Urteil vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 K 80/16

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Antidumping- und Drittlandszoll auf Verbindungselemente.

2

Die Klägerin, die mit Verbindungselementen handelt, bezog 2011 und 2012 von dem thailändischen Lieferanten A Co., Ltd. (im Folgenden: A) Verbindungselemente. Unter Vorlage thailändischer Ursprungszeugnisse wurde die Ware zollfrei zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt.

3

Bereits 2010 hatten thailändische Behörden die Europäische Kommission darauf hingewiesen, dass bei Einfuhren von aus Thailand in die EU versandten Verbindungselementen aus nichtrostendem Stahl möglicherweise die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 des Rates vom 26. Januar 2009 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China umgangen werde. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass seit Inkrafttreten der Antidumpingzölle die Einfuhren aus Thailand erheblich zugenommen hätten, während die Einfuhren aus China erheblich zurückgegangen seien. Um diesen Verdachtsmomenten nachzugehen, führte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Office Européen De Lutte Antifraude – OLAF) eine Untersuchung durch (OF/2010/xxx).

4

Nach einer Vor-Untersuchungsmission übermittelte das thailändische Außenhandelsministerium (Department of Foreign Trade – DFT) OLAF mit Schreiben vom 10. Mai 2013 eine CD-ROM mit Daten des thailändischen Zolls zu allen Einfuhren von Verbindungselementen aus der VR China und Ausfuhren dieser Waren aus Thailand in die EU. Hieraus extrahierte OLAF eine separate Liste für alle verdächtigen Exporteure, wozu auch A gehörte (Anhänge 4.1-4.14 zu Bericht über die Missionsreise vom August 2013). Diese Daten enthielten zunächst noch keine Angaben über die bei der Ein- bzw. Ausfuhr vorgelegten Rechnungsnummern.

5

Im August 2013 führte OLAF eine Untersuchungsmission in Thailand durch. Hierbei besuchte es das B, über das A seine Ein- und Ausfuhren von Verbindungselementen abgewickelt haben sollte. OLAF stellte fest, dass B elektronisch Buch führe über alle Einfuhren und Ausfuhren. Hieraus gehe die Verbindung zwischen den eingeführten und den wieder ausgeführten Sendungen deutlich hervor: Jede Einfuhr und die entsprechende Wiederausfuhr werde in der Datenbank als ein zusammengehörender Eintrag geführt. Darüber hinaus verfüge B für alle Vorgänge seit Februar 2009 über Lagerhausunterlagen in Papierform, die OLAF angefordert habe.

6

Zum Zeitpunkt des Kontrollbesuchs hätten noch Ein- und Wiederausfuhren von chinesischen Verbindungselementen stattgefunden. OLAF seien Kopien von Unterlagen über sechs Ausfuhren von A nach Ungarn, Litauen und Spanien übergeben worden. Bei der Überprüfung dieser Unterlagen sei festgestellt worden, dass A die chinesischen Rechnungen in allen Fällen zu seinen eigenen Geschäfts- und Rechnungsführungszwecken verwendet und dabei lediglich den Briefkopf, das Datum und den Wert geändert habe.

7

Beim Abgleich der von B gewonnenen Daten mit den beim thailändischen Zoll eingeholten Informationen habe sich bestätigt, dass alle Verbindungselemente, die A über B eingeführt und wieder ausgeführt habe, ihren wahren Ursprung in der VR China hätten. Bei B seien die Waren in keiner Weise be- oder verarbeitet worden.

8

Im Oktober 2013 führte OLAF eine weitere Untersuchungsmission durch, bei der es auch die Betriebsstätte von A besuchte. Nach dem Besuchsbericht habe die Unternehmensleitung nicht zur Verfügung gestanden. Eine Mitarbeiterin habe erklärt, dass hauptsächlich große Schraubendurchmesser hergestellt würden. Selbst hergestellte Ware würde nicht in die EU exportiert. In die EU würden Waren ausgeführt, die auf dem lokalen Markt gekauft werden würden. Nähere Angaben habe sie hierzu nicht machen können. Außerdem besuchte OLAF erneut B. Die Vertreter von B hätten erneut bestätigt, dass alle Sendungen mit Verbindungselementen, die A über sie abgewickelt habe, aus der VR China gestammt hätten und bei Ihnen nicht verarbeitet worden seien. Die von OLAF bereits beim letzten Besuch angeforderte Liste der Warenbegleitdokumente läge bereits in elektronischer Form vor, lediglich die Dokumente seien noch nicht kopiert. Übergeben worden seien lediglich einige beispielhafte Unterlagen. Sie bestätigten, dass es sich um Umfuhren von Waren aus der VR China handele.

9

Auf der Grundlage der bis dahin von OLAF getroffenen Feststellungen erhob der Beklagte mit Einfuhrabgabenbescheid vom 17. April 2014 (AT/S/XXX-1) bei der Klägerin gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK Zölle in Höhe von insgesamt … € nach. Im Einzelnen wurden für 16 Einfuhren von Verbindungselementen in der Zeit von April bis Dezember 2011 … € Antidumpingzoll (85 %) und … € Drittlandszoll (3,7 %) festgesetzt. Die Warentarifnummern lauten 7318 1589 98 0/xxx-1 (NEE-Vorgang xxx-1) und 7318 1589 19 0/xxx-2 (NEE-Vorgang xxx-2).

10

Mit Schreiben vom 14. Mai 2014 (…) übermittelte das DFT die Liste mit Ein- und Ausfuhrdaten zu Verbindungselementen aus Stahl, die OLAF bei seinem Besuch im August 2013 angefordert hatte. Sie enthält gegenüber der ursprünglich übermittelten Liste aus April 2013 weitere Angaben. Im Einzelnen enthalten die Datensätze folgende Detailangaben:

Einfuhr

Ausfuhr

Nr. und Datum Einfuhranmeldung

Nr. und Datum der Ausfuhr

Tarifpositionen

dito

Packstücke, Gewicht und Menge

dito

Name des Empfängers

Name des Ausfuhrunternehmens

Nr. Einfuhrrechnung

Nr. Ausfuhrrechnung

Warenbeschreibung

dito

Angemeldeter Ursprung

dito

Verladeland

Bestimmungsland

Name des Schiffes / No. xxx

Name des Schiffes

Lagerort

dito

Name des Lagers

dito

11

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 3. Juni 2014 (AT/S/XXX-2) erhob der Beklagte bei der Klägerin gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK für 40 weitere Einfuhren im Zeitraum Juli 2011 bis September 2012 Zoll in Höhe von insgesamt … € nach. Im Einzelnen wurden … € Antidumpingzoll und … € Drittlandszoll festgesetzt. Die Warentarifnummern lauten 7318 1569 98 0/xxx-3 (NEE-Vorgang xxx-3), 7318 1589 79 0/xxx-4 (NEE-Vorgang xxx-4), 7318 1589 98 0/xxx-1 (NEE-Vorgang xxx-5), 7318 1590 98 0/xxx-6 (NEE-Vorgang xxx-6) und 7318 1630 79 0/xxx-7 (NEE-Vorgang xxx-7).

12

Am 5. Juni 2014 legte OLAF den Abschlussbericht der Untersuchung vor. Er fasst die Untersuchungsergebnisse zusammen und listet die in den einzelnen Mitgliedstaaten nachzuerhebenden Beträge auf. Hinsichtlich der Ursprungszeugnisse hält er fest, dass die für A ausgestellten Ursprungszeugnisse zwar echt seien. Sie seien jedoch infolge falscher Angaben der Ausführer im guten Glauben ausgestellt worden. Die thailändischen Behörden hätten nicht gewusst, dass die Waren das Ursprungskriterium nicht erfüllten und hätten dies auch nicht wissen können (S. 12 des Abschlussberichts).

13

Das Gemeinsame Protokoll von OLAF und thailändischen Behörden vom 14. August 2014 über die tatsächlichen Feststellungen (Anhang 6 des Abschlussberichts, …) bestätige, dass es sich um Umfuhren gehandelt habe.

14

Die gegen beide Einfuhrabgabenbescheide mit Schreiben vom 30. April 2014 bzw. 13. Juni 2014 eingelegten Einsprüche begründete die Klägerin mit Schreiben vom 20. Januar 2015. A habe stets beteuert, dass die Schrauben in Thailand hergestellt würden. Zur Überprüfung dieser Angaben hätten Mitarbeiter der Klägerin im April 2011 die Fertigungsstätte in Thailand besucht. Hierbei seien sie zu der Überzeugung gelangt, dass die dortige Produktion ausreiche, um die voraussichtlichen Bestellmengen abzudecken. Der Lieferant habe auch in 2014 ausdrücklich bestätigt, dass in Thailand produziert werde. Hierzu habe A Fotos vorgelegt, die eine Produktion in Thailand zeigten. Die thailändischen Ursprungszeugnisse, die nicht widerrufen worden seien, bestätigten den thailändischen Ursprung. Die OLAF-Berichte könnten den thailändischen Warenursprung nicht widerlegen. Sie basierten überwiegend auf mündlichen Informationen sowie der vermeintlichen Einsichtnahme in Unterlagen, die nicht mit den Einfuhren der Klägerin in Zusammenhang stünden. Nachweise und Unterlagen, welche den Anforderungen des § 81 FGO entsprächen, seien den Berichten nicht zu entnehmen.

15

Der OLAF-Bericht über die Untersuchungsmission vom August 2013 weise Ungereimtheiten auf. Nach Ziffer 1.1.2 des Berichts habe nicht geklärt werden können, ob A noch geschäftstätig sei. Dies stehe im Widerspruch zum Besuchsbericht bei B. Dort stehe nämlich, dass der Import/Re-Export noch stattfinde.

16

Bei dem Kontrollbesuch bei B im August 2013 seien Lagerhausunterlagen in Papierform und elektronisch wahrgenommen worden. Hierbei habe es sich um Einfuhranmeldungen, Rechnungen und Packlisten chinesischer Lieferanten, chinesische Frachtbriefe, Eingangslisten und entsprechende Ausfuhranmeldungen sowie Ausfuhrrechnungen der betreffenden Warengruppen gehandelt. Die OLAF-Delegation habe jedoch vor Ort keine Kopien gemacht, sondern im Nachgang erfolglos entsprechende Unterlagen angefordert. Es sei nicht nachvollziehbar, wie OLAF auf dieser Grundlage zu der Überzeugung des chinesischen Ursprungs der eingeführten Waren habe kommen können. Sämtliche Unterlagen, die OLAF vor Ort übergeben worden seien, hätten Warenlieferungen in andere Länder als Deutschland betroffen. Diese Sendungen könnten nicht darauf schließen lassen, dass in allen Fällen in gleicher Weise vorgegangen worden sei. Im Übrigen sei nicht klar, wo sich diese Unterlagen befänden, da sie weder der Akte noch dem Bericht beigefügt worden seien. Außerdem fehle die auf S. 15 des OLAF-Berichtes als Anhang 13 dargelegte Protokollierung der Feststellungen, die das Untersuchungsteam in Zusammenarbeit mit dem Hafenzollamt C erstellt habe. Es sei auch verwunderlich, dass über die mündlichen Aussagen der Mitarbeiter des Warenlagers keinerlei Vernehmungsprotokolle vorlägen.

17

Nach dem OLAF-Bericht sei im Oktober 2013 eine weitere Untersuchungsmission durchgeführt worden, um zusätzliche und noch ausstehende Informationen einzuholen. Ein Bericht hierüber läge nicht vor. Auch der Beklagte habe diese Unterlagen nicht beigezogen. Dies sei in Anbetracht des nacherhobenen Betrages nicht nachvollziehbar. Letztlich sei der OLAF-Bericht technisch nicht mehr als ein besserer Aktenvermerk, auf den eine Nacherhebung nicht gestützt werden könne.

18

Auch der Höhe nach sei der Bescheid rechtswidrig. Es sei nämlich möglich, dass ein unternehmensspezifischer Antidumpingzollsatz anzuwenden sei. OLAF sei verpflichtet gewesen, die Transportpapiere von China nach Thailand vorzulegen, was auch zum Nachweis des Warenursprungs außerhalb Thailands zwingend erforderlich gewesen wäre.

19

Mit Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2016 (RL xxx-1+xxx-2/14) wies der Beklagte die beiden Einsprüche zurück. Die Zölle könnten nach Artikel 220 Abs. 1 ZK nacherhoben werden. Die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 sehe Antidumpingzölle für Einfuhren von Verbindungselementen chinesischen Ursprungs vor. Die Ware stamme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus der VR China und sei auch nicht andernorts ursprungsbegründend bearbeitet worden. Dieser Nachweis werde insbesondere durch den OLAF-Bericht über die Untersuchungsmission vom August 2013 erbracht. Mit Hilfe der von den thailändischen Behörden zur Verfügung gestellten Daten habe OLAF den Reiseweg der Warensendungen nachvollziehen können. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass der Bericht nicht explizit auf die von der Klägerin eingeführten Waren Bezug nehme, sondern lediglich Warenbewegungen nach Ungarn, Litauen, Spanien und das Vereinigte Königreich nenne. OLAF habe insgesamt ermittelt, dass alle Sendungen mit Verbindungselementen, die A über das B ein- und wieder ausgeführt habe, aus der VR China stammten und in dem Lager keiner weiteren Verarbeitung unterzogen worden seien. Diese Erkenntnisse seien in die als Anhang 4.2 dem Missionsbericht beigefügten Liste eingeflossen. Auch die Zollanmeldungen, mit der die Klägerin die Schrauben, um die es hier gehe, eingeführt habe, seien dort genannt. Das Fehlen weiterer Nachweise sei unerheblich. In Thailand würden die Zollvorgänge nämlich elektronisch verarbeitet. Diese elektronischen Angaben hätten OLAF vorgelegen. Die Klägerin habe keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass der Warenursprung tatsächlich in Thailand sei. Die unsubstantiierten Angaben von A reichten nicht aus.

20

Mit der am 29. Februar 2016 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Vortrag und führt nach Akteneinsicht ergänzend aus: In der Einspruchsentscheidung habe der Beklagte eingeräumt, dass der chinesische Warenursprung nur „angenommen“ worden sei. Der Beklagte müsse diesen Ursprung jedoch beweisen. Die Klägerin habe gültige thailändische präferentielle Ursprungszeugnisse vorgelegt. Ein Anwendungsfall von Art. 26 Abs. 2 ZK liege nicht vor. Die OLAF-Berichte könnten den thailändischen Warenursprung nicht widerlegen. Nach Aussage eines thailändischen Zollinspektors sei über B überwiegend Draht gehandelt worden.

21

Aus der Einspruchsakte ergebe sich, dass während des Einspruchsverfahrens keine weiteren Unterlagen aus Thailand vorgelegt worden seien. Anders als im Urteil des FG Hamburg vom 9. September 2015 (4 K 141/15) könne im vorliegenden Fall gerade keine Verknüpfung zwischen Einfuhren aus der VR China nach Thailand und der Wiederausfuhr in die EU hergestellt werden. Die Datengrundlage für die von OLAF erstellte Liste sei nicht nachvollziehbar. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass in Einzelfällen fehlende Daten durch die allgemeine Lebenserfahrung der ermittelnden Beamten ersetzt worden seien.

22

Die widersprüchlichen Angaben in den Verwaltungsakten untermauerten die Notwendigkeit, auch die zu Grunde liegenden Daten vorzulegen.

23

Als das ZKA A am 18. Mai 2011 besucht habe, seien keine Unregelmäßigkeiten festgestellt worden.

24

Die OLAF-Berichte enthielten unterschiedliche Feststellungen zu den vorgelegten Daten und Unterlagen: Im OLAF-Schreiben vom 7. August 2013 sei festgehalten, dass alle relevanten Daten bezüglich der Ein- und Ausgänge von Verbindungselementen durch A seit 2009 aus und in das Warenlager von B im Excel-Format bis zum 15. August 2013 vorgelegt würden. Dies sei bis heute nicht erfolgt.

25

Die Feststellungen im Abschlussbericht aus Juni 2014 stünden im Widerspruch zu den Ausführungen in der AM 2011/xxx (2014). Danach habe das DFT bereits im Mai 2014 weitere Import- und Export-Daten von Verbindungselementen übermittelt. Wo sich diese Datensätze befänden, sei unklar. Ohne Kenntnis dieser Daten könne die Klägerin nicht nachvollziehen, ob die entsprechenden Ein- und Ausfuhrdaten, die nach eigenen Ausführungen in jenem Schreiben nur zu 95 % eine Umfuhr darstellten, auch die hier in Rede stehenden Einfuhren beträfen.

26

Die vom Beklagten als Grundlage der Nacherhebung verwendete Liste „Importe nach Thailand Annex 4.1-14 a-c“ sei nicht schlüssig. In dieser Tabelle würde lediglich behauptet, dass Waren chinesischen Ursprungs nach Thailand importiert worden seien. Beweise lägen nicht vor. Insbesondere sei nicht nachgewiesen, dass die Waren bei B gelagert worden seien.

27

Außerdem seien von den 43 Einzelvorgängen der Importliste, die sich aus der Spalte „MS Ref. No.“ ergäben, nur sechs Vorgänge (DE xxx-1, xxx-2, xxx-3) in der Akte dokumentiert, wobei die Dokumentation lückenhaft sei. Darüber hinaus könnten insgesamt vier Einfuhrvorgänge aus den Nacherhebungsbescheiden nicht mit der Importliste in Einklang gebracht werden. Jedenfalls insoweit seien die Bescheide rechtswidrig.

28

Der vorliegende Fall sei nicht mit dem vergleichbar, der dem Urteil des Gerichts vom 7. April 2017 (4 K 63/15) zugrunde gelegen habe. Vorliegend sei gerade nicht die Fälschung der Ursprungszeugnisse nachgewiesen. Dort sei eine CD-ROM mit den relevanten Ein- und Ausfuhrdaten von Verbindungselementen aus China über Thailand in die EU vorgelegt worden, welche die erforderlichen Belege der einzelnen Transaktionen enthalten hätten. Dort habe der Lagerhalter bestätigt, dass keine Bearbeitung im Warenlager stattgefunden habe, sondern lediglich eine Umfuhr.

29

Ein Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge D, habe am 4. April 2011 die Fertigungsstätte von A besichtigt „und dort eine nachhaltige Produktion von Verbindungselementen“ festgestellt.

30

Unabhängig von der Beweisnot des Beklagten seien die Bescheide rechtswidrig, weil die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 wegen zahlreicher Verstöße gegen das WTO-Antidumping-Übereinkommen rechtswidrig sei. Dies habe der WTO Dispute Settlement Body am 12. Februar 2016 (DS 397) festgestellt. Daher seien die auf der Grundlage der Antidumping-Verordnung (EG) Nr. 91/2009 erhobenen Antidumpingzölle mittlerweile durch die Durchführungsverordnung (EU) 2016/278 aufgehoben worden. In rechtswidriger Weise sei diese Aufhebung jedoch auf die Zeit nach Inkrafttreten dieser Verordnung – dem 28. Februar 2016 – beschränkt worden. Dieser Verstoß gegen WTO-Recht führe zugleich dazu, dass die zeitliche Beschränkung der Aufhebung der Antidumpingzölle in Art. 2 Verordnung (EU) 2016/278 rechtswidrig sei. Der EuGH müsse klären, ob eine als WTO-rechtswidrig erkannte Verordnung nur für die Zukunft aufgehoben werden dürfe. Die Klägerin könne sich auf einen solchen Verstoß gegen WTO-Recht berufen, weil ein Unionsrechtsakt ausdrücklich auf die speziellen Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweise. Außerdem habe der EuGH mit Urteil vom 5. April 2017 (Rs. C-376/15 P und C-377/15 P) bestätigt, dass höherrangiges Recht, unter anderem die Antidumping-Grundverordnung, nicht ordnungsgemäß angewandt worden sei.

31

Nachdem die Klägerin den Antrag auf Verzinsung der bereits gezahlten Zölle in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, beantragt sie,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 17. April 2014 (AT/S/XXX-1) und den Einfuhrabgabenbescheid vom 3. Juni 2014 (AT/S/XXX-2) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2016 (RL xxx-1+xxx-2/14) aufzuheben.

32

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

33

Er beruft sich auf die Einspruchsentscheidung. Die Ermittlungen von OLAF hätten ausreichend Beweise erbracht, dass es sich um chinesische Ursprungswaren handele. Unerheblich sei, dass zu den Feststellungen des Missionsreiseberichts keine weiteren Unterlagen vorlägen, denn aus der Masterliste gehe eindeutig eine tatsächliche Verknüpfung zwischen Lieferungen aus der VR China nach Thailand und von dort in die EU hervor. Die nach Art. 24 f. ZK erforderliche Sachverhaltsermittlung sei damit abgeschlossen.

34

Auch im Hinblick auf die vier von der Klägerin genannten Einfuhrabgabenbescheide sei der Bezug zur Masterliste gegeben. Zwar tauchten die Registrierkennzeichen dieser Bescheide in der Masterliste nicht auf. Dies ließe sich jedoch damit erklären, dass es sich bei ihnen ihrerseits um Nacherhebungsbescheide handele. Die in den Bescheiden genannten Bezugsvorgänge – die ursprünglichen Abgabenbescheide – seien in der Masterliste aufgeführt.

35

Ein Rückwirkungsproblem stelle sich nicht. Der Unionsgesetzgeber habe bewusst entschieden, die Antidumpingzölle nur mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

36

Entscheidungsgründe

A.

37

Soweit die Klage im Hinblick auf die Zinsen zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt (§ 72 Abs. 2 S. 2 FGO).

B.

38

Die weiterverfolgte Anfechtungsklage hat weder im Hinblick auf den Antidumpingzoll (dazu I.) noch auf den Drittlandszoll (dazu II.) Erfolg. Die Einfuhrabgabenbescheide vom 17. April 2014 und vom 3. Juni 2014, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2016, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

I.

39

Der Antidumpingzoll in Höhe von insgesamt … € wurde zu Recht festgesetzt.
Ermächtigungsgrundlage für die Nacherhebung ist Art. 220 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302/1; Zollkodex – ZK). Diese Norm ist trotz des Inkrafttretens des Unionszollkodexes anwendbar, da die Einfuhren vor dem 1. Mai 2016 erfolgten. Gemäß Art. 220 Abs. 1 S. 1 ZK hat die buchmäßige Erfassung einer Zollschuld zu erfolgen, die nicht buchmäßig erfasst worden ist. Bisher nicht buchmäßig erfasst wurde der Antidumpingzoll (dazu 1.), ohne dass sich die Klägerin auf Vertrauensschutz berufen kann (dazu 2.).

40

1. Bei der Einfuhr der hier in Rede stehenden Verbindungselemente ist eine Einfuhrzollschuld gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a ZK in Höhe von insgesamt … € entstanden, die bisher nicht erhoben worden ist. Nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 des Rates vom 26. Januar 2009 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 29, 1 vom 31. Januar 2009) wird ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der VR China. Diese Verordnung ist zeitlich anwendbar (dazu a). Die eingeführten Waren sind chinesischen Ursprungs (dazu b) und unterfallen den von der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 erfassten Zolltarifpositionen (dazu c). Die Höhe des Zolls wurde zutreffend ermittelt (dazu d).

41

a) Auf die Einfuhr der Waren in der Zeit von April 2011 bis September 2012 ist die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 zeitlich anwendbar. In Kraft getreten ist sie gemäß ihres Art. 3 am Tag nach der Veröffentlichung, die am 31. Januar 2009 erfolgte.
Aufgehoben wurden die endgültigen Antidumpingzölle der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 gemäß Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Durchführungsverordnung (EU) 2016/278 vom 26. Februar 2016 (ABl. L 52, 24 vom 27. Februar 2016) erst mit Wirkung vom 28. Februar 2016 (Art. 3 der Durchführungsverordnung).
Die Aufhebung der Antidumpingzölle gilt nur für solche Antidumpingzölle, die bei Inkrafttreten der Durchführungsverordnung noch nicht durch Bescheid festgesetzt worden sind. Dies ergibt sich aus dem 2. Halbsatz von Art. 2 Durchführungsverordnung (EU) 2016/278. Danach gibt die Aufhebung der Antidumpingzölle keinen Anlass zur Erstattung der vor dem 28. Februar 2016 erhobenen Zölle. Anders formuliert bedeutet dies, dass bis zum 27. Februar 2016 durch die Aufhebung kein Erstattungsanspruch begründet werden sollte. Ein solcher Anspruch bestand nach dem im Februar 2016 noch anwendbaren Zollkodex gemäß Art. 236 Abs. 1 ZK, wenn der Abgabenbetrag nicht gesetzlich geschuldet war. Dies wäre nur der Fall, wenn die Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Antidumpingzolls weggefallen wäre. Art. 2 Halbs. 2 Durchführungsverordnung (EU) 2016/278 muss also so verstanden werden, dass die Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Antidumpingzolls auf Verbindungselemente erst mit Wirkung zum 28. Februar 2016 weggefallen ist. Dies wird dadurch erreicht, dass die Aufhebung der Antidumpingzölle gemäß Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung ab diesem Zeitpunkt gilt.

42

Art. 2 Halbs. 2 Durchführungsverordnung (EU) 2016/278 kann dagegen nicht deshalb als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Aufhebung der Antidumpingzölle grundsätzlich rückwirkend für alle bereits festgesetzten Antidumpingzölle gelten solle, weil er bei einer ex nunc-Wirkung der Aufhebung überflüssig wäre. Die Norm ist nämlich auch bei der hier vertretenen ex nunc-Wirkung nicht überflüssig. Sie hat klarstellende Funktion im Hinblick auf die Behandlung von Erstattungsanträgen. Dies ergibt sich aus der Formulierung des 14. Erwägungsgrundes der Durchführungsverordnung (EU) 2016/278. Dort heißt es (Hervorhebung hinzugefügt):
Die Aufhebung der angefochtenen Maßnahmen sollte ab dem Tag ihres Inkrafttretens anwendbar sein und folglich keinen Anlass zur Erstattung der vor diesem Zeitpunkt erhobenen Zölle geben[.]
Durch die Verwendung des Adverbs „folglich“ („therefore“ / „dès lors“) wird deutlich, dass die Unerstattbarkeit von Zöllen, die bis zum 27. Februar 2016 festgesetzt worden, eine Konsequenz des im ersten Halbsatz von Art. 2 der Durchführungsverordnung gewählten Zeitpunkts der Aufhebung der Antidumpingzölle (der Tag des Inkrafttretens der Verordnung) ist. Diese Folge tritt – wie dargelegt – nur ein, wenn die Rechtsgrundlage für die Antidumpingzölle erst für die am 28. Februar 2016 noch nicht festgesetzten Antidumpingzölle gilt. Bei einer früheren Wirkung der Aufhebung bestünde gerade ein „Anlass zur Erstattung“ für bereits festgesetzte Antidumpingzölle.

43

Dieses Verständnis von Art. 3 der Durchführungsverordnung wird unterstrichen durch den 7. Erwägungsgrund und den korrespondierenden Art. 3 der Verordnung (EU) 2015/476 vom 11. März 2015 über die möglichen Maßnahmen der Union aufgrund eines vom WTO-Streitbeilegungsgremium angenommenen Berichts über Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen (ABl. L 83, 6), auf deren Grundlage die Durchführungsverordnung (EU) 2016/278 erlassen wurde. Dort ist nämlich ausdrücklich festgehalten, dass Maßnahmen, die in Umsetzung einer Empfehlung des WTO Dispute Settlement Body ergriffen werden, vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen – die hier gerade nicht vorliegen – ab dem Tag ihres Inkrafttretens wirksam werden.

44

Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies, dass die hier streitgegenständlichen Bescheide von der Aufhebung der Antidumpingzölle nicht betroffen sind, weil die Zölle vor dem 28. Februar 2016 – nämlich im Jahre 2014 – festgesetzt wurden.

45

b) Die eingeführten Verbindungselemente haben ihren Ursprung in der VR China. Der insoweit beweisbelastete Beklagte (BFH, Urteil vom 15. Juli 1986, VII R 145/85, juris, Rn. 15; FG Hamburg, Urteil vom 24. Juli 2017, 4 K 162/15, juris, Rn. 38; Urteil vom 30. August 2005, IV 337/02, juris, Rn. 26; FG Düsseldorf, Urteil vom 11. Juni 2014, 4 K 1226/13, juris, Rn. 28) hat diesen Nachweis geführt. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es muss also grundsätzlich davon überzeugt sein, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt wahr ist (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 FGO, Rn. 64, Stand August 2018). Überzeugt ist das Gericht, wenn kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (BFH, Urteil vom 24. März 1987, VII R 155/85, juris, Rn. 32 unter Verweis auf BGHZ 53, 245, 245 – „Anastasia“-Urteil). Ausreichend aber auch erforderlich ist, dass sich die Richter in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit überzeugen müssen (BFH, Urteil vom 24. März 1987, VII R 155/85, BFH/NV 1987, 560, juris, Rn. 33). Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte den Nachweis des Ursprungs der eingeführten Ware in der VR China geführt. Dies ergibt sich aus den OLAF-Ermittlungsergebnissen, insbesondere

        

* den mit E-Mail vom 19. April 2013 von den thailändischen Behörden übermittelten und mit Schreiben vom 14. Mai 2014 ergänzten Listen mit Ein- und Ausfuhrdaten zu Verbindungselementen aus Stahl, denen die Daten über die Einfuhr der betreffenden Waren in die EU zugeordnet wurden,

* dem Bericht über die OLAF-Untersuchungsmission vom August 2013 (Anlage K 4) nebst Besuchsbericht bei B (Anlage 10 zum Bericht),

* dem Bericht über die OLAF-Untersuchungsmission vom Oktober 2013 (…) nebst den Besuchsberichten bei A (Anhang 6 zum Bericht, …) und bei B (Anhang 7 zum Bericht, …) sowie

* dem Abschlussbericht vom 5. Juni 2014 (Anlage K 7).

46

Anders als die Klägerin meint, basiert die Überzeugungsbildung vor diesem Hintergrund gerade nicht überwiegend auf mündlichen Informationen oder der angeblichen Einsichtnahme in Unterlagen. Im Einzelnen:
Anhand der genannten Unterlagen lassen sich die hier in Rede stehenden Einfuhren konkreten Ausfuhren aus der VR China zuordnen. Zentrales Element der Beweisführung ist die ursprüngliche Masterliste. Dies ist die Liste, die OLAF auf der Grundlage der im April 2013 von den thailändischen Behörden übermittelten Daten erstellte. Sie wurde als Anhänge 4.1-4.14 dem Bericht über die Untersuchungsmissionen vom August 2013 beigefügt. Hierbei wurden die Einfuhren von Verbindungselementen nach Thailand mit passenden Ausfuhren aus Thailand in die EU zusammengeführt und um die entsprechenden Einfuhrdaten in die EU ergänzt. Der Senat hat den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung einen Ausdruck dieser Liste, soweit sie Lieferungen von A an die Klägerin betreffen (ZKA Auszug Annexe 4.1-14_a-d nur DE, …), erläutert. Die in der Tabelle ersichtliche Verknüpfung der Einfuhren chinesischer Verbindungselemente nach Thailand zu den Ausfuhren aus Thailand in die EU ist für den Senat eindeutig. Dies ergibt sich aus Folgendem:

47

Erstens wird als Importeur der Waren aus China nach Thailand und als Exporteur von dort in die EU jeweils A genannt.

48

Zweitens ist die jeweils angemeldete Zolltarifposition (7318 1990) bei der Einfuhr und Ausfuhr überwiegend identisch. Dem Umstand, dass in fünf Fällen bei der Einfuhr nach Thailand die Zolltarifposition 7318 1500 und bei der Ausfuhr die Unterposition 7318 1900 angegeben wurde, misst der Senat keine entscheidende Bedeutung zu. In beiden Fällen handelt es sich um Unterpositionen für Verbindungselemente mit Gewinde. Außerdem stimmt das Gewicht der Lieferungen überein.

49

Drittens lagen die Zeiträume zwischen Einfuhr und Ausfuhr in der Regel nur zwischen zwei und sieben Tagen. Lediglich in acht von 31 Fällen waren es zwischen zehn und 17 Tage.

50

Viertens stimmt die Warenbezeichnung bis auf einen einzigen Fall (Einfuhr: „bolts, shipboard screws“; Ausfuhr: „bolts“) vollständig überein. Dies ist auch dann der Fall, wenn es sich um zusammengesetzte Warenbezeichnungen handelt, die über die bloße Bezeichnung „Bolts“ hinausgeht („Carriage Bolt“ bzw. „Carriage Bolt Sets“).

51

Fünftens ist das angemeldete Gewicht (das jeweils mit der angemeldeten Warenmenge identisch ist) bei den Ein- und Ausfuhren jeweils identisch. Dies ist auch deshalb bemerkenswert, weil ein Container meist zwischen 18 und 20 t wog und das Gewicht in Kilogramm häufig auf zwei Nachkommastellen (neun Mal) oder eine Nachkommastellen (vier Mal) genau angegeben wurde. Die auf dem Ausdruck der Masterliste (…) teilweise vorhandenen Unterschiede bei den Nachkommastellen sind in der Datei, die der Beklagte mit E-Mail vom 14. Februar 2019 übermittelt hat (…), nicht vorhanden. Sie resultieren daraus, dass beim Ausdruck der Tabelle die Tabellenspalten „Quantity“ und „W[ei]ght (KGM)“ der „Importe nach Thailand“ nicht breit genug eingestellt waren, um auch die zweite Nachkommastelle anzuzeigen.
Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass sich diese Übereinstimmungen beim angemeldeten Gewicht der Sendungen auch damit erklären ließen, dass – statt fertiger Waren – Halbfertigerzeugnisse eingeführt und nach einer Bearbeitung ausgeführt worden sind. In diesem Fall hätten sich zumindest geringfügige Gewichtsdifferenzen finden lassen müssen, die etwa durch die Verpackung der fertigen Schrauben oder einen Materialverlust erklärt werden könnten. Letzterer entsteht auch beim Kaltschmieden im geringen Umfang bei der Formung des Schraubenantriebs.

52

Der Hinweis der Klägerin auf die Aussage eines Mitarbeiters des B beim OLAF-Besuch am 8. August 2013 ändert nichts an dieser Einschätzung. Nach dem Besuchsbericht habe sich der Mitarbeiter von B dahin gehend eingelassen, dass 80 % aller Einfuhren von „wines“ (gemeint ist: „wires“, also Draht, dem Rohmaterial für die Herstellung von Verbindungselementen) nach Thailand über B abgewickelt würden. Diese Aussage kann keinesfalls als Indiz dafür verstanden werden, dass auch A Draht aus China eingeführt hat. Unmissverständlich wird dort nämlich festgehalten, dass A seit Februar 2009 Verbindungselemente chinesischen Ursprung über das B importiert habe. Der Hinweis auf die Draht-Einfuhren erfolgte nur zur Erklärung, warum die Einfuhren von Verbindungselementen nicht aufgefallen seien.

53

Der Senat hält es nicht für erforderlich, dass die OLAF übersandten Ein- und Ausfuhrdaten des DFT vorgelegt werden. Diese Daten sind in die oben erwähnten Tabellen eingeflossen. Für die Notwendigkeit einer separaten Vorlage der Rohdaten sieht der Senat keine Anhaltspunkte. Nichts spricht für eine Manipulation dieser Daten durch OLAF oder das Zollkriminalamt (ZKA), das die Daten an die zuständigen Hauptzollämter weitergeleitet hat.

54

Letzte Zweifel am chinesischen Ursprung der Waren werden beseitigt durch die mit Schreiben des DTF vom 14. Mai 2014 übermittelten Ein- und Ausfuhrdaten, die – anders als die im April 2013 übermittelten Daten – auch die Nummern der bei der Einfuhr aus China nach Thailand und bei der Ausfuhr aus Thailand in die EU vorgelegten Handelsrechnungen enthalten. Für alle hier in Rede stehenden Einfuhren in die EU sind diese Rechnungsnummern identisch. Für den Senat ist keine andere Erklärung für diese Übereinstimmung denkbar, als dass A die aus der VR China eingekauften Verbindungselemente genau in der Warenzusammenstellung, wie sie aus der VR China importiert worden sind, in die EU ausgeführt hat.

Die exemplarisch von B an OLAF im August 2013 (…) und im Oktober 2013 (…) überreichten insgesamt sieben Sätze von Warenbegleitdokumenten über sieben Lieferungen von Verbindungselementen, die A an andere Unternehmen als die Klägerin in der EU verkauft hat, bestätigen dieses Vorgehen. Nicht nur die Rechnungsnummern, sondern auch die in den jeweiligen Rechnungen aufgeführten Waren und Warenmengen stimmen überein. Ebenso wurde die Formatierung der chinesischen Eingangsrechnungen in die wenige Wochen später erstellten Ausgangsrechnungen übernommen. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Rechnungen:

Rechnung A

Rechnung chin. Lieferant

Nummer

Datum 

Nummer

Datum 

XXX-1 

08.07.2013

XXX-1 

31.07.2013

XXX-2 

09.06.2013

XXX-2 

02.07.2013

XXX-3 

04.07.2013

XXX-3 

25.07.2013

XXX-4 

08.07.2013

XXX-4 

01.08.2013

XXX-5 

01.07.2013

XXX-5 

25.07.2013

XXX-6 

15.07.2013

XXX-6 

01.08.2013

XXX-7/2

09.06.2013

XXX-7 

02.07.2013

55

In Anbetracht dieser Fülle an Indizien, die für eine Herkunft der in Rede stehenden Verbindungselemente in der VR China sprechen, ist es für die Überzeugungsbildung des Senats unerheblich, dass B die angekündigten Kopien der Warenbegleitpapiere für die in Rede stehenden Sendungen tatsächlich nie an OLAF übermittelt hat.

56

Es gibt darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür, dass die in die EU eingeführten Verbindungselemente in Thailand ursprungsbegründend bearbeitet oder gar hergestellt worden sein könnten. Dies ergibt sich aus Folgendem:

57

Die hier in Rede stehenden Container wurden allesamt über B ein- und wieder ausgeführt. Der Betreiber des Lagerhauses hat angegeben, dass dort keine weitere Bearbeitung der Waren stattgefunden habe und auch nicht hätte stattfinden dürfen, sondern die Waren nur in neue Container verpackt worden seien. Da die hier in Rede stehenden Einfuhren über das B abgewickelt wurden, wird die Überzeugung des Senats nicht von den Feststellungen des ZKA infrage gestellt, dass es bei seinem Besuch bei A im Mai 2011 keine Unregelmäßigkeiten festgestellt habe (zitiert im Bericht über die Vor-Untersuchungsmission vom Februar/März 2013, …).

58

Auch bei A wurde die Ware nicht hergestellt. Zwar stellt das Unternehmen selbst Verbindungselemente her. Die Vertreterin von A hat jedoch beim Besuch von OLAF im Oktober 2013 erklärt, dass die Ware, die A selbst herstelle, nicht in die EU exportiert werde. Ohne nähere Angaben zu machen, führte sie aus, dass die nach Europa ausgeführten Verbindungselemente auf dem lokalen Markt beschafft würden. Die hierzu in Widerspruch stehende undatierte Erklärung von A (…) „all orders from A were produced in Thailand“ hat keinen Beweiswert. Sie ist nicht unterschrieben und derart pauschal, dass sie nicht konkreten Lieferungen zugeordnet werden kann. Vor diesem Hintergrund muss der von der Klägerin benannte Zeuge D nicht gehört werden. Das Beweisangebot ist nicht hinreichend konkret. Es ist nicht nachvollziehbar, was eine „nachhaltige“ Produktion sein soll. Selbst wenn man als wahr unterstellen würde, dass es eine derartige Produktion gegeben haben sollte, wäre die Überzeugung des Senats, dass die hier in Rede stehenden Waren nicht dort produziert worden sind, sondern aus China stammen, nicht erschüttert.

59

Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Möglichkeit, dass – entgegen der Deklaration der Ware – tatsächlich Halbfertigerzeugnisse eingeführt worden sein könnten, die in Thailand zu fertigen Schrauben verarbeitet worden sein könnten, hält der Senat für fernliegend. Es ist schon nicht dargelegt, dass es überhaupt möglich gewesen wäre, die gehandelten Mengen innerhalb der teilweise sehr kurzen Aufenthaltsdauer in Thailand von nur zwei bis sieben Tagen mit einem Gewinde zu versehen, zu vergüten und zu verzinken. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, in welchen konkreten Fabriken dies durchgeführt worden sein soll.

60

Schließlich erschüttern auch die den Einfuhrzollanmeldungen beigefügten präferentiellen Ursprungszeugnisse aus Thailand, die hinsichtlich des für die Erhebung des Antidumpingzolls maßgeblichen nichtpräferentiellen Ursprungs nur Indizwirkung haben (FG Düsseldorf, Urteil vom 11. Juni 2014, 4 K 1226/13 Z, juris, Rn. 55), nicht die Überzeugung des Senats vom chinesischen Ursprung der Waren. Die Indizwirkung der Ursprungszeugnisse wird schon dadurch aufgehoben, dass nach dem Gemeinsamen Protokoll von OLAF und den thailändischen Behörden vom 14. August 2014 über die tatsächlichen Feststellungen (Anhang 6 des Abschlussberichts, …) bestätigt wurde, dass es sich bei den Waren, die Gegenstand der Untersuchung sind, um Umfuhren handelt. Im Übrigen ist aus den oben dargestellten Gründen der Ursprung der Verbindungselemente in der VR China belegt.

61

Anders als die Klägerin meint, finden sich alle in den Nacherhebungsbescheiden genannten Bezugsvorgänge (NEE-Vorgang) in der ursprünglichen Masterliste wieder. Dies ergibt sich aus Folgendem: Soweit in den Nacherhebungsbescheiden auf Einzelzollanmeldungen (AT/C-Nummern) Bezug genommen wird, sind sämtliche AT/C-Nummern in der Masterliste vermerkt (NEE-Vorgänge … des Bescheids vom 17. April 2014; NEE-Vorgänge … des Bescheids vom 3. Juni 2014). Soweit in den Nacherhebungsbescheiden auf frühere Nacherhebungsvorgänge (AT/S-Nummern) Bezug genommen wird (NEE-Vorgänge … des Bescheids vom 17. April 2014; NEE-Vorgänge … des Bescheids vom 3. Juni 2014), lässt sich die Verknüpfung zu den in der Masterliste genannten ursprünglichen Einzelzollanmeldungen über die vier Nacherhebungsbescheide, die der Beklagte mit Schriftsatz vom 10. August 2016 übermittelt hat, herstellen. In diesen Bescheiden, die die AT/S-Nummern tragen, die in den hier streitgegenständlichen Bescheiden genannt sind, werden in den dortigen Bezugsvorgängen die AT/C-Nummern genannt, die in der Masterliste enthalten sind.

62

c) Die Verbindungselemente wurden unter den Unterpositionen 7318 1569 98, 7318 1589 19, 7318 1589 79, 7318 1589 98, 7318 1590 und 7318 1630 79 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif vom 23. Juli 1987 (ABl. L 256, 1; Kombinierte Nomenklatur – KN) eingeführt. Bis auf die Unterposition 7318 1630 79 KN sind alle Unterpositionen von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 erfasst. Auf die Waren der nicht in der Verordnung genannten Unterposition wurde kein Antidumpingzoll erhoben.

63

d) Der Zollsatz betrug bei den Einfuhren von April bis Dezember 2011 und September 2012 die festgesetzten 85 % des Netto-Importpreises. Der Antidumpingzollsatz wurde erst durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 924/2012 vom 4. Oktober 2012 (ABl. L 275, 1 vom 10. Oktober 2012) mit Wirkung vom 11. Oktober 2012 (Art. 2 dieser Verordnung) herabgesetzt. Da der Hersteller der Verbindungselemente unbekannt ist, kann kein individueller Zollsatz zur Anwendung kommen.

64

2. Die Klägerin kann keinen Vertrauensschutz gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK beanspruchen. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin ist bereits deshalb nicht gegeben, weil kein sog. aktiver Irrtum, wie Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK ihn verlangt, vorliegt. Aktiver Irrtum bedeutet, dass die Zollbehörde den Irrtum aktiv begehen muss und ihm nicht lediglich unterliegen darf, etwa weil sie ungeprüft die Angaben in der Zollanmeldung übernommen hat. Vielmehr muss der Irrtum auf ein Handeln der Zollbehörde zurückzuführen sein (BFH, Beschluss vom 28. November 2005, VII B 116/05, juris, Rn. 7). Einen in diesem Sinne beachtlichen Irrtum der beteiligten Behörden hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Der Beklagte hat die Zollanmeldungen vielmehr ohne inhaltliche Prüfung angenommen. Sofern die Ursprungszeugnisse nachgereicht wurden, wurden die gezahlten Drittlandszölle erstattet.

65

3. Die Erhebung der Antidumpingzölle ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 gegen höherrangiges Recht verstößt. Sie verstößt weder gegen höherrangiges Unionsrecht noch kann die Klägerin einen Verstoß gegen WTO-Recht rügen.

66

a) Die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 verstößt nicht gegen die hier anwendbare Antidumping-Grundverordnung – die Verordnung (EG) Nr. 1225/2009. Zwar hat der EuGH mit Urteil vom 5. April 2017 (C-376/15 P und C-377/15 P) die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 924/2012, mit der die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 geändert wurde, im Hinblick auf die beiden klagenden Hersteller für nichtig erklärt. Diese Entscheidung ist jedoch auf den vorliegenden Fall, in dem die Antidumpingzölle noch auf die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 gestützt wurden, nicht übertragbar. Der EuGH hat die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 924/2012 für nichtig erklärt, weil bei dem Vergleich zwischen Ausfuhrpreis und Normalwert nicht alle Ausfuhrgeschäfte der ausführenden chinesischen Hersteller berücksichtigt wurden, sondern nur solche, bei denen ein vergleichbarer Typ von dem im Vergleichsland Indien ansässigen Hersteller hergestellt und verkauft wurde (109. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 924/2012). Der EuGH sah in der Nichtberücksichtigung der übrigen Ausfuhrpreise einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 11 Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 (EuGH, Urteil Rn. 75). Die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 leidet nicht an demselben Fehler. Bei der Untersuchung wurde zwar auch Indien als Vergleichsland gewählt. Bei der Berechnung der Dumpingspannen wurde jedoch „der gewogene durchschnittliche Normalwert, der für den uneingeschränkt mitarbeitenden indischen Hersteller ermittelt wurde, mit dem gewogenen durchschnittlichen Preis der einzelnen Unternehmen bei der Ausfuhr in die Gemeinschaft verglichen“ (105., 108. und 110. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 91/2009). Dafür, dass bestimmte Ausfuhrpreise unberücksichtigt gelassen wurden, gibt es keine Anhaltspunkte.

67

b) Die Klägerin kann sich nicht auf die Völkerrechtswidrigkeit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 berufen. Zwar verstößt die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 gegen WTO Recht (10. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung (EU) 2016/278 vom 26. Februar 2016, ABl. L 52, 24). Die Klägerin kann sich auf diese Verstöße jedoch nicht berufen. Dies ergibt sich aus der jüngsten Rechtsprechung des EuGH zur Durchführungsverordnung (EU) 2016/278, mit der die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 aufgehoben wurde.

68

Mit Urteil vom 18. Oktober 2018 (C-207/17, Rotho Blaas Srl) hat der EuGH festgestellt, dass die Verordnung (EG) Nr. 91/2009, die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 924/2012 und die Durchführungsverordnung (EU) 2015/519 nicht ungültig seien. Eine Prüfung anhand des WTO-Rechts komme nicht in Betracht, da sich der einzelne grundsätzlich nicht auf das WTO-Recht berufen könne. Die Voraussetzungen einer der beiden Ausnahmen lägen nicht vor. Die Verordnung (EG) Nr. 91/2009 verweise weder ausdrücklich „auf bestimmte Vorschriften des Art. VI des GATT 1994“ noch lasse sie erkennen, dass der Rat bei Erlass dieser Verordnung eine besondere Verpflichtung des WTO-Rechts habe umsetzen wollen. Dasselbe gelte für die Durchführungsverordnungen Nr. 924/2012 und 2015/519 (Rn. 52 des Urteils). Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 924/2012 nehme zwar Bezug auf eine WTO-Entscheidung, doch sei ihr ebenfalls nicht zu entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber genau diesen Schlussfolgerungen habe entsprechen wollen (Rn. 54 des Urteils).

69

Im Urteil vom 15. November 2018 (C-592/17, Baby Dan A/S) konnte der EuGH ebenfalls nichts erkennen, was die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 infrage stellen würde. Eine Berufung auf das WTO-Recht sei ausgeschlossen, da keine Ausnahme vorläge (Rn. 68 ff. des Urteils). Wie sich aus der Durchführungsverordnung (EU) 2016/278 ergebe, sei die Erstattung der aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 gezahlten Antidumpingzölle nicht möglich und die Aufhebung solle nur für die Zukunft gelten (Rn. 71 des Urteils). Daher sei dieser Verordnung nicht zu entnehmen, dass die EU auch für die Vergangenheit eine WTO-Verpflichtung habe erfüllen wollen.
Angesichts dieser Rechtsprechung hält es der Senat nicht für angezeigt, den EuGH abermals mit der Frage zu befassen, ob sich ein Importeur auf die WTO-Rechtswidrigkeit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 berufen kann.

II.

70

Der Drittlandszoll in Höhe von insgesamt … € wurde ebenfalls zu Recht erhoben.
Ermächtigungsgrundlage für die Nacherhebung ist Art. 220 Abs. 1 S. 1 ZK. Danach hat die buchmäßige Erfassung einer Zollschuld zu erfolgen, die nicht buchmäßig erfasst worden ist. Bisher nicht buchmäßig erfasst wurde der Drittlandszoll (dazu 1.). Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen (dazu 2.).

71

1. Bei der Einfuhr der hier in Rede stehenden Verbindungselemente ist eine Einfuhrzollschuld gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a ZK mit einem Zollsatz von 3,7 % entstanden, die bisher nicht festgesetzt worden ist.
Dieser Zollsatz ist der Drittlandszollsatz für Waren der Position 7318 KN in den in den Einfuhrjahren 2011 und 2012 geltenden Fassungen der Verordnung (EU) Nr. 861/2010 vom 5. Oktober 2010 (ABl. 284, 1) und der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 vom 27. September 2011 (ABl. L 282, 1).
Der ursprünglich festgesetzte Präferenzzollsatz nach dem Schema allgemeiner Zollpräferenzen für die aus Thailand eingeführten Waren von 0 % gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. a, Art. 2 Buchst. c i.V.m. Anhang I (Thailand), Art. 6 Abs. 1, Anhang II (Kapitel 73) der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 vom 22. Juli 2008 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum ab 1. Januar 2009 (ABl. L 211, 1) in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 512/2011 vom 11. Mai 2011 (ABl. L 145, 28) ist nicht anzuwenden.

72

Die genannte Zollpräferenz gilt nur für thailändische Ursprungswaren. Der Ursprung bemisst sich gemäß Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 732/2008 nach den allgemeinen Ursprungsregeln der Art. 66 ff. Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 253, 1; ZK-DVO) in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1063/2010 vom 18. November 2010 (ABl. L 307, 1). Danach müssten die hier eingeführten Verbindungselemente entweder vollständig in Thailand hergestellt oder ausreichend be- oder verarbeitet worden sein (Art. 72 ZKDVO). Die Darlegungslast für den präferentiellen Ursprung trägt der Einführer (FG Düsseldorf, Urteil vom 23. Dezember 2015, 4 K 514/14 Z, juris, Rn. 15).

73

Wie oben dargelegt (I.1.b), ist der Senat davon überzeugt, dass die eingeführten Verbindungselemente ihren Ursprung in der VR China haben. Daher können sie nicht gleichzeitig thailändischen Ursprungs sein. Der Umstand, dass die thailändischen Ursprungszeugnisse nicht widerrufen worden sind, ändert hieran nichts. Die Zollbehörden sind nämlich an Ursprungszeugnisse nicht gebunden, wenn sie – wie auch hier – weiterhin Zweifel am tatsächlichen Ursprung der Waren haben (EuGH, Urteil vom 8. November 2012, C-438/11, Lagura Vermögensverwaltung, Rn. 36).

74

2. Die Klägerin kann keinen Vertrauensschutz beanspruchen. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vernünftigerweise vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle Bestimmungen über die Zollerklärung eingehalten hat.

75

Dieser Vertrauensschutztatbestand wird hinsichtlich des präferentiellen Ursprungs ergänzt um die Unterabs. 2-5 von Art. 220 Abs. 2 ZK. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 2 ZK gilt bei der Ermittlung des Präferenzstatus einer Ware im Rahmen eines Systems der administrativen Zusammenarbeit unter Beteiligung einer Behörde eines Drittlands die Ausstellung einer Präferenzbescheinigung durch diese Behörde, falls sich die Bescheinigung später als unrichtig erweist, als ein Irrtum, der vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 3 ZK stellt die Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung jedoch grundsätzlich keinen Irrtum dar, wenn die Bescheinigung auf einer unrichtigen Darstellung der Fakten durch den Ausführer beruht. Auch wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Ausführer nachlässig gehandelt hat, trägt der Einführer die Beweislast dafür, dass die Ausstellung des Ursprungszeugnisses auf einer richtigen Darstellung der Fakten durch den Ausführer beruht, sofern die Präferenzbehandlung – wie auch hier im Wege des Allgemeinen Präferenzsystems – durch einen einseitigen Akt der EU eingeführt worden ist (EuGH, Urteil vom 8. November, Lagura Vermögensverwaltung, C-438/11, Rn. 38; s. a. Urteil vom 9. März 2006, Beemsterboer, C-293/04, Rn. 42; FG Düsseldorf, Urteil vom 11. Juni 2014, 4 K 1226/13 Z, juris, Rn. 98; Urteil vom 23. Dezember 2015, 4 K 514/14 Z, juris, Rn. 18; FG Hamburg, Urteil vom 24. Juli 2017, 4 K 162/15, juris, Rn. 58). Eine Rückausnahme gilt nur dann, wenn offensichtlich ist, dass die ausstellenden Behörden wussten oder hätten wissen müssen, dass die Waren die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nicht erfüllten. Das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Rückausnahme muss die Klägerin beweisen (EuGH, Urteil vom 9. März 2006, Beemsterboer, C-293/04, Rn. 45; FG Hamburg, Urteil vom 24. Juli 2017, 4 K 162/15, juris, Rn. 58; FG Düsseldorf, Urteil vom 11. Juni 2014, juris, Rn. 98 m.w.N.).

76

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass ein Irrtum einer Zollbehörde vorliegt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die ausstellende Behörde hätte wissen müssen, dass die Waren die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nicht erfüllten. Im Gegenteil: Im Abschlussbericht der Untersuchung (S. 12) ist ausdrücklich festgehalten, dass die für A ausgestellten Ursprungszeugnisse zwar echt seien. Sie seien jedoch infolge falscher Angaben der Ausführer im guten Glauben ausgestellt worden. Die thailändischen Behörden hätten nicht gewusst, dass die Waren das Ursprungskriterium nicht erfüllten und hätten dies auch nicht wissen können.

C.

77

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 136 Abs. 2, 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

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