Urteil vom Finanzgericht Hamburg (6. Senat) - 6 K 131/20

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater.

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Der am ... geborene Kläger wurde am ... als Steuerberater (damals von dem Finanzministerium in A) bestellt.

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Der Kläger kommt seinen Erklärungs-, und Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Finanzämtern Hamburg-1 (Sitz des Steuerberaterbüros) und B (private Wohnanschrift des Klägers und seiner Ehefrau) in eigenen Angelegenheiten nicht bzw. nur in ungenügender Weise nach. Für die Jahre 2011, 2012, 2014 und 2016 liegen beim Finanzamt Hamburg-1 keine Erklärungen vor. Die Erklärungen für 2013 und 2015 gingen dort erst nach Schätzungen ein. Die Steuererklärungen für 2017, 2018 und 2019 reichte der Kläger im Januar 2020 ein. Seit 2015 befindet er sich wiederkehrend in Vollstreckung bei den beiden zuständigen Finanzämtern. Im August 2018 wurde die Beklagte von der Finanzbehörde Hamburg darüber informiert, dass der Kläger Steuerschulden von insgesamt ... € hatte und seit 2015 Vollstreckungsmaßnahmen vollzogen wurden. Nach einer Mitteilung des Finanzamts B vom 21. September 2018 hatte der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau Steuerschulden in Höhe von ... €. Ratenzahlungsvereinbarungen hielt er nicht ein. Einer Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft vom 24. April 2018 folgte der Kläger nicht. Zu dem anschließend anberaumten Termin am 11. Juni 2018 erschien der Kläger nicht.

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Die Beklagte gewährte dem Kläger u.a. durch Schreiben vom 26. September 2018 rechtliches Gehör zu dem beabsichtigten Widerruf seiner Steuerberaterzulassung. Anschließend erhielt der Kläger mehrfach die Gelegenheit sich zu äußern und den Nachweis zu erbringen, dass tatsächlich kein Vermögensverfall besteht. Am ... 2020 beschloss der Kammervorstand der Beklagten einstimmig den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater.

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Durch Bescheid ... 2020 wurde die Bestellung des Klägers zum Steuerberater wegen Vermögensverfalls widerrufen. Die Beklagte führte zur Begründung insbesondere an, dass der Kläger bereits seit Jahren Steuerschulden habe und sich seit 2015 in Vollstreckung befinde. Seine mehrfachen Versprechungen die Schulden zu begleichen, habe er nicht eingehalten. Vollstreckungsversuche der Finanzämter seien erfolglos gewesen. Die Steuerschulden beim Finanzamt B seien inzwischen auf ... € gestiegen und beliefen sich beim Finanzamt Hamburg-1 immer noch auf ... €. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Widerrufsbescheid vom ... 2020 verwiesen. Der Bescheid wurde am ... 2020 durch Postzustellungsurkunde zugestellt.

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Der Kläger hat am 24. Juli 2020 Klage erhoben und am 17. November 2020 erstmalig begründet. Mandanteninteressen seien nicht gefährdet. Zur Abmilderung der Mandantengefährdung habe er auf Treuhandgeschäfte seit der Corona-Pandemie verzichtet. Die Zahlungsrückstände seien hauptsächlich durch die Erkrankung seiner Ehefrau entstanden, welche auch viel seiner Zeit in Anspruch genommen habe. Trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie werde er seine Steuerschulden bis Januar 2021 begleichen. Die Verzögerung der Bezahlung seiner Steuerverbindlichkeiten hänge mit der Corona-Pandemie zusammen.

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Am 16. April 2021 teilte der Kläger mit, dass er begonnen habe, seine Steuerschulden trotz der Pandemie gegenüber den Finanzämtern zu bezahlen. Seine Ankündigung, die Steuerschulden bis Ende Januar 2021 zu begleichen, habe er nicht einhalten können, da viele seiner Mandanten wegen der Pandemie nur zögerlich zahlten.

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Mit Schriftsätzen vom 16. April 2021 und 19. April 2021 wies der Kläger auf die Gefahr von Ansteckungen im Gericht hin und bat um Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Schreiben Bezug genommen.

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Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom ... 2020 über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte verweist zur Begründung auf die im Widerrufsbescheid enthaltenen Gründe. Die Bestellung habe zwingend widerrufen werden müssen. Der Widerrufsbescheid sei auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtmäßig. Der Vortrag des Klägers begründe keinen Anspruch auf Wiederbestellung.

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Dem Kläger wurde am 22. Oktober 2020 eine Ausschlussfrist bis zum 17. November 2020 gesetzt, insbesondere um alle Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren eine Beschwer empfunden wird. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die richterliche Verfügung vom 22. Oktober 2020 verwiesen.

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Der für den 3. März 2021 angesetzte Erörterungstermin wurde am 12. Februar 2021 wegen der Verlängerung des "lockdowns" abgesetzt. Der Kläger wurde gebeten die Höhe seiner aktuellen Steuerschulden mitzuteilen. Außerdem wurde dem Kläger mitgeteilt, dass für April oder Mai 2021 die mündliche Verhandlung geplant sei.

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Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss des Senats vom 12. Februar 2021 der Einzelrichterin übertragen.

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Am 4. März 2021 wurden die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am 20. April 2021 geladen.

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Ebenfalls am 4. März 2021 wurde dem Kläger eine weitere Ausschlussfrist bis zum 15. April 2021 gesetzt, um die Tatsachen und Beweismittel zu seinen Behauptungen anzugeben, er habe keine Steuerschulden, weil diese bis Ende Januar getilgt worden seien und die Mandanteninteressen seien nicht gefährdet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die richterliche Verfügung vom 4. März 2021 verwiesen.

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Der Kläger hat auf die Ausschlussfrist vom 4. März 2021 nicht reagiert.

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Nach einer Mitteilung des Finanzamts Hamburg-1 vom 22. März 2021 beliefen sich die Steuerrückstände auf ... €. Außerdem teilte das Finanzamt Hamburg-1 mit, dass seit Juli 2020 keine Zahlungen erfolgt seien und die vom Kläger für die Jahre 2017, 2018 am 14. Januar 2020 und für 2019 am 20. Januar 2020 eingegangenen Steuererklärungen erklärungsgemäß veranlagt worden seien. Aus der eingereichten Rückstandsübersicht ergibt sich, dass insbesondere die Umsatzsteuern für die Monate Juli, September, Oktober und Dezember 2020 und Januar und Februar 2021 nicht bzw. nicht vollständig bezahlt worden sind.

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Das Finanzamt B teilte am 14. April 2021 mit, dass der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau Abgabenrückstände in Höhe von ... € habe. Rückstände seien seit 2019 nicht freiwillig beglichen worden und Tilgungen erfolgten nur aus den bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Pfändungen. Nach der vom Finanzamt B übersandten Übersicht sind auch in 2020 und 2021 neue Steuerrückstände entstanden, insbesondere wurden die Einkommensteuervorauszahlungen für das 2. Quartal 2020 und für das 1. Quartal 2021 nicht gezahlt.

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Auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2020 wird Bezug genommen. Dem Gericht hat die Sachakte der Beklagten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die Sache war entscheidungsreif. Der auf die Pandemiesituation gestützte Terminverlegungsantrag des Klägers vom 16. April 2021 wurde vom Gericht am 19. April 2021 mit dem Hinweis auf die Möglichkeit des Verzichts auf eine mündliche Verhandlung abgelehnt. Auf das Schreiben des Klägers vom 19. April 2021 mit dem dieser erneut auf Ansteckungsmöglichkeiten hinwies und deshalb um die Verlegung des Termins bat, wurde dem Kläger angeboten, eine Videokonferenz durchzuführen, damit er nicht persönlich zum Termin erscheinen müsse und ihm mitgeteilt, dass er sich dann umgehend melden solle, wenn er dies wünsche. Der Kläger hat sich am Tag der mündlichen Verhandlung nicht gemeldet. Der Termin wurde nicht abgesetzt. Der Kläger ist zum Termin nicht erschienen, obwohl der Termin nicht aufgehoben wurde. Er wurde ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Nichterscheinens hingewiesen (§ 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

I.

22

Die zulässige Klage ist unbegründet.

23

Ein Vorverfahren war gemäß § 164a des Steuerberatergesetzes (StBerG), § 348 Nr. 4 der Abgabenordnung (AO) nicht erforderlich.

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Der angefochtene Bescheid vom ... 2020 über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der auf § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG gestützte Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig.

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1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere war die Beklagte zuständig und das notwendige Anhörungsverfahren ist eingehalten worden.

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Die Beklagte war örtlich zuständig. Gemäß § 46 Abs. 4 Satz 2 StBerG richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der beruflichen Niederlassung zum Zeitpunkt des Widerrufs. Im Zeitpunkt des Widerrufs der Bestellung mit Bescheid ... 2020 befand sich die berufliche Niederlassung des Klägers in Hamburg.

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Gemäß § 46 Abs. 4 Satz 5 StBerG ist der Betroffene vor dem Widerruf zu hören. Dies ist geschehen. Seit 2018 wurde dem Kläger mehrfach von der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt zu der Frage des Vermögensverfalls Stellung zu nehmen.

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2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

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Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung zu widerrufen, wenn der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten eröffnet oder der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO); § 882b der Zivilprozessordnung (ZPO)) eingetragen ist.

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Im finanzgerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren gegen den Widerrufsbescheid ist zum einen zu prüfen, ob dieser nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung rechtmäßig ergangen ist. Zum anderen muss das Gericht aber auch eine im Zeitpunkt seiner Entscheidung bestehende veränderte Sachlage berücksichtigen, wenn sich aus dieser eine Rechtspflicht zur sofortigen Wiederbestellung ergibt. Denn die Aufrechterhaltung einer Widerrufsverfügung durch die beklagte Behörde würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sie den Widerruf noch in einem Zeitpunkt verteidigte, in dem sie einem Antrag auf Wiederbestellung stattgeben müsste (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 1995 VII R 63/94, BStBl II 1995, 909).

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Die in § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG genannten Voraussetzungen für den Widerruf liegen vor. Der Kläger ist in Vermögensverfall geraten und hat nicht dargelegt, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet wären. Schließlich ist keine Änderung der Verhältnisse erkennbar, die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eine Wiederbestellung rechtfertigen würden.

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a) Der Kläger ist im Sinne von § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG in Vermögensverfall geraten.

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Zwar greift keine Vermutung ein, denn es befanden sich zum Zeitpunkt des Widerrufs durch die Beklagte weder Eintragungen im Schuldnerverzeichnis, noch wurde über das Vermögen des Klägers ein Insolvenzverfahren eröffnet. Trotzdem befindet sich der Kläger im Vermögensverfall, denn der Kläger hatte zum Zeitpunkt des Widerrufs bei zwei Finanzämtern erhebliche Steuerschulden. Seit 2015 befand er sich wiederkehrend in Vollstreckung; durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen waren überwiegend erfolglos. Der Kläger hielt sich weder an Ratenzahlungsvereinbarungen, noch erschien er zum Termin einer Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Mehrere Zusagen, die Steuerschulden zu begleichen, hielt er nicht ein.

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b) Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass durch den Vermögensverfall die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet wären.

35

Bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung zwingend vor, es sei denn, die Interessen der Auftraggeber sind dadurch nicht gefährdet. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind, und gestattet nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung; aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass der betroffene Steuerberater die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand trägt. Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. Juni 2015 VII B 181/14, BFH/NV 2015, 1440; vom 18. November 2008 VII B 119/08, BFH/NV 2009, 614).

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Eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen ist anzunehmen, wenn der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält, denn in diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Steuerberater unter dem Druck seiner Vermögenslosigkeit auch Mandanteninteressen unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung von Auftraggeberinteressen auszugehen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 2009 VII B 169/08, BFH/NV 2009, 972; und vom 4. Dezember 2007 VII R 64/06, BStBl II 2008, 401).

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Insoweit hat der Kläger nichts vorgetragen, was die Gefährdung von Auftraggeberinteressen ausschließen könnte. Die Behauptung des Klägers seine Steuerschulden seien erst durch die Pandemie entstanden, überzeugt nicht, da er bereits seit 2011 seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht vollständig nachgekommen ist und er sich bereits seit 2015 wiederkehrend in Vollstreckung befindet. Auch sein Vortrag, die Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Situation sei durch die Krankheit seiner Ehefrau entstanden, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die Ehefrau bereits mindestens seit 2018 erkrankt ist und der Kläger verpflichtet gewesen wäre, in der Zwischenzeit eine Lösung zu finden.

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Aus diesem Grund kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger sich auch seinen Auftraggebern gegenüber pflichtwidrig verhält. Denn ebenso, wie er steuerrechtliche Vorschriften missachtet hat, könnte der Kläger auch Absprachen mit seinen Auftraggebern unbeachtet lassen, wenn er sich dazu durch seine infolge des Vermögensverfalls schlechten finanziellen Verhältnisse gezwungen sieht (vgl. BFH, Beschluss vom 11. Oktober 1994, VII B 129/94, BFH/NV 1995, 441; Urteil vom 4. April 2000 VII R 24/99, BFH/NV 2000, 1141; FG Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2020 6 K 232/19, EFG 2020, 801). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der eingetretene Vermögensverfall Auswirkungen auf die Unabhängigkeit des Klägers bei der Ausübung seines Berufs haben kann, zu der er nach § 57 Abs. 1 StBerG auch im Interesse seiner Auftraggeber verpflichtet ist. Eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des Klägers besteht im Streitfall auf Grund der erheblichen eigenen Steuerschulden. Dadurch wird der Handlungsrahmen, den der Kläger als Steuerberater seiner Auftraggeber gegenüber der Finanzverwaltung braucht, entscheidend eingeschränkt. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass er im eigenen Interesse gegenüber der Finanzverwaltung zurückhaltender auftritt und nicht alle Möglichkeiten wahrnimmt, die sonst im Interesse seiner Auftraggeber geboten wären. Auch deshalb bedeutet der Vermögensverfall des Klägers eine konkrete Gefahr für die Interessen der Auftraggeber, deren Bestehen er nicht widerlegt hat (vgl. BFH Beschluss vom 8. Februar 2000, VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992; FG Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2020 6 K 232/19, EFG 2020, 801).

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c) Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist eine Wiederbestellung als Steuerberater nicht gerechtfertigt.

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Die nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 bestehende Vermutung des Vermögensverfalls kann widerlegt werden, wenn der Steuerberater, den insoweit die Darlegungslast trifft, durch die genaue Angabe von Tatsachen substantiiert darlegt und beweist, dass im Einzelfall kein Vermögensverfall gegeben ist. Insoweit muss zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich die Vermögensverhältnisse des Steuerberaters nachhaltig gebessert haben und er in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Die Darlegungslast liegt insoweit beim Kläger. Der Steuerberater hat hierfür seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie alle gegen ihn erhobenen Forderungen umfassend, belegmäßig und nachvollziehbar offenzulegen und anzugeben, ob und welche Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen worden sind, die erwarten lassen, dass die Schulden in geordneter Weise und in absehbarer Zeit beglichen werden können. Im Fall belegmäßig nachgewiesener Vermögenswerte des Steuerberaters, deren Verkehrswert zum Ausgleich der Verbindlichkeiten ausreicht, bedarf es darüber hinaus der Feststellung, ob diese tatsächlich zur Schuldentilgung eingesetzt werden können und sollen (zum Ganzen: BFH-Beschluss vom 22. August 2017, VII B 23/17 BFH/NV 2017, 1633).

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Nach diesen Grundsätzen ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eine Wiederbestellung des Klägers nicht gerechtfertigt. Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass er wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt oder, dass die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet wären.

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Der Kläger hat keine Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht. Soweit er in seinem Schriftsatz vom 19. April 2021 behauptet hat, dass er seine Steuerschulden nunmehr tilgen würde, hat er diese Aussage nicht substantiiert, sie wurden auch von den beiden Finanzämtern und den von diesen vorgelegten Unterlagen nicht bestätigt. Auf die zweite Ausschlussfrist vom 4. März 2021 hat er nicht reagiert. Das Gericht kann nicht feststellen, dass der Kläger wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.

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Vielmehr begründen die aktuellen Aufstellungen der Finanzämter Hamburg-1 und B erhebliche Zweifel an der Besserung der Vermögensverhältnisse. Dies gilt insbesondere, weil beiden Aufstellungen zu entnehmen ist, dass auch nach Bekanntgabe des hier streitigen Widerrufsbescheides noch zusätzliche Steuerschulden bei beiden Finanzämtern entstanden sind.

44

Der Kläger hat schließlich nicht nachgewiesen, dass durch den Vermögensverfall die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet wären. Wie oben ausgeführt, ergibt sich eine potenzielle Gefährdung der Interessen seiner Auftraggeber aus dem Vermögensverfall des Klägers. Der Kläger hat nichts Substantiiertes vorgetragen, was dies widerlegen könnte. Er hat lediglich behauptet, auf Treuhandgeschäfte seit der Corona-Pandemie verzichtet zu haben. Dies allein ist nicht ausreichend.

II.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

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