Urteil vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 K 227/15

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt die Entlastung von Energiesteuer für Erdgas, das sie in einer Anlage ihres Betriebs verbraucht hat, gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.2006 (BGBl. I S. 1534) - soweit von der aktuellen Gesetzesfassung abweichend, im Folgenden: EnergieStG a.F. -.

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Die Klägerin produziert in ihrem Betrieb Ammoniak aus Rückständen der Mineralölverarbeitung mittels eines chemischen Umwandlungsprozesses. Bei diesem Prozess fallen toxische Gase an. Zum einen entsteht sogenanntes Armgas, das neben brennbaren Stoffen wie Kohlenmonoxid (CO), Wasserstoff (H2) und Methanol (CH4O bzw. CH3OH) einen großen Anteil an nichtbrennbarem Kohlendioxid (CO2) und Stickstoff (N2) enthält. Das Armgas ist brennbar, hat aber wegen des relativ hohen Anteils an nichtbrennbaren Stoffen einen relativ geringen ("armen") Heizwert von ca. 3.200 bis 4.200 kJ/m³. Zum anderen entsteht bei dem Umwandlungsprozess Methanolspuren enthaltendes CO2. Beide toxischen Gase werden in einen als Dampfüberhitzer bezeichneten Betriebsteil (im Folgenden: "Anlage") geleitet. Im unteren Bereich der Anlage werden das Armgas und das streitgegenständliche versteuerte Erdgas, das einen Heizwert von ca. 40.000 kJ/m³ hat, eingeleitet und verbrannt. Bei der Verbrennung wird aus dem CO und dem CH4O des Armgases Wasser (H2O) und CO2.

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Die bei der Verbrennung des Armgases und des Erdgases entstehende Wärme wird in der Anlage mehrfach genutzt: In dem mittleren Bereich der Anlage wird die Wärme - erstens - zum Trocknen von Dampf genutzt. Dafür wird der Dampf in zwei sogenannten Überhitzerpaketen durch die Anlage geleitet und dabei in einer ersten Stufe von 293°C auf 410°C und in der zweiten Stufe weiter auf 505°C erhitzt. Der so getrocknete und überhitzte Dampf wird sodann wieder im Ammoniakproduktionsprozess eingesetzt. Im darüber liegenden Teil der Anlage werden mit der Wärme - zweitens - bei einer Temperatur von noch ca. 350°C die Methanolspuren des dort in die Anlage geleiteten CO2 zersetzt. Der durch die Wärme in der Anlage entstehende Kaminzug wird - drittens - dazu genutzt, die nichtbrennbaren Anteile der eingeleiteten Gase und die Verbrennungsrückstände über den 60 m hohen Schornstein der Anlage in die Atmosphäre zu entsorgen. Um eine den Umweltschutzanforderungen entsprechende Überhöhung des Abgasstroms zu erhalten, ist eine Abgastemperatur an der Kaminmündung von mindestens noch 200°C erforderlich.

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Im Betrieb der Anlage wird je Stunde Armgas mit einem Energiegehalt von ca. 39 MW und Erdgas mit einem Energiegehalt von ca. 16 MW verbrannt. Von dem gesamten Energiegehalt werden für die Dampfüberhitzung ca. 37 MW verbraucht, für die Zersetzung der Methanolspuren des CO2 ca. 8,5 MW und zur Gewährleistung der erforderlichen Mindesttemperatur an der Kaminmündung ca. 9,5 MW.

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Nach einer von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme eines Umweltgutachters reiche der Energiegehalt des Armgases für den Betrieb der Überhitzerpakete aus. Die durch das Erdgas zusätzlich eingebrachte Energie werde benötigt, um entsprechend den Auflagen der behördlichen Genehmigung für den Betrieb der Anlage die thermische Abgasreinigung durchzuführen und die nichtbrennbaren Gase aufzuheizen. Ohne den Einsatz von Erdgas, das vollständig zur Emissionsminderung / Ableitung der Schadgase, nicht aber für die Dampferzeugung benötigt werde, sei eine umweltgerechte Ableitung der Abgase über den Kamin nicht möglich.

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Mit Antrag vom 16.07.2009 beantragte die Klägerin Steuerentlastung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F. für die im Mai 2009 in der Anlage eingesetzte Erdgasmenge in Höhe von ... EUR; mit Antrag vom 30.09.2009 korrigierte die Klägerin die Höhe der beantragten Steuerentlastung auf ... EUR.

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Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17.07.2009 ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 22.06.2012 als unbegründet zurück. Eine Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 EnergieStG stehe der Klägerin nicht zu, weil sie das Erdgas nur verheize. "Verheizen" sei jegliches Verbrennen von Energieerzeugnissen zur Erzeugung von thermischer Energie, ohne dass es darauf ankomme, wofür die entstehende Wärme verwendet werde. Die Entlastungsvorschriften in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d und Nr. 2 EnergieStG a.F. setzten bei konformer Auslegung mit der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, 1) - im Folgenden: RL 2003/96/EG - voraus, dass Energieerzeugnisse gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet würden. Dabei müsse die Erzeugung thermischer Energie in den Hintergrund treten und das Energieerzeugnis im Rahmen eines industriellen Prozesses oder Verfahrens zugleich als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff eingesetzt werden. Beide Voraussetzungen seien bei der Klägerin nicht erfüllt.

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Die Klägerin hat am 27.07.2012 Klage erhoben. Die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F. seien erfüllt. Bei den aus dem Ammoniakproduktionsprozess stammenden und in die Anlage geleiteten Gasen handele es sich um Abluft im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F., denn diese Gase unterfielen der in den maßgeblichen umweltrechtlichen Vorschriften (Bundesimmissionsschutzgesetz und TA-Luft) enthaltenen Definition von Luftverunreinigung. Die Klägerin führt aus, mit ihrer Anlage erreiche sie vier betriebliche Ziele, nämlich die Beseitigung der giftigen Bestandteile des Armgases, die Ausnutzung eines Teils der durch die Verbrennung frei werdenden Energie des Armgases zur Trocknung von Dampf, den Abbau des toxischen Methanols durch thermische Zersetzung und die schadlose Ableitung der übrig bleibenden Gase. Die Verwendung des streitgegenständlichen Erdgases diene auch anderen Zwecken als dem Verheizen. Es werde in der Anlage neben dem Armgas verbrannt, um sicherzustellen, dass jederzeit die zur Aufspaltung bzw. Vernichtung der giftigen chemischen Verbindungen CO und CH4O nötige Reaktionstemperatur erreicht werde, und um die Abführung der Restgase in die Atmosphäre zu gewährleisten. Die Beseitigung des Schadstoffpotentials der Abluft sei ein weiterer Verwendungszweck des Erdgases neben dem auch stattfindenden Verheizen.

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Nachdem der Beklagte darauf hingewiesen hat, dass für das streitgegenständliche Erdgas bereits nach den §§ 54, 55 EnergieStG teilweise Entlastung gewährt worden sei und insofern nur noch die Differenz zwischen dem vollen Entlastungsbetrag nach § 51 EnergieStG (5,50 EUR/1 MWh) und den Entlastungsbeträgen, die bereits gewährt worden seien (insgesamt 3,66 EUR/1 MWh), ausgekehrt werden könne, die sich konkret auf ... EUR (... MWh x 1,84 EUR) belaufe, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 03.07.2014 den Rechtsstreit in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem noch streitigen Betrag von ... EUR und dem ursprünglich gestellten Antrag auf Gewährung einer Entlastung in Höhe von ... EUR für erledigt erklärt.

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Mit Beschluss vom 03.07.2014 (4 K 131/12) hat der erkennende Senat das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts im Wege der Vorabentscheidung vorgelegt:

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1. Steht Art. 1 RL 2003/96/EG einer mitgliedstaatlichen Steuerentlastung für solche Energieerzeugnisse entgegen, die für thermische Abluftbehandlung verwendet werden, oder gilt die Richtlinie für diese Energieerzeugnisse gemäß Art. 2 Abs. 4 Buchst. b) zweiter Anstrich RL 2003/96/EG nicht, weil die Verwendung für die thermische Abluftbehandlung ein anderer Verwendungszweck ist als die Verwendung als Heiz- oder Kraftstoff und es sich bei ihnen somit um Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck im Sinne dieser Vorschrift handelt?

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2. Ist für Energieerzeugnisse, die für thermische Abluftbehandlung verwendet werden, eine Steuerentlastung gegebenenfalls nur dann zulässig, wenn sie im Rahmen der thermischen Abluftbehandlung auch als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff in ein bei der Behandlung der Abluft entstehendes Erzeugnis eingehen?

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3. Ist eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse, die für thermische Abluftbehandlung verwendet werden, ausgeschlossen, wenn die bei der Behandlung der Abluft freigesetzte thermische Energie zum Teil auch zu Heiz- bzw. Trocknungszwecken genutzt wird? Gilt dieser Ausschluss gegebenenfalls auch dann, wenn für das Heizen bzw. Trocknen weniger Energie benötigt wird als die Energie, die in der Abluft vorhanden ist und bei ihrer thermischen Behandlung freigesetzt wird?

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Der Europäische Gerichtshof hat auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats mit Beschluss vom 17.12.2015 (C-529/14) erkannt:

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Art. 2 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom in der durch die Richtlinie 2004/75/EG des Rates vom 29. April 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Erdgas, das zum einen zum Überhitzen und Trocknen von Dampf, der anschließend im Ammoniakproduktionsprozess eingesetzt wird, und zum anderen zur thermischen Zersetzung und zur Ableitung der aus diesem Prozess stammenden Restgase verwendet wird, kein vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommenes Energieerzeugnis mit zweierlei Verwendungszweck im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Die Mitgliedstaaten dürfen eine Steuerentlastung für die Verwendung eines solchen Energieerzeugnisses deshalb nur gewähren, wenn sie mit den durch die Richtlinie 2003/96 in der durch die Richtlinie 2004/75 geänderten Fassung auferlegten Pflichten im Einklang steht.

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Nach Eingang des Beschlusses des Europäischen Gerichtshofs hat der Senat das Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen, das nunmehr unter dem Aktenzeichen 4 K 227/15 geführt wird.

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Die Klägerin führt unter Berücksichtigung des Beschlusses des Europäischen Gerichtshofs weiter aus: Der Europäische Gerichthof habe sich nicht zu der Frage geäußert, ob die thermische Abluftbehandlung, d.h. Vernichtung bzw. Beseitigung von Schadgasen und Entsorgung der Abluft aus dem Produktionsprozess des Ammoniaks, neben dem Verheizen als zweiter Verwendungszweck im Rahmen des Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich RL 2003/96/EG gelten könne. Diese Frage sei vor dem Hintergrund der Formulierung dieser Vorschrift sowie aufgrund nationaler höchstrichterlicher Rechtsprechung verschiedener Mitgliedstaaten und des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 02.10.2014 (C-426/12) zu bejahen. Auf ihre, der Klägerin, diesbezüglichen Ausführungen in ihren Schriftsätzen vom 25.02.2015 und vom 18.06.2015 im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof sei zu verweisen: Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich RL 2003/96/EG lasse außer den dort exemplarisch genannten Verfahren weitere Verfahren als zweierlei Verwendungszweck zu. Hier liege der andere Verwendungszweck in der Vernichtung bzw. Beseitigung des Schadstoffpotentials der Abluft aus dem Produktionsprozess des Ammoniaks durch umweltgerechte Entsorgung, indem die Abluft thermisch behandelt werde, um den von den Reststoffen Kohlenmonoxid und Methanol sowie von dem angereicherten kohlendioxidhaltigen Gas ausgehenden Gefahren für Mensch und Umwelt vorzubeugen.

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Die Klägerin beantragt nach Erledigung des Rechtsstreits im Übrigen nur noch,
den Bescheid vom 17.07.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.06.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag vom 16.07.2009, korrigiert am 30.09.2009, Entlastung von Energiesteuer in Höhe von EUR ... zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Er verteidigt die angegriffenen Bescheide und verweist darauf, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, dass Erdgas, das zum einen zum Überhitzen und Trocknen von Dampf, der anschließend im Ammoniakproduktionsprozess eingesetzt wird, und zum anderen zur thermischen Zersetzung und zur Ableitung der aus diesem Prozess stammenden Restgase verwendet wird, kein vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommenes Energieerzeugnis mit zweierlei Verwendungszweck im Sinne der Richtlinie darstelle, eindeutig sei.

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Mit Schriftsätzen vom 19.02.2018 bzw. 07.03.2018 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren sowie mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin erklärt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Soweit die Beteiligten die Klage im Hinblick auf den Differenzbetrag zwischen der ursprünglich begehrten Gewährung einer Entlastung in Höhe von ... EUR und der nunmehr noch begehrten Gewährung einer Entlastung in Höhe von ... EUR, also im Hinblick auf ... EUR, übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, § 138 Abs. 1 FGO.

II.

24

Soweit der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt ist, entscheidet das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne - weitere - mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO, und durch die Berichterstatterin anstelle des Senats, § 79a Abs. 3, 4 FGO.

III.

25

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Ablehnung des Entlastungsantrags mit Bescheid vom 17.07.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.06.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 101 Satz 1 FGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr mit Antrag vom 16.07.2009, korrigiert am 30.09.2009, beantragte Entlastung von Energiesteuer in Höhe von - unter Anrechnung von bereits gewährten Entlastungen nach §§ 54, 55 EnergieStG noch verbleibenden - ... EUR.

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1. Als Anspruchsgrundlage für die begehrte Steuerentlastung kommt in erster Linie § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F. in Betracht. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F. wird auf Antrag eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse gewährt, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9, 10 oder Abs. 3 Satz 1 EnergieStG versteuert worden sind und für die thermische Abfall- und Abluftbehandlung verwendet worden sind.

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a) Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner näheren Begründung, dass die Klägerin die Entlastung frist- und formgerecht beantragt hat und es sich bei dem von ihr als Entlastungsberechtigter in der Anlage eingesetzten Erdgas um nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG versteuertes Erdgas der Position 2711 der Kombinierten Nomenklatur (KN-Code 2711) handelt. Ferner ist das eingesetzte Erdgas - im Rahmen eines gemeinsamen Verbrennungsprozesses von Erdgas und Armgas, dessen Wärme zum Betrieb zweier Dampfüberhitzerpakete zwecks Erzeugung überhitzten Dampfes für die Ammoniakproduktion sowie zur Zersetzung von Methanolspuren enthaltenden CO2 und zur Erzeugung eines Kaminzuges zur Entsorgung der nichtbrennbaren Anteile der eingeleiteten Gase und der Verbrennungsrückstände in die Atmosphäre genutzt wird - jedenfalls auch zur thermischen Abluftbehandlung verwendet worden. Eine gleichzeitige Verwendung zur thermischen Abfallbehandlung ist daneben nicht erforderlich, da der - offene - Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F., wonach das Energieerzeugnis für die thermische Abfall- und Abluftbehandlung verwendet worden sein muss, unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Zielsetzung dahin gehend auszulegen ist, dass keine gleichzeitige Abfall- und Abluftbehandlung vorliegen muss, sondern vielmehr die Verwendung zur thermischen Abfallbehandlung oder zur thermischen Abluftbehandlung jeweils ausreichend ist (vgl. auch die Gesetzesbegründung der durch Gesetz vom 01.03.2001, BGBl. I S. 282, aus Klarstellungsgründen erfolgten redaktionellen Gesetzesänderung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG - thermische Abfall- oder Abluftbehandlung -, BR-Drs. 483/10 vom 13.08.2010, S. 19).

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b) Eine Entlastung nach Maßgabe des § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F. scheidet vorliegend jedoch aus, weil die RL 2003/96/EG als vorrangiges Recht der Entlastung entgegensteht.

29

§ 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F. beruht auf Art. 2 Abs. 4 Buchst. b RL 2003/96/EG. Danach gilt die RL 2003/96/EG, nach deren Art. 1 die Mitgliedstaaten nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse, u.a. Erzeugnisse des KN-Codes 2711, vgl. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96/EG, erheben, nicht für Energieerzeugnisse, die für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden (Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 1. Anstrich RL 2003/96/EG), bzw. Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck (Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich RL 2003/96/EG), wobei ein Energieerzeugnis dann zweierlei Verwendungszweck hat, wenn es sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke verwendet wird (Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich, Satz 2 RL 2003/96/EG). Nur unter diesen Voraussetzungen - abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden mineralogischen Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 4, 5. Anstrich RL 2003/96/EG - sind die Mitgliedstaaten befugt, Energieerzeugnisse nicht zu besteuern (vgl. auch EuGH, Beschluss vom 17.12.2015, C-529/14, in: juris, Rn. 30). Daher ist § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F. in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 1. und 2. Anstrich RL 2003/96/EG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auszulegen und eine Entlastung für ein Energieerzeugnis, das - wie im Streitfall - für die thermische Abluftbehandlung verwendet worden ist, nur dann zu gewähren, wenn das - wie im Streitfall unzweifelhaft als Heizstoff verwendete und daher nicht nach Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 1. Anstrich RL 2003/96/EG von dem Besteuerungsgebot der RL 2003/96/EG ausgenommene - Energieerzeugnis sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke verwendet worden und damit nach Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich RL 2003/96/EG von dem Besteuerungsgebot der RL 2003/96/EG ausgenommen ist.

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Die von der Klägerin vorgenommene Verwendung des verheizten Erdgases stellt jedoch keine von dem unionsrechtlichen Besteuerungsgebot ausgenommene Verwendung eines Energieerzeugnisses mit zweierlei Verwendungszweck im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich RL 2003/96/EG dar, da es nicht auch für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet worden ist.

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Die streitgegenständliche Verwendung des Erdgases fällt unter keine der in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich, Satz 3 RL 2003/96/EG ausdrücklich genannten Verwendungen, die als zweierlei Verwendung anzusehen sind, insbesondere stellt sie, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, keine Verwendung eines Energieerzeugnisses bei der chemischen Reduktion dar, weil die zu behandelnden Abgase weder Sauerstoff abgeben noch Wasserstoff aufnehmen.

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Die streitgegenständlichen Verwendung des Erdgases stellt auch keinen sonstigen Fall eines zweierlei Verwendungszwecks dar.

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Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Beschluss vom 17.12.2015 (C-529/14) auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats unter Verweis auf sein Urteil vom 02.10.2014 (C-426/12) zur Auslegung des Begriffs "zweierlei Verwendungszweck" im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich RL 2003/96/EG ausgeführt, dass ein Energieerzeugnis, das im Rahmen eines Herstellungsprozesses verbrannt werde, zweierlei Verwendungszweck haben könne, wenn dieser Prozess nicht ohne Einsatz eines Stoffes durchgeführt werden könne, von dem feststehe, dass er nur durch die Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden könne, hingegen zweierlei Verwendungszweck eines Energieerzeugnisses ausgeschlossen sei, wenn das bei der Verbrennung entstehende Gas nicht das zur Durchführung des Produktionsprozesses erforderliche Erzeugnis sei, sondern ein Rückstand dieses Prozesses, der lediglich verwertet werde (Beschluss vom 17.12.2015, C-529/14, in: juris, Rnrn. 24 f.). Kennzeichnend für das Vorliegen eines Energieerzeugnisses mit zweierlei Verwendungszweck ist mithin, dass das Energieerzeugnis nicht nur als Heiz- oder Kraftstoff, sondern - in seiner Funktion als Energiequelle - selbst anders als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird, indem es auch zur Herstellung einer Substanz verwendet wird, die für die Herstellung eines Produktes innerhalb desselben Produktionsprozesses benötigt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 02.10.2014, C-426/12; Beschluss vom 17.12.2015, C-529/14, jeweils in: juris, vgl. ferner zur hypothetischen Betrachtung und Verneinung eines zweierlei Verwendungszwecks eines durch ein Energieerzeugnis angetriebenen Winderzeugers, bei dem das Energieerzeugnis allein zum Betrieb von Motoren verwendet wird, die zur Verdichtung der Umgebungsluft notwendig sind, die danach in einem Hochofenprozess zur Roheisenherstellung durch chemische Reduktion von Eisenerz genutzt wird: EuGH, Urteil vom 07.09.2017, C-465/15, in: juris). Dieser Auslegung hat sich der Bundesfinanzhof angeschlossen (BFH, Urteile vom 13.01.2015, VII R 35/12, und vom 10.11.2015, VII R 40/14, jeweils in: juris).

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Im Streitfall wird das Erdgas in der Anlage der Klägerin mit Armgas, das im Rahmen des Ammoniakproduktionsprozesses entsteht, verbrannt, und die durch diese Verbrennung freigesetzte Wärme wird zum einen zum Trocknen und Erhitzen von Dampf, der anschließend im Ammoniakproduktionsprozess wiederverwendet wird, und zum anderen zur thermischen Zersetzung der Methanolspuren des Kohlendioxids sowie zur Ableitung der aus der Verbrennung stammenden Restgase durch den Kamin verwendet, wobei der Zusatz von Erdgas erforderlich ist, um eine umweltgerechte Ableitung der Restgase sicherzustellen. In Bezug auf den Streitfall hat der Europäische Gerichtshof in seinem Beschluss vom 17.12.2015 (C-529/14) ausgeführt, dass Dampf der einzige durch die Verbrennung des in Rede stehenden Erdgases erzeugte Stoff sei, der dem Ammoniakproduktionsprozess wieder zugeführt werde. Des Weiteren ist der EuGH aufgrund der Angaben in der Vorlageentscheidung davon ausgegangen, dass es sich bei dem Dampf nicht um einen Stoff handele, ohne dessen Einsatz der Ammoniakproduktionsprozess nicht durchgeführt werden könne, und hat darüber hinaus ausgeführt, dass selbst wenn es sich um einen solchen Stoff handelte, der Dampf jedenfalls keinen Stoff darstelle, der im Sinne der genannten Rechtsprechung nur durch die Verbrennung des in Rede stehenden Energieerzeugnisses erzeugt werden könne. Folglich stelle die Verwendung von Erdgas zum einen zum Überhitzen und Trocken von Dampf, der anschließend im Ammoniakproduktionsprozess eingesetzt werde, und zum anderen zur thermischen Zersetzung und Ableitung der aus dem Herstellungsprozess stammenden Restgase keinen Fall von "zweierlei Verwendungszweck" dieses Gases im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich RL 2003/96/EG dar (Rnrn. 28 f. des Beschlusses). Dieser für den erkennenden Senat bindenden Auslegung von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b, 2. Anstrich RL 2003/96/EG schließt sich der erkennende Senat in Bezug auf die streitgegenständliche Verwendung des Erdgases an.

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Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt auch unter dem Aspekt, dass es sich bei der thermischen Zersetzung und Ableitung der aus dem Herstellungsprozess stammenden Restgase um eine thermische Abluftbehandlung handele, eine Verwendung des Erdgases für einen anderen Zweck als als Heiz- oder Kraftstoff und damit ein zweierlei Verwendungszweck nicht in Betracht. Aus der vorstehend genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich eindeutig, dass für die Annahme eines zweierlei Verwendungszwecks das Energieerzeugnis nicht nur als Heiz- oder Kraftstoff, sondern - in seiner Funktion als Energiequelle - selbst anders als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden muss. Bei - wie im Streitfall - einem Einsatz des Energieerzeugnisses im Rahmen eines Produktionsprozesses bedeutet dies, dass das Energieerzeugnis zur Herstellung einer Substanz verwendet werden muss, die für die Herstellung eines Produktes innerhalb desselben Produktionsprozesses benötigt wird, was, wie ausgeführt, im Streitfall zu verneinen ist, weil der durch die Nutzung der Wärme aus der Erdgasverbrennung erzeugte und bei der Ammoniakherstellung verwendete Dampf jedenfalls keine Substanz darstellt, die nur durch die Verbrennung des Erdgases erzeugt werden kann. Demgegenüber reicht es weder aus, wenn ein bei der Verbrennung eines Energieerzeugnisses entstehender Rückstand lediglich verwertet wird (EuGH, Urteil vom 02.10.2014, C-426/12, in: juris, Rn. 26), noch wenn die Verbrennung eines Energieerzeugnisses zur thermischen Zersetzung und zur Ableitung der aus einem Produktionsprozess stammenden Restgase verwendet wird (EuGH, Beschluss vom 17.12.2015, C-529/14). Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof mit seinem Beschluss vom 17.12.2015, C-529/14, auch geklärt, dass eine Verwendung eines Energieerzeugnisses für einen anderen Zweck als als Heiz- oder Kraftstoff und damit ein zweierlei Verwendungszweck im Fall einer thermischen Abluft- oder Abfallbehandlung grundsätzlich ausscheidet. Auch wenn die Aussage, dass kein zweierlei Verwendungszweck vorliegt, wenn die Verbrennung eines Energieerzeugnisses zur thermischen Zersetzung und zur Ableitung von Gasen verwendet wird, im Zusammenhang mit dem konkreten Produktionsprozess der Klägerin und der aus diesem Produktionsprozess stammenden Restgase getroffen wurde, lässt sich der Entscheidung gleichwohl die allgemeine Aussage entnehmen, dass die thermische Zersetzung oder die durch thermische Wärme erzeugte Ableitung (Kaminzug) von schädlichen und daher zu entsorgenden Gasen und mithin die thermische Abluftbehandlung (und dementsprechend vergleichbar auch die thermische Abfallbehandlung) nicht als Fall eines zweierlei Verwendungszwecks anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne auch Jatzke, ZfZ 2016, S. 101, 102; Eisolt, ZfZ 2016, S. 118, 125; a.A. Liebheit/Schiebold, ZfZ 2016, S. 125, 127). Der Europäischen Gerichtshof ging hinsichtlich der Umstände des Ausgangsverfahrens - zutreffend - davon aus, dass der Einsatz des Erdgases (auch) zur thermischen Abluftbehandlung der verschiedenen Restgase des Ammoniakproduktionsprozesses erfolgte (vgl. Rnrn. 8-10, 27, 29 des Beschlusses; die Argumentation von Liebheit/Schiebold, a.a.O., beruht auf der unzutreffenden Prämisse, dass aus Sicht des EuGH der Energieeinsatz ausschließlich der Dampferzeugung diene, und überzeugt daher nicht). Wenn der Europäische Gerichtshof die thermische Abluftbehandlung grundsätzlich als möglichen Fall eines zweierlei Verwendungszwecks hätte ansehen wollen, so hätte - in Fortführung der Rechtsprechung aus dem Urteil vom 02.10.2014 (C-426/12, in: juris), die eine getrennte Betrachtung der Verwendung des eingesetzten Energieerzeugnisses nach den jeweils erreichten unterschiedlichen Verwendungszwecken zulässt (vgl. Rnrn. 11 ff. und 24 ff. des Urteils) - für den Anteil des von der Klägerin verwendeten Erdgases, der auf die thermische Abluftbehandlung entfällt, ein zweierlei Verwendungszweck durch den Europäischen Gerichtshof unter Berücksichtigung der zugrunde gelegten Umstände des Ausgangsverfahrens anerkannt werden müssen. Das aber hat der Europäische Gerichtshof in seinem Beschluss vom 17.12.2015 gerade nicht getan.

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Die Verneinung eines zweierlei Verwendungszwecks bei einer Verwendung eines Energieerzeugnisses zur thermischen Abluft- oder Abfallbehandlung steht auch mit der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Begriff des "Verbrauchs als Heizstoff" in Einklang, wonach sich dieser Begriff unter Berücksichtigung der Zielsetzung einer Verbrauchsteuer auf alle die Fälle bezieht, in denen die durch die Verbrennung des Energieerzeugnisses erzeugte thermische Energie zum Heizen genutzt wird, unabhängig vom Zweck des Heizens, der auch die Umwandlung oder Vernichtung des Stoffes umfassen kann, auf den diese thermische Energie übertragen wird (vgl. zum Begriff des Verbrauchs als Heizstoff in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle: EuGH, Urteil vom 29.04.2004, C-240/01, in: juris, Rn. 56). Zwar ist diese Rechtsprechung zu der durch die RL 2003/96/EG abgelösten Vorgängerrichtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABl. L 316, 12, m. spät. Änd.) ergangen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Begriff der "Verwendung als Heizstoff" im Sinne der RL 2003/96/EG wesentlich von dem Begriff des "Verbrauchs als Heizstoff" im Sinne der Vorgängerrichtlinie abweichen könnte (in diesem Sinne bereits auch BFH, Urteil vom 28.10.2008, VII R 6/08, in: juris), und auch durch die zur RL 2003/96/EG ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in seinem Urteil vom 02.10.2014 (C-426/12) hat sich daran nichts geändert (vgl. BFH, Urteil vom 13.01.2015, VII R 35/12, in: juris). Die RL 2003/96/EG eröffnet zwar durch die Einführung der Ausnahme des zweierlei Verwendungszwecks die Möglichkeit, neben dem Verheizen einen weiteren Verwendungszweck anzuerkennen, so dass allein der Umstand, dass ein Energieerzeugnis verheizt wird, einem daneben bestehenden weiteren Verwendungszweck nicht zwingend entgegensteht (so der erkennende Senat in seinem Vorabentscheidungsersuchen vom 03.07.2014, 4 K 131/12, der deshalb die Anerkennung der thermischen Abluftbehandlung zur Entsorgung als zweiten Verwendungszweck für möglich gehalten und sich daher veranlasst gesehen hatte, die Auslegung des Begriffs des zweierlei Verwendungszwecks für den Fall der thermischen Abluftbehandlung im Wege des Vorabentscheidungsersuchens klären zu lassen). Unter Berücksichtigung der mittlerweile ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die, wie ausgeführt, in der thermischen Abluftbehandlung keinen zweiten Verwendungszweck neben der Verwendung des verbrannten Energieerzeugnisses als Heizstoff erkennt, bleibt aber festzuhalten, dass, wenn sich die konkrete Verwendung des Energieerzeugnisses allein in der Nutzung der erzeugten Wärme erschöpft, es allein bei dem einen Verwendungszweck des Verheizens verbleibt, und zwar unabhängig davon, zu welchem Zweck die erzeugte Wärme genutzt wird (so im Ergebnis auch die bisher zur thermischen Abluft- bzw. Abfallbehandlung ergangene instanzgerichtliche Rechtsprechung, vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 11.07.2018, 4 K 1943/17 VE zur Trocknung von Lebensmittelresten und Backwaren zwecks Herstellung eines Rohstoffs für Futtermittel, und Urteil vom 18.05.2005, 4 K 3995/03 VM zum Betrieb von Stützbrennern in den Feuerräumen einer Müllverbrennungsanlage zum An- und Abfahren sowie für Testläufe bei gleichzeitigem Beseitigen von Abluft des Mülls und gasförmigen Schadstoffen; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.07.2015, 1 K 1322/13 zur Verbrennung von Kaffeesatz bei gleichzeitiger Erzeugung von Wasserdampf in einem Betrieb zur Produktion von löslichem Kaffee; Thüringer FG, Urteil vom 15.07.2010, 2 K 982/07 zur Abgasbehandlung bei gleichzeitiger Vorbereitung und Aufrechterhaltung der Kremierung in einer Feuerbestattungsanlage, jeweils in: juris). Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es für die Annahme eines zweierlei Verwendungszwecks auch nicht darauf ankommen kann, ob das verbrannte Energieerzeugnis im Rahmen der thermischen Abluft- oder Abfallbehandlung in besonderer Weise mit der zu behandelnden Abluft bzw. dem zu behandelnden Abfall physikalisch oder chemisch reagiert, da darin letztlich nichts anders liegt als die Ausnutzung der erzeugten Wärme des verbrannten Energieerzeugnisses mit den jeweiligen konkreten Verbrennungseigenschaften des eingesetzten Energieerzeugnisses zum Zweck der Zersetzung oder Umwandlung bzw. der Ableitung der als Abluft oder Abfall zu entsorgenden Stoffe (die auf einen stofflichen Prozess der thermischen Abluftbehandlung als Verwendungszweck abstellende Argumentation von Liebheit/Schiebold, a.a.O., überzeugt daher auch insoweit nicht).

37

c) Die Frage, ob ein Entlastungsanspruch nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG a.F. auch deshalb zu verneinen sein müsste, weil - wie der Beklagte anfänglich vorgetragen hat - wegen der gleichzeitigen Nutzung der thermischen Energie zum Zweck der Dampfüberhitzung deren Hauptzweck nicht die Vernichtung von Abluft sei und die Erzeugung thermischer Energie daher nicht in den Hintergrund trete, kann angesichts des für die streitgegenständliche Verwendung des Erdgases mangels zweierlei Verwendungszwecks ohnehin nicht eröffneten Anwendungsbereichs der nationalen Entlastungsregelung dahin gestellt bleiben.

38

2. Eine Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG a.F. kommt im Ergebnis ebenfalls nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift wird auf Antrag eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse gewährt, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9, 10 oder Abs. 3 Satz 1 EnergieStG versteuert worden sind und von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet worden sind. Auch insoweit gilt, dass die Klägerin die Erstattung frist- und formgerecht beantragt hat (zu den Voraussetzungen, unter denen ein einheitlicher Antrag auf Energiesteuerentlastung auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen gestützt werden kann, vgl. BFH, Urteil vom 06.10.2015, VII R 16/14, in: juris) und es sich bei dem von ihr als Entlastungsberechtigter in der Anlage eingesetzten Erdgas um nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG versteuertes Erdgas der Pos. 2711 der Kombinierte Nomenklatur (KN-Code 2711) handelt. Dass es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes handelt, ist ebenfalls zwischen den Beteiligten nicht streitig, wie sich aus der nach §§ 54, 55 EnergieStG der Klägerin gewährten Steuerentlastung ergibt. Entsprechend den obigen Ausführungen fehlt es jedoch auch hier an der nach den Vorgaben der RL 2003/96/EG sowie von der nationalen Entlastungsvorschrift selbst geforderten gleichzeitigen Verwendung des Energieerzeugnisses zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff.

IV.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 138 Abs. 1 FGO. Liegt, wie hier, eine Teilerledigung der Hauptsache vor, ist eine einheitliche, aber gemischt-rechtliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 154. Ergänzungslieferung Dezember 2018, § 138 FGO Rn. 83, m.w.N.). Sie beruht für den erledigten Teil der Hauptsache auf § 138 Abs. 1 FGO, wonach die Klägerin nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, da angesichts der für das streitgegenständliche Erdgas bereits gewährten anteiligen Entlastung nach den §§ 54, 55 EnergieStG insoweit kein Anspruch auf Gewährung nochmaliger Entlastung nach § 51 EnergieStG bestand. Soweit streitig entschieden worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 1 FGO, wonach die Klägerin als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

40

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

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