Beschluss vom Finanzgericht Hamburg (2. Senat) - 2 V 27/18

Tatbestand

1

I. Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Behandlung von Zahlungen an die Antragsteller als sonstige Einkünfte gem. § 22 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

2

Die Antragsteller wurden in den Streitjahren 2009 bis 2016 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für den Veranlagungszeitraum 2009 gaben die Antragsteller eine Einkommensteuererklärung ab, für die streitigen Folgejahre dagegen nicht.

3

Vom ... Januar 2009 bis ... Juni 2016 war der Antragsteller bei der Firma A GmbH angestellt, zuletzt als Leiter für Produktstrategien. Während des Arbeitsverhältnisses mit der A stieg der Antragsteller innerhalb der Gesellschaft zum Leiter Produktstrategie auf. Dieser Posten war direkt unterhalb der Geschäftsführung angesiedelt und umfasste unter anderem Lieferantenverhandlungen, Produktauswahl, Messebesuche, Lieferantenakquise sowie Abschluss von Lieferverträgen. Seit September 2015 war der Antragsteller im Rahmen des mit A geschlossenen Aufhebungsvertrages freigestellt.

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Nach den Ermittlungen des Finanzamtes für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg, dessen Ergebnisse in einem Bericht über die steuerlichen Feststellungen vom 27. Oktober 2017 (Steuerfahndungsbericht) sowie in einem Bericht über Steuerstraftaten vom 5. Januar 2018 (Steuerstrafbericht) festgehalten wurden, erhielt der Antragsteller während seiner Tätigkeit für A mittelbar Vergütungen von der B ... Limited, C (B). Aus den ausgewerteten Kontounterlagen von D - einem weiteren Angestellten der A, der ebenfalls für den Einkauf zuständig war -, des Antragstellers, der Antragstellerin sowie von E - der Mutter der Antragstellerin - ist nachzuvollziehen, dass in der Zeit von Mai 2009 bis Juni 2012 ein Anteil in Höhe von zumeist 49,4% von Zahlungen der B an D auf ein Konto des Antragstellers weitergeleitet wurden. In der Folgezeit (Juli 2012 bis Juli 2013) erfolgte kurz nach Einzahlung eines Betrages auf ein Konto von D durch die B eine Weiterleitung von zumeist 49,4% auf das Konto der Antragstellerin. Von September 2013 bis Mai 2015 erfolgten sodann Einzahlungen durch die B direkt auf ein Konto der Antragstellerin. Von Juni 2015 bis August 2015 erfolgten zudem Zahlungen der B auf das Konto des D in Höhe von ca. ... €, ohne dass es zu nachvollziehbaren Weiterleitungen von (Teil-)Beträgen oder zu Einzahlungen auf Konten der Antragsteller gekommen ist. Im August und September 2015 erfolgten schließlich noch Zahlungen der B an E, die in voller Höhe durch E auf ein Konto der Antragstellerin eingezahlt bzw. überwiesen worden sind.

5

Nach Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern - Informationszentrale Ausland (IZA) ist ein F alleiniger (zivilrechtlicher) Anteilseigner und Geschäftsführer der B. F ist nach Auskunft der IZA gleichzeitig Geschäftsführer und Anteilseigner der G ... Co. Limited (G) mit einer Beteiligung in Höhe von 80%. Die übrigen 20% der Anteile werden von H gehalten.

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Die von F beherrschten Gesellschaften B und G standen in Handelsbeziehungen zu A. Die G produziert und vertreibt XX und YY, während die B keine eigenen Geschäfte betreibt, sondern lediglich Abrechnungszwecken dient, um die durch die G produzierten Waren zu vertreiben. In den Streitjahren wurden an A vor allem verschiedene XX sowie deren Zubehör geliefert, wobei A die Waren im Jahr 2009 noch direkt über die G und ab dem Jahr 2010 über die B einkaufte.

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Der Antragsgegner wertete die sich aus dem Steuerfahndungsbericht vom 27. Oktober 2017 ergebenden Informationen, dass es sich bei den Zahlungen der B um Provisionen bzw. Bestechungsgelder für die Wareneinkäufe der A bei der G handelte, in einen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO für 2009 geänderten Einkommensteuerbescheid sowie für die Jahre 2010 bis 2016 in erstmaligen Einkommensteuerbescheiden unter dem 24. November 2017 aus. In diesen Einkommensteuerbescheiden behandelte der Antragsgegner die streitigen Zahlungen an den Antragsteller bzw. die Antragstellerin als zusätzliche sonstige Einkünfte gem. § 22 Abs. 1 Nr. 3 EStG des Antragstellers.

8

Am 15. Dezember 2017 legten die Antragsteller gegen diese Bescheide Einspruch ein. Mit Schreiben vom 31. Januar 2018 begehrten sie sodann die Aussetzung der Vollziehung (AdV), die der Antragsgegner am 7. Februar 2018 zurückwies.

9

Die Antragsteller haben am 18. Februar 2018 einen Antrag auf AdV bei Gericht gestellt, welchen sie im Wesentlichen wie folgt begründen:

10

Bei den streitigen Zahlungen an den Antragsteller handele es sich nicht um Provisionszahlungen von F bzw. einer seiner Firmen, sondern vielmehr um die Weiterleitung des Kaufpreises aus dem Verkauf von Firmenanteilen. Der Antragsteller sei - wie auch D - an der chinesischen Firma G beteiligt gewesen. Die Beteiligung des Antragstellers habe in Konflikt mit seinem Arbeitsverhältnis bei A bestanden, so dass er die Anteile nach seiner Einstellung bei A im Jahre 2009 verkauft habe. Die Zahlung des Kaufpreises sei über die B abgewickelt worden, da eine direkte Zahlung aus China nicht möglich gewesen sei. Der Einfachheit halber sei der Kaufpreis, welcher dem Antragsteller aufgrund des Verkaufs seiner Anteile zugestanden habe, an D gezahlt worden, da dieser zeitgleich ebenfalls seine Anteile an der G verkauft habe. D habe den Betrag anschließend an die Antragstellerin weitergeleitet.

11

Des Weiteren sei zu bedenken, dass D zu den Geschäftsbeziehungen mit der B eine Selbstanzeige abgegeben habe. Aus dieser ergebe sich, dass es sich um den Verkauf von Anteilen an der G handele, an der D seit dem ... Januar 2007 als Gesellschafter mit 30% beteiligt gewesen sei. Die Anteile habe er nicht entgeltlich erworben, sondern als Gegenleistung sein Know-how zur Verfügung gestellt. Dem für D zuständigen Finanzamt sei ein Veräußerungsvertrag der G, datierend auf den September 2008 vorgelegt worden, wonach ein Kaufpreis vereinbart worden sei, der monatlich bis zum Ende des Jahres 2015 zu zahlen gewesen sei. Das zuständige Finanzamt habe sodann die Selbstanzeige akzeptiert und D entsprechend besteuert.

12

Gegen die Anteilseignerstellung des Antragstellers und des D sprächen auch nicht die Auskunft der IZA bezüglich der B, da aus dieser Auskunft nicht ersichtlich sei, ob nicht gegebenenfalls mündliche Absprachen getätigt oder stille oder treuhänderische Beteiligungen gehalten worden seien, so dass diese Auskunft nicht geeignet sei, den Bericht der Steuerfahndung zu stützen.

13

Die Schlussfolgerungen aus dem Steuerfahndungsbericht seien falsch. Dies ergebe sich schon daraus, dass sich die Höhe der angeblich erhaltenen Provisionen nach der von A eingekauften Stückzahl des jeweiligen Produktes sowie einer vorher zwischen F und dem Antragsteller vereinbarten Summe gerichtet haben soll, gleichwohl seien im Jahr 2011 bei einem Umsatz i. H. v. ... € lediglich ... €, während im Jahr 2010 bei einem Umsatz i. H. v. ... € dagegen ... € gezahlt worden.

14

Zudem sei die im Einkommensteuerbescheid für 2016 angegebene Summe in Höhe von ... € falsch, da der Antragsteller in diesem Jahr keine Zahlungen mehr von F empfangen habe.

15

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
die Vollziehung der Bescheide für 2009 bis 2016 über Einkommensteuer vom 24. November 2017 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

16

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

17

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden nicht. Der Antragsgegner gehe weiterhin davon aus, dass die Feststellungen des Berichts der Steuerfahndung zutreffend seien. Der von den Antragstellern gerügte Widerspruch hinsichtlich des Verhältnisses der Zahlungen der B an den Antragsteller sowie D und Umsätzen der A mit der G sei bereits im Steuerfahndungsbericht dahingehend erläutert worden, dass zahlreiche Barzahlungen nicht auf den bekannten Bankkonten erfasst worden seien.

18

Der Antragsteller habe bisher keine Belege über seine Beteiligung an der G hinsichtlich Beginn, Art und Umfang, der Veräußerung der Beteiligung sowie der Ermittlung der Höhe des Verkaufspreises und eines eventuellen Veräußerungsgewinns vorgelegt. Der Verweis auf die Selbstanzeige des D könne keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide begründen. Insbesondere berücksichtigten die Ausführungen des Antragstellers nicht die ihm gebührenden Mitwirkungspflichten gemäß § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO), da es sich nach den Einlassungen des Antragstellers um einen Vorgang außerhalb des Geltungsbereichs der AO handele. Hinweise für eine Beteiligung des Antragstellers an der G habe auch eine über die IZA eingeholte Wirtschaftsauskunft nicht erbracht.

19

Die durch den Antragsgegner für das Streitjahr 2016 vorgenommene Hinzuschätzung i. H. v. ... € beruhe auf der Annahme, dass weiterhin Provisionszahlungen geflossen seien. Maßstab für die Höhe der Hinzuschätzung würden die im Jahr 2015 bis einschließlich September ermittelten Zahlungen bilden, die entsprechend fortgeschrieben worden seien. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlungen nicht weiter geflossen seien, lägen nicht vor.

20

Dem Gericht hat ein Band Einkommensteuerakten zur Steuernummer ... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

21

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

22

1. Der zulässige Antrag ist unbegründet.

23

a) Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (st. Rspr., vergleiche Bundesfinanzhof (BFH)-Beschlüsse vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351; vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschluss vom 20. März 2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.). Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch im Aussetzungsverfahren (BFH-Beschluss vom 26. August 2004 V B 243/03, BFH/NV 2005, 255).

24

b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen daran gemessen nicht. Der Antragsgegner hat bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen aber auch ausreichenden überschlägigen Prüfung der vorliegenden Akten und des Sachvortrages der Beteiligten die Einkünfte zutreffend ermittelt bzw. geschätzt und angesetzt. Nach Würdigung der präsenten Beweismittel und der Aktenlage dürfte die Behandlung der Zahlungen der B in der vorgenommenen Höhe als sonstige Einkünfte gem. § 22 Abs. 1 Nr. 3 EStG beim Antragsteller rechtmäßig sein.

25

aa) Der Antragsgegner hat die streitgegenständlichen Einkünfte des Antragstellers zutreffend als sonstige Einkünfte gem. § 22 Abs. 1 Nr. 3 EStG angesetzt. Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften i. S. von § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z. B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände.

26

(1) Eine (sonstige) Leistung i. S. von § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Unterlassen oder Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das um des Entgelts willen erbracht wird. Nach Auffassung der Rechtsprechung liegen sonstige Einkünfte vor, wenn der Steuerpflichtige Geschäfte seines Arbeitgebers ohne dessen Wissen zu dessen Nachteil ausführt und hierfür Bestechungsgelder von Dritten erhält (BFH-Urteil vom 20. Juli 2007 XI B 193/06, BFH/NV 2007,1887). Das einem Arbeitnehmer von Dritten gezahlte Bestechungsgeld ist - da es ohne Wissen und entgegen den Interessen des Arbeitgebers gezahlt wurde - nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst und deshalb kein steuerbarer Arbeitslohn, wohl aber Einnahme i. S. des § 22 Nr. 3 EStG (BFH-Urteil vom 26. Januar 2000 IX R 87/95, BStBl II 2000, 396).

27

Dass es sich bei den streitigen Zahlungen des F um Bestechungsgelder handelt, ergibt sich nach Auffassung des Senats mit der für eine summarische Prüfung im Verfahren der AdV hinreichender Sicherheit aus den Feststellungen der Steuerfahndung. Aus dem durch die Steuerfahndung ausgewerteten Schriftverkehr ergibt sich, dass es sich bei den von F und D als "commission" bezeichneten Zahlungen um eine Provision zu Gunsten von D und des Antragstellers handelte, die diese für die Vermittlung von Einkäufen der A bei der G erhalten haben.

28

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Antragsteller greifen - jedenfalls in diesem summarischen Verfahren - nicht durch.

29

Die beanstandete nicht durchgehend konstante Relation bezüglich der Umsätze zwischen der G und A und den Zahlungen an D bzw. den Antragsteller ergibt sich nach Auffassung des Senats nachvollziehbar aus den Barzahlungen, wie sie sich aus der von der Steuerfahndung ausgewerteten Email-Korrespondenz zwischen F und D bzw. dem Antragsteller ergeben.

30

(2) Bei den Zahlungen handelt es sich - unstreitig - nicht um Einkünfte i. S. von § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG.

31

(3) Bei den Zahlungen an den Antragsteller dürfte es sich auch nicht um den § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG zuzurechnende Einkünfte, insbesondere solche gem. § 17 EStG, handeln. Gemäß § 17 Abs. 1 EStG gehört zu den Gewinnen aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war.

32

Soweit der Antragsteller vorträgt, dass es sich bei den streitigen Zahlungen um ratenweise Kaufpreiszahlungen für im Jahre 2009 veräußerte Anteile an der G handeln soll, hat er dies nicht ausreichend dargelegt.

33

So hat der Antragsteller keinerlei nähere Informationen zu dem angeblichen Kauf und Verkauf der Anteile an der G vorgetragen. Nach Auskunft der IZA war der Antragsteller im Jahr 2009 nicht zivilrechtlicher Eigentümer einer Beteiligung an der G. Einen Vertrag über die Begründung von wirtschaftlichem Eigentum an einer Beteiligung an der G hat er weder vorgelegt noch auf andere Weise unter Beweis gestellt. Dass der Antragsteller seiner Meldepflicht gem. § 138 Abs. 2 AO nachgekommen ist, hat er weder vorgetragen noch ist eine solche Meldung aus den vorliegenden Akten ersichtlich. Auch dies spricht nach Auffassung des Gerichts dafür, dass der Antragsteller niemals (wirtschaftlicher) Eigentümer einer Beteiligung an der G gewesen ist.

34

Gegen eine Einordnung als Kaufpreis für einen - zumindest wirtschaftlich - dem Antragsteller zustehenden Gesellschaftsanteil an der G sprechen zudem die Umstände der Zahlungsabwicklung. Die ratenweise Zahlung eines Kaufpreises für einen Gesellschaftsanteil, wie es im vorliegenden Fall geschehen sein soll, ist zumindest untypisch. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, wie sich die schwankende Höhe und die unregelmäßigen Abstände zwischen den Zahlungen erklären. Zudem wurden auch keine nachvollziehbaren Gründe für die unterschiedlichen Zahlungswege vorgebracht. Zudem ist eine derart "gestreckte" Zahlung über viele Jahre nicht nachvollziehbar.

35

Ob eine Besteuerung von Zahlungen an D von dem für diesen zuständigen Finanzamt als Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an der G vorgenommen worden ist, ist für das vorliegende Verfahren ohne Aussagekraft, da der Antragsteller jeglichen Nachweis für seine Beteiligung an der G schuldig geblieben ist. Eine Befragung des D als Zeuge kommt im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht, da nur präsente Beweismittel zugelassen sind (vgl. § 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 ZPO).

36

bb) Die Höhe der als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG - insbesondere für das Jahr 2016 - hinzugeschätzten Beträge begegnet zumindest im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keinen durchgreifenden Bedenken.

37

Ziel jeder Schätzung muss es sein, Besteuerungsgrundlagen so zu ermitteln, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen. Schätzergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226). Es liegt in der Natur der Sache, dass das Ergebnis einer Schätzung von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen kann. Solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Schätzung muss sich allerdings in dem durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen halten (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, BStBl II 1993, 259).

38

Für die Jahre 2009 bis einschließlich 2014 hat der Antragsgegner lediglich die Einzahlungen auf den Konten der Antragsteller berücksichtigt, so dass schon aus diesem Grunde keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Höhe der Hinzuschätzungen bestehen, da genügend Anhaltspunkte für weitere Barzahlungen des F an D bzw. den Antragsteller bestehen, so dass unter Umständen sogar eine höhere Schätzung möglich gewesen wäre.

39

Für das Jahr 2015 hat der Antragsgegner lediglich ... € hinzu geschätzt, obwohl bereits von Januar bis September 2015 Einzahlungen in Höhe von ... € nachvollzogen werden konnten und sich aus dem ausgewerteten E-Mail-Verkehr zwischen F und D ergibt, dass Zahlungen an die Antragsteller noch über diesen Zeitraum hinaus erfolgt sein müssen.

40

Auch bestehen letztlich hinsichtlich der Hinzuschätzung für das Jahr 2016 in Höhe von ... € im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung keine Bedenken. Zum einen ergibt sich aus den durch die Steuerfahndung ausgewerteten Bankunterlagen, dass es zwischen Juni und September 2015 zu Zahlungen der B an D in Höhe von ca. ... € gekommen ist. Da es bis zu diesem Zeitpunkt stets zu einem etwa gleich hohen Zufluss bei D und den Antragstellern gekommen ist oder D die Hälfte des von der B erhaltenen Geldes an die Antragsteller weitergeleitet hat, geht das Gericht davon aus, dass dies auch bezüglich der zwischen Juni und September 2015 geflossenen Gelder zutrifft und nimmt - zugunsten der Antragsteller - an, dass der Mittelzufluss bei diesen erst im Jahre 2016 erfolgt ist. Aus dem von der Steuerfahndung ausgewerteten E-Mail-Verkehr zwischen F und D ergibt sich zum anderen, dass auch noch im Jahr 2016 Zahlungen an den Antragsteller erfolgt sein dürften. Die konkrete Höhe von ... € erscheint vor dem Hintergrund der Höhe der nachvollziehbaren Zahlungen in den Vorjahren im Bereich des Möglichen. Etwaige verbleibende Zweifel hinsichtlich der Höhe gehen im Bereich der Schätzung zulasten des Steuerpflichtigen, da dieser den Anlass zur Schätzung gegeben hat.

41

Die griffweise Schätzung des Antragsgegners hätten die Antragsteller etwa durch Vorlage der Kontoauszüge der Antragsteller sowie der Mutter der Antragstellerin für den streitigen Zeitraum ab September 2015 bis Ende 2016 in Frage stellen können. Dies ist bisher jedoch nicht geschehen, so dass angesichts des von der Steuerfahndung ausgewerteten E-Mail-Verkehrs der bloße Vortrag, dass keine Zahlungen im Jahre 2016 mehr geflossen seien, keine ausreichende Grundlage darstellt, ernsthafte Zweifel an der Höhe der Hinzuschätzung für das Jahr 2016 zu begründen.

42

c) Die Vollziehung der angefochtenen Verwaltungsakte ist auch nicht wegen unbilliger Härte gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO auszusetzen.

43

Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung des eingezogenen Betrages nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (BFH Beschlüsse vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl. II 1990, 510; vom 5. März 1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1825).

44

Tatsachen, die die Annahme einer derartigen Unbilligkeit begründen würden, haben die Antragsteller nicht vorgetragen und sind aus der Akte auch nicht ersichtlich.

45

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Beschwerde ist gem. § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.

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