Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (5. Senat) - 5 K 1835/09


Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe der Kläger im Streitjahr 2001 einen Verlust nach  § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz – EStG – geltend machen kann und ob deshalb ein zum 31. Dezember 2001 verbleibender Verlustvortrag nach § 10 d Abs. 4 EStG festzustellen ist.

2

Der Kläger ist verheiratet und wird im Jahr 2001 gemäß § 26 a EStG getrennt zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit als Dekorateur, gewerbliche Einkünfte aus einem Innendekorationsbetrieb, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte aus dem Bezug einer Altersrente. In seiner Einkommensteuererklärung für 2001 machte er u. a. einen Verlust aus der Liquidation der Firma H Innendekoration GmbH in Höhe von 347.031 DM (Stammkapital 50.000 DM + 297.030,61 DM „Verbindlichkeiten gegenüber Geschfhr.“) geltend.

3

Der Kläger war seit der Gründung der GmbH (6. Januar 1981) und bis zum Beschluss über die Auflösung der GmbH vom 19. Februar 2001 (Bl. 91 f. der Einkommensteuerakte 2001) Alleingesellschafter der GmbH. Laut „Liquidationseröffnungsbilanz zum 30.06.2001“ – auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 2 ff. der Bilanzakte 2001) - betrug der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag 297.030,61 DM. Auf der Passivseite wurden unter anderem „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten“ i.H.v. 281.705,14 DM (Sparkasse R und Daimler Benz) und „Sonstige Verbindlichkeiten“ (u.a. „Verrechnungskonto M. H.“ und „Darl. M. H.“) i.H.v. insgesamt 163.630,06 DM ausgewiesen. Auf der Aktivseite der Bilanz wurde kein Anlagevermögen aufgeführt, nur Umlaufvermögen (u.a. „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen“ i.H. von insgesamt 153.557,34 DM).

4

Mit Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 16. Dezember 2003, der nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO teilweise vorläufig und nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, wurde die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt (Gesamtbetrag der Einkünfte 18.853 DM) und in den Erläuterungen u.a. ausgeführt, dass nach § 17 EStG nur das verlorene Stammkapital in Höhe von 50.000 DM steuerlich anerkannt werden könne. Die erklärten „Verbindlichkeiten gegenüber Geschfhr. 297.030,61 DM“ könnten nicht berücksichtigt werden, weil es sich um Verlustvorträge bzw. Fehlbeträge der GmbH handele und der Nachweis nicht erbracht worden sei, dass der Kläger diesen Verlust durch Einzahlungen aus dem Privatvermögen ausgeglichen habe.

5

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2004 beantragte der Kläger den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides auf den 31. Dezember 2001 und machte u.a. geltend, dass das Stammkapital i.H.v. 50.000 DM im Einkommensteuerbescheid nicht erfasst sei.

6

In einem Telefonat vom 12. Februar 2004 erläuterte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass der Verlust nach § 17 EStG (= Stammkapital) mit dem Gewinn aus dem Einzelunternehmen des Klägers (Firma M. H. Innendekoration) i.H.v. 41.229 DM verrechnet worden sei (veranlagte Einkünfte aus Gewerbebetrieb ./. 8.771 DM).

7

Am 23. April 2004 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, den Einkommensteuerbescheid für 2001 nach § 164 Abs. 2 AO zu ändern, und machte geltend, den in Anlage beigefügten Unterlagen (zwei Schreiben der Sparkasse R und ein „Kauf- und Darlehensvertrag“ mit Datum vom 2. Januar 1981, Blatt 53 bis 55 der ESt-Akte 2001) sei zu entnehmen, dass der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer zur Schuldenübernahme der GmbH verpflichtet sei. Dementsprechend handele es sich um folgende Verluste nach § 17 EStG:

8

Stammkapital

  50.000,00 DM

Darlehen

  83.824,20 DM

Kontokorrentkredit

182.687,04 DM

Darlehen M. H.

  67.538,90 DM

Gesamt

384.050,14 DM

9

Die Liquidationseröffnungsbilanz zum 30.06.2001, die zugleich das Liquidationsergebnis darstelle, lasse erkennen, dass beim Kläger nach Verrechnung mit allen offenen Positionen ein Betrag in Höhe von 347.030,61 DM verbleibe, den er aus seinem privaten Vermögen zu begleichen gehabt habe.

10

Die beiden vorgelegten Schreiben der Sparkasse R datieren beide vom 21. Mai 2001. Ein Schreiben ist an den Kläger persönlich und ein Schreiben ist an die GmbH i.L. bzw. den Kläger als Liquidator gerichtet. In dem Schreiben an den Kläger wird Folgendes ausgeführt:

11

„Sehr geehrter Herr H.,

Sie haften mit der Grundschuld in Höhe von 700.000,00 DM lastend auf Ihrem Wohn- und Geschäftshaus in I., F-Straße ... für die Verbindlichkeiten der Innenausstattung  GmbH.

Laut Handelsregistermitteilung vom 27.03.2001 ist die Gesellschaft aufgelöst. Zum Liquidator wurde Herr M. H., geb. am ..., bestellt.

Das in der Anlage beigefügte Schreiben, das wir an die GmbH geschickt haben, erhalten Sie zur Kenntnisnahme.“

12

Das Schreiben an die GmbH i.L. lautet wie folgt:

13

„Sehr geehrte Damen und Herren,

(...) In unserem Hause unterhält die GmbH derzeit nachstehende Konten mit folgenden Salden:

Darlehen Nr. 6...753           

aktuelle Restschuld DM 87.055,15

Kontokorrentkredit Nr. ...249           

zugesagte Kreditlinie DM 140.000,00

derzeitige Inanspruchnahme DM 159.568,56

Die Verbindlichkeiten werden besichert durch erstrangige Grundschuld in Höhe von DM 700.000,00 auf dem Wohn- und Geschäftshaus (...) - Eigentümer M. H. -.

Hinsichtlich der Liquidation bitten wir um Vorlage eines Konzeptes über die Restabwicklung der Innenausstattung H GmbH i.L. bis spätestens 05.06.2001. Bis dahin werden wir unsere Kreditzusagen in der bisherigen Form aufrechterhalten. Darüber hinaus bitten wir um Rückführung der Kontoinanspruchnahme bei Konto Nr. ...249 in Höhe von derzeit DM 159.568,56 in die zugesagte Linie von DM 140.000,00. Den Sicherungsgeber, Herrn Manfred H, werden wir über den Sachstand gesondert informieren. Er erhält eine Mehrausfertigung dieses Schreibens zur Kenntnisnahme.“

14

In dem ebenfalls vorgelegten Kauf und Darlehensvertrag vom 2. Januar 1981 vereinbarten der Kläger und die GmbH Folgendes:

1. Der Kläger verkauft der GmbH „seinen Innenausstattungsbetrieb, den er bis 31.12.1980 in der Form eines Einzelunternehmens geführt hat“ zum Gesamtpreis von 118.650 DM (brutto).

2. Der Kaufpreis „wird in ein Darlehen umgewandelt“, „die Rückführung der Darlehenssumme erfolgt je nach der Geschäftslage“ und „das Darlehen ist, vorbehaltlich einer Vertragsverlängerung, spätestens nach Ablauf von 15 Jahren nach Vertragsschluss zurückzuzahlen“.

15

Mit Schreiben vom 11. Juni 2004 (Blatt 70 f. der ESt-Akte 2001) teilte der Prozessbevollmächtigte ergänzend mit, der vom Kläger übernommene Verlust nach § 17 EStG ermittle sich wie folgt:

16

Liquidationsergebnis:

17

Verbindlichkeiten

        

Sparkasse R

 182.287,04 DM

Sparkasse R

   83.824,20 DM

Daimler Benz

   15.193,90 DM

Lieferungen und Leistungen

        572,01 DM

Abschlusskosten

     5.000,00 DM

Gez. Kapital

   50.000,00 DM

Verrechnungskonto

   61.151,61 DM

Sonstige Verbindlichkeiten

  . ......71,73 DM

Darl. M. H.

   67.538,90 DM

Umsatzsteuer 2001

   20.388,75 DM

Umsatzsteuer Vorjahr

     5.169,40 DM

Umsatzsteuer frühere Jahre

     9.309,97 DM

Forderungen

-153.557,34 DM

Kassenbestand

       -319,26 DM

Verlustübernahme

347.030,61 DM

18

Zur Ermittlung des Verlustes seien alle Forderungen bzw. Guthaben mit den Verbindlichkeiten verrechnet worden. Wie den in Anlage beigefügten Kontoblättern des neu gegründeten Einzelunternehmens zu entnehmen sei (Blatt 72 bis 75 der ESt-Akte 2001), sei die Übernahme der Verbindlichkeiten durch Entnahmen erfolgt. Alle Zahlungen, die im Zusammenhang mit der liquidierten GmbH gestanden hätten, seien als Entnahmen bzw. alle Gutschriften als Einlagen gebucht worden. Durch das Verbuchen der Zahlungsvorgänge im Einzelunternehmen auf „Privatkonten“ sei die Übernahme klar und nachvollziehbar dokumentiert.

19

Dem vorgenannten Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers war auch die Kopie von zwei Kontoauszügen (Nr. 5 und 6) beigefügt, und zwar zu dem Konto der GmbH i.L. mit der Nr. ...249 (Blatt 76 der ESt-Akte 2001). Diesen Auszügen ist zu entnehmen, dass sich das Konto am 20. Februar 2002 mit 80.518,05 € im Soll befand und dass nach diesem Zeitpunkt drei Abbuchungen erfolgten, unter anderem eine Umbuchung auf das Darlehenskonto der GmbH mit der Nr. 6...753 i.H.v. 1.022,58 €. Das Konto mit der Nr. ...249 wurde nach einer am 14. März 2002 erfolgten Einzahlung über 82.998,83 € am Folgetag (15. März 2002) gelöscht.

20

Mit Bescheid vom 6. Juli 2004 lehnte der Beklagte die Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2001 ab. Zugleich wurde der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 Satz 1 AO aufgehoben.

21

Am 14. Juli 2004 legte der Kläger Einspruch ein und beantragte erneut einen Verlustfeststellungsbescheid auf den 31. Dezember 2001. Bei einer Steuerfestsetzung von Null sei zwar eine Beschwer in der Regel nicht gegeben. Hier liege aber eine Ausnahme vor. Es werde ein höherer Verlustvortrag beantragt. Damit eine Änderung des Verlustfeststellungsbescheides möglich sei, müsse der Einkommensteuerbescheid noch abänderbar sein. Aufgrund der Unsicherheit über die verfahrensrechtliche Vorgehensweise nach § 10 d EStG habe er gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch eingelegt.

22

Er legte ergänzend folgende Unterlagen vor (Blatt 93 bis 95 der ESt-Akte 2001):

- Die Kopie eines Kontoauszuges zu dem Darlehen der GmbH i.L. mit der Nr. 6...753 vor (Auszug 6 Blatt 1 und 2), dem zu entnehmen ist, dass monatlich ein „Leistungseinzug“ in Höhe von 1.022,58 € verbucht wurde und dass eine Gutschrift über 5.000 € sowie eine Sondertilgung über 2.000 € erfolgten. Der Kontostand zum 31.12.2002 betrug 20.302,47 €.

- Eine an die „Innenausstattung H GmbH“ adressierte „Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt für 2002“, ausgestellt von der DaimlerChrysler Bank am 22. Januar 2003, in der Bezug nehmend auf die angegebene Vertragsnummer und das angegeben KFZ-Kennzeichen der Saldo dieses Vertrages zum 31. Dezember 2002 (- 1.144,74 €) bestätigt und ausgeführt wird, der Saldo ergebe sich aus dem Saldo des Vorjahres abzüglich der im Jahr 2002 gezahlten Tilgungsanteile.

23

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2007 verwarf der Beklagte den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2001 als unzulässig, da bei einer Steuerfestsetzung auf 0 DM/€ grundsätzlich keine Beschwer bestehe und der Kläger gleichzeitig mit der Einlegung des Einspruchs den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides auf den 31. Dezember 2001 beantragt habe.

24

Gegen diese Einspruchsentscheidung hat der Kläger am 1. August 2007 beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 5 K 2052/07 geführt wird, mit Beschluss vom 22. Juli 2008 aber zum Ruhen gebracht wurde, bis über den Antrag des Klägers auf Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides nach § 10 d Abs. 4 EStG auf den 31. Dezember 2001 bestands- bzw. rechtskräftig entschieden ist.

25

In dem beim Beklagten sodann fortgeführten Verfahren über den Antrag des Klägers zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2001 forderte der Beklagte mit Schreiben vom 19. Mai 2008 - auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Teil I Blatt 26 bis 29 der ESt-Akte „Verlustfeststellungsbescheid“) - die Vorlage weiterer Unterlagen und Nachweise und wies den Kläger u.a. auf Folgendes hin:

26

Nach der vorliegenden Rechnung der H GmbH vom 30. Juni 2001 (Teil I Blatt 30 bis 33 der ESt-Akte „Verlustfeststellungsbescheid“) seien Vermögensgegenstände aus dem Betriebsvermögen der GmbH für 140.327,95 DM (brutto) an den Kläger übertragen worden. Gegenleistung sei die Übernahme von Bankverbindlichkeiten aus dem Girokonto Nr. 31002249 bei der Sparkasse R gewesen. Ungeklärt sei, wie die Werte der Wirtschaftsgüter ermittelt worden seien und ob es sich dabei um den gemeinen Wert gehandelt habe. Der Kassenbestand und die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen seien – soweit sie an den Kläger geleistet bzw. mit der Übernahme von Verbindlichkeiten verrechnet worden seien - als Einnahme zu erfassen. Im Übrigen könnten zwar auch Zahlungen, die der Gesellschafter nach dem Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft (ohne zuvor begründete Verpflichtung) zur Tilgung von Verbindlichkeiten leiste, nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung sein (Verweis auf BFH-Urteil vom 09. Februar 1998, BFH/NV 1998, 955 und vom 12.10.1999, BFH/NV 2000, 561). Entsprechende Tilgungsnachweise lägen bislang nicht vor. Kontoauszüge aus der Buchhaltung seien dafür nicht ausreichend. Auch für Verluste aus Finanzierungsmaßnahmen des Klägers (Darlehen/Bürgschaft) müssten die entsprechenden Nachweise (Verträge, Zahlungsnachweise mittels Vorlage von Bankkontoauszügen des Klägers) vorgelegt werden.

27

In der genannten Rechnung der H GmbH vom 30. Juni 2001 (Teil I Blatt 30 bis 33 der ESt-Akte „Verlustfeststellungsbescheid“) wird am Ende Folgendes ausgeführt:

28

 „Die Zahlung erfolgt gegen Übernahme der Bankverbindlichkeiten des Girokontos Nr. ...249 BLZ ... in Höhe von 140.327,95 DM.“

29

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 16. März 2009 lehnte der Beklagte den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides zum 31. Dezember 2001 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses (Gesellschafterbeschluss vom 19. Januar 2001) vermögenslos gewesen sei. Die Beendigung der Liquidation der H GmbH sei am 17. November 2003 in das Handelsregister eingetragen und gleichzeitig die Firma gelöscht worden. Dies habe die Vollbeendigung der Gesellschaft zur Folge gehabt und der Auflösungsverlust sei nicht im Veranlagungszeitraum zu 2001 anzusetzen.

30

Dagegen legte der Kläger am 24. März 2009 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2009 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

31

Am 22. Juni 2009 hat der Kläger Klage erhoben.

32

Er bzw. sein Prozessbevollmächtigter ist der Auffassung, dass der geltend gemachte Auflösungsverlust im Jahr 2001 realisiert worden sei. Im Jahr 2001 sei nach Schuldenbegleichung und der Auskehrung des Vermögens nicht mehr damit zu rechnen gewesen, dass dem Gesellschafter noch ein Betrag ausgekehrt werde. Dies sei durch die Liquidationsbilanz auf den 30.Juni 2001 zum Ausdruck gebracht worden. Zutreffenderweise hätte die Bilanz nicht als Liquidationseröffnungsbilanz, sondern als Liquidationsschlussbilanz bezeichnet werden müssen. Die Liquidation sei mit der Übernahme der Wirtschaftsgüter abgeschlossen gewesen. Wie der Bilanz zum 30. Juni 2001 zu entnehmen sei, seien kein Anlagevermögen und kein Warenbestand mehr vorhanden gewesen. Im Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses über die Liquidation sei die GmbH vermögenslos gewesen, wie sich aus der Bilanz zum 30. Juni 2001, den beigefügten Konten (Schreiben vom 11. Juni 2004) und dem Jahresabschluss des Einzelunternehmens zum 31. Dezember 2001 ergebe. Das Einzelunternehmen habe den Nettoschuldensaldo in Höhe von 346.630,61 DM übernommen. Aufgrund der bestellten Grundschuld habe der Kläger die Schulden übernehmen müssen, denn er hätte sie sowieso zahlen müssen. Somit habe schon im Jahr 2001 der Auflösungsverlust dem Grunde und der Höhe nach endgültig festgestanden. Streitig sei somit nur noch, in welcher Höhe Gesellschafterdarlehen als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung anerkannt werden könnten.

33

Die Liquidationsbilanz zum 30. Juni 2001 habe kein Anlagevermögen und keinen Warenbestand mehr enthalten. Der Kläger habe zum 1. Juli 2001 eine Tätigkeit als Innenausstatter aufgenommen. Dabei seien die Wirtschaftsgüter der GmbH auf das Einzelunternehmen übertragen worden. Die Wertermittlung ergebe sich aus den Anlageverzeichnissen der GmbH und des Einzelunternehmens, die dem Beklagten zusammen mit den Jahresabschlüssen und Steuererklärungen eingereicht worden seien. Dem Schreiben an den Beklagten vom 11. Juni 2004 seien die Buchhaltungskonten des Einzelunternehmens (Konten 2100, 2180 aus 2001 sowie Konten 2100 und 2180 aus 2002) beigefügt worden, aus denen sich die Geschäftsvorfälle zur Übertragung der Wirtschaftsgüter von der GmbH auf das Einzelunternehmen ergäben.

34

Die Sparkasse R habe mit Schreiben vom 21. Mai 2001 die aktuellen Schuldenstände von 87.055,15 DM und 159.568,56 DM festgestellt. Diese Kredite der GmbH seien durch eine Grundschuld in Höhe von 700.000 DM auf dem bebauten Grundstück des Klägers besichert worden (Verweis auf eine Zweckerklärung vom 7. März 1997).

35

Die Umsatzsteuernachzahlung für 2001 ergebe sich aus der GmbH-Akte, die dem Beklagten vorliege. Klageverfahren, bei denen die GmbH Beteiligte gewesen sei, seien keine anhängig gewesen.

36

Zur Höhe der geltend gemachten nachträglichen Anschaffungskosten werde Folgendes mitgeteilt:

37

Zum 31. Dezember 1995 habe das Eigenkapital 17.244,54 DM betragen und habe somit unter 25.000 DM (der Hälfte von 50.000 DM) gelegen, so dass zu diesem Zeitpunkt die Krise gegeben gewesen sei. Die Darlehenshingaben ab diesem Zeitpunkt stellten damit in der Krise hingegebene Darlehen dar und seien in der Höhe des Nennwerts anzusetzen (81.866,82 € während der Krise gewährte Darlehen).

38

Die gesamte Schuldenübernahme sei im Jahr 2001 erfolgt. Somit seien diese Beträge in Höhe ihres Nennwertes von 346.630,61 DM anzusetzen. Die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 vorgelegten Nachweise seien entgegen der Auffassung des Beklagten ein Nachweis für die Anerkennung des Verlustes nach § 17 EStG. Zum einen sei die Buchführung der Besteuerung zugrunde zulegen, zum anderen handele es sich um Geschäftsvorfälle, die einer buchtechnischen Behandlung in Form des Verbuchens bedürften. Die Übernahme von Wirtschaftsgütern beeinflusse das Eigenkapital. Eigenkapitalveränderungen würden bei Einzelunternehmen in den Einlagen oder Entnahmen erfasst. Dies sei geschehen. Die nachträglichen Zahlungen stellten rückwirkende Ereignisse i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Die Zahlungen seien alle an fremde Dritte erfolgt, u. a. an den Beklagten.

39

Der Kläger habe der GmbH mit Übertragungs- und Darlehensvertrag vom 2. Januar 1981 ein Darlehen in Höhe von 118.650 DM gewährt, das je nach Geschäftslage habe zurückgeführt werden sollen. Zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1995 sei mehr als die Hälfte des Stammkapitals von 50.000 DM aufgebraucht gewesen, da es nur noch 17.244,54 DM betragen habe. Die Jahresabschlüsse der GmbH lägen dem Beklagten vor, Veranlagungsfinanzamt der GmbH sei das FA B. Zum 30. Juni 2001 setzte sich der Darlehensbetrag aus den Buchhaltungskonten 1310 und 3510 (61.151,61 DM und 67.538,90 DM) zusammen. Das Gesellschafterdarlehen sei somit allein vom 31. Dezember 1995 bis zum 30. Juni 2001 um 81.866,82 DM gestiegen. Bei dem zum 31. Dezember 1995 gewährten Darlehensbetrag in Höhe von 46.823,69 DM handele es sich um ein in der Krise stehen gelassenes Darlehen. Zu diesem Zeitpunkt hätten 64.068,23 DM an Nettowirtschaftsgütern für die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens bestanden (Berechnung Bl. 38 der Gerichtsakte). Somit sei am Beginn der Krise das Gesellschafterdarlehen voll werthaltig gewesen. Eine Bewertung mit 0 DM sei deshalb nicht gerechtfertigt und die Forderung mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

40

Im Übrigen sei aufgrund der Höhe des Darlehens aus dem Jahr 1981 ersichtlich, dass der Gesellschafter das Darlehen auch in der Krise nicht habe abziehen wollen. Es komme nicht nur auf die Vereinbarungen im Gesellschafts- und im Darlehensvertrag an, sondern auf die gesamten Umstände zum Zeitpunkt der Darlehenshingabe und auf den tatsächlichen Willen. Nach dem Darlehensvertrag vom 2. Januar 1981 habe die Rückführung je nach Geschäftslage erfolgen sollen. Diese Formulierung sei dahin gehend auszulegen, dass das Darlehen in der Krise habe stehen bleiben sollen. Der Betrag in Höhe von 46.823,69 DM stelle somit auch ein krisenbestimmtes Darlehen dar. Auf der Grundlage des BFH-Urteils vom 4. November 1997 (VIII R 18/94, BStBl 1999, II S. 344) handele es sich bei dem Darlehen auch um ein sog. Finanzplandarlehen:

41

Das Darlehen sei für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks unentbehrlich gewesen. Der Darlehensvertrag vom 2.Januar 1981 sei im Rahmen der Gesellschaftsgründung geschlossen worden. Eine feste Tilgung sei nicht vereinbart worden. Das Darlehen sei für die Gesellschaftsfinanzierung unentbehrlich gewesen. Ein fremder Kreditgeber hätte der GmbH bei einem Stammkapital von 50.000 DM keine Grundschuld über maximal 700.000 DM (das 14fache des Stammkapitals) bestellt. Aufgrund fehlender Sicherheiten kurze Zeit nach der Gründung sei die Gesellschaft nicht kreditwürdig gewesen. Es habe sich somit um einen besonders günstigen Kredit i. S. d. Urteils des FG Rheinland-Pfalz vom 24. November 2003 5 K 2547/00 gehandelt. Es seien weder Sicherheiten gestellt worden noch eine feste Tilgung vereinbart worden. Das Darlehen sei zwar auf 15 Jahre abgeschlossen, aber es habe eine flexible Tilgung gegeben, die bis zum Laufzeitende nicht vollständig ausgeschöpft werden sei. Das unveränderte Stehenlassen von 40 % des ursprünglichen Darlehens bestätige die Annahme, dass das Darlehen von Anfang an anlagegleichen Charakter hätte haben sollen.

42

Zu der Frage, ob – wie der Beklagte meine – ein Liquidationsergebnis in 2001 zugeflossen sei, werde darauf hingewiesen, dass der Nichtanwendungserlass des BFH-Urteils vom 25. Juni 2009 mit dem BMF-Schreiben vom 15. Februar 2010 (BStBl 2010 I S. 181 vom BFH) für nicht anwendbar erklärt worden sei, so dass diese Rechtsgrundsätze unstreitig angewendet werden könnten. Der Versuch, zu erfahren, ob Gewinnausschüttungen erfolgt seien, sei leider gescheitert, da der angeforderte Kontoauszug nicht erteilt worden sei, so dass dazu keine Feststellungen hätten getroffen werden können. Zumindest seit 1998 seien keine Gewinnausschüttungen erfolgt. Für die Zeit davor seien die Aufbewahrungspflichten abgelaufen, so dass dies nicht sicher festgestellt werden könne. Für die Jahre 1995 bis 1997 dürften keine Ausschüttungen erfolgt sein, da das Stammkapital schon – teilweise – aufgebraucht gewesen sei. Ein steuerpflichtiges Liquidationsergebnis sei bei einem negativen Eigenkapital von mehr als 200.000 DM ausgeschlossen. Dafür sei zudem der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Eine Entscheidung dazu sei zudem nur nötig, sofern der Liquidationsabschluss nach dem 31. Dezember 2001 wäre, denn im Jahr 2001 habe noch nicht das Halbeinkünfteverfahren gegolten (BFH-Urteil vom 27. März 2007 VIII R 25/05).

43

Mit Schreiben vom 20. November 2009 wies das Gericht darauf hin, dass aus den in der Einspruchsentscheidung bereits dargelegten Gründen das Streitjahr 2001 nicht Verlustentstehungsjahr gewesen sei. Dies könne allenfalls in 2002 und wohl eher noch in 2003 gewesen sein. Um dies beurteilen zu können, müsse der Liquidator, also der Kläger, einen entsprechenden Liquidationsbericht vorlegen und zudem Nachweise vorlegen, wann er als Bürge bzw. aus privat gestellten Sicherheiten in Anspruch genommen worden sei bzw. die Inanspruchnahme angekündigt worden sei.

44

Mit Schreiben vom 12. Januar 2010 wandte sich das Gericht an die Sparkasse R und bat um Mitteilung, ob das im Schreiben der Sparkasse vom 21. Mai 2001 (das in Anlage beigefügt war) genannte Konzept über die Restabwicklung vorgelegt worden sei. Mit Schreiben vom 15. März 2010 wurde die Sparkasse R an die Beantwortung des gerichtlichen Schreibens erinnert.

45

Eine Antwort der Sparkasse erfolgte nicht.

46

Stattdessen legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 22. März 2010 folgendes Schreiben der Sparkasse R an den Kläger vom 12. Februar 2010 (Bl. 106 der Gerichtsakte) vor:

47

„Innenausstattung H GmbH

Kontonr. ...096

        

Sehr geehrter Herr H.,

gerne bestätigen wir Ihnen, dass das Konto Nr. ...096 vom 24. April 1996 bis 2. Oktober 1997 als Terminkreditkonto geführt wurde.

        

Mit freundlichen Grüßen“

48

Mit Schreiben vom 27. April 2010 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, er beantrage die Aufhebung des Ablehnungsbescheides nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO, da weitere umfangreiche Sachaufklärung notwendig sei. Die Frist nach § 100 Abs. 3 Satz 5 FGO sei noch nicht angelaufen, da die Unterlagen vom Beklagten bisher unvollständig übermittelt worden seien. Es fehlten z. B. die Jahresabschlüsse der GmbH.

49

Das Gericht wies den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 4. Mai 2010 darauf hin, dass mit dem Schreiben des Beklagten vom 12. November 2009 auch 7 Bände Steuerakten übersandt wurden.

50

Daraufhin erklärte der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter, durch die Übernahme aller Wirtschaftsgüter (positiver wie negativer) sei die Liquidation abgeschlossen gewesen und der Gesellschafter habe gewusst, was auf ihn zukomme. Die Umstände über die Zuteilung des Vermögens – hier im Saldo negativ – hätten schon im Jahr 2001 festgestanden. Die Liquidation sei im Jahr 2001 abgeschlossen gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass die GmbH im zweiten Halbjahr 2001 keiner werbenden Tätigkeit mehr nachgegangen sei.

51

Die Umsatzerlöse 2001 hätten zu knapp 50 % aus der Übernahme der Vorräte durch das Einzelunternehmen resultiert. Mithin sei im Jahr 2001 der Realisationszeitpunkt gewesen. Im Übrigen sei der Beklagte beweis- und darlegungspflichtig für die behaupteten stillen Reserven, da sie steuererhöhend wirken könnten. Weshalb der Beklagte die Grundschuldbestellungsurkunde anfordere, sei nicht nachvollziehbar. Der Grundbuchauszug vom 30. November 1981 liege in Kopie diesem Schreiben bei; aus diesem ergebe sich, dass die Grundschuld tatsächlich ins Grundbuch eingetragen worden sei. Der Einwand des Beklagten, dass die Zuteilung auf einer fehlerhaften Bilanz beruhe, sei unzutreffend. Um eine zutreffende Abgrenzung der Ergebnisse der GmbH und des Einzelunternehmens zu erreichen, seien die steuerpflichtigen Vorgänge in der GmbH verbucht worden. Der Verkauf des Vorratsvermögens von 76.172,37 DM habe zu einem Bruttobetrag (inklusive Umsatzsteuer) von 88.359,95 DM geführt. Damit sei die Umsatzsteuer noch bei der GmbH erfasst worden. Ferner sei das Anlagevermögen mit einem Wert von 44.800 DM (Konto 4845) zu einem Bruttobetrag von 51.968 DM erfasst worden. Damit sei sowohl für die Umsatzsteuer als auch für die Ertragssteuern die GmbH steuerlich vollständig erfasst gewesen. Forderungen und Verbindlichkeiten würden zum Nennwert bewertet, so dass es unerheblich gewesen sei, ob sie in der Bilanz der GmbH noch erfasst worden seien oder nicht, denn es habe keine Auswirkungen auf das Liquidationsergebnis. Dies sei Sinn und Zweck der vorgelegten Liquidationsbilanz, die statt Liquidationseröffnungsbilanz zutreffender als Liquidationsschlussbilanz hätte bezeichnet werden müssen. Die Werte für das Anlagevermögen ergäben sich aus dem beigefügten Verzeichnis, was eine Zusammenfassung der Anlageverzeichnisse der GmbH zum 30. Juni 2001 und des Einzelunternehmens zum 1. Juli 2001 darstelle.

52

Die Frage des Beklagten, was aus den 153.557,34 DM an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen geworden sei, sei durch den dargelegten Verkauf des Vorratsvermögens und des Anlagevermögens geklärt: Davon seien 140.327,95 DM (= 88.359,95 DM + 51.968 DM) solche gegenüber dem Gesellschafter gewesen.

53

Entscheidend sei, dass der Kläger eine insolvenzfreie Auflösung durchgeführt habe. Dadurch habe er die Verbindlichkeiten übernommen. Die Übernahme der Darlehen lasse sich aus den in Anlage beigefügten Kontoauszügen der Sparkasse R und der Daimler-Crysler Bank nachweisen. Das Konto mit der Nr. ...249 bei der Sparkasse R sei am 15. März 2002 aufgelöst worden, nachdem einen Tag zuvor Frau H. 82.998,83 € bar eingezahlt habe. Das Geld habe vom Konto der Deutschen Bank gestammt. Obwohl dieser Betrag nicht vom Kläger, sondern von seiner Ehefrau eingezahlt worden sei, sei ein Abzug im Rahmen des § 17 EStG möglich, denn entweder handele es sich um eine Schenkung von ihr auf ihn oder um einen abgekürzten Zahlungsweg.

54

Unstreitig handele es sich bei dem Konto ...249 um eine Verpflichtung des Klägers, wie sich aus dem Schreiben der Sparkasse R vom 21. Mai 2001 ergebe.

55

Am 31. Oktober 2003 habe der Kläger von seinem Konto bei der Sparkasse R (Konto Nr. ...860) Umsatzsteuer für 2001 überwiesen. Im Übrigen bestünden hinsichtlich der Umsatzsteuerzahlung 2001 erhebliche Unklarheiten. Bei der für den Beklagten zuständigen Finanzkasse sei mit Schreiben vom 27. August 2009 ein Kontoauszug erbeten worden. Dieser sei bis heute nicht erteilt. Ungeklärt sei, ob Nachzahlungen mit Erstattungsansprüchen der Kläger verrechnet worden seien, hierfür seien weitere umfangreiche Sachaufklärungen nötig. Da der Zahlungseingang in den Einflussbereich des Beklagten falle, sei er auch im Klageverfahren zur Amtsermittlung verpflichtet. Deshalb werde beantragt, den Ablehnungsbescheid nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO aufzuheben.

56

Im Übrigen sei das Ergebnis der Bilanz zum 30. Juni 2001 mit Rücksicht auf folgende Zahlungen des Klägers zu ändern:

57

Vom Konto des Klägers bei der Sparkasse R mit der Nr. ...860 seien am 03.07.2002 13 € Zinsen zur Umsatzsteuer 2000 der GmbH überwiesen worden, am 6. Mai 2002 für die GmbH Umsatzsteuer für das Quartal 2000 in Höhe von 2.643,07 €, am 5. Juni 2002 Steuerberaterhonorar 2.366,40 €.

58

Folgende Unterlagen – auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird – legte der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter im Klageverfahren vor:

        

- Die Kopie des Fahrzeugbriefs für das Fahrzeug der GmbH mit dem amtl. Kennzeichen MZ – ... .

        

- Kontoauszüge zu dem Konto des Klägers bei der Sparkasse R mit der Nr. ...860 für das Jahr 2002 (ersichtlich u.a. Abbuchungen/Überweisungen zu Gunsten der Daimler-Crysler-Bank und auf das Darlehenskonto der GmbH mit der Nr. 6...753; Bl. 150 bis 161 der Gerichtsakte).

- Die „Zweckerklärung für Grundschulden“ vom 7. März 1997 (Bl. 80 f. der Gerichtsakte), wonach die auf dem Anwesen des Klägers in I, Grundbuchblatt ..., Flur ..., Parzelle ... lastende Grundschuld über 700.000 DM „zur Sicherheit für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Sparkasse gegen den Sicherungsgeber und/oder die Firma Innenausstattung H GmbH, F-Str. Hausnummer, I“ dient.

- Ein Schreiben der Sparkasse R an die GmbH vom 11. März 1997 (Bl. 133 der Gerichtsakte), wonach der Terminkredit (Kontonr. ...096) von 50.000 DM auf 150.000 DM erhöht wurde, mit dem Hinweis, dass die für das Gesamtengagement gestellten Sicherheiten auch für diesen Kredit haften würden. Der Kreditbetrag sei heute zur Gutschrift auf das Girokonto Nr. ...249 weitergeleitet worden.

        

- Ein Schreiben der Sparkasse R vom 14. April 1997 an die Firma Innenausstattung H GmbH (Bl. 132 der Gerichtsakte), in dem Bezug genommen wird auf einen „Terminkredit in Höhe von 150.000 DM“ (Kontonr. ...096) und in dem ausgeführt wird, vorgenannter Terminkredit sei vereinbarungsgemäß für 30 Tage verlängert worden. Sofern der Terminkredit am Ende der Laufzeiten nicht erneut verlängert werde, werde der Kreditbetrag zuzüglich angefallener Zinsen “Ihrem laufenden Konto Nr. ...249“ belastet.

        

- Ein Darlehensvertrag über 150.000 DM (Umwandlung Terminkredit in Tilgungsdarlehen) zwischen der Sparkasse R und der Innenausstattung H GmbH (Konto Nr. 6...753) vom 9. September 1997 (Bl. 78 f. der Gerichtsakte). Als Sicherheit wurde eine erstrangige Grundschuld in Höhe von 700.000 DM auf dem Wohnhaus des Klägers „gemäß Zweckerklärung vom 9. September 1997“ vereinbart.

        

- Ein Schreiben der Sparkasse vom 5. Oktober 1999 (Bl. 74 f. der Gerichtsakte) an den Kläger (persönlich), in dem Bezug nehmend auf „Ihr Darlehen Nr. 6...519 über 50.000 DM“ ausgeführt wird, gerne werde dem Kläger das von ihm beantragte Darlehen von 50.000 DM zur Verfügung gestellt. Der dem Kläger zusätzlich zur Verfügung gestellte Überziehungskredit von 125.000 DM auf seinem Kontokorrentkonto Nr. ...249 der Innenausstattung H GmbH sei bis zum 31. Januar 2000 befristet. Man wolle den Kläger bereits heute darauf hinweisen, dass die Sparkasse einer erneuten Kreditierung nicht zustimmen könne, wenn ihr bis zu diesem Zeitpunkt nicht der Jahresabschluss 1996, 1997 und 1998 sowie die aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung – mindestens für September 1999 – inklusive Summen- und Saldenliste vorliege.

        

- Die „Zweckerklärung für Grundschulden“ vom 10. November 2000 (Blatt 72 f. der Gerichtsakte), wonach die auf dem Anwesen des Klägers lastende Grundschuld in Höhe von 700.000 DM als Sicherheit für alle Forderungen der Bank gegen die H GmbH aus dem Kontokorrentkredit mit der Nr. ...249 in Höhe von 140.000 DM vom 10. November 2000 dient.

        

- Die „Zweckerklärung für Grundschulden“ vom 10. Juli 2001 (Blatt 67 f. der Gerichtsakte), wonach die vorbezeichnete Grundschuld in Höhe von 700.000 DM zur Sicherung für alle Forderungen der Bank gegen die H GmbH aus dem Konto mit der Nr. 6...753 über 83.824,20 DM und aus dem Konto ...249 über 100.000 DM „sowie derzeit genehmigte und künftige Überziehungen in Höhe von bis zu 100.000 DM“ dient.

        

- Einen Kontoauszug zu dem Konto der GmbH mit der Nr. ...249 (Bl. 136 der Gerichtsakte), in dem der Kontostand am 4. Februar 2002 mit ./. 79.813,22 € ausgewiesen ist und in dem eine Buchung vom 31. Januar 2002 aufgeführt ist über eine Umbuchung in Höhe von 1.022,58 € zu Lasten dieses Kontos und zu Gunsten des Darlehenskontos der GmbH mit der Nr. 6...753.

59

Mit Schriftsatz vom 2. September 2010 wurde ergänzend noch vorgetragen, dass der Auflösungsverlust auch deshalb in 2001 entstanden sei, weil im Jahr 2001 die Gewerbeabmeldung erfolgt sei, ab Juli 2001 das Veranlagungssignal gelöscht und für 2002 keine Veranlagung mehr durchgeführt worden sei.

60

Im Übrigen werde beantragt, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, falls die Klage wegen des Verlustzeitpunktes abgewiesen werden sollte, weil das Verfahren dann nicht nötig gewesen wäre. Denn der Beklagte habe den Verlust der Stammeinlage während des gesamten fünfjährigen Einspruchsverfahrens - selbst noch in der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2009 - im Jahr 2001 angesetzt und so den Kläger im Glauben gelassen habe, dass 2001 das richtige Jahr sei. Erst im Klageverfahren sei der Beklagte von diesem Punkt abgewichen.

61

Der Kläger beantragt den Bescheid vom 16. März 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2009 aufzuheben und den zum 31. Dezember 2001 verbleibenden Verlustvortrag nach § 10 d Abs. 4 EStG auf (283.203,61 DM ./. Gesamtbetrag der Einkünfte 18.853 DM =) 264.350,61 DM festzustellen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

62

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

63

Er ist der Auffassung, Verlustentstehungsjahr sei wohl eher das Jahr 2003. Den vom Kläger vorgelegten Unterlagen könne nicht entnommen werden, dass der Realisationszeitpunkt bereits im Jahr 2001 gewesen sei.

64

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 13. September 2010 verwiesen (Blatt 199 f. der Gerichtsakte).

Entscheidungsgründe

65

Die Klage ist unbegründet.

66

Der Bescheid des Beklagten vom 16. März 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2009 ist nicht zu beanstanden, da der Beklagte zu Recht den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides zum 31. Dezember 2001 abgelehnt hat, denn der vom Kläger geltend gemachte Auflösungsverlust ist nicht im Streitjahr 2001 entstanden.

67

Nach ständiger Rechtsprechung setzt das Entstehen des Auflösungsgewinns oder -verlusts gemäß § 17 Abs. 2 und 4 EStG nicht nur die zivilrechtliche Auflösung voraus; erforderlich ist zudem, dass feststeht, ob und in welcher Höhe der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG wesentlich beteiligte Gesellschafter mit einer Zuteilung und Rückzahlung von Vermögen der Gesellschaft rechnen kann, sowie ferner, welche nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung anfallen und welche Veräußerungs-/Aufgabekosten er persönlich zu tragen hat. Ob und in welcher Höhe dem Steuerpflichtigen aus seiner Beteiligung ein Verlust entstanden ist, lässt sich im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft mit anschließender Liquidation regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation beurteilen (BFH-Urteil vom 27.11.2001 VIII R 36/00, a.a.O.; BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 52/93, BFHE 194, 120, BStBl II 2001, 286). Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungsverlust realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes nicht mehr zu rechnen ist (BFH-Urteile vom 25. Januar 2000 VIII R 63/98, BFHE 191, 115, BStBl II 2000, 343; vom 2. Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428; in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162; vom 12. Dezember 2000 VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761). Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde (BFH-Beschluss vom 27. November 1995 VIII B 16/95, BFH/NV 1996, 406, m.w.N.) oder die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses vermögenslos war (BFH-Urteil in BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344). In diesen Fällen kann die Möglichkeit einer Auskehrung von Restvermögen an die Gesellschafter ausgeschlossen werden.

68

Im vorliegenden Fall war die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses (am 19. Februar 2001) nicht vermögenslos. Zu diesem Zeitpunkt verfügte sie nämlich (mindestens) noch über das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen, das der Kläger mit Rechnung vom 30. Juni 2001 „gegen Übernahme der Bankverbindlichkeiten des Girokontos Nr. ...249 BLZ 560 501 80 in Höhe von 140.327,95 DM“ übernommen hat.

69

Zum Stichtag der Liquidationseröffnungsbilanz vom 30.06.2001 stand - nach erfolgter Veräußerung des Aktivvermögens und angesichts der Überschuldung der GmbH – zwar fest, dass der Kläger mit einer Vermögensverteilung nach § 72 GmbHG nicht rechnen konnte. Die dem Kläger entstehenden nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung standen hingegen im Jahr 2001 noch nicht fest.

70

Zu den nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches -HGB-) einer Beteiligung zählen auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste, nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, insbes. auch Darlehen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft – z.B. sog. „Finanzplandarlehen“ oder in der Krise der Gesellschaft (§ 32a Abs. 1 GmbHG) gewährte oder „stehen gelassene“ Darlehen - die eigenkapitalersetzenden Charakter haben (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 9.10.2008 IX R 60/05, a.a.O., BFH-Urteile vom 4. März 2008 IX R 78/06, BFHE 220, 446, BStBl II 2008, 575, und IX R 80/06, BFHE 220, 451, BStBl II 2008, 577). Entsprechendes gilt für die Stellung von Sicherheiten des wesentlich beteiligten Gesellschafters. Finanzierungsmaßnahmen führen mithin zu nachträglichen Anschaffungskosten, wenn sie als Ersatz für Eigenkapital zu betrachten und deshalb wie dieses gebunden sind (funktionales Eigenkapital; vgl. BFH-Urteil vom 9.10.2008 IX R 60/05, a.a.O.; BFH-Urteile vom 19. August 2008 IX R 63/05, BStBl II 2009, 5; vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, m.w.N.). Auch Zahlungen des Gesellschafters, die er ohne zuvor begründete Verpflichtung während des Liquidationsverfahrens zur Tilgung von Verbindlichkeiten der GmbH leistet, z.B. mit dem Ziel, den Konkurs über das Gesellschaftsvermögen der Firma abzuwenden, sind nachträgliche Anschaffungskosten (BFH-Beschluss vom 9. Februar 1998 VIII B 2/97, BFH/NV 1998, 955 und BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VIII R 46/98, BFH/NV 2000, 561).

71

Vor diesem Hintergrund können dem Kläger - dem Grunde nach – nachträgliche Anschaffungskosten aus folgenden Finanzierungsmaßnahmen entstanden sein:

72

1. Darlehen:

73

Laut Liquidationseröffnungsbilanz zum 30.06.2001 soll der Kläger Rückzahlungsansprüche aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen gehabt haben.

74

2. Grundschuld:

75

Das Anwesen des Klägers war mit einer Grundschuld belastet, die der Sparkasse als Sicherheit für die Verbindlichkeiten der GmbH diente. Der Kläger könnte daher aus dieser Grundschuld in Anspruch genommen worden sein.

76

3. Zahlungen ohne zuvor begründete Verpflichtung

77

Am 30. Juni 2001 hatte die GmbH laut Liquidationseröffnungsbilanz „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten“ i.H.v. 281.705,14 DM (Sparkasse R und Daimler Benz). Einen Teil dieser Verbindlichkeiten hat der Kläger als Gegenleistung für den Kauf des Anlage- und Umlaufvermögens übernommen. Dies ist der Rechnung über den Verkauf des Anlagevermögens an den Kläger vom 30. Juni 2001 zu entnehmen (mit dem Hinweis am Ende der Rechnung: „Die Zahlung erfolgt gegen Übernahme der Bankverbindlichkeiten des Girokontos Nr. ...249 BLZ ... in Höhe von 140.327,95 DM“). Soweit die Übernahme von Verbindlichkeiten der GmbH Gegenleistung des Klägers für den Kauf des Anlage- und Umlaufvermögens ist (140.327,95 DM), handelt es sich nicht um eine Finanzierungsmaßnahme des Klägers, die zu nachträglichen Anschaffungskosten führen kann. Im Übrigen – hinsichtlich der restlichen Verbindlichkeiten der GmbH - können dem Kläger allerdings nachträgliche Anschaffungskosten entstanden sein, nämlich wenn und soweit er Zahlungen ohne zuvor begründete Verpflichtung während des Liquidationsverfahrens zur Tilgung von Verbindlichkeiten der GmbH geleistet hat, z.B. mit dem Ziel, den Konkurs über das Gesellschaftsvermögen der Firma abzuwenden.

78

Ob und in welchem Umfang es sich bei dem der Gesellschaft gewährten Darlehen (Ziffer 1.) tatsächlich um nachträgliche Anschaffungskosten des Klägers gehandelt hat und/oder ob und in welchem Umfang der Kläger für Verbindlichkeiten der GmbH (gegenüber Kreditinstituten und fremden Dritten) tatsächlich als Sicherungsgeber in Anspruch genommen werden würde (Ziffer 2.) und/oder ob und in welchem Umfang der Kläger - ohne zuvor begründete Verpflichtung - Zahlungen zur Tilgung von Verbindlichkeiten der GmbH leisten werde (Ziffer 3.) stand nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen im Jahr 2001 noch nicht fest:

79

(Ziffer 1.):

80

Die geltend gemachten Rückzahlungsansprüche des Klägers aus dem der Gesellschaft gewährten Darlehen sollen aus dem Kauf- und Darlehensvertrag vom 2. Januar 1981 resultieren, mit dem der Kläger der GmbH sein Einzelunternehmen zum Gesamtpreis von 118.650 DM verkauft und den Kaufpreis „in ein Darlehen umgewandelt“ hat. In diesem Vertrag wurde allerdings Folgendes vereinbart (Blatt 55 der EStAkte 2001):

81

das Darlehen ist, vorbehaltlich einer Vertragsverlängerung, spätestens nach Ablauf von 15 Jahren nach Vertragsschluss zurückzuzahlen“.

82

Das Darlehen hätte daher in 2001 längst zurückgezahlt sein müssen, da eine „Vertragsverlängerung“ weder vorgetragen noch ersichtlich ist.

83

(Ziffer 2.):

84

Die vom Kläger vorgelegten Grundschuldzweckerklärungen zu Gunsten der Sparkasse R belegen zwar das Bestehen einer Grundschuld, aber nicht eine im Jahr 2001 (wenigstens drohende) Inanspruchnahme aus der Grundschuld. Die Sparkasse hat nämlich – jedenfalls nach den hier vorliegenden Unterlagen – im Jahr 2001 zu keinem Zeitpunkt eine Inanspruchnahme aus der Grundschuld angekündigt. In dem Schreiben der Sparkasse vom 21. Mai 2001 an den Kläger wurde er nur informatorisch auf die Grundschuld hingewiesen und im Übrigen das Schreiben vom selben Tag (21. Mai 2001) an die GmbH zur Kenntnis übersandt, in dem die GmbH aufgefordert worden war, ein „Konzept über die Restabwicklung“ vorzulegen. Bis zur Vorlage dieses Konzeptes war mithin völlig offen, ob und wenn ja in welcher Höhe die Bank den Kläger für Verbindlichkeiten der GmbH aus der Grundschuld in Anspruch nehmen werde. Auch das in der mündlichen Verhandlung (am 13. September 2010) vorgelegte Schreiben der Sparkasse vom 8. September 2010 mit dem Betreff „Innenausstattung H GmbH i.L.“ belegt keine im Jahr 2001 in konkreter Höhe drohende Inanspruchnahme des Klägers. In diesem Schreiben erklärt die Sparkasse,

85

„dass wir Sie im Falle einer Nichtrückzahlung nach erfolglosem Mahnverfahren, bzw. im Falle einer beantragten Insolvenz der Innenausstattung H GmbH i.L. aufgrund der vorhandenen Sicherheitenstellung (Grundschuldzweckerklärung: …) in Anspruch genommen hätten. Wir nehmen auch Bezug auf unser Schreiben vom 21. Mai 2001.“

86

In dem genannten Schreiben der Sparkasse vom 21. Mai 2001 wurde der Kläger – wie bereits dargelegt - nur informatorisch auf die Grundschuld hingewiesen und auch das jetzt vorgelegte Schreiben der Sparkasse vom 8. September 2010 enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass schon in 2001 festgestanden hat, ob und wenn ja in welcher Höhe die Bank den Kläger für Verbindlichkeiten der GmbH aus der Grundschuld in Anspruch nehmen werde. Zudem beantwortet auch das Schreiben der Sparkasse vom 8. September 2010 nicht die Frage, ob bzw. wann ein „Konzept über die Restabwicklung“ vorgelegt wurde oder wann und aus welchen Gründen darauf verzichtet wurde.

87

(Ziffer 3.):

88

Die Formulierung in dem Schreiben der Sparkasse vom 8. September 2010

89

„(...) dass wir Sie im Falle einer Nichtrückzahlung (...) bzw. im Falle einer beantragten Insolvenz der Innenausstattung H GmbH i.L. aufgrund der vorhandenen Sicherheitenstellung (Grundschuldzweckerklärung: …) in Anspruch genommen hätten“

90

spricht dafür, dass der Kläger Zahlungen ohne zuvor begründete Verpflichtung während des Liquidationsverfahrens zur Tilgung von Verbindlichkeiten der GmbH geleistet hat, mit dem Ziel, den Konkurs über das Gesellschaftsvermögen der Firma abzuwenden. Unterlagen, die belegen könnten, dass schon in 2001 die Höhe dieser Zahlungen festgestanden hat, wurden nicht vorgelegt. Sämtlichen Unterlagen, die der Kläger vorgelegt hat, ist nicht zu entnehmen, ob und ggf. wann und wie er sich mit der Sparkasse und den anderen Gläubigern über die Höhe oder die Art und Weise der Rückführung der Verbindlichkeiten geeinigt hat. Im Jahr 2001 war das nach den vorliegenden Unterlagen jedenfalls nicht der Fall. So ist z.B. der „Zweckerklärung für Grundschulden“ vom 10. Juli 2001 (Blatt 67 f. der Gerichtsakte) zu entnehmen, dass die Sparkasse sogar weiterhin die GmbH als Schuldner und den Kläger nur als Sicherungsgeber ansah und dass die Bank – über die bereits bestehenden Verbindlichkeiten hinaus (83.824,20 DM auf dem Konto Nr. 6...753 und 100.000 DM auf dem Konto ...249) – sogar weitere Überziehungen der GmbH zugelassen hat, denn nach der genannten Zweckerklärung diente die Grundschuld nicht nur als Sicherheit für die aktuellen Schuldensalden, sondern auch für „derzeit genehmigte und künftige Überziehungen in Höhe von bis zu 100.000 DM“. Zudem ist den vorgelegten Kontoauszügen zu entnehmen, dass die genannten Darlehenskonten der GmbH bei der Sparkasse jedenfalls auch noch im Jahr 2002 bestanden haben. Das Konto mit der Nr. ...249 wurde nämlich erst am 15. März 2002 aufgelöst (Kontoauszug Blatt 76 der ESt-Akte 2001) und das Konto mit der Nr. 6...753 (Kontoinhaber „Firma Innenausstattung H GmbH i.L.“) war sogar zum 31. Dezember 2002 (Kontostand: - 20.302,47 €) noch nicht aufgelöst oder auf einen anderen Kontoinhaber umgeschrieben (Blatt 93 der ESt-Akte 2001).

91

Vor diesem Hintergrund war auch der vom Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag, Herrn S von der Sparkasse R als Zeugen darüber zu vernehmen, wie die Kundenumstellung von der GmbH auf den Kläger erfolgt sei, abzulehnen. Denn diese Umstellung erfolgte – wenn überhaupt – jedenfalls nicht im Streitjahr 2001, da die beiden Konten der GmbH i.L. bei der Sparkasse zumindest noch in 2002 bestanden haben (s. oben). Zudem wurde mit dem Beweisantrag keine zu beweisende Tatsache unter Beweis gestellt, das Gericht wurde vielmehr ersucht, eine unbekannte Tatsache (wie die Kundenumstellung erfolgt sei) zu erforschen.

92

Nach den vorgelegten Unterlagen hat sich der Kläger im Jahr 2001 auch nicht – etwa durch Gesellschafterbeschluss oder durch eine andere Erklärung mit bindender Wirkung - zu Nachschüssen hinsichtlich der Schulden der GmbH verpflichtet oder in sonstiger Form zugesagt, der Gesellschaft (weitere) Geldmittel zum Zwecke der konkursfreien Abwicklung zuzuführen.

93

Der Kläger hat zwar erklärt, er habe eine insolvenzfreie Auflösung durchgeführt und dadurch die Verbindlichkeiten der GmbH übernommen. Bei einer insolvenzfreien Liquidation werden Verbindlichkeiten der GmbH aber nicht zwangsläufig solche des Alleingesellschafters. Nachträgliche Anschaffungskosten eines Gesellschafters für die Begleichung von Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber Dritten entstehen erst, wenn und soweit der Gesellschafter zur Begleichung dieser Verbindlichkeiten tatsächlich in Anspruch genommen wird bzw. ernstlich mit der Inanspruchnahme rechnen muss (z.B. als Sicherungsgeber) oder diese Verbindlichkeiten - ohne zuvor begründete Verpflichtung – tatsächlich begleicht. Da der Kläger – soweit ersichtlich - an die Sparkasse nur Zahlungen der zuletzt genannten Art geleistet hat und dem (in der mündlichen Verhandlung vorgelegten) Schreiben der Sparkasse vom 8. September 2010 (Betreff „Ihr Geschäftsgirokonto-Nr. ...860“) zu entnehmen ist, dass der Kläger sogar in 2003 noch solche Zahlungen geleistet hat, standen jedenfalls in 2001 die dem Kläger entstehenden (nachträglichen) Anschaffungskosten der Beteiligung noch nicht fest.

94

Die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags nach § 10 d Abs. 4 EStG zum 31. Dezember 2001 kommt somit nicht in Betracht.

95

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

96

Der Kläger hat zwar beantragt, die Kosten unabhängig vom Ausgang des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen, weil – so der Kläger - der Beklagte erst im Klageverfahren bestritten habe, dass der Auflösungsverlust in 2001 entstanden sei. Nach § 137 Satz 1 FGO können einem Beteiligten, der obsiegt hat, Kosten allerdings nur dann ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn „die Entscheidung auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen“. Der Zeitpunkt der Verlustrealisierung nach § 17 Abs. 4 EStG ist allerdings keine „Tatsache“ in diesem Sinn, sondern eine auf tatsächlichen Feststellungen beruhende rechtliche Schlussfolgerung (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761). Zudem hat der Beklagte bereits mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. März 2009 den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides zum 31. Dezember 2001 mit der Begründung abgelehnt, dass der Auflösungsverlust nicht im Veranlagungszeitraum 2001 anzusetzen sei. Hätte sich der Kläger dieser Rechtsauffassung angeschlossen, wäre das vorliegende Klageverfahren daher entbehrlich gewesen.

97

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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