Urteil vom Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (3. Senat) - 3 K 272/13

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt … €.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Klägerin wegen Unangemessenheit der Geschäftsführergehälter.

2

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom xx. November 1998 errichtet und am xx. März 1999 ins Handelsregister beim Amtsgericht A eingetragen.

3

Die Klägerin engagiert sich seit 1998 in der …psychiatrischen Arbeit.

4

Die Klägerin erbringt in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche nach dem SGB. Dabei handelt es sich um Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen (SBG V), der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) und der Sozialhilfe (SGB XII). Die Leistungserbringung bei der Klägerin finanziert sich zu einem großen Teil über die Kranken- und Pflegekasse sowie aus Mitteln der Stadt A.

5

Die Klägerin war vom Beklagten wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und des Wohlfahrtwesens sowie der Förderung mildtätiger Zwecke als gemeinnützig anerkannt und berechtigt, für Spenden, die ihr zur Verwendung für diese Zwecke zugewendet wurden, Zuwendungsbestätigungen auszustellen.

6

Die Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin stellen sich wie folgt dar:

7

 Gründung 00.00.1998

                 
        

 DM    

 Prozent

 E     

 12.500,00

 25,00

 F     

 12.500,00

 25,00

 D     

 25.000,00

 50,00

                          

 Anteilsübertragung v. ...2002

 Euro

        

 E     

 12.800,00

 50,00

 D     

 12.800,00

 50,00

                          

 Anteilsübertragung v. ...2007

 Euro 

        

 C     

 12.800,00

 50,00

 D     

 12.800,00

 50,00

                          

 Kapitalerhöhung v. ...2007

                 

 C     

 97.800,00

 88,40

 D     

 12.800,00

 11,60

                          

 Kapitalerhöhung v. ...2008

                 

 C     

 97.800,00

 50,00

 D     

 97.800,00

 50,00

8

Geschäftsführer der Klägerin sei seit dem 01. Dezember 1998 B mit Einzelvertretungsbefugnis. Zum Aufgabenfeld des Geschäftsführers gehört u. a. die Leitung und Ausgestaltung neuer Projekte, die Verhandlung mit Kostenträgern sowie die psychiatrisch-sozialtherapeutische inhaltliche Arbeit. In der Zeit vom 01. Januar 2008 bis zum 01. April 2008 war neben B noch ein weiterer Geschäftsführer bestellt. Zudem hatte die Klägerin in den Streitjahren verschiedene Prokuristen.

9

In der Zeit zwischen 1999 und 2001 erhielt B folgende Geschäftsführergehälter:

        

1999   

136.085,00 DM

        

2000   

144.648,00 DM

        

2001   

211.914,00 DM

Das Gehalt des 2. Geschäftsführers entwickelte sich wie folgt:

        

1999   

 94.186,00 DM

        

2000   

100.909,00 DM

        

2001   

124.485,00 DM

10

B war bis 1998 im Vorstand des Fördervereins C, danach schied er aus dem Vorstand aus und wurde als besonderer Vertreter nach § 30 BGB bestellt. Seit 2002 ist er auch Geschäftsführer des Fördervereins D, des 50 %-igen Gesellschafters der Klägerin. Für diese Tätigkeit erhielt er dort im Zeitraum 2005 bis 2008 folgenden Jahresbruttolohn:

11

 Gehalt vom Förderverein D

        

 2005 

 2006 

 2007 

 2008 

 Jahresbruttolohn

 36.958,44

 35.418,45

 36.888,96

 0,00

12

Dem Vorstand des C gehörten im Prüfungszeitraum als Vorstandsvorsitzende FB, die Ehefrau von B sowie G und H an. Geschäftsführer war bis zum 07. März 2008 I und ab 07. März 2008 als Notgeschäftsführer B.

13

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung war der Geschäftsführer der Klägerin in den Jahren 2008 bis 2012 auch Geschäftsführer der mit der Klägerin verbundenen Unternehmen C, Förderverein D, J sowie K. Für seine Tätigkeit in diesen Vereinen bzw. Gesellschaften erhielt B kein Gehalt.

14

Die Einnahmen und der Gewinn der Klägerin entwickelten sich 2005 bis 2012 wie folgt:

15
        

 2005
Euro

 2006
Euro

 2007
Euro

 2008
Euro

 Gesamteinnahmen

 7.754.788,17

 8.091.716,74

 8.774.326,71

 13.444.353,62

 Prozentuale Steigerung

        

 4,34

 8,44

 53,22

 Einnahmen ohne C

                          

 9.552.083,82

 Prozentuale Steigerung ohne C

                          

 8,86

 Jahresüberschuss

 6.627,28

 33.161,89

 161.732,66

 488.650,61

16

 Jahr 

 2009
Euro

 2010
Euro

 2011
Euro

 2012
Euro

 Gesamteinnahmen

 13.929.580,00

 15.218.411,00

 16.016.987

 16.977.837

 Jahresüberschuss

 928.487,00

 783.264,11

 -829.297

 89.791

17

Die Mitarbeiterzahl der Klägerin stellte sich in den Jahren 2005 bis 2008 wie folgt dar:

18
        

 2005 

 2006 

 2007 

 2008 

        

 Euro 

 Euro 

 Euro 

 Euro 

 Geschäftsführer

 1

 1

 1

 2

 Prokuristen

 2

 2

 2

 2

 Kaufmännische Angestellte

        

        

 11

 11

 Angestellte

        

        

 174

 275

 Aushilfen, geringfügig Beschäftigte

        

        

 113

 132

 Mitarbeiter (ohne Klienten)

        

        

 188

 290

19

In der Zeit ab 2009 bis 2012 stieg das Fachpersonal von 292 auf 343 an. Bei den geringfügig Beschäftigten handelt es sich überwiegend um die sogenannten „Klienten“ der Klägerin.

20

Neben dem Geschäftsführer waren L, M sowie N als Prokuristen tätig. Weiterer leitender Angestellter war O. I war vom 01. Januar 2008 bis 14. April 2008 als Geschäftsführer im C tätig. Die Gehälter der Prokuristen haben sich im Vergleich zum Gehalt des Geschäftsführers wie folgt entwickelt:

21

 2005 

 Monatl.
Bruttogehalt

 Jahresbruttogehalt

 Steigerung zum Vorjahr

 B     

 11.350,92

 136.211,00

        

 I     

 0,00

 0,00

        

 L     

 7.072,33

 84.868,00

        

 N     

 7.304,00

 87.648,00

        

 O     

 7.328,58

 87.943,00

        

 2006 

                          

 B     

 11.057,75

 132.705,00

 -2,57

 I     

 0,00

 0,00

        

 L     

 7.087,42

 85.049,00

 0,21

 N     

 7.296,00

 87.552,00

 -0,11

 O     

 7.598,33

 91.180,00

 3,68

 2007 

                          

 B     

 11.445,67

 137.348,00

 3,50

 I     

 0,00

 0,00

        

 L     

 7.150,42

 85.805,00

 0,89

 N     

 7.313,08

 87.757,00

 0,23

 O     

 7.751,25

 93.015,00

 2,01

 2008 

                          

 B     

 15.707,83

 193.762,00

 41,07

 I     

 11.104,80

 55.524,00

        

 L     

 7.117,75

 85.413,00

 -0,46

 N     

 8.055,43

 56.388,00

 10,15

 M     

 7.415,00

 73.372,00

        

 O     

 9.098,92

 109.187,00

 17,39

22

Bereits für die Jahre 1999 bis 2001 fand im Jahr 2003 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin statt, in deren Rahmen auch die Angemessenheit der Geschäftsführergehälter untersucht wurde. In der Schlussbesprechung am 14. Januar 2005 äußerte der Beklagte seine Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes und machte die Klägerin darauf aufmerksam, dass ein Verstoß gegen eine Mittelfehlverwendung i. S. d.   § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO eine Versagung der Anerkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit nach sich ziehen würde. Letztlich verzichtete der Beklagte  aber auf eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit und beließ es bei dem Hinweis an die Klägerin, die Angemessenheit der Geschäftsführergehälter zukünftig sorgsam zu prüfen.

23

In der Zeit vom 23. Juni 2010 bis 24 Januar 2012 fand (mit Unterbrechungen) eine weitere Betriebsprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 bei der Klägerin statt. Erneut wurde die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts geprüft. B erhielt nunmehr folgende Gehälter (bei den nachfolgend aufgeführten Gehältern handelt es sich um die Gesamtbezüge, vgl. Tz. 22 BP-Bericht):

2005   

136.211,00 €

2006   

132.705,00 €

2007   

137.348,00 €

2008   

193.762,00 € (unter Berücksichtigung der Beiträge zu der für ihn abgeschlossenen Unterstützungskasse betrug sein Jahresgehalt für 2008 243.563,00 €).

2009   

266.899,11 €

2010   

283.234,57 €

2011   

346.576,42 €.

24

Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass die Bezüge des Geschäftsführers der Klägerin für einen Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft unangemessen hoch seien. Unter Zugrundelegung einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, in der ausschließlich Bezüge von Geschäftsführern gemeinnütziger Körperschaften in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin verglichen wurden (DPWV-Gutachten), ermittelte die Prüferin einen im oberen Quartil liegenden Ausgangswert von 100.000,00 €, der gekürzt um die beim Fremdvergleich gezahlte Vergütung – inklusive eines Sicherheitszuschlages i. H. v. 20 % für das Jahr 2005 Vergütungen i. H. v. 69.649,87 €, für das Jahr 2006 i. H. v. 71.497,86 € und für das Jahr 2007 i. H. v. 69.733,25 € ergab. Aufgrund des vergrößerten Aufgabenspektrums im Zusammenhang mit der Abspaltung mehrerer Zweckbetriebe (überwiegend Kindergärten) vom C auf die Klägerin und der damit verbundenen Umsatzsteigerung im Jahr 2008 hielt die BP eine Gehaltssteigerung für angemessen und kam danach auf einen Ausgangswert von 120.000,00 € für das Jahr 2008. Die angemessene Vergütung bestimmte die BP für das Jahr 2008 auf 138.000,00 €. Die Mittelfehlverwendung belief sich danach auf 78.169,44 € (2005), 76.629,45 € (2006), 79.236,96 € (2007) sowie 128.465,64 € (2008). In Relation zum Umsatz machte dies 0,87 % bis 1 % aus. Die Mittelfehlverwendung für das Jahr 2009 betrug 128.899,11 € und für das Jahr 2010 145.234,57 €.

25

Nach Auffassung der BP waren das von der Klägerin in Auftrag gegebene Gutachten sowie die BBE-Studie für die Beurteilung der Angemessenheit des Gehaltes eines Geschäftsführers nicht zu berücksichtigen.

26

Aufgrund der Feststellungen der BP erkannte der Beklagte der Klägerin den Status der Gemeinnützigkeit ab und erließ am 20. August 2012 bzw. am 23. August 2012 für die Jahre 2005 bis 2008 geänderte Bescheide. Für die Streitjahre 2009 und 2010 folgte der Beklagte den eingereichten Steuererklärungen nicht mehr und erließ am 22. Oktober 2012, 24. Oktober 2012 und 07. November 2012 die streitgegenständlichen Bescheide für diese Veranlagungszeiträume. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 wurden auch eine nachträgliche Vorauszahlung zur Körperschaftsteuer für 2011 sowie Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2012 (für das IV. Kalendervierteljahr) festgesetzt.

27

Gegen diese Bescheide richteten sich die am 20. September 2012 bzw. am 16. November 2012 im Finanzamt eingegangenen Einsprüche der Klägerin.

28

Die Klägerin rügt mit ihren Einsprüchen im Wesentlichen die Fehlerhaftigkeit des vom Beklagten herangezogenen Vergleichsmaßstabes sowie die Aberkennung der Gemeinnützigkeit als unverhältnismäßig. Im Einzelnen wird Folgendes vorgetragen:

29

Die umfassenden Aufgaben des Geschäftsführers der Klägerin seien von der BP nicht in ausreichender Weise gewürdigt worden. So sei dem Geschäftsführer B am Modellprojekt der Stadt A … eine zentrale Aufgabe zugekommen. Mit dem Modellprojekt sei für die Stadt A und andere Kostenträger eine erhebliche Kosteneinsparung verbunden gewesen.

30

Die Tätigkeiten des B würden sich von den Tätigkeiten anderer Geschäftsführer erheblich unterscheiden: B vertrete die Klägerin auch in … sowie im Rahmen entsprechender Netzwerkarbeit. Seine Tätigkeit habe zu erheblichen Innovationen geführt. Die meisten anderen gemeinnützigen Körperschaften seien – anders als die Klägerin – auf die Sicherung des „Status Quo“ ausgelegt, wo hingegen die Klägerin ihr Aufgabenfeld in unregelmäßigen Abständen erweitere. Die BP habe damit die besondere Arbeitsleistung des Geschäftsführers nicht entsprechend gewürdigt.

31

Der Beklagte habe zum Drittvergleich der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes ausschließlich Geschäftsführerbezüge herangezogen, die Geschäftsführer anderer gemeinnütziger Körperschaften in Mecklenburg-Vorpommern bzw. Berlin erhalten hätten. Dies sei fehlerhaft. In der Literatur werde einhellig vertreten, dass als angemessen das anzusehen sei, was für eine vergleichbare Tätigkeit auch von nicht steuerbegünstigten Dritten (Wirtschaftsunternehmen, staatlichen Stellen) in einer vergleichbaren Situation bezahlt werden würde.

32

Solange es keinen abgeschotteten Arbeitsmarkt für gemeinnützige Körperschaften gebe, sondern sich solche Einrichtungen auf dem regulären Arbeitsmarkt um Arbeitskräfte bemühen müssten, könne der zutreffende Fremdvergleich nur ein Marktpreisvergleich sein. Folglich hätte der Beklagte zur Überprüfung der Angemessenheit des Geschäftsführers auf die BBE-Studie bzw. das Gutachten I zurückgreifen müssen.

33

Auch die Ehefrau des Geschäftsführers habe keinen Einfluss auf die Höhe des Gehaltes ihres Mannes nehmen können. Zwar sei die Ehefrau des B im Vorstand des C tätig. Die Gehaltsverhandlungen führten aber die Gesamt-Vorstände der Vereine und nicht ein einzelnes Vorstandsmitglied. Im Übrigen hätten nicht nur der angeblich beherrschende Gesellschafter der Klägerin (C) bei diesen Verhandlungen den Ausschlag gegeben, sondern beide Gesellschafter und damit auch der nicht von der Ehefrau des Geschäftsführers dominierte Förderverein D einvernehmlich die Verhandlungen geführt.

34

Die vom Beklagten herangezogene Studie des paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV-Gutachten) weise zahlreiche handwerkliche Fehler auf, so dass eine Berücksichtigung dieser Studie nicht in Betracht komme. Der einzige Schluss, der sich aus Studie und Analyse ziehen lasse, sei, dass der DPWV Berlin nur sehr bedingt in der Lage sei, repräsentative Aussagen über die Geschäftsführergehälter großer gemeinnütziger Unternehmen zu machen.

35

Schließlich stelle sich die Aberkennung der Gemeinnützigkeit als unverhältnismäßig dar.

36

Die Klägerin habe unter Berücksichtigung der Auflösung von Sonderposten und aller Einheiten, für die sie die Geschäftsführung ausübe

        

2005   

ca.     

 7,75 Mio. €

        

2006   

ca.     

 8,49 Mio. €

        

2007   

ca.     

  9,1 Mio. €

        

2008   

ca.     

13,5 Mio. €

erhalten. Dem stünden angebliche Mittelfehlverwendungen i. H. v.

        

2005   

        

 78.169,44 €

        

2006   

        

 76.629,45 €

        

2007   

        

 79.236,96 €

        

2008   

        

128.465,64 €

        

2009   

        

128.899,11 €

        

2010   

        

145.234,57 €

gegenüber.

37

Die Klägerin vertrete die Auffassung, dass ihr in Höhe der unangemessenen Vergütung eine Finanzierung aus freien Rücklagen oder Mitteln des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes vorzuschreiben gewesen wäre.

38

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2013 wies der Beklagte den Einspruch zurück.

39

Zur Begründung verwies er darauf, dass der Klägerin zu Recht die Gemeinnützigkeit aberkannt worden sei, weil sie ihren Geschäftsführer B durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt und daher bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung gegen das Gebot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 AO und das Begünstigungsverbot gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO verstoßen habe.

40

Der vom Beklagten gewählte Vergleichsmaßstab sei nicht fehlerhaft. Die Vergütungen, die die Klägerin an ihre Angestellten zahle, hätten sich an den Vergütungen zu orientieren, die andere, die im weitesten Sinne für die Allgemeinheit tätig seien, zahlen würden. Dies seien Staatsdiener und kirchliche Bedienstete und leitende Angestellte anderer gemeinnütziger Körperschaften.

41

Im Übrigen könnten zur Beantwortung der Frage, ob die Gehälter des Geschäftsführers  noch angemessen seien, die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung herangezogen werden. Damit komme ein externer Fremd- oder Betriebsvergleich in Betracht. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne die DPWV-Studie zur Bestimmung der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes herangezogen werden, da sie hinreichend aussagefähige Vergleichswerte enthalte. Das Gehalt des Geschäftsführers der Klägerin liege weit über diesen Werten. Das Ziel der Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, steuerbegünstigte Zwecke zu fördern, würde verfehlt, wenn die Körperschaft ihre finanziellen Mittel nicht für ihre satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke, sondern für ihre eigene Verwaltung einsetze. Die Gemeinnützigkeit sei danach jedenfalls dann zu versagen, wenn das Verhältnis der Verwaltungsausgaben zu den Ausgaben für die steuerbegünstigten Zwecke zwar insgesamt nicht zu beanstanden sei, eine einzelne Verwaltungsaufgabe aber nicht angemessen sei.

42

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit stelle auch eine verhältnismäßige Maßnahme dar, da die Mittelfehlverwendung nicht geringfügig sei. Der Vorschlag einer Auflage an die Klägerin, das als nicht angemessen betrachtete Gehalt aus freien Rücklagen oder aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu finanzieren, sei nicht möglich. Die Klägerin unterhalte keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der die Gehaltszahlung an Herrn B finanzieren könne und zum anderen sei die Rücklagenbildung auch nur der Höhe nach begrenzt gemäß § 58 AO für gemeinnützige Zwecke zulässig, nicht aber zum Ausgleich von Mittelfehlverwendungen.

43

Auch bei einer gewerblichen Körperschaft wäre die Gehaltssteigerung des Jahres 2008 als vGA zu beurteilen gewesen, da allein das Gehalt von B um 37,24 % gesteigert worden sei, nicht aber das anderer leitender Angestellter. Während das Gehalt von O um 17,39 % und das von N um 10,15 % angehoben worden sei, blieben die Gehälter von I und M konstant, das von L habe sich sogar um 0,46 % reduziert.

44

Die Klägerin hat am 23. Juli 2013 Klage erhoben.

45

Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihrer Einspruchsbegründung vor,
gemeinnützige Einrichtungen müssten sich einem Arbeitsmarkt stellen, der weder inhaltlich auf gemeinnützige Einrichtungen noch räumlich auf Mecklenburg-Vorpommern und Berlin beschränkt sei.

46

Die Wertung des Beklagten, dass das Gehalt des Geschäftsführers unangemessen sei, treffe nicht zu, denn es gäbe im regional vom Beklagten vorab festgelegten Raum nicht eine einzige vergleichbare gemeinnützige Einrichtung. Bei seinem Vergleich stelle der Beklagte lediglich auf Umsatz und Mitarbeiterzahlen ab.

47

Als Beurteilungsgrundlage für die Angemessenheit eines Gehaltes sei die Studie des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands nicht geeignet, da die Studie jeden Regeln der Statistik, Logik und Mathematik widerspreche. Zudem sei der vom Beklagten gewählte Vergleichsmaßstab unzulässig. Da gemeinnützige und gewerbliche Körperschaften um Arbeitskräfte auf einem einheitlichen Markt werben, dürfe auch der Vergleichsmaßstab für die Gehälter nicht auf gemeinnützige Körperschaften begrenzt sein.

48

Das wesentliche Ergebnis der vom Beklagten vorgelegten Orientierungshilfe der P aus dem Jahr 2008 bestehe darin, dass die von der P gezahlten Vergütungen nicht wettbewerbsfähig seien. Zudem sei die Auswertung der P nicht repräsentativ, da ca. 1.200 Träger angeschrieben worden seien, aber nur 174 Fragebögen zurückgesandt worden seien.

49

Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Umsatzsteuer für 2005, 2006, 2007 und 2008 jeweils vom …,
die Bescheide über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2005, 2006, 2007 und 2008,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2005,
die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG zum 31. Dezember 2005, 31. Dezember 2006, 31. Dezember 2007 und 31. Dezember 2008,
die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2005, 2006, 2007 und 2008 und
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2005 jeweils vom …,
die Bescheide über die Festsetzung der nachträglichen Vorauszahlung zur Körperschaftsteuer für 2011 und
die Festsetzung von Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2012 (für das 4. Quartal) vom …
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … sowie
die Bescheide über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2009,
die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG zum 31. Dezember 2009,
den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 und
die Umsatzsteuer 2009 sowie
Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2010,
die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG zum 31. Dezember 2010,
den Gewerbesteuermessbetrag für 2010 und
die Umsatzsteuer 2010 jeweils vom …
aufzuheben sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

50

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

51

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, aus dem den Gericht vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass gemeinnützige Körperschaften ihren hauptamtlichen Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern deutlich weniger Gehalt zahlten als die Klägerin.

52

Ergänzend hat der Beklagte dem Gericht eine Tabelle zur Höhe von Geschäftsführergehältern gemeinnütziger Organisationen vorgelegt, die die Betriebsprüfung zusammengetragen hat. Gegenstand der Zusammenstellung sind insgesamt 40 Vereine und GmbH, die im gemeinnützigen Bereich tätig sind. Die Zusammenstellung betrifft den Zeitraum zwischen 2009 sowie 2013. Das niedrigste Geschäftsführergehalt laut Tabelle lag bei ca. 73.000,00 €, das höchste bei 173.000,00 €. Aus der Übersicht geht hervor, dass diejenigen Vereine und GmbH (im Bereich der Wohlfahrt), die über mehr als 1.000 Mitarbeiter verfügen, ihrem Geschäftsführer ein Gehalt zahlen, dass sich zwischen 95.800,00 € und 118.500,00 € bewegt (die Gehaltszahlungen betreffen den Zeitraum zwischen 2009 und 2013). Die Umsätze dieser GmbH bzw. Vereine lagen zwischen 43 und 69 Mio. €, die Gewinne zwischen 313.890,00 € und 2,7 Mio. €. Das höchste Gehalt i. H. v. 173.000,00 € zahlte nach der Übersicht ein Verein mit 41 Mitarbeitern und einem Umsatz von 4,8 Mio. € im Jahr 2010 an einen Geschäftsführer. Im Bereich Gesundheitswesen wurden bei Mitarbeiterzahlen zwischen 49 und 70 und Umsätzen bei ca. 3,8 Mio. € in den Jahren zwischen 2009 und 2012 Gehälter zwischen 160.000,00 € sowie 177.000,00 € gezahlt.

53

Am … hat der Beklagte geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer, zum Gewerbesteuermessbetrag sowie zur Umsatzsteuer für die Streitjahre 2009 bis 2010 erlassen.

54

Dem Gericht lagen zur Entscheidung je ein Band Rechtsbehelfsakten, Körperschaftsteuerakten 2005 bis 2008, Umsatzsteuerakten 2005 bis 2008, Betriebsprüfungsakten, Dauerbelegakten, zwei Bände Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnungsakten (2005 bis 2008 und 2009 bis 2010) sowie fünf Bände Betriebsprüfungshandakten vor.

Entscheidungsgründe

55

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Steuerbescheide, mit denen der Beklagte der Klägerin die Anerkennung als gemeinnützig für die streitigen Veranlagungszeiträume versagt hat, sind rechtmäßig und verletzen die  Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

56

Der Beklagte hat zu Recht die Steuerbefreiungen und -vergünstigungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und den an dieselben Voraussetzungen anknüpfenden § 3 Nr. 6 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG für die Streitjahre mangels Vorliegens der Gemeinnützigkeit versagt. Die Klägerin handelte in den Streitjahren nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung nicht selbstlos, da sie unangemessen hohe Jahresgesamtvergütungen an ihren Geschäftsführer zahlte. Die überhöhten  Zahlungen  in den Streitjahren sind  als Mittelfehlverwendung i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO zu beurteilen, die wiederum zu einer Versagung der Gemeinnützigkeit und damit zu einer Versagung der Steuerbefreiung in den Streitjahren führt.

57

1.
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind Kapitalgesellschaften - im Streitfall Gesellschaften mit beschränkter Haftung wie die Klägerin - unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG sind von der Körperschaftsteuer u. a. Personenvereinigungen befreit, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar u. a. gemeinnützigen Zwecken dienen. Eine entsprechende Regelung enthält § 3 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Voraussetzung für die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke ist, dass die Tätigkeit einer Körperschaft darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet zu fördern (§ 52 Abs. 1 AO). Davon kann bei der von der Klägerin bezweckten Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und des Wohlfahrtswesen regelmäßig ausgegangen werden. Allerdings setzt die Gemeinnützigkeit der Klägerin zusätzlich voraus, dass sie die genannten Zwecke selbstlos verfolgt, § 55 Abs. 1 S. 1 AO.

58

Eine gemeinnützige Körperschaft hat bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung das Gebot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO und das Begünstigungsverbot gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO zu beachten. Nach § 55 Abs. 1 AO dürfen sämtliche Mittel der Körperschaft nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. § 55 Abs. I Nr. 1 Sätze 1, 2 wird ergänzt durch § 55 Abs. I Nr. 3 AO. Dieser will ebenfalls sicherstellen, dass die Mittel nicht für satzungsfremde Zwecke verwendet werden. Gemäß § 55 Abs. I Nr. 3 AO darf die Körperschaft keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen.

59

Maßgeblich ist, ob bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles das Ausgabeverhalten der Körperschaft angemessen ist, um die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke zu verfolgen. Das ist nach Auffassung der Rechtsprechung nur der Fall, soweit es wirtschaftlich sinnvoll ist und dazu beiträgt, dass ein möglichst hoher Anteil der Mittel unmittelbar und effektiv den steuerbegünstigten Satzungszwecken zugutekommt (BFH-Beschluss v. 23.09.1998, I B 82/98, BStBl II 2000, 320; BFH-Urteil v. 18.12.2002, I R 60/01, BFH/NV 2003, 1025). Es dürfen nur solche Aufwendungen berücksichtigt werden, die - gemessen am Satzungszweck - notwendig oder zweckmäßig und der Höhe nach angemessen sind.

60

Die steuerbegünstigte Körperschaft verfügt dabei über einen gewissen Einschätzungsspielraum.

61

Das Gesetz zieht nicht ausdrücklich eine starre prozentuale oder absolute Grenze für Kosten der Verwaltung. Maßgeblich ist, ob das Ausgabeverhalten nach den Umständen des Einzelfalls angemessen ist. Bei der Angemessenheitsprüfung sind die Verwaltungsausgaben in ein Verhältnis zu den gesamten vereinnahmten Mitteln zu setzen.

62

Nach Auffassung der Rechtsprechung (BFH-Beschluss v. 23.09.1998 I B 82/98, BStBl II 2000, 320), der sich die Finanzverwaltung angeschlossen hat, sind die Grenzen der Angemessenheit aber in jedem Fall überschritten, wenn eine Körperschaft, die sich weitgehend aus Geldspenden finanziert, diese „überwiegend” (also zu mehr als der Hälfte) für Verwaltung und Spendenwerbung verwendet (AEAO zu § 55, Nr. 18 Satz 5 i. d. Neufassung v. 31.01.2014, IV A 3 - S 0062/14/10002, BStBl I 2014, 290, geändert durch BMF v. 26.01.2016, IV A 3 - S 0062/15/10006, BStBl I 2016, 155). Allerdings kann auch schon bei geringeren Verwaltungsausgaben eine steuerbegünstigungsschädliche Mittelverwendung vorliegen (vgl. BFH-Urteil v. 23.02.1999, XI B 128/98, BFH/NV 1999, 1055; BFH-Urteil v. 23.02.1999, XI B 130/98, BFH/NV 1999, 1089).

63

Angemessenheit ist zu bejahen, wenn die Ausgaben wirtschaftlich sinnvoll sind und voraussichtlich dazu beitragen, dass ein möglichst hoher Anteil der Mittel unmittelbar und tatsächlich den zu fördernden Personen zugutekommt. Gegenstand der Angemessenheitsprüfung ist dabei nicht nur die Gesamtheit der Verwaltungsausgaben (einschließlich der Aufwendungen für Spenden- und Mitgliederwerbung), sondern auch jede einzelne Verwaltungsausgabe für sich (Geserich, DStR 2001, 604, 607, Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Aufl., S. 117).

64

Zur Prüfung der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes einer gemeinnützigen Organisation kann dabei auf die Grundsätze über die verdeckte Gewinnausschüttung zurückgegriffen werden (vgl. Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 2000, § 8 Rz. 22; Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 2008, S. 117). Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer für dessen Tätigkeit unangemessen hohe Bezüge gewährt.

65

Auch für die Bemessung der angemessenen Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer (nicht gemeinnützigen) Kapitalgesellschaft gibt es keine festen Regeln. Der angemessene Betrag ist vielmehr im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Bei dieser Schätzung ist zu berücksichtigen, dass häufig nicht nur ein bestimmtes Gehalt als angemessen angesehen werden kann, sondern der Bereich des Angemessenen sich auf eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstreckt. Unangemessen (im Sinne einer vGA) sind nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 24.08.2011 I R 5/10, BFH/NV 2012, 271; BFH-Urteil vom 04.06.2003 I R 24/02, BStBl II 2004, 136; BFH-Urteil vom 27.02.2003 I R 46/01, BStBl II 2004, 241).

66

Zu den Maßstäben für die Beurteilung der Angemessenheit einer Vergütung können unter anderem diejenigen Entgelte gehören, die gesellschaftsfremde Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens beziehen (interner Fremdvergleich) oder die – unter ansonsten gleichen Bedingungen – an Fremdgeschäftsführer anderer Unternehmen gezahlt werden (externer Fremdvergleich). Beurteilungskriterien sind insoweit unter anderem Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. In diesem Sinne können im Rahmen der Angemessenheitsprüfung auch Gehaltsstrukturuntersuchungen berücksichtigt werden.

67

1.2
Bei Zugrundelegung der Kriterien einer vGA zur Prüfung der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes ist bislang noch nicht geklärt, auf welchen Vergleichsmaßstab beim externen Fremdvergleich zurückgegriffen werden kann. So wird in der Literatur vertreten, dass Gehaltszahlungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Organisation als angemessen anzusehen sind, wenn sie den Gehältern für eine vergleichbare Tätigkeit oder Leistung auch von nicht steuerbegünstigten Einrichtungen entsprechen (Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 2000, § 8 Rz. 22, Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 2008, S. 117). Demgegenüber steht der Beklagte auf dem Standpunkt, dass Vergleichsmaßstab nur die Gehälter sein dürfen, die andere gemeinnützige Organisationen an ihre Geschäftsführer zahlen.

68

Für die Auffassung der Literatur spricht, dass auch die Gehälter, die an Geschäftsführer gemeinnütziger Organisationen gezahlt werden, wettbewerbsfähig sein müssen, um hinreichend qualifizierte Führungskräfte zu gewinnen und folglich eine konkurrenzfähige, marktgerechte Vergütung der Geschäftsführer notwendig ist. Andererseits ist die Steuerbegünstigung bei gemeinnützigen Gesellschaften ein Wettbewerbsvorteil. Der Staat kann deshalb moderate Ausgaben – auch bezgl. der Gehälter der Geschäftsführer – der gemeinnützigen Organisation verlangen, damit ein möglichst hoher Mitteleinsatz für die satzungsmäßige Arbeit erfolgen kann. Auch in der Literatur bestehen diese Bedenken. So weist Seer darauf hin, dass die Geschäftsführung eines Vereins nicht so viel kosten darf, dass der Verein für die Geschäftsführer zum „Selbstbedienungsladen“ aus Spendengeldern wird (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 55 AO Rz. 22).

69

Im Streitfall konnte der Senat die Entscheidung, welcher Vergleichsmaßstab der zutreffende ist, offen lassen. Denn selbst wenn die Jahresgesamtbezüge des Geschäftsführers der Klägerin mit denjenigen für vergleichbare Tätigkeiten bei Wirtschaftsunternehmen (im nicht gemeinnützigen Bereich) verglichen werden, stellen sich seine Jahresgesamtvergütungen als unangemessen dar.

70

1.3
Für den externen Fremdvergleich hat der Senat die BBE-Dokumentationen 2006 bis 2013 (GmbH-Geschäftsführer Vergütungen 2006 ff., BBE-Verlag) herangezogen.

71

Den BBE-Dokumentationen „GmbH-Geschäftsführervergütungen“ 2006 bis 2013 liegen die Ergebnisse einer Gehalts-Untersuchung für die jeweiligen Vorjahre zugrunde. Der Senat hat daher für den Vergleich die BBE-Dokumentation „GmbH-Geschäftsführervergütungen“ herangezogen, die die Ergebnisse der Gehalts-Untersuchung im jeweiligen Streitjahr enthalten, d. h. für das Streitjahr 2005 wurde die BBE-Dokumentation 2006 herangezogen, für das Jahr 2006 die BBE-Dokumentation 2007 etc.

72

Dem Vergleich wurden dabei sowohl die Zusammenstellungen „Jahresgesamtvergütungen nach Branchen“ (hier Dienstleister/Gesundheitswesen vgl. dazu Punkt 1.3.1) als auch die Zusammenstellungen der BBE-Dokumentation „Jahresgesamtvergütungen von Geschäftsführern nach Branchen und Umsatzgrößen“ sowie nach „Branchen und Mitarbeiterzahl“ (vgl. dazu Punkt 1.3.2) zugrunde gelegt.

73

1.3.1.
Werden die Jahresgesamtvergütungen des Geschäftsführers der Klägerin im Rahmen eines externen Fremdvergleiches mit den Jahresgesamtvergütungen eines Geschäftsführers in der Branche Dienstleister/Gesundheitswesen BBE-Dokumentationen für die Jahre 2005 bis 2012 verglichen, so ist aus nachstehender Tabelle ersichtlich, dass die Jahresgesamtbezüge des Geschäftsführers der Klägerin den Median-Wert in sämtlichen Streitjahren und auch das obere Quartil in allen Jahren mit Ausnahme des Jahres 2007 teils erheblich überschreiten.

74

Jahresgesamtbezüge eines Geschäftsführers  in der Branche Dienstleister/Gesundheitswesen (allgemeiner Überblick)

 Jahr 

 Maximum

 Oberes Quartil

 Median

 Jahresgesamtbezüge des
Geschäftsführers

 2005 

 185.064,00

 102.915,00

 92.038,00

 136.211,00

 2006 

 2.654.800,00

 119.842,00

 96.194,00

 132.705,00

 2007 

 1.433.800,00

 146.374,00

 98.769,00

 137.348,00

 2008 

 2.356.600,00

 152.463,00

 95.516,00

 243.563,97

 2009 

 862.300,00

 139.416,00

 89.760,00

 266.899,00

 2010 

 426.102,00

 141.266,00

 103.278,00

 283.234,00

 2011 

 812.530,00

 149.298,00

 109.097,00

 339.259,00

 2012 

 419.060,00

 138.432,00

 105.987,00

 337.457,00

75

1.3.2
Werden die Jahresgesamtbezüge des Geschäftsführers der Klägerin in den Streitjahren mit den Werten der BBE-Dokumentationen für die Jahre 2005 bis 2012 in der Branche Dienstleister/Gesundheitswesen differenziert nach Umsatz und Mitarbeiterzahlen verglichen, so ergibt sich folgendes Bild:

76

 Jahresgesamtbeträge Geschäftsführer ( Dienstleistung/Gesundheitswesen) lt. BBE-Dokumentationen der Jahre 2006 bis 2013 bezogen auf Umsätze sowie Mitarbeiterzahl

 Jahr 

 Oberes Quartil
Umsätze zwischen 5 und 10 Mio.

 Oberes Quartil
Mitarbeiterzahl bis 10 (2005 und 2006); bis 200 (2007)

 Median
Umsätze zwischen 5 und 10 Mio.

 Median
Mitarbeiterzahl bis 10 (2005 und 2006); bis 200 (2007)

 Jahresgesamtbezüge des Geschäftsführers B

 2005 

 -- keine Angaben

 99.891

 ---   

 85.019

 136.211,00

 2006 

 -     

 ---   

 127.233

 110.200

 132.705,00

 2007 

 -     

 --    

 180.371

 224.871

 137.348,00

                                                     
        

 Oberes Quartil
Umsätze 10 bis 25 Mio.

 Oberes Quartil
Mitarbeiterzahl größer als 250

 Median
Umsätze 10 bis 25 Mio.

 Median
Mitarbeiterzahl größer als 250

 Gehalt des
Geschäftsführers

 2008 

 131.000

 Lt. Tabelle 1.830.215,

 118.440

 193.330

 243.563,97

 2009 

 -- keine Angaben

 706.470

 148.925

 212.490

 266.899

 2010 

 -- keine Angaben

 140.507

 99.755

 99.755

 283.234

 2011 

 - keine Angaben

 421.233

 114.000

 162.730

 339.259

 2012 

 -     

 421.233

 96.000

 162.730

 337.457

77

Die Jahresgesamtvergütung des Geschäftsführers lag somit gemessen an der BBE-Studie Dienstleister/Gesundheitswesen, Einzelkriterien „Umsatz“ oder „Mitarbeiterzahlen“ in den Jahren 2005 und 2010 oberhalb des oberen Quartils, in den Jahren 2008, 2009, 2011 und 2012 unterhalb des oberen Quartils. Für das Jahr 2006 und 2007 existieren keine Vergleichswerte im oberen Quartil bezogen auf den hier einschlägigen Umsatz bzw. die Mitarbeiterzahl, sondern lediglich Medianwerte.

78

1.4
Die Angemessenheit der Jahresgesamtvergütungen des Geschäftsführers lässt sich nicht schon daraus herleiten, dass die Vergütungen jedenfalls in den Jahren 2008, 2009, 2011 und 2012 gemessen an der BBE-Studie Dienstleister/Gesundheitswesen, Einzelkriterien „Umsatz“ oder „Mitarbeiterzahlen“ unterhalb des oberen Quartils lagen.

79

Nach Auffassung des Senates können die Werte der BBE-Dokumentation in der Branche Dienstleister/Gesundheitswesen bezogen auf das Einzelkriterium „Mitarbeiterzahl, oberes Quartil“ wegen der hier aufgetretenen Besonderheiten nur eingeschränkt herangezogen werden. So sind bezogen auf das Einzelkriterium „Mitarbeiterzahl, oberes Quartil“ zum einen die extremen Schwankungen auffällig, die zwischen 99.891,00 € im Jahr 2005 und 1,8 Mio. € im Jahr 2008 liegen, dann aber wieder im Jahr 2010 auf 140.507,00 € absinken. Zum anderen enthält die BBE-Dokumentation in der Branche Dienstleister/Gesundheitswesen bezogen auf das Merkmal „Umsätze zwischen 5 und 10 Mio.“ im oberen Quartil oftmals keine Angaben. Allein die extremen Schwankungen lassen fraglich erscheinen, ob die Werte ohne weitere Prüfung als Vergleichsmaßstab heranzuziehen sind.

80

Demgegenüber weisen die allgemeinen Werte der BBE-Dokumentationen für die Branche „Dienstleister/Gesundheitswesen“ Jahresgesamtbezüge im oberen Quartil“ (ohne Bezug auf Umsätze oder Mitarbeiterzahlen) mit Werten zwischen 102.915,00 € (2005) und 152.463,00 € (2008) eine größere Kontinuität aus und entsprechen auch eher den Werten, die sich aus den Gutachten I ergeben, die die Klägerin selbst während der BP vorgelegt hat.

81

Der Senat legt daher seiner Angemessenheitsprüfung die allgemeinen Werte der BBE-Dokumentationen für die Branche „Dienstleister/Gesundheitswesen“ Jahresgesamtbezüge zugrunde (vgl. dazu Punkt 1.3.1). Gemessen an diesen Werten ergibt sich, dass die Jahresgesamtvergütungen des Klägers in allen Jahren den Median-Wert und mit Ausnahme des Jahres 2007 das obere Quartil in der Branche Dienstleister „Gesundheitswesen“ überschreiten.

82

1.5
In den Jahren 2005 bis 2007 ist zudem bei der Angemessenheitsprüfung mindernd zu berücksichtigen, dass der Kläger noch ein Gehalt vom Förderverein D für die Tätigkeit als besonderer Vertreter nach § 30 BGB bezogen hat. Auch dieses Gehalt muss in den Vergleich einbezogen werden. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des BFH zu sog. Mehrfachgeschäftsführern. Bei der Bestimmung des steuerlich anzuerkennenden Gehaltes eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist danach dessen Tätigkeit für weitere Unternehmen regelmäßig mindernd zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hiervon kommt nur dann in Betracht, wenn gerade die anderweitige Tätigkeit des Geschäftsführers für die zu beurteilende Kapitalgesellschaft von Vorteil ist (BFH-Urteile vom 27.02.2003 I R 46/01, BStBl II 2004, 132; vom 27.02.2003 I R 80, 81/01, BFH/NV 2003, 1346; BFH-Urteil vom 15.12.2004 I R 61/03, BFH/NV 2005, 1146 - 1147).

83

Dass die Tätigkeit für den Förderverein D für die Klägerin von Vorteil ist, wurde nicht vorgetragen. Im Hinblick auf die bezahlte Mehrfachgeschäftsführertätigkeit des B in den Streitjahren 2005 bis 2007 hält der Senat daher einen Abschlag von 10 v. H. für angemessen. Die vom Förderverein D an B gezahlten Vergütungen zwischen 35.000,00 € und fast 37.000,00 € belegen einen nicht unerheblichen Zeit- und Kraftaufwand für die nicht der Klägerin gewidmete Tätigkeit und übersteigen deutlich die Auswirkungen des Abschlags. Wird das Gehalt vom Förderverein D einbezogen, so erzielt B auch im Jahr 2007 ein Gehalt, das deutlich oberhalb des oberen Quartils liegt und damit als unangemessen anzusehen ist.

84

1.6
Wie sich aus nachstehender Tabelle ergibt, überschreiten die an den Geschäftsführer B gezahlten Jahresgesamtvergütungen stets das obere Quartil laut BBE-Dokumentationen der Jahre 2006 bis 2012 für die Branche Dienstleister/Gesundheitswesen. Selbst unter Einbeziehung eines Sicherheitszuschlages von 20 % liegen noch deutliche Überschreitungen vor. Auch im Jahr 2007 wird mit Jahresgesamtbezügen von 137.348,00 € das obere Quartil der BBE Dokumentation in der Branche Gesundheitswesen von 131.736,60 € (unter Einbeziehung von Abschlägen für die Mehrfachgeschäftsführertätigkeit) überschritten. Dass im Jahr 2007 unter Einbeziehung eines Sicherheitszuschlages von 20 % die Werte der BBE-Dokumentation nicht überschritten werden, führt noch nicht zur Bewertung der Jahresgesamtvergütung 2007 als angemessen, da es sich bei dem Sicherheitszuschlag nicht um eine gesetzlich festgelegte Freigrenze handelt.

85
        

 2005 

 2006 

 2007 

 2008 

 Jahresgesamtbezüge B

 136.211,00

 132.705,00

 137.348,00

 243.563,00

 Angemessene Vergütung grundsätzlich

 102.915,00

 119.842,00

 146.374,00

 152.463,00

 Abschlag wegen Mehrfach-Geschäftsführertätigkeit

 10 % 

 10%   

 10%   

 -     

 Jahresgesamtvergütung mit Abschlag

 92.623,50

 107.857,80

 131.736,60

        

 Sicherheitszuschlag

 20 % 

 20 % 

 20 % 

 20 % 

 Angemessene Jahresgesamtvergütung zuzüglich Sicherheitszuschlag

 111.148,20

 129.429,36

 158.083,80

 182.955,60

 Differenz zum tatsächlichen Gehalt des Geschäftsführers

 25.062,80

 3.275,64

 --    

 60.607,40

86
        

 2009 

 2010 

 2011 

 2012 

 Jahresgesamtbezüge B

 266.899,00

 283.234,00

 339.259,00

 337.457,00

 Angemessene Vergütung grundsätzlich

 139.416,00

 141.266,00

 149.298,00

 138.432,00

 Sicherheitszuschlag

 20 % 

 20 % 

 20 % 

 20 % 

 Angemessene Jahresgesamtvergütung zuzüglich Sicherheitszuschlag

 167.299,20

 169.519,20

 179.157,60

 166.118,40

 Differenz

 99.599,80

 113.714,80

 160.101,40

 171.338,60

87

Soweit die Klägerin zur Rechtfertigung der hohen Jahresgesamtbezüge ihres Geschäftsführers auf dessen besondere einzigartige Leistungen und Verdienste verweist, so wird dem Einwand schon dadurch Rechnung getragen, dass der Senat das Gehalt des Geschäftsführers mit Vergleichswerten der BBE-Studie aus dem oberen Quartil und nicht nur mit den Median-Werten verglichen hat. Das obere Quartil ist nach der Definition der BBE-Dokumentation ein rechnerischer Wert, bei dem 25 % der Befragungsergebnisse über, der Rest unter diesem Wert liegen. Beim Medianwert liegen 50 % der Befragungsergebnisse darüber, 50 % darunter.

88

1.7
Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen folgt nach Auffassung des Senates die Unangemessenheit der Jahresgesamtvergütungen ab dem Jahr 2008 zudem auch aus dem sprunghaften, erheblichen Gehaltsanstieg verglichen mit dem Vorjahr 2007. Während die Jahresgesamtvergütung des Geschäftsführers B im Jahr 2007 noch 137.348,00 € betrug, war sie schon im Jahr 2008 auf 243.563,00 € angestiegen. Dies stellt eine prozentuale Gehaltsteigerung um 77 % dar. Auch in den Folgejahren waren die Gehaltssteigerungen weiterhin erheblich. So stieg die Jahresgesamtvergütung im Jahr 2009 auf 266.899,11 €, im Jahr 2010 auf 283.234,57 € und 2011 auf 339.259,00 € an.

89

Bei Zugrundelegung der Kriterien einer vGA wäre die Kurzfristigkeit und der erhebliche Anstieg der Jahresgesamtvergütung Indiz für eine gesellschaftliche Veranlassung (vgl. dazu Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 12.03.2008, 1 K 97/05, in Juris).

90

Plausible Gründe für die erhebliche Gehaltssteigerung ab 2008 sind nicht erkennbar. Zwar sind die Umsätze der Klägerin seit 2007 erheblich gestiegen, dies beruht aber in erster Linie auf der Tatsache, dass mehrere Zweckbetriebe (überwiegend) Kindergärten ab 2008 im Wege der Abspaltung vom C auf die Klägerin übergegangen sind. Ohne Berücksichtigung der durch die Abspaltung hinzugekommenen Umsätze betrug die Umsatzsteigerung der Klägerin nur ca. 11,17 %. Die Beiträge für die Unterstützungskasse ab 2008 und damit für die Altersversorgung des Geschäftsführers vermögen die Gehaltssteigerung ebenfalls nicht ausreichend zu erklären, denn auch ohne die Beiträge zur Unterstützungskasse ist das Gehalt des Geschäftsführers im Jahr 2008 verglichen mit dem Vorjahr 2007 um 56.414,00 € gestiegen.

91

1.8
Die Unangemessenheit des Gehaltes des Geschäftsführers der Klägerin ergibt sich zudem auch aus dem von der Klägerin während der Betriebsprüfung vorgelegten Gutachten I.

92

So stellt das Gutachten I von 2005 (Gutachten, BP-Handakte, Bd. III, Bl. 740) fest, dass die „monetäre Gesamtvergütung des Geschäftsführers mit derzeit 121.000,00 € im Bereich der empfohlenen Zielgröße liege“. Die tatsächlich für das Jahr 2005 gezahlte Jahresgesamtvergütung des Geschäftsführers von 136.211,00 € überschreitet somit die empfohlene Zielgröße um 15.211,00 €.

93

Aus dem weiteren Gutachten II von 2008 (Gutachten, BP-Handakte, Bd. III, Bl. 751) folgt, dass sich monetäre Jahresgesamtbezüge für den Kaufmännischen Geschäftsführer i. H. v. 160.000,00 bis 170.000,00 € sowie für den technischen Geschäftsführer i. H. v. 140.000,00 bis 150.000,00 € ergeben.

94

Das Gutachten II vom 01.Oktober 2009 stellt für den Alleingeschäftsführer der Klägerin als angemessenes Jahresgesamteinkommen eine Zielgröße von 190.000,00 bis 200.000,00 € fest (Gutachten, BP-Handakte, Bd. IV, Bl. 1119, 1130).

95

Die laut Gutachten II vom 01.Oktober 2009 als angemessen betrachteten Jahresgesamteinkommen von bis zu 200.000,00 € werden durch die seit 2008 tatsächlich gezahlten Gehälter an den Geschäftsführer erheblich überschritten. So betrug die Überschreitung im Jahr 2008 43.463,00, im Jahr 2009 66.899,00 €, im Jahr 2010 83.234,00 €, im Jahr 2011 139.259,00 € sowie im Jahr 2012 137.457,29 €.

96

Somit kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass sich die Angemessenheit der an ihren Geschäftsführer gezahlten Jahresgesamtvergütungen aus den von ihr selbst vorgelegten Gutachten ableiten lässt.

97

1.9
Dass die vom Senat herangezogenen Werte Zusammenstellungen der BBE-Dokumentation für die Branche Dienstleister/Gesundheitswesen (vgl. Punkt.1.3.1) mit Werten zwischen 119.842,00 € und 152.463,00 € im oberen Quartil zuzüglich eines Sicherheitszuschlages ein Vergleichsmaßstab sind, der ohne weiteres heranzuziehen ist, ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Daten über Geschäftsführergehälter von 40 gemeinnützigen Organisationen aus Mecklenburg-Vorpommern ab 2009. Aus diesen Daten geht hervor, dass diejenigen Vereine und GmbH (im Bereich der Wohlfahrt), die über mehr als 1.000 Mitarbeiter verfügen, ihrem Geschäftsführer ein Gehalt zahlen, das sich zwischen 95.800,00 € und 118.500,00 € bewegt (die Gehaltszahlungen betreffen den Zeitraum zwischen 2009 und 2013). Die Umsätze dieser GmbH bzw. Vereine lagen zwischen 43 und 69 Mio. €. Die Gewinne lagen zwischen 313.890,00 € und 2,7 Mio. €. Das höchste Gehalt i. H. v. 173.000,00 € zahlte nach der Übersicht ein Verein mit 41 Mitarbeitern und einem Umsatz von 4,8 Mio. € im Jahr 2010 an seinen Geschäftsführer. Im Bereich Gesundheitswesen wurden bei Mitarbeiterzahlen zwischen 49 und 70 und Umsätzen von ca. 3, 8 Mio. € in den Jahren zwischen 2009 und 2012 Gehälter zwischen 160.000,00 € sowie 177.000,00 € gezahlt.

98

1.10
Vergleicht man die Gehälter des Geschäftsführers der Klägerin mit der Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin für das Jahr 2007 zu Geschäftsführergehältern im Gemeinnützigkeitsbereich, so verstärkt sich das Bild der Unangemessenheit des Gehalts.

99

Laut vorgenannter Studie für das Jahr 2007 werden folgende Gehälter gezahlt:

100
        

 Umsatz bis 2 Mio. €

 Umsatz bis 2 - 10 Mio. €

 Umsatz bis 10 - 20 Mio. €

 Umsatz bis 20 Mio. €

 Minimum

 500

 33.107

 58.445

 69.650

 Mittelwert

 40.330

 61.448

 95.320

 101.144

 Maximum

 95.712

 118.878

 174.093

 187.524

 1. Quartil

 27.830

 50.000

 72.106

 85.243

 Median

 42.900

 59.200

 84.058

 95.185

 3.Quartil

 51.300

 69.850

 107.190

 112.039

101

Aus der Studie ergibt sich, dass das Gehalt des Geschäftsführers seit 2008 selbst das Maximum der im Gemeinnützigkeitssektor erwirtschafteten Gehälter überschreitet.

102

Soweit sich die Klägerin gegen die Belastbarkeit der von der Studie ermittelten Werte des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes wendet, ist dem entgegenzuhalten, dass auch eine zweite Studie, die sich mit Geschäftsführergehältern von Stiftungen beschäftigt und die im Jahr 2007 erhoben worden ist, zu ähnlichen Ergebnissen kommt (vgl. Berit Sandberg/ Christoph Mecking, Vergütung haupt- und ehrenamtlicher Führungskräfte in Stiftungen, Die Ergebnisse der Vergütungsstudie 2007, Personalmanagement in Stiftungen Band 1, Essen 2008). Nach dieser Studie reicht bei hauptamtlichen Vorständen die Spanne der Jahresgrundgehälter (schließt Urlaubs- und Weihnachtsgeld bzw. ein 13. Monatsgehalt ein) von ca. 40.000,00 € bis 250.000,00 €. Im Durchschnitt verdient ein Stiftungsvorstand ca. 81.000,00 € im Jahr.

103

2.
Die überhöhten Gehaltszahlungen an den Geschäftsführer sind in den Streitjahren als Mittelfehlverwendung i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO zu beurteilen, die im Streitfall die Aberkennung der Gemeinnützigkeit nach sich zieht (§ 59 AO).

104

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit stellt sich auch als verhältnismäßig dar.

105

Die Regelung des § 55 AO steht  insgesamt unter einem Bagatellvorbehalt (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 55 AO Rz. 17; a. A. Unger in Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 55 Rz. 13).

106

Es ist anerkannt, dass eine Versagung oder Aberkennung der Gemeinnützigkeit nur bei wirtschaftlich einigermaßen gravierenden oder fortgesetzten Verstößen gegen die Selbstlosigkeitsgebote in Betracht kommt. Soweit das Fehlverhalten unschwer korrigierbar oder künftig vermeidbar ist, können Auflagen in Freistellungsbescheiden gerade bei der Selbstlosigkeit als milderes Mittel genügen.

107

Das Gehalt des B überschreitet in den Streitjahren das obere Quartil eines Geschäftsführergehaltes bezogen auf die Branche Dienstleistung/Gesundheitswesen - wie sich aus der Tabelle zu Punkt 1.5 ergibt - nicht unerheblich. Dass im Jahr 2007 mit Jahresgesamtbezügen von 137.348,00 € das obere Quartil von 131.736,60 € lediglich mit 5.612,00 € überschritten wird, führt nach Auffassung des Senates nicht dazu, dass die Versagung der Gemeinnützigkeit im Jahr 2007 unverhältnismäßig ist. Bereits in der Vor-BP hatte der Beklagte seine Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes geäußert und die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass ein Verstoß gegen eine Mittelfehlverwendung i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO eine Versagung der Anerkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit nach sich ziehen würde. Der Hinweis in der Schlussbesprechung vom 14. Januar 2005 hielt die Klägerin jedoch nicht davon ab, die Jahresgesamtvergütung ihres Geschäftsführers stetig weiter zu erhöhen.

108

Die Mittelfehlverwendungen stellen sich in absoluten Zahlen nicht lediglich als geringfügig dar. Dass die Mittelfehlverwendungen nur einen kleinen Teil des Umsatzes der Klägerin ausmachen, ist demgegenüber nicht relevant und kann nicht dazu führen, dass die Gemeinnützigkeit der Klägerin trotz der Mittelfehlverwendung weiterhin zu berücksichtigen ist.

109

Selbst wenn man die Werte des von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachtens I zugrunde legt, liegt eine nicht geringfügige Mittelfehlverwendung zugrunde. Denn die laut Gutachten I für 2005 empfohlene Zielgröße von 121.000,00 € wird durch die tatsächlich für das Jahr 2005 gezahlte Jahresgesamtvergütung von 136.211,00 € i. H. v. 15.211,00 € überschritten.

110

Für 2008 schlägt das Gutachten I monetäre Jahresgesamtbezüge für den Kaufmännischen Geschäftsführer i. H. v. 160.000,00 bis 170.000,00 € vor. Tatsächlich wird diese Zielgröße um 73.463,00 € überschritten.

111

Auch das laut Gutachten II vom 01.Oktober 2009 als angemessen betrachtetes Jahresgesamteinkommen von bis zu 200.000,00 € wird durch die seit 2009 tatsächlich gezahlten Gehälter an den Geschäftsführer erheblich überschritten. So betrug die Überschreitung im Jahr 2009 66.899,00 €, im Jahr 2010 83.234,00 €, im Jahr 2011 139.259,00 € sowie im Jahr 2012 137.457,00 €.

112

Überschreitungen in dieser Größenordnung können nicht mehr als geringfügig angesehen werden.

113

Der aufgrund der Aberkennung der Gemeinnützigkeit bedingte Verlust der Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG hat für die Klägerin grundsätzlich die volle Steuerpflicht für die laufende Ertrags- und Umsatzbesteuerung zur Folge. Denn wegen des Wegfalles der Gemeinnützigkeit in den Streitjahren unterliegen die Umsätze der Klägerin nicht mehr dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, sondern dem Regelsteuersatz, § 12 Abs. 2 Nr. 8a, Abs. 1 UStG. Einwendungen hinsichtlich der Höhe des zu versteuernden Gewinns bzw. der Höhe der Umsätze hat die Klägerin im Klageverfahren nicht erhoben, sie wendet sich vielmehr ausschließlich gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit.

114

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

115

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

116

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG.

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