Urteil vom Finanzgericht Hamburg (6. Senat) - 6 K 66/16

Tatbestand

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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 1a Gewerbesteuergesetz (GewStG) durchzuführen sind oder ob diese Hinzurechnungen verfassungswidrig sind. Außerdem streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf abweichende Steuerfestsetzung gem. § 163 Abgabenordnung (AO) hat.

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Die Klägerin wurde ... gegründet. Im Handelsregister ist als Gegenstand des Unternehmens der Handel mit Waren aller Art eingetragen. Die Klägerin gehört zu einem iranischen Unternehmenskonzern. Auf Nachfrage eines iranischen Unternehmens, welches zu der Konzerngruppe gehört, suchte die Klägerin einen geeigneten Lieferanten überwiegend in Europa. Die Tätigkeit der Klägerin umfasste neben der Suche der Lieferanten, auch die Auswahl des günstigsten Angebots und die Aushandlung von Liefer- und Zahlungsmodalitäten. Die Ware wurde von den Lieferanten direkt an die Kunden der Klägerin in den Iran geliefert. Die Klägerin übernahm anschließend die finanzielle und kaufmännische Abwicklung der jeweiligen Aufträge für ihre Kunden im Iran. Die Zahlungen durch die Klägerin erfolgten im Wege von Akkreditiven. Das Zahlungsziel der von den iranischen Banken erstellten Akkreditiven betrug ca. 1 Jahr. Zur Eröffnung des Akkreditivs stellte die Klägerin an den jeweiligen Kunden eine Proforma-Rechnung, die die entsprechende Ware enthielt. Der Rechnungsbetrag beinhaltete die Marge der Klägerin sowie die Gebühren des Akkreditivs und die Zinsen. Anschließend wurde von einer in Deutschland ansässigen Bank ein entsprechend übertragbares Akkreditiv auf Nachsichtbasis zugunsten der Klägerin übernommen. Das Akkreditiv wurde mit der Option der Forfaitierung der Nachsichtperiode an den Zweitbegünstigten, den Lieferanten, übertragen. Der Lieferant präsentierte anschließend die Unterlagen bei der Bank. Die Bank, die ihren Sitz im Iran hat, eröffnete daraufhin das Akkreditiv. Anschließend wurde das Fälligkeitsdatum festgelegt und der Prozess der Forfaitierung begann. Nach den Verhandlungen der Klägerin über die Zinsen und Gebühren erfolgte die entsprechende Abrechnung und Gutschrift an die Klägerin und den Lieferanten.

3

Die Klägerin erklärte für 2008 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG in Höhe von ... € und Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG in Höhe von ... €.

4

Für 2009 erklärte die Klägerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG in Höhe von ... € und Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG in Höhe von ... €.

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Für 2010 erklärte die Klägerin einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG in Höhe von ... € und Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG in Höhe von ... €.

6

Auch für das Jahr 2011 erklärte die Klägerin einen Verlust aus Gewerbebetrieb, dieses Mal in Höhe von ... €, Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG in Höhe von ... € und Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG in Höhe von ... €.

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Wegen der steuerlichen Auswirkungen wird auf die entsprechenden Steuerbescheide und die Darstellung in der Einspruchsentscheidung vom 23.02.2016 verwiesen.

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Zusammen mit der Abgabe der Steuererklärungen für 2008 stellte die Klägerin mit Schreiben vom 14.01.2010 einen Antrag auf Nichtberücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen nach § 163 AO für 2008. Hierin begehrte die Klägerin, bei der GewSt-Veranlagung 2008 keine Hinzurechnung der Zinsen nach § 8 Nr. 1a GewStG vorzunehmen, da diese Hinzurechnung sowohl gegen die objektive Leistungsfähigkeit des Betriebes verstoße als auch zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung führe. Aus einem Jahresüberschuss 2008 (vor Ertragsteuern) von ... € resultiere eine Ertragsteuerbelastung von ... €. Dies bedeute für 2008 eine Ertragsteuerbelastung auf Gesellschaftsebene von 94,3 % im Vergleich zu 34,6 % im Vorjahr unter Anwendung der alten Rechtslage, nach welcher nur Dauerschuldzinsen hinzugerechnet worden seien (in 2008 hätten die Dauerschuldzinsen lediglich ... € betragen). Die Substanzbesteuerung des Betriebes sei nicht durch eine schlechte Ertragssituation begründet. Es würden nachhaltig nennenswerte Überschüsse (vor Steuern) erzielt, die jedoch durch die Ertragsteuerbelastung aufgezehrt würden. Die Diskontierungsbeträge seien von der Klägerin entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung als Erlösminderung und nicht als Zinsaufwand verbucht worden. Nach dem (zur Zinsschranke nach § 4h Einkommensteuergesetz (EStG) und § 8a Körperschaftsteuergesetz (KStG)) ergangenen BMF-Schreiben vom 04.07.2008 (BStBl. I, S. 730, Tz. 19 - 23 Tz. 32) könnten die Diskontierungsbeträge nur bei übereinstimmenden Antrag von Zessionar und Zedenten steuerlich als Zinsaufwand behandelt werden. Im Gegenzug hierzu regele der BMF-Erlass vom 04.07.2008 rückwirkend, dass ab 01.01.2008 die Diskontierungsbeträge bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnen seien. Durch diese Regelung seien die Rechtsfolgen für bereits abgeschlossene Verträge bis Juli 2008, die sie, die Klägerin, im Vertrauen auf die bestehende Verwaltungsauffassung (Treu und Glauben) gezogen habe, rückwirkend zu ihrem Nachteil geändert worden. Von den nach § 8 Nr. 1a GewStG n. F. zu berücksichtigenden Zinsen (... €) entfielen ... € auf die Diskontierung verkaufter Forderungen und davon entfielen wiederum ... € auf Forfaitierungszinsen bis zum 04.07.2008.

9

Der Beklagte lehnte den Antrag gem. § 163 AO mit Bescheid vom 15.09.2010 ab und erließ zudem am 24.09.2010 einen Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2008, in welchem die streitigen Zinsen in voller Höhe nach § 8 Nr. 1a GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet wurden.

10

Mit Fax vom 20.10.2010 legte die Klägerin sowohl gegen die Antragsablehnung vom 15.09.2010 als auch gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2008 vom 24.09.2010 Einspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf den Beschluss des BVerfG vom 18.01.2006 (2 BvR 2194/99). Ihr Geschäft sei zwingend mit hohen Forfaitierungszinsen verbunden; ohne Forfaitierung sei eine Unternehmensfortführung nicht denkbar, da das Geschäft sonst nicht finanzierbar wäre. Die GewSt-Belastung 2008 habe mit 78,3 % (ohne die weiteren Ertragsteuern) eine erdrosselnde Wirkung.

11

Für 2009 (24.02.2011) und 2010 (28.12.2011) ergingen Gewerbesteuermessbetragsbescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung, in welchen die Hinzurechnungsbeträge nach § 8 Nr. 1a GewStG in voller Höhe berücksichtigt wurden.

12

Am 11.09.2012 beantragte die Klägerin u. a. die Änderung der o. g. Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 dergestalt, dass von der streitigen Hinzurechnung der Entgelte nach § 8 Nr. 1a GewStG n. F. abgesehen werde. Zudem bat die Klägerin unter Hinweis auf das vor dem BVerfG anhängige Verfahren zum Az. 1 BvL 8/12 um Verfahrensruhe.

13

Der Beklagte lehnte die Anträge auf abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO am 21.09.2012 ab.

14

Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 04.10.2012 Einspruch eingelegt und nochmals um Verfahrensruhe gebeten.

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Die Einspruchsverfahren wurden zunächst antragsgemäß nach § 363 Abs. 2 AO zum Ruhen gebracht.

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Mit Bescheid vom 14.03.2013 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag 2011 unter Vorbehalt der Nachprüfung fest.

17

Am 24.09.2013 gab der Beklagte nach § 164 Abs. 2 AO geänderte, weiterhin unter dem Nachprüfungsvorbehalt stehende Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2008 - 2010 zur Post. Die Gewerbesteuermessbeträge 2008 - 2010 wurden hierin entsprechend den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25.04.2013 (BStBl. I 2013, S. 460) jeweils gemäß § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO für vorläufig erklärt hinsichtlich a) der Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der GewSt und der darauf entfallenden Nebenleistungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5b EStG) sowie b) der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 1a, d, und e GewStG. Die Vorläufigkeitserklärung erfasst It. Erläuterungstext in den Bescheiden sowohl die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind, als auch den Fall, dass das BVerfG oder der BFH die streitige verfassungsrechtliche Frage durch verfassungskonforme Auslegung der angeführten gesetzlichen Vorschriften entscheidet (BFH-Urteil vom 30.09.2010 III R 39/08, BStBl. 2011 II, 11).

18

Mit Schreiben vom 04.10.2013 (beim FA eingegangen am 08.10.2013) teilte die Klägerin mit, dass sie den Einspruch vom 20.10.2010 gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2008 vom 24.09.2010 weiterhin aufrecht halte. Außerdem legte sie gegen die gegen die geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheide 2008 - 2010 vom 24.09.2013 Einspruch ein.

19

Weiter beantragte die Klägerin durch ihr Schreiben vom 04.10.2013 die Änderung des Gewerbesteuermessbetragsbescheids 2011. Am 21.10.2013 lehnte der Beklagte diese Änderung und den Antrag auf abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeit gem. § 163 AO ab.

20

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 24.10.2013 Einspruch ein, den sie wie in den Vorjahren begründete. Für das Jahr 2011 seien zu berücksichtigende Zinsen in Höhe von ... € vorhanden, hiervon würden ... € auf die Diskontierung verkaufter Forderungen entfallen; die Zinsaufwendungen mit Dauerschuldcharakter beliefen sich in 2011 auf ... €. Bei einem Jahresfehlbetrag 2011 (vor Ertragsteuern) von ... € resultiere nach neuer Rechtslage eine Ertragsteuerbelastung auf Gesellschaftsebene von 99,7 % im Vergleich zu 0 % unter Anwendung der alten Rechtslage.

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Mit Bescheiden vom 22.09.2014 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung in den Gewerbesteuermessbetragsbescheiden 2009 - 2011 vom 24.09.2013 (2009 und 2010) und vom 14.03.2013 (2011) auf. Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags blieb jeweils weiterhin teilweise vorläufig nach § 165 Abs. 1 S. 2 AO.

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Durch Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

23

Am 25.03.2015 hat die Klägerin Klage erhoben, welche zunächst unter dem Aktenzeichen 6 K 88/15 geführt wurde. Das Verfahren ruhte anschließend wegen des beim BVerfG anhängigen Verfahrens 1 BvL 8/12 (Vorlagebeschluss des FG Hamburgs vom 29.02.2012 im Verfahren 1 K 138/10). Nach der Entscheidung des BVerfG vom 15.02.2016 wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen 6 K 66/16 fortgesetzt.

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Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor:
Die Forfaitierung sei für sie, die Klägerin, wesentliches und zwingendes Finanzierungsmittel der Exportfinanzierung ihres Geschäftsbetriebs. Andere Finanzierungsmöglichkeiten bestünden wegen des Wirtschaftsembargos gegenüber dem Iran nicht. Der Iran sei das einzige Exportland. Die sich aus der Forfaitierung ergebenden Zinsen seien unausweichlich und die damit einhergehende Gewerbesteuerbelastung damit unvermeidbar. Diese Gewerbesteuerbelastung führe zu einer übermäßigen Besteuerung und sei mit Art. 14 GG unvereinbar. Z. B. ergebe sich im Streitjahr 2011 eine 99,7 %ige Ertragsteuerbelastung auf Gesellschaftsebene. Insgesamt ergebe sich für die Streitjahre 2008 bis 2011 eine ertragsteuerliche Belastung von 124 %. Damit sei ihre, der Klägerin, finanzielle Leistungsfähigkeit verletzt, die Steuerbelastung führe zu ihrer Existenzgefährdung. Im streitigen Zeitraum habe sie Arbeitsplätze für 5 bis 6 Mitarbeiter geschaffen.

25

Sie, die Klägerin, stehe in Konkurrenz zu iranischen Banken. Auch böten deutsche Unternehmen ebenfalls an, den finanziellen Service für solche Geschäfte zu übernehmen. Insbesondere sei eine Konkurrenzfähigkeit gegenüber asiatischen Lieferanten nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr gegeben. Aus diesem Grund bestehe nicht die Möglichkeit, bei der Kalkulation ihrer Preise die Gewerbesteuer einzuberechnen, da sie dann die Aufträge nicht mehr erhalten würde.

26

Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Vorlage des FG Hamburg könne nicht hergeleitet werden, dass die streitbefangene gewerbesteuerliche Hinzurechnungsvorschrift nicht verfassungswidrig sei, denn das BVerfG habe die Vorlage bereits als unzulässig abgelehnt.

27

Die Hinzurechnung sei auch unter Gleichheitsgesichtspunkten verfassungswidrig, denn Handelsunternehmen könnten nicht vom sog. Bankenprivileg profitieren und seien daher gegenüber Banken etc. benachteiligt. Sie, die Klägerin, sei quasi als Finanzdienstleister gegründet und auch tätig geworden. Ihre Haupttätigkeit sei im streitigen Zeitraum die Finanzierung von Geschäften mit iranischen Unternehmen gewesen. Diese Unternehmen gehörten zu der Unternehmensgruppe der Alleingesellschafterin der Klägerin. Bezüglich der von ihr gezahlten Forfaitierungszinsen seien die Voraussetzungen des sog. Bankenprivilegs gem. § 19 Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) gegeben. Hierfür sei es nicht erforderlich, dass eine Erlaubnis für das Betreiben von Bankgeschäften vorliege. Eine solche Erlaubnis sei auch nicht erforderlich, denn sie, die Klägerin, habe einen Großhandel betrieben. Sie habe im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehungen die finanzielle und kaufmännische Abwicklung der jeweiligen Aufträge für ihre Kunden im Iran übernommen. Nicht entscheidend könne es sein, dass sie, die Klägerin, die Darlehen nicht selbst unmittelbar gewährt habe, sondern es müsse auf die Vergleichbarkeit der Situationen ankommen.

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Höchst hilfsweise werde vorgetragen, dass die Hinzurechnungen der Diskontierungsbeträge erst rückwirkend durch den Erlass des BMF vom 04.07.2008 (BStBl I 2008, 730, Tz.19-23) vorgenommen worden seien. Hierdurch sei auch eine Hinzurechnung von solchen Akkreditiven erfolgt, die bereits in den Vorjahren vereinbart worden waren. Bei solchen Altverträgen sei es ihr, der Klägerin, nicht mehr möglich gewesen zu reagieren. In 2008 seien Zinsen aus Forfaitierungsverträgen in Höhe von ... € erfasst worden, die aus drei Verträgen resultierten, die bereits vor 2008 abgeschlossen worden seien. Die entsprechenden Verträge könnten eingereicht werden. Auch die Zinsen, die aufgrund von Letter-of-Credit-Verträgen erzielt worden seien, die vor 2008 abgeschlossen worden seien, dürften nicht berücksichtigt werden. Dies seien ... € in 2008 gewesen. Die entsprechenden Verträge könnten vorgelegt werden. Auf dem Konto "..." seien Zinsen aus solchen Verträgen in Höhe von ... € gebucht worden. Insgesamt seien daher Schuldzinsen in Höhe von ... € aus Altfällen nicht zu berücksichtigen, da anderenfalls eine unzulässige Rückwirkung bewirkt würde.

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Für den Fall, dass die einschlägigen gewerbesteuerlichen Vorschriften nicht verfassungswidrig sein sollten, werde hilfsweise eine Billigkeitsmaßnahme gem. §§ 163, 227 AO beantragt. Auch der BFH gehe davon aus, dass eine durch die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungstatbestände begründete Substanzbesteuerung durch Billigkeitsmaßnahmen verhindert werden müsse, da dann sachliche Billigkeitsgründe vorlägen. Es laufe den Wertungen des Gesetzes zuwider, wenn die Ertragskraft eines Unternehmens durch die übermäßige Besteuerung genommen werde. Im Streitfall liege ein atypischer Fall vor, da die steuerliche Wirkung hier erdrosselnd sei. Solche Billigkeitsmaßnahmen seien vom Beklagten zu Unrecht abgelehnt worden.

30

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 19.08.2016 und 15.11.2016 verwiesen.

31

Die Klägerin beantragt,
den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2008 vom 24.09.2013,
den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2009 vom 22.09.2014,
den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2010 vom 22.09.2014,
jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015
dahingehend zu ändern, dass
der Gewerbesteuermessbetrag 2008 ohne Berücksichtigung von Dauerschuldzinsen auf ... € festgesetzt wird,
der Gewerbesteuermessbetrag 2009 ohne Berücksichtigung von Dauerschuldzinsen auf ... € festgesetzt wird,
der Gewerbesteuermessbetrag 2010 ohne Berücksichtigung von Dauerschuldzinsen auf 0 € festgesetzt wird,
den Bescheid vom 21.10.2013 über die Ablehnung des Antrags vom 08.10.2013 auf Änderung des Gewerbesteuermessbetragsbescheids 2011 vom 14.03.2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2011 1/4 der Forfaitierungszinsen in Höhe von ... € nicht hinzuzurechnen,
hilfsweise wird beantragt:
den Bescheid vom 15.09.2010 über die Ablehnung des Antrags vom 14.01.2010 auf Nichtberücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen nach § 163 AO beim Gewerbesteuermessbetrag 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2008 1/4 der Forfaitierungszinsen in Höhe von ... € nicht hinzuzurechnen,
den Bescheid vom 21.09.2012 über die Ablehnung des Antrags vom 11.09.2012 auf Nichtberücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen nach § 163 AO beim Gewerbesteuermessbetrag 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2009 1/4 der Forfaitierungszinsen in Höhe von ... € nicht hinzuzurechnen,
den Bescheid vom 21.09.2012 über die Ablehnung des Antrags vom 11.09.2012 auf Nichtberücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen nach § 163 AO beim Gewerbesteuermessbetrag 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2010 1/4 der Forfaitierungszinsen in Höhe von ... € nicht hinzuzurechnen,
den Bescheid vom 21.10.2013 über die Ablehnung des Antrags vom 08.10.2013 auf Nichtberücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen nach § 163 AO beim Gewerbesteuermessbetrag 2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2011 1/4 der Forfaitierungszinsen in Höhe von ... € nicht hinzuzurechnen.

32

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

33

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015 und trägt ergänzend vor: Die Besteuerung der Forfaitierungszinsen verstoße weder gegen das Übermaßverbot, noch verletze es die Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit oder Art. 14 GG. Auch die Voraussetzungen für eine Billigkeitsentscheidung seien nicht gegeben.

34

Ob das sog. Bankenprivileg zur Anwendung gelange, könne nicht beurteilt werden, da der Sachvortrag der Klägerin nicht ausreichend sei, um beurteilen zu können, ob sie tatsächlich ausschließlich Finanzdienstleistungen erbringe. Der bisherige Vortrag der Klägerin bezüglich der Ausgestaltung ihres Handelsbetriebes sei nicht nachvollziehbar. Es spreche Einiges dafür, dass die Klägerin als Vermittlerin auftrete. Eine solche Tätigkeit unterliege aber nicht den Regelungen gem. § 1 Abs. 1a Satz 2 Gesetz über das Kreditwesen (KWG) in Verbindung mit § 19 GewStG. Ein Akkreditiv sei ein Instrument der Zahlungssicherung und stelle kein Factoring dar. Der bisherige Vortrag der Klägerin zu ihrer Tätigkeit sei nur eingeschränkt nachvollziehbar. Auch durch die letzte Stellungnahme werde dieses Defizit nicht behoben. Für die Tätigkeit als Kreditinstitut wäre entscheidend gewesen, dass die Klägerin de facto Geschäfte im Sinne des §§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 KWG im gesetzlich beschriebenen Umgang tätige. Eine vergleichbare Marktsituation sei nicht entscheidend. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Tatbestände des §§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-12 KWG erfüllt worden seien. Die Tätigkeit der Klägerin falle insbesondere nicht unter § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 oder Nr. 8 KWG, da die Klägerin nur zu ihren Gunsten eingeräumte Akkreditive abtrete, aber selbst weder Gelddarlehen vergebe noch für die Zahlungen hafte.

35

Auch der Tätigkeitsumfang, der für beide Privilegierungsformen zwingende Voraussetzung sei, bleibe weiterhin für den Beklagten zweifelhaft. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin nach dem Handelsregistereintrag dem Handel von Waren nachgehe und nach eigenem Vortrag Großhändlerin sei. Soweit die Klägerin nun vorgetragen habe, dass sie hauptsächlich eine Finanzierungstätigkeit ausgeübt habe, erfülle sie damit bereits nicht § 19 Abs. 2 Nr. 4 GewStDV, wonach ausschließlich Finanzdienstleistungen erbracht worden sein dürfen. Hierbei, wie auch bei dem vorzunehmenden Aktivpostenvergleich nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GewStDV, sei zudem verwunderlich, dass die Klägerin zum Beweis ihres Tätigkeitsumfanges den Zeugenbeweis bemühe. Der Tätigkeitsumfang hätte sich eigentlich problemlos anhand der Buchhaltung oder anhand aussagekräftiger Unterlagen darlegen lassen müssen.

36

Die Klägerin habe in ihrem letzten Schriftsatz erstmalig vorgetragen, dass vor dem 01.01.2008 geschlossene Forfaitierungs- und LC-Verträge nicht zu berücksichtigen seien. Hierzu gelte grundsätzlich, dass die geänderte Gesetzeslage konstitutiv für die Steuerpflicht sei.

37

Durch richterliche Verfügung vom 13.10.2016 wurde der Klägerin eine Ausschlussfrist bis zum 15.11.2016 gesetzt, um die Tatsachen und Beweismittel zu den Behauptungen anzugeben, die Klägerin übe die Funktion eines Finanzdienstleisters aus und unterliege dem sog. Bankenprivileg bzw. die Klägerin erbringe ausschließlich Finanzdienstleistungen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verfügung verwiesen.

38

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis erklärt mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin.

39

Der ehemalige (ausgetragen am ...) Geschäftsführer der Klägerin A wurde als Zeuge vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift des Erörterungstermins vom 08.09.2015 und der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2016 wird verwiesen. Dem Gericht haben die Gewerbesteuerakten, die Bilanz- und Bilanzberichtsakten und die Rechtsbehelfsakten zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

40

Die Entscheidung ergeht gem. § 79a Abs. 3 und 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin.

I.

41

Die zulässige Klage ist unbegründet.

42

Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde das gem. § 44 FGO erforderliche Vorverfahren durchgeführt. Der Beklagte hat durch seine Einspruchsentscheidung vom 23.02.2015 nicht nur die Änderung der angefochtenen Bescheide über die Gewerbesteuermessbeträge 2008 bis 2010 abgelehnt, sondern auch den Änderungsantrag gem. § 164 AO bezüglich des Bescheides über die Gewerbesteuermessbetrag 2011 und die Anträge auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO für die Jahre 2008 bis 2011.

43

Die angefochtenen Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2008, 2009 und 2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 FGO). Der Beklagte hat zu Recht Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 1a GewStG (i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007 und des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12.2007) vorgenommen und den für das Jahr 2011 gestellten Änderungsantrag gem. § 164 AO der Klägerin abgelehnt (1. bis 4.).

44

Die Klage ist auch hinsichtlich der Hilfsanträge für die Jahre 2008 bis 2011 unbegründet. Die Ablehnungsbescheide, durch die der Beklagte die Anträge auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO für die Jahre 2008 bis 2011 ablehnte, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 FGO; 5.).

45

1. Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung liegen vor.

46

Gewerbeertrag ist gem. § 7 GewStG der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.

47

a) Nach § 8 Nr. 1a Satz 1 GewStG werden ein Viertel der Summe aus Entgelten für Schulden wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Gem. § 8 Nr. 1a Satz 2 GewStG gelten als Entgelt auch der Aufwand aus nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden gewährten Skonti oder wirtschaftlich vergleichbaren Vorteilen im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit sowie die Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen. Gem. § 8 Nr. 1a Satz 3 GewStG gilt, soweit Gegenstand der Veräußerung eine Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis ist, die Differenz zwischen dem Wert der Forderung aus dem schwebenden Vertragsverhältnis, wie ihn die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Veräußerung zugrunde gelegt haben, und dem vereinbarten Veräußerungserlös als bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt, soweit die Summe den Betrag von 100.000,- € übersteigt.

48

Während nach der vorherigen Gesetzesfassung in § 8 Nr. 1 Alternative 2 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn die Hälfte der Entgelte für Schulden wieder hinzugerechnet wurde, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhingen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienten, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden waren (sog. Dauerschulden), werden nach § 8 Nr. 1a GewStG n. F. dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Entgelte für Schulden wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von 100.000,- € übersteigt. Mit der Neufassung fallen nach dem Wortlaut sämtliche Entgelte für Schulden in den Anwendungsbereich der Vorschrift (Güroff in Glanegger, GewStG, § 8 GewStG Rn. 2), unabhängig davon, ob es sich um lang- oder kurzfristige Verbindlichkeiten handelt und für welchen Zweck der Gegenwert der Schuld verwendet wurde (Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 GewStG Rn. 36; Köster in Lenski/Steinberg, GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. a Rn. 22). Entgelt für Schulden ist dabei die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital (BFH-Urteile vom 29.03.2007 IV R 55/05, BFHE 217, 103, BStBl II 2007, 655; vom 09.08.2000 I R 92/99, BFHE 193, 141, BStBl II 2001, 609; vom 25.02.1999 IV R 55/97, BFHE 188, 406, BStBl II 1999, 473).

49

Durch die Sätze 2 und 3 wird der Anwendungsbereich der Hinzurechnungsnorm noch erweitert. Einschlägig ist im Streitfall Satz 3. Satz 3 enthält eine Sonderregelung für die Veräußerung von Forderungen aus einem schwebenden Vertragsverhältnis (sog. Forfaitierung). Da sich schwebende Geschäfte im Regelfall (noch) nicht im Rahmen des Rechnungswesens und damit der Gewinnermittlung niederschlagen, würde eine Hinzurechnung ohne Sonderregelung überhaupt nicht in Betracht kommen, weil es insoweit an einer vorgelagerten Gewinnminderung fehlt. Sachlich betroffen von dieser Sonderregelung sind Forderungen aus schwebenden Geschäften, bei deren Veräußerung der Forderungsverkäufer im Vergleich zur Vereinnahmung der Forderung aus diesem Vertragsverhältnis einen geringeren Betrag erhält.

50

Auch hinter dieser Regelung ist das Ziel des Gesetzgebers erkennbar, den insoweit gewährten Abschlag als "Entgelt für Schulden" gewerbesteuerlich zu erfassen, den ein Unternehmen für den Vorteil leistet, dass ihm ein Geldbetrag schon vorzeitig zur Verfügung steht (Köster in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Rn. 170). Für diese Sachverhalte definiert Satz 3, welcher Betrag bei der Ermittlung des Gewinns als abgesetzt gelten und im Rahmen der Hinzurechnung berücksichtigt werden soll.

51

b) Die Klägerin erzielte Entgelte aus einer echten Forfaitierung.

52

Unter Forfaitierung versteht man den Ankauf von Forderungen unter Verzicht auf einen Rückgriff gegen den Verkäufer bei Zahlungsausfall des Schuldners (echte Forfaitierung). Bei der unechten Forfaitierung ist dagegen ein Rückgriff möglich. Allerdings haftet der Verkäufer in beiden Fällen für den Rechtsbestand (Verität) der Forderung. Im Streitfall liegt unstreitig eine echte Forfaitierung vor, denn das Bonitätsrisiko geht auf den jeweiligen Käufer über. Ein gewinnmindernder Zinsaufwand in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert der Forderung und dem Verkaufserlös liegt bilanzsteuerrechtlich nicht vor. Gleichwohl ist der Differenzbetrag bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags gem. § 8 Nr. 1a Satz 3 GewStG zu erfassen. Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb werden somit fiktive Zinsbeträge hinzugerechnet, die lediglich auf Grund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise "entstanden", aber zuvor tatsächlich nicht gewinnmindernd als Zinsaufwand berücksichtigt worden sind.

53

Die Höhe der hinzugerechneten Beträge ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

54

2. Die Klägerin kann sich nicht auf § 19 GewStDV berufen.

55

Gemäß § 19 Abs. 1 GewStDV in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind bei Kreditinstituten im Sinne des § 1 Absatz 1 KWG nur Entgelte für Schulden (und den Entgelten gleichgestellte Beträge) anzusetzen, die dem Betrag der Schulden entsprechen, um den der Ansatz der - im Streitfall unstreitig nicht vorliegenden - zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Schiffe, Anteile an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen sowie der Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten das Eigenkapital überschreitet.

56

Kreditinstitute sind gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 KWG Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Bankgeschäfte sind u. a. Kreditgeschäfte in Gestalt der Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG).

57

Zwar ist es für die Anwendung des § 19 GewStDV ohne Bedeutung, dass die Klägerin bislang eine Erlaubnis der Aufsichtsbehörde gemäß § 32 KWG nicht beantragt hat (vgl. BFH-Urteil vom 16.10.2002 I R 23/02, BFH/NV 2003, 653), obwohl derjenige, der ohne die erforderliche Erlaubnis Bankgeschäfte betreibt, nicht nur eine Ordnungswidrigkeit begeht, sondern sich sogar strafbar macht (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG). Denn die Eigenschaft des Kreditinstituts im Sinne des § 19 GewStDV i. V. m. § 1 Abs. 1 KWG besteht unabhängig davon, ob eine Erlaubnis für das Betreiben dieser Geschäfte vorliegt (Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG § 1, Rn. 9; vgl. BFH-Urteil vom 10.02.1987 VIII R 257/81, BFH/NV 1987, 391).

58

Die Klägerin ist jedoch kein Kreditinstitut. Das hat sie auch nicht behauptet. Insofern kommt es im Streitfall auch nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG vorliegen bzw. falls dies der Fall ist, welches die Rechtsfolge wäre.

59

Die Klägerin ist auch kein Finanzdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 19 Abs. 4 GewStDV bzw. des § 19 Abs. 3 Nr. 4 GewStDV ist. Sie hat weder behauptet, noch hat sie nachgewiesen, dass sie tatsächlich Finanzdienstleistungen im Sinne dieser Vorschriften erbringt. Die Klägerin betreibt sowohl nach eigener Darstellung als auch nach ihrem im Handelsregister stehenden Gesellschaftszweck ein Handelsunternehmen. Auf Nachfrage des mit ihr gesellschaftsrechtlich verbundenen iranischen Unternehmens sucht sie in Europa nach geeigneten Lieferanten. Sie vergleicht die Angebote und sucht das beste Angebot aus. Anschließend vereinbart sie die Zahlungs- und Lieferbedingungen und übernimmt nach eigener Darstellung die kaufmännische Abwicklung der von ihr vermittelten Verträge. Zwar hat die Klägerin in ihrem letzten Schriftsatz behauptet, dass die Finanzierung iranischer Unternehmen ihre Haupttätigkeit darstellte, diese Behauptung alleine genügt jedoch nicht, zumal sie auch nicht im Einklang mit der Zeugenaussage steht. Zudem hat die Klägerin diese Behauptung auch nicht substantiiert oder den entsprechenden Anteil quantifiziert. Sowohl für § 19 Abs. 4 GewStDV als auch für die Anwendung der § 19 Abs. 3 Nr. 2 und 3 und des Nr. 4 a. F. GewStDV ist aber ein bestimmter Umfang der Umsätze erforderlich.

60

3. § 8 Nr. 1a GewStG ist nicht verfassungskonform einschränkend auszulegen.

61

Eine teleologische Reduktion der Hinzurechnungsvorschrift ist nicht geboten. Zweck der Hinzurechnungen ist es, den für die Besteuerung maßgebenden Gewerbeertrag unabhängig von der Art und Weise der für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelte zu bestimmen (BT-Drucks 16/4841, S. 78). Gesetzlicher Orientierungspunkt ist damit ein typisiertes Unternehmen, das eigenkapitalfinanziert ist (vgl. BFH-Urteil vom 04.06.2014 I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289).

62

Im Streitfall ist auch nicht § 8 Nr. 1 Satz 1 GewStG auszulegen, sondern es geht um die Anwendung der explizit geregelten Fälle des Satzes 3. Der Gesetzgeber hat diese Regelungen bewusst ergänzt. Eine gegen den Wortlaut wirkende einschränkende Auslegung ist deshalb nicht möglich.

63

4. Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung.

64

Das Gericht ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der zu Grunde liegenden gewerbesteuerlichen Regelungen überzeugt. Eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zur Frage der Verfassungswidrigkeit des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG kommt daher nicht in Betracht.

65

Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i. V. m. § 80 BVerfGG hat ein Gericht, welches ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das Verfahren auszusetzen und unmittelbar die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BFH ist Voraussetzung für die Vorlagepflicht bzw. für die Zulässigkeit einer entsprechenden Vorlage jedoch, dass das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Gesetzesvorschrift überzeugt ist; bloße Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift vermögen das Gericht dagegen nicht von der Pflicht zur Anwendung des Gesetzes zu entbinden (vgl. z. B. BVerfG-Urteil vom 20.03.1984 1 BvL 23/83, BVerfGE 66, 265, BVerfG-Beschlüsse vom 06.04.1989 2 BvL 8/87, BVerfGE 80, 59 vom 22.09.2009 2 BvL 3/02, BVerfGE 124, 25; BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557).

66

Zwar hat das BVerfG die Vorlage des FG Hamburg vom 29.02.2012 (1 K 138/10) durch den Beschluss vom 15.02.2016 (1 BvL 8/12) als unzulässig und nicht als unbegründet abgewiesen. Das BVerfG setzte sich in seiner Entscheidung allerdings trotzdem mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Gewerbesteuergesetz auseinander und stellte fest, dass die von den Hinzurechnungsvorschriften in § 8 GewStG ausgehenden Belastungen nach der Rechtsprechung des BVerfG von der verfassungsrechtlichen Legitimität der Gewerbesteuer erfasst und von den betroffenen Grundrechtsträgern im Grundsatz hinzunehmen sind (BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557).

67

Insbesondere bezog das BVerfG bei seiner Beurteilung ein, dass die steuerliche Belastung der Unternehmen durch das Unternehmenssteuergesetz 2008 (BGBl I 2007, 1912) insgesamt gesunken ist. Zugleich sollte zur Kompensation der geringeren nominalen Steuerbelastung die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer durch verschiedene Maßnahmen verbreitert und verstetigt werden. Dazu gehörte unter anderem die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer von der Bemessungsgrundlage bei der Einkommensteuer (§ 4 Abs. 5b EStG), bei der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 5b EStG) und bei der eigenen Bemessungsgrundlage sowie die Ausweitung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD, BTDrucks 16/4841, S. 32). Die Hinzurechnung wurde ab dem Erhebungszeitraum 2008 auch auf Entgelte für Schulden, die keine Dauerschulden sind, erweitert. Die Gesetzesänderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 führte somit zu einer Ausweitung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Schuldzinsen. Im Übrigen wurde die Hinzurechnung grundsätzlich auf 25 v. H. der Entgelte und der ihnen gleichgestellten Aufwendungen beschränkt. Die Ausweitung der Hinzurechnungstatbestände sollte der Verlagerung deutschen Steuersubstrats ins Ausland entgegenwirken und zur Finanzierung der Unternehmensteuerreform beitragen. (BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557).

68

Absicht des Gesetzgebers bei der Neufassung und Ausweitung der Hinzurechnungsvorschriften für Wirtschaftsgüter in § 8 Nr. 1 GewStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 war es lediglich, die bis dahin in § 8 GewStG a. F. gegebenen Ungleichbehandlungen verschiedener Finanzierungsformen zu vermeiden und die Struktur der Hinzurechnungstatbestände zu vereinheitlichen (BTDrucks 16/4841, S. 78 f.). Dabei wollte der Gesetzgeber trotz der Ausweitung der Hinzurechnungstatbestände die Aufkommenswirkung der Hinzurechnungen insgesamt unverändert lassen. Deshalb hat er durch die Ausweitung der unter die gewerbesteuerliche Hinzurechnung fallenden Eigenkapitalsubstitute in § 8 Nr. 1 Buchstaben a bis f GewStG die Steuerbemessungsgrundlage der Gewerbesteuer verbreitert, gleichzeitig aber den Hinzurechnungssatz verringert und einen Hinzurechnungsfreibetrag in Höhe von 100.000 € eingeführt. Das Gewerbesteueraufkommen sollte durch die Unternehmensteuerreform also nicht verändert, sondern stabiler und planbarer werden (BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557 mit Hinweis auf BTDrucks 16/4841, S. 32).

69

a) Die streitbefangenen Hinzurechnungsvorschriften führen nicht zu einer Verletzung des Art. 14 GG oder Art 12 GG.

70

Das BVerfG hat in seiner bisherigen Rechtsprechung sowohl die Gewerbesteuer an sich als auch einzelne Hinzurechnungsregelungen, insbesondere die Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 a. F. GewStG und § 8 Nr. 7 GewStG a. F., als verfassungsgemäß angesehen (BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557, BVerfG, Beschluss vom 13.05.1969 1 BvR 25/65, BVerfGE 26, 1, BStBl II 1969, 424; vom 29.08.1974 1 BvR 67/73, HFR 1974, 498; vom 25.10.1977 1 BvR 15/75, BStBl. II 1978, 125; vom 21.06.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 und vom 15.01.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1). Danach ist die Gewerbesteuer eine als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer zu qualifizieren. Sie ist neben der Einkommensteuer verfassungsrechtlich gerechtfertigt. In Abgrenzung zu dieser Steuer spielen bei der Gewerbesteuer die persönlichen Verhältnisse des Inhabers des Gewerbebetriebs keine Rolle. Die Bemessungsgrundlage bildet allein der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG 2002 n. F.), der zwar an den gleichen Gewinn wie das Einkommensteuerrecht anknüpft, diesen aber durch objektsteuertypische Elemente zu einem Gewerbeertrag modifiziert, insbesondere durch Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG). Dementsprechend konkretisiert sich auch die Leistungsfähigkeit in beiden Steuergegenständen unterschiedlich: Bei der Einkommensteuer zeigt sich die Leistungsfähigkeit in der individuellen Zahlungsfähigkeit des Steuerpflichtigen selbst und bei der Gewerbesteuer in der objektivierten Ertragskraft des Gewerbebetriebs (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 21.06.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, und vom 15.01.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1). Zudem ist der Gesetzgeber nicht zu einer "reinen" Verwirklichung des so verstandenen Objektsteuerprinzips verpflichtet (vgl. FG Köln, Urteil vom 19.03.2015 13 K 2768/10, EFG 2015, 1388, mit Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 25. Oktober 1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, m. w. N.).

71

Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Gewerbesteuer als ertragsorientierter Objektsteuer folgt, dass die Ist-Leistungsfähigkeit, die auf die konkrete Steuerzahlungsfähigkeit des einzelnen Grundrechtsträgers abstellt und als deren einfachrechtliche Ausprägung das objektive Nettoprinzip des Einkommensteuerrechts (§ 2 Abs. 2 EStG) zu gelten hat, nicht den Maßstab für die Prüfung der streitigen Hinzurechnungsregelung darstellt. Vielmehr kommt es darauf an, ob sich diese folgerichtig in das Konzept einer "ertragsorientierten Objektsteuer" einfügen lässt (BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557).

72

Ebenso wie der I. Senat des BFH in mehreren jüngeren Entscheidungen gelangt das erkennende Gericht unter Berücksichtigung dieser Ausführungen des BVerfG dazu, dass es nicht von der Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnungen in § 8 Nr. 1a GewStG überzeugt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557; BFH-Beschlüsse vom 16.10.2012 I B 125/12, BFH/NV 2013, 249, und I B 128/12, BStBl II 2013, 30, jeweils zu § 8 Nr. 1 Buchst. a), d), e) und f) GewStG; BFH-Urteil vom 04.06.2014 I R 70/12, BFH/NV 2014, 1850 zu § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG). In diesem Zusammenhang ist auch einzubeziehen, dass eine gegen den Beschluss des BFH (I B 125/12) gerichtete Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 06.05.2013 (1 BvR 821/13, NVwZ 2013, S. 935) nicht zur Entscheidung angenommen wurde. In späteren Entscheidungen bestätigte der I. Senat des Bundesfinanzhofs seine Rechtsauffassung (BFH-Urteile vom 16.01.2014 I R 21/12, BFHE 244, 347 und vom 04.06.2014 I R 21/13, BFHE 246, 130).

73

An der ständigen Rechtsprechung, dass die Hinzurechnungen -oder ertragsunabhängige Komponenten der Gewerbesteuer wie z. B. die frühere Lohnsumme als Besteuerungsgrundlage- keine Verstöße gegen Art. 12 und Art. 14 GG bewirken, ist daher festzuhalten (BFH-Urteil vom 04.06.2014 I R 70/12, BFH/NV 2014, unter Hinweis auf BVerfG-Entscheidungen vom 21.12.1966 1 BvR 33/64, BVerfGE 21, 54, betreffend Lohnsummensteuer; in BVerfGE 26, 1, betreffend Art. 12 GG; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557; BFH-Urteile vom 05.07.1973 IV R 215/71, BFHE 110, 50, BStBl II 1973, 739; vom 21.04.1977 IV R 161/75, BFHE 122, 141, BStBl II 1977, 512, dort auch zu Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall; BFH-Beschluss vom 05.04.2005 IV B 96/03, BFH/NV 2005, 1564).

74

Auch wenn erst durch die Hinzurechnungen ein positiver Gewerbeertrag entsteht, führt dies nicht zu einer verfassungswidrigen steuerlichen Gesamtbelastung. Hinzurechnungen als solche sind nicht zu beanstanden. Sie betreffen nicht die nähere Ausgestaltung des Steuergegenstands, sondern bilden zusammen mit dem nach ertragsteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn und den Kürzungen (vgl. Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG 2002 n. F.) die Grundstruktur der Gewerbesteuer als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer (vgl. BFH-Urteil vom 04.06.2014 I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289). Die von ihnen ausgehenden Belastungen sind damit von der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Legitimität der Gewerbesteuer erfasst und von den betroffenen Grundrechtsträgern im Grundsatz hinzunehmen (BVerfG-Beschluss vom 15.02.2016 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862).

75

Die Ausdehnung des Hinzurechnungstatbestandes des § 8 Nr. 1a GewStG und der Wegfall der Beschränkung der Hinzurechnungen für Entgelte für Schulden, die keine Dauerschulden waren, haben nichts geändert an dieser grundsätzlichen Einschätzung, dass auch keine Verfassungswidrigkeit der Neuregelung besteht (vgl. FG Hamburg Urteil vom 15.04.2016 3 K 145/15, EFG 2016, 1460; Revision anhängig unter I R 30/16). Dass Betriebe, die mit hohem Fremdkapitaleinsatz arbeiten und nur geringe Gewinne oder gar Verluste erzielen, wegen der Hinzurechnungen mit der Folge einer Substanzbesteuerung zur Gewerbesteuer herangezogen werden, liegt in der Natur einer "ertragsorientierten Objektsteuer" (BFH-Urteil vom 04.06.2014 I R 21/13 BFHE 246, 130, BStBl II 2015, 293). Die Bemessung des Finanzierungsanteils in den Entgelten für Schulden ist durch die anzuerkennende gesetzgeberische Typisierungsfreiheit gedeckt und führt nicht zu einer Ungleichbehandlung. Anhaltspunkte, dass diese Typisierung dermaßen von der Realität abweicht und zu mit den Unschärfen einer Typisierung nicht mehr hinnehmbaren Abweichungen führt, liegen nicht vor.

76

Aus diesen Überlegungen, denen sich das Gericht anschließt, folgt für die Klägerin, dass sie sich trotz der auch bei ihr vorliegenden Substanzbesteuerung nicht auf eine aus Art. 14 Abs. 1 oder Art. 12 Abs. 1 GG folgende Verfassungswidrigkeit berufen kann. Zwar führt die vom Gesetzgeber verwirklichte Neukonzeption der Hinzurechnungen im Rahmen der Gewerbesteuer zu einer starken wirtschaftlichen Belastung der Klägerin; das Gericht ist jedoch nicht der Überzeugung, dass hierdurch bereits die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen überschritten wird.

77

Die Klägerin muss sich hinsichtlich der von ihr vorgebrachten Erdrosselungswirkung entgegenhalten lassen, dass diese letztlich auf die von ihr selbst gewählte Ausgestaltung ihres Unternehmensmodells zurückzuführen ist (vgl. BFH-Urteil vom 04.06.2014 I R 70/12, BStBl II 2015, 289). Zwar hat die Klägerin behauptet, dass in ihrem Geschäftsfeld, also den Verträgen mit dem Iran, wegen des Handelsembargos keine andere vertragliche Gestaltung möglich gewesen sei. Im letzten Schriftsatz vom 15.11.2016 hat die Klägerin jedoch vorgetragen, dass es durchaus iranische Banken gegeben habe, mit denen die Verträge haben abgewickelt werden können. Die Klägerin hat auch nicht überzeugend dargelegt, wieso es nicht möglich sein sollte, die absehbare Gewerbesteuerbelastung in ihre wirtschaftliche Kalkulation einzubeziehen und dementsprechend ihre Gewinnmarge zu erhöhen. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, dass sie bei einer entsprechenden Erhöhung ihrer Preise nicht mehr wettbewerbsfähig wäre, auch diesen Vortrag hat sie indes nicht substantiiert. Die Zeugenaussage zu diesem Punkt war nicht überzeugend. Auch führt die Klägerin die Verträge mit solchen Gesellschaften durch, mit denen eine gesellschaftsrechtliche Verbindung besteht. Die Alleingesellschafterin der Klägerin ist an den Vertragspartnern entweder zu 100 % oder aber zumindest maßgeblich beteiligt. Aus diesem Grund kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin bewusst niedrige Gewinnmargen vereinbarte. Das gilt, obwohl die Angemessenheit der Verträge nicht von den abgeschlossenen Betriebsprüfungen aufgegriffen worden sind. Aus der tatsächlichen Gestaltung der Verträge kann deshalb keine verfassungswidrige erdrosselnde Wirkung hergeleitet werden.

78

b) Die einschlägigen Hinzurechnungsvorschriften führen auch nicht zu einer Verletzung des Art. 3 GG. Die Klägerin kann gerade nicht mit Unternehmen verglichen werden, die die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1a Satz 3 GewStG nicht erfüllen.

79

Die Befugnis des Gesetzgebers zur Definition des Steuerobjekts stützt sich auf seine demokratische Legitimation für die Steuerpolitik. Steuerwürdigkeitsentscheidungen beruhen wesentlich auf politischen Wertungen, die nach dem Grundgesetz der Legislative zustehen und von ihr im Wege der Gesetzgebung getroffen werden müssen. Deshalb ist bei diesen Entscheidungen der Gleichheitssatz bereits eingehalten, wenn der Gesetzgeber einen Sachgrund für seine Wahl des Steuergegenstandes vorbringen kann, die Berücksichtigung sachwidriger, willkürlicher Erwägungen ausgeschlossen ist und die konkrete Belastungsentscheidung für ein Steuerobjekt nicht mit anderen Verfassungsnormen in Konflikt gerät. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Die Entscheidung darüber, ob die Einbeziehung einer Personengruppe oder eines Sachverhalts in den Anwendungsbereich eines Steuergesetzes zur Auswahl und damit zur Bestimmung des Umfangs des Steuergegenstandes zählt, bei der dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zusteht, oder ob dies eine Frage der Differenzierung innerhalb des Steuergegenstandes ist, mit der Folge einer engeren Bindung des Gesetzgebers an die Grundsätze der Folgerichtigkeit und Belastungsgleichheit, kann nicht nach abstrakten Kriterien getroffen werden, sondern muss jeweils in Ansehung der konkreten Umstände des in Rede stehenden Steuergegenstandes und der betreffenden Vergleichsgruppen erfolgen. Dabei kommt es regelmäßig wesentlich darauf an, inwieweit die Gruppe oder der Sachverhalt, um deren oder dessen Einbeziehung es geht, durch Merkmale geprägt ist, die gerade den Steuergegenstand, dessen Ausgestaltung infrage steht, unter dem Gesichtspunkt des steuerbaren Vorteils kennzeichnen (BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2016 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557).

80

Auch ein Vergleich zu den in § 19 GewStDV genannten Gewerben führt nicht zur Verfassungswidrigkeit. In § 19 GewStDV ist konkret und sehr genau geregelt, welche Unternehmen in den Genuss des Bankenprivilegs kommen sollen. Dieser Regelung, die in aller Regel zu einer Begünstigung des betroffenen Unternehmen führt, liegt der Gedanke zu Grunde, dass Kreditinstitute wirtschaftlich nur Durchlaufstellen des Geld- und Kreditverkehrs sind und deshalb das Passiv- und Aktivgeschäft artmäßig ungefähr übereinstimmen. Der Verordnungsgeber wollte aufgrund der Ermächtigung des § 35c Nr. 2 Buchst. e GewStG der wirtschafts,- kredit- und währungspolitischen Funktion des Bankgewerbes angemessen Rechnung tragen und den Umstand berücksichtigen, dass bei Banken der Fremdmitteleinsatz typischerweise besonders groß ist. Daher sollen banktypische Geschäfte ohne gewerbesteuerliche Hinzurechnung fremdfinanziert werden können (Köster in Lenski/Steinberg § 8 GewStG Rn. 180). Unter diese Sonderregelung können wegen ihres begünstigenden Charakters allerdings nur Unternehmen fallen, deren Geschäftsbetrieb im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr ausgerichtet ist. Diese Unternehmen, denen das Bankenprivileg zu Teil wird, unterstehen grundsätzlich der staatlichen Aufsicht. Sie haben dementsprechend nicht nur Vorteile sondern auch erhebliche Nachteile, die mit großem Aufwand im Unternehmen verbunden sind, zu tragen. Die Klägerin ist aber, wie oben bereits dargelegt wurde, gerade kein Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut.

81

c) Die Neuregelung des § 8 Nr. 1a GewStG verstößt auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot oder gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Belastende Gesetze sind verfassungswidrig, wenn sie mit echter Rückwirkung ausgestattet sind, also in die Vergangenheit zurückwirken und dort abgeschlossene Sachverhalte einer höheren Besteuerung unterwerfen. Dies trifft auf die Neuregelung des § 8 Nr. 1a GewStG jedoch nicht zu. Die Neuregelung des § 8 Nr. 1a GewStG basiert auf dem Unternehmensteuerreformgesetz vom 14.08.2007 (BGBl. I 2007, S. 1912). Dieses Gesetz hat gem. Art. 3 Nr. 1 a den § 8 Nr. 1a GewStG ab dem 18.08.2007 geändert und ist anwendbar ab dem Erhebungszeitraum 2008 (§ 36 Abs. 5a GewStG). Das Gesetz wirkt daher nicht in die Vergangenheit zurück. Somit liegt im Hinblick auf die von der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum Juli 2008 abgewickelten Verträge weder ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot noch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.

82

Zwar betrifft die hierdurch eintretende Versteuerung auch solche Verträge, die bereits vor 2008 abgeschlossen wurden. Entscheidend ist jedoch, wann die Zinsen entstanden sind. In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin auch nicht auf den gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 04.07.2008 (BStBl I 2008, 730) berufen, denn in diesen Erlassen ist in Rn. 22 geregelt, dass eine Hinzurechnung in den Fällen unterbleibt, in denen die Forfaitierung von Ansprüchen aus schwebenden Geschäften vor dem 1. Januar 2008 erfolgt ist. Gerade dieses ist aber nicht der Fall, denn es wurden nur die Beträge aus den ab 2008 durchgeführten Forfaitierungen hinzugerechnet.

83

5. Die Ablehnung einer abweichenden Steuerfestsetzung durch den Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 FGO), so dass auch die Hilfsanträge bezüglich der Jahre 2008 bis 2011 unbegründet sind.

84

Gemäß 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Zweck des § 163 AO ist, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalls, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11).

85

Die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden kann. Die gerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Nur ausnahmsweise kann das Gericht eine Verpflichtung zur abweichenden Steuerfestsetzung aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO), wenn der Ermessensspielraum so eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht sein kann (sog. Ermessensreduzierung auf null; BFH-Urteile vom 21.08.2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11; vom 26.08.2010 III R 80/07, BFH/NV 2011, 401).

86

Der Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens wird durch den Begriff "unbillig" i. S. des § 163 AO abgegrenzt (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19.10.1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Die Unbilligkeit im Sinne dieser Vorschrift kann in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil vom 21.10.2009 I R 112/08, BFH/NV 2010, 606). Die Kriterien hierfür sind im Regelungsbereich des § 163 AO dieselben wie im Rahmen des § 227 AO, weil sich diese beiden Billigkeitsvorschriften im Wesentlichen nur in der Rechtsfolgeanordnung, nicht aber in den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen unterscheiden (BFH-Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11).

87

Im Streitfall liegen weder sachliche noch persönliche Gründe für eine Unbilligkeit der Steuererhebung vor.

88

a) sachliche Unbilligkeit

89

Ein Billigkeitserlass (§§ 163, 227 AO 1977) kann im Einzelfall geboten sein, wenn ein Gesetz, das in seinen generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt. Mit Billigkeitsmaßnahmen darf jedoch nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden (BVerfG, Beschluss vom 11.05.2015 1 BvR 741/14, HFR 2015, 882, mit Hinweis aus BVerfG, Beschluss vom 05.04.1978, 1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102). Eine sachliche Unbilligkeit liegt somit nicht bereits in typischen, den gesetzgeberischen Vorstellungen entsprechenden Folgen einer gesetzlichen Regelung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.09.2009, 1 BvR 2539/07, NVwZ 2010, 902; BVerfG, Beschluss vom 11.05.2015, HFR 2015, 882). Härten, die dem Besteuerungszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen. Sie sind allenfalls durch eine Gesetzeskorrektur zu beheben (BVerfG, Beschluss vom 11.05.2015, HFR 2015, 882).

90

Sachlich unbillig ist die Erhebung einer Steuer vor allem dann, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (BFH-Urteile vom 21.08.2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11; vom 14.07.2010 X R 34/08, BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916).

91

Eine Billigkeitsentscheidung darf nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung des den Steueranspruch begründenden Gesetzes zu unterlaufen. Sie darf nicht die Wertung des Gesetzes durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen (BFH-Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10, BFH/NV 2013, 11). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 05.05.2011 V R 39/10, BFH/NV 2011, 1474; vom 20.09.2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BFH/NV 2013, 103).

92

Entspricht die Einziehung der Steuer zwar dem zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, hält dieser aber einer an den Grundrechten ausgerichteten verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand, ist bereits das Gesetz als solches verfassungswidrig. Dies kann nur in dem dafür vorgesehenen Verfahren gegen den betreffenden Steuerbescheid geltend gemacht werden und rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme (BVerfG-Beschluss vom 08.07.1987 1 BvR 623/86, DStZ/E 1987, 277; BFH-Urteil vom 23.03.1998 II R 26/96, BFH/NV 1998, 1098). Zur Wahrung der Grundrechte kann jedoch bei generalisierenden und typisierenden Steuertatbeständen ein Billigkeitserlass wegen sachlicher Härte geboten sein, wenn die Regelungen nur deshalb einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten, weil im Einzelfall oder in Gruppen von Einzelfällen die Möglichkeit besteht, auftretenden Härten durch Billigkeitsmaßnahmen Rechnung zu tragen (BVerfG-Beschluss vom 19.12.1978 1 BvR 335/76 u. a., BVerfGE 50, 57, BStBl II 1979, 308; für einen Verstoß gegen das Übermaßverbot nur im Einzelfall BVerfG-Beschluss vom 05.04.1978 1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102, BStBl II 1978, 441, 445, m. w. N.; BFH-Urteil vom 23.03.1998 II R 26/96, BFH/NV 1998, 1098). Das ist etwa dann der Fall, wenn der Gesetzgeber Zahl und Intensität der von der typisierenden Regelung nachteilig betroffenen Fälle mit zumutbarem Aufwand nicht ermitteln kann. Die Billigkeitsmaßnahme erweist sich in diesem Zusammenhang als eine flankierende Maßnahme zur Typisierung, die in einem atypischen Einzelfall zu ergreifen ist (BFH-Urteile vom 20.09.2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BFH/NV 2013, 103; IV R 36/10, BFHE 238, 429, BFH/NV 2013, 2481).

93

Angewandt auf den Streitfall folgt hieraus, dass eine sachliche Unbilligkeit nicht vorliegt. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass es insbesondere durch die Regelungen in § 8 Nr. 1a Satz 2 und 3 GewStG zu einer Gewerbesteuerzahllast kommen kann, auch wenn nur ein geringer Gewinn oder sogar Verlust entstanden ist. Die Versteuerung in solchen Fällen ist gerade kein Ausnahmefall. Hätte der Gesetzgeber die Hinzurechnung auf die Fälle begrenzen wollen, in denen die zu zahlenden Gewerbesteuern noch aus dem Gewinn hätten bezahlt werden können, so hätte er dieses geregelt. Eine solche Ausnahme wäre auch durchaus möglich und leicht regelbar gewesen.

94

Auch das Argument der Klägerin, sie sei nach Einführung der neuen Hinzurechnungsvorschriften gegenüber ausländischen Unternehmen nicht mehr konkurrenzfähig, kann kein anderes Ergebnis begründen. Denn die Klägerin hat diesen Vortrag nicht ausreichend substantiiert.

95

Sofern die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15.11.2016 erstmalig vorträgt, in welcher Höhe Beträge in 2008 hinzugerechnet wurden, die aus bereits vor Verkündung des Gesetzes vom 14.08.2007 bzw. 20.12.2007 abgeschlossen Verträgen resultieren, kann sie mit diesem Vortrag keine andere Entscheidung begründen. Bei Verpflichtungsklagen auf Erlass eines Verwaltungsakts kommt es grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Verwaltungsentscheidung bestehende Sach- und Rechtslage an (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 21.07.1992 VII R 28/91, BFH/NV 1993, 440). Dies gilt insbesondere bei Ermessensentscheidungen (siehe z. B. BFH-Urteil vom 14.03.2012 XI R 33/09, BFHE 236, 283). Denn das Gericht kann im Rahmen des § 102 FGO nur überprüfen, ob Ermessensfehler vorliegen, insbesondere, ob das Finanzamt von dem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Trägt der Steuerpflichtige bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung aber nicht den vollständigen Sachverhalt vor, kann sich das Finanzamt im Rahmen seiner Ermessensausübung auch nur mit den bekannten Umständen des Falles auseinandersetzen.

96

b) persönliche Unbilligkeit

97

Zwar hat die Klägerin vortragen, dass es zu einer erdrosselnden Wirkung durch die Gewerbesteuer komme. Aber sie hat die festgesetzten Gewerbesteuern trotzdem zahlen können. Der Vortrag der Klägerin bezüglich einer persönlichen Unbilligkeit ist im Übrigen zu unsubstantiiert. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung ist ebenfalls der Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung. Auch in diesem Zusammenhang müsste zudem einbezogen werden, dass die maßgeblichen Verträge überwiegend mit verbundenen Unternehmen abgeschlossen wurden, deren Angemessenheit das Gericht nicht abschließend beurteilen könnte.

II.

98

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

99

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

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