 110/88, juris, Rn. 32 [danach gehe das gegenüber einer EU-Richtlinie günstigere nationale Recht der Richtlinie vor]).

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2.3.2 Selbst wenn eine analoge Anwendung von § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG nicht von vornherein ausgeschlossen wäre, läge keine analogiefähige Regelungslücke vor. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 21.02. 2013, V R 27/11, juris, Rn. 29; Urt. v. 11.02.2010, V R 38/08, juris, Rn. 21) liegt eine Regelungslücke vor, wenn
"eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d. h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Dass eine gesetzliche Regelung nur rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht nicht aus. Ob eine Regelungslücke oder lediglich ein sog. rechtspolitischer Fehler vorliegt, ist unter Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes zu ermitteln, wobei auf die Wertungen und die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist. Die Unvollständigkeit muss sich bereits aus der dem Gesetz immanenten Zwecksetzung ergeben und nicht nur aus einer selbständigen kritischen Würdigung des Gesetzes."

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Nach diesen Grundsätzen ist § 21 Abs. 2 TabStG zwar lückenhaft (dazu 2.3.2.1). Es handelt sich jedoch nicht um eine unbewusste Regelungslücke (dazu 2.3.2.2).

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2.3.2.1 § 21 TabStG ist gemessen an seinem Zweck unvollständig. Der Zweck des Vierten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 15.07.2009 ist die Umsetzung der Systemrichtlinie (BR-Drs. 169/09, S. 1). Mit § 21 TabStG "werden die Art. 3 Abs. 1 und 4, Art. 7 und 8 der neuen Systemrichtlinie für die Fälle der Einfuhr umgesetzt" (BR-Drs. 169/09, Seite 143; Hervorhebung durch den Senat). Nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. b) der Systemrichtlinie stellt auch der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren, wenn keine Verbrauchsteuer erhoben wurde, eine Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr dar. Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b) der Systemrichtlinie ist bei einem Besitz im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Buchst. b) der Systemrichtlinie "jede Person, die im Besitz der verbrauchsteuerpflichtigen Ware ist, oder jeder andere am Besitz dieser Waren beteiligte Person" Steuerschuldner. Dies verdeutlicht, dass jede Art von Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren, für die keine Verbrauchsteuern erhoben wurden, zur Entstehung der Steuer führen und jeder Besitzer Steuerschuldner sein soll. Steuerschuldner müsste daher auch in dem Fall, in dem die verbrauchsteuerpflichtige Ware eingeführt wird, jeder Besitzer sein. Insoweit wurde die Systemrichtlinie unvollständig umgesetzt, da auch an anderer Stelle im Tabaksteuergesetz nicht an den unrechtmäßigen Besitz als steuerschuldnerschaftsbegründendes Merkmal angeknüpft wird.

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2.3.2.2 Eine Ergänzung von § 21 TabStG dahin gehend, dass die Norm auch für den Besitzer gelten soll, widerspräche jedoch der vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände. Nach der Gesetzesbegründung hat sich der Gesetzgeber (BR-Drs. 169/09, S. 143) bewusst dafür entschieden, den in § 21 S. 1 TabStG 1992 in der Fassung von Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes vom 09.12.2006 (BGBl. I 2830) enthaltenen Verweis auf die Zollvorschriften, insbesondere hinsichtlich der Person des Steuerschuldners, aufzugeben. Nach dem seinerzeit in Bezug genommenen Art. 202 Abs. 3, 3. Anstrich ZK ist insbesondere die Person Zollschuldner, die die Ware im Besitz gehabt hat, obwohl sie im Zeitpunkt des Erhalts der Ware hätte wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig Zollgebiet verbracht worden war. Damit hat sich der Gesetzgeber bei § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG bewusst gegen eine Steuerschuldnerschaft des Besitzers entschieden. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die verschiedenen Steuerschuldnertatbestände in Art. 8 der Systemrichtlinie übersehen hat. Er hat nämlich in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf diese Norm hingewiesen (BR-Drs. 169/09, S. 143). Würde das Gericht nunmehr im Wege einer analogen Anwendung den rein objektiven, an den bloßen Besitz anknüpfenden Steuerschuldnertatbestand in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b) Systemrichtlinie in § 21 Abs. 2 S. 1 TabStG hineinlesen, würde es den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers konterkarieren, eine an den Besitz anknüpfende Steuerschuldnerschaft - wie sie in Art. 202 Abs. 3, 3. Anstrich ZK vorgesehen ist - abzuschaffen.

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2.4 Die Steuerschuldnerschaft des Klägers kann auch nicht im Wege einer analogen Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 2 TabStG, nach der der Besitzer Schuldner der Tabaksteuer ist, auf die Einfuhr begründet werden. Neben den grundsätzlichen Bedenken gegen eine Analogie zulasten des Steuerbürgers (siehe oben 2.3.1) dürfte schon keine Lücke vorliegen. Mit § 23 TabStG wird nämlich Art. 33 der Systemrichtlinie implementiert (DR-Drucksache 169/09, S. 144). Diese Norm befasst sich ausweislich ihrer Überschrift mit dem "Warenbesitz in einem anderen Mitgliedstaat" und wurde in § 23 TabStG vollständig umgesetzt.

46

Selbst wenn man die Lücke - wie oben (2.3.2.1) - darin sehen will, dass Art. 7 Abs. 2 b) und Art. 8 Abs. 1 b) der Systemrichtlinie unvollständig umgesetzt wurden, stünde der Analogie entgegen, dass ausweislich der Gesetzesbegründung der Zweck von § 23 TabStG gerade darin bestand, Art. 33 der Systemrichtlinie - also nicht die Art. 7 und 8 der Systemrichtlinie - umzusetzen.

47

3. Eine Umdeutung des angefochtenen Steuerbescheids in einen Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 Abs. 1 AO kommt nicht in Betracht. Steuer- und Haftungsbescheide stellen völlig unterschiedliche Maßnahmen dar, die gänzlich unterschiedlichen Voraussetzungen unterliegen. Selbst wenn man eine solche Umdeutung annehmen wollte, wäre der Bescheid wegen Ermessensausfalls rechtswidrig, weil der Beklagte das ihm gemäß § 191 Abs. 1 AO eröffnete Ermessen nicht ausgeübt hätte (so schon: FG Hamburg, Urt. v. 15.07.2014, 4 K 183/13, juris, Rn. 18; daran anschließend: Beschl. v. 09.01.2015 V 138/14, S. 10 f. BA; Beschl. v. 20.02.2015, 4 V 192/14, S. 14 BA).

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4. Der Kläger schuldet keine Hinterziehungszinsen nach § 235 AO. Da seine Tabaksteuerschuldnerschaft nach den vorstehenden Ausführungen nicht nachgewiesen ist, sind die Tabaksteuern jedenfalls nicht zu seinem Vorteil hinterzogen worden, so dass er insoweit nicht Zinsschuldner nach § 235 Abs. 1 S. 2 AO ist.

II.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 151 Abs. 3, 155 S. 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

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