Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (5. Senat) - 5 K 2260/13


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Tenor

I. Unter Aufhebung des Kindergeldbescheides vom 26.08.2013 und der Einspruchsentscheidung vom 23.09.2013 wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Monate Januar 2012 bis (einschließlich) September 2013 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten zugunsten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die dienstliche Ausbildung eines Feldwebels, der die Absicht hat Berufssoldat zu werden, eine Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz (EStG) darstellt.

2

Der Kläger ist der Vater des am 19.09.1988 geborenen B. B beendete im März 2008 seine schulische Laufbahn mit dem Abitur (Bl. 120 Kindergeldakte - KiA). Anschließend verpflichtete er sich für 12 Jahre bei der Bundeswehr (Verpflichtungserklärung vom 31.03.2008) und begann ab dem 01.07.2008 mit der Ableistung seines Grundwehrdienstes. Der Kläger erhielt Kindergeld für seinen Sohn bis einschließlich Juni 2008.

3

Mit Wirkung vom 24.11.2008 wurde B unter Berufung in ein Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Feldwebelanwärter für die Laufbahn des Truppendienstes zugelassen und zum Fallschirmjägerfeldwebel ausgebildet. Mit Urkunde vom 10.05.2011 wurde B zum Feldwebel ernannt (Bl. 155, 177 KiA). Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 30.06.2020 enden (Bl. 178).

4

In der Zeit von Januar 2012 bis Oktober 2013 gehörte B dem 2. Fallschirmjägerbataillon 263 in X an. In dieser Zeit absolvierte B durchgängig verschiedene Aus- und Weiterbildungen am Standort X sowie verschiedene mehrtägige Übungsplatzaufenthalte, u.a. in X, A, B, C, D, E, F, Frankreich, Holland und Schweden. Laut Bescheinigung und telefonischer Auskunft seines Kompanieführers wurde B während dieser Aufenthalte von einem Vorgesetzten fachlich unterwiesen und ausgebildet. Die Übungen schlossen mit einer jeweiligen Prüfung und einer dienstliche Beurteilung (Benotung) ab. In der Zeit vom 25.06.2013 bis 18.07.2013 absolvierte B außerdem einen Verwendungslehrgang (Schulung) in dem Bereich ICAO Technical Instructions for the Safe Transports of Dangerous Goods by Air ("Luftverlade"); die Kommandierungsverfügung gibt als Zweitverwendung für den Sohn des Klägers Panzerabwehrfeldwebel MILAN an. Wegen der Einzelheiten wird auf die von dem Kläger vorgelegten Nachweise Bezug genommen (Bl. 66 ff. Gerichtsakte - GA).

5

Am 24.07.2013 beantragte der Kläger ab dem 01.01.2012 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres seines Sohnes B Kindergeld. Mit Bescheid vom 26.08.2013 lehnte die Beklagte dies ab. Zur Begründung führte sie aus, die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG seien nicht erfüllt, da das Kind mit der Ernennung zum Feldwebel die Berufsausbildung beendet habe (Bl. 184 f. KiA).

6

Den dagegen am 04.09.2013 eingelegten Einspruch wies die Beklagte am 23.09.2013 mit im Wesentlichen gleicher Begründung als unbegründet zurück. Auf die Ausführungen wird Bezug genommen (Bl. 188 ff. KiA).

7

Am 21.10.2013 erhob der Kläger dagegen Klage. Zur Begründung trägt er vor, die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG lägen vor, da B sich im Streitzeitraum noch in Berufsausbildung befunden habe. Das Berufsziel seines Sohnes sei Berufssoldat. Diesen Berufswunsch habe B seit Beginn seiner Ausbildung konsequent verfolgt. Die Ernennung zum Feldwebel sei lediglich ein Zwischenschritt im Rahmen dieser Ausbildung.

8

Es sei im Streitfall zu berücksichtigen, dass B sich im Unterschied zur sog. fachlichen Feldwebellaufbahn in der sog. militärischen Feldwebellaufbahn befinde. Bei der fachlichen Feldwebellaufbahn werde parallel mit Erreichen des Feldwebelranges eine zivile Ausbildung abgeschlossen, die es dem Auszubildenden anschließend ermögliche, einen Beruf auszuüben. Demgegenüber sei die Berufsausbildung seines Sohnes mit der Ernennung zum Feldwebel nicht abgeschlossen. Denn weder verfüge B über eine abgeschlossene Ausbildung in einem zivilen Beruf noch habe er sein berufliches Ziel, nämlich die Übernahme als Berufssoldat, erreicht. Sein Sohn müsse sich deshalb weiter ausbilden lassen, d.h. Schulungen und militärische Lehrgänge besuchen, um für ein Auswahlverfahren für Berufssoldaten überhaupt zugelassen werden zu können. Dies habe der Kompaniefeldwebel seines Sohnes in einer Erklärung bestätigt. Im Übrigen ergebe sich auch aus der Entscheidung des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz vom 18.05.2009 (5 K 2144/08), dass eine militärische Ausbildung bzw. eine Offizierausbildung zur Kindergeldberechtigung führen könne.

9

Auf die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen des Kompaniefeldwebels wird Bezug genommen (Bl. 64 ff. GA).

10

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Kindergeldbescheides vom 26.08.2013 sowie der Einspruchsentscheidung vom 23.09.2013 die Beklagte zu verpflichten, ihm Kindergeld in den Monaten Januar 2012 bis September 2013 für seinen Sohn B in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

11

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

12

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gelte auch für die Ausbildung eines Soldaten auf Zeit zum Feldwebel. Der für den Feldwebelanwärter vorgesehene Ausbildungsgang verschaffe die notwendige Befähigung für den von dem Anwärter angestrebten Beruf des Feldwebels im Truppendienst. Die kindergeldrechtliche Berücksichtigung eines Feldwebelanwärters ende deshalb mit seiner Ernennung zum Feldwebel, denn die militärische Ausbildung sei damit abgeschlossen. Nach diesem Zeitpunkt sei eine Berücksichtigung für Zwecke des Kindergeldes nur noch im Rahmen einer zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung möglich. Dazu gehörten sicherlich nicht die Maßnahmen, die dazu dienten, Berufssoldat werden zu wollen. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2009 (5 K 2144/08). Insbesondere werde darin nicht dargelegt, dass das Ziel Berufssoldat werden zu wollen, eine Berufsausbildung darstelle.

13

Soweit der Kompanieführer des 2. Fallschirmjägerbataillons 263 bestätige, dass die von ihm bescheinigten Tätigkeiten und Maßnahmen für die Zulassung in einem Berufssoldatenauswahlverfahren notwendig und unabdingbar seien, sei dies nachvollziehbar. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich allerdings nicht, dass die dort aufgeführten Maßnahmen tatsächlich Ausbildungscharakter gehabt hätten. Die Aufenthalte auf Truppenübungsplätzen, die Teilnahme an Übungen sowie an Lehrgängen dienten lediglich dem Nachweis, dass der Sohn des Klägers geeignet und befähigt erscheine, an dem Auswahlverfahren für Berufssoldaten teilnehmen zu dürfen.

14

Auf den Gesprächsvermerk betreffend ein Telefonat mit dem Kompaniefeldwebel der Stammdienststelle des Sohnes des Klägers sowie die anschließend dem Gericht übersandten „Grundsätzlichen Anweisungen und Informationen Personalführung der Bundeswehr“ (GAIP) betreffend das Auswahlverfahren im Jahr 2014 zur Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten/einer Soldatin auf Zeit (SaZ) in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten/einer Berufssoldatin (GAIP) wird Bezug genommen (Bl. 77 ff. GA).

15

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist begründet.

17

Die Ablehnung des Kindergeldes für die Monate Januar 2012 bis September 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). Dem Kläger steht für diesen Zeitraum Kindergeld für seinen Sohn B zu, denn dieser wurde in dem Zeitraum für einen Beruf ausgebildet.

18

1. Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG - unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen - Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.

19

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind allerdings nur dann berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der   §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzgebung sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStG).

20

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist als Berufsausbildung  die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (ständige Rspr., z.B. BFH-Urteil vom 15.03.2012 - III R 82/10, BFH/NV 2012, 1588). Dies gilt unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungsordnung oder Studienordnung vorgeschrieben sind (z.B. BFH-Urteil vom 10.05.2012 - VI R 72/11, BStBl II 2012, 895 m.w.N.). Unerheblich ist auch, ob das Kind beabsichtigt, den erlernten Beruf tatsächlich später auszuüben (BFH-Urteil vom 08.05.2014 – III R 41/13, abgedruckt in juris, m.w.N.).

21

b) Der Begriff der Berufsausbildung ist ein eigenständiger Begriff, der grundsätzlich weit auszulegen ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.05.2012 - VI R 72/11,a.a.O.). Ein Kind wird (nur) dann nicht für einen Beruf ausgebildet, wenn nicht die Erlangung beruflicher Qualifikationen, sondern die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund steht, oder wenn - wie regelmäßig bei Freiwilligendiensten - die Erlangung sozialer Erfahrungen und die Stärkung des Verantwortungsbewusstseins und nicht die Vorbereitung auf einen Beruf bezweckt wird (BFH-Urteil vom 08.05.2014 – III R 41/13, a.a.O., m.w.N.). Die konkreten beruflichen Pläne eines Kindes können die Würdigung von Tätigkeiten beeinflussen, deren Ausbildungscharakter zweifelhaft ist, sofern ein enger Bezug zwischen ihnen und einem späteren Studium, einer betrieblichen Ausbildung oder einem angestrebten Beruf besteht. Deshalb kann z.B. ein Sprachaufenthalt im Ausland auch dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Unterricht zwar weniger als zehn Wochenstunden umfasst, aber der Auslandsaufenthalt von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorgeschrieben ist oder dazu dient, ein gutes Ergebnis in einem für die Zulassung zum angestrebten Studium oder zu einer anderweitigen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest (z.B. TOEFL oder IELTS) zu erlangen (BFH-Urteil vom 08.05.2014 – III R 41/13, a.a.O., m.w.N.).

22

c) Die Berufsausbildung umfasst nicht nur Ausbildungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Mindestvoraussetzungen für die Ausübung des gewählten Berufs zu erfüllen, sondern auch solche, die geeignet sind, die berufliche Stellung des Kindes zu verbessern (ständige Rspr., z.B. BFH-Urteil vom 04.03.2010 - III R 23/08, BFH/NV 2010, 1264 m.w.N.). Danach kann sich ein Kind auch dann in Berufsausbildung befinden, wenn es nach erfolgreicher Absolvierung einer zur Berufsausübung berechtigenden Ausbildung zusätzliche Qualifikationen erwirbt, sofern diese als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind und das Kind seine Weiterqualifizierung ernsthaft und nachhaltig betreibt (ständige. Rspr., vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. November 2000 - VI R 128/00, BStBl II 2001, 495, für ein Zusatzstudium mit dem Ziel "Master of Laws (LLM)" nach bestandenem Staatsexamen). An den Nachweis dafür, dass die weitere Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen zur Verbesserung der beruflichen Stellung geeignet ist und diese ernsthaft betrieben werden, sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Zweifel gehen nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des Kindergeldberechtigten (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.2010 - III 80/08, BFH/NV 2010, 1431).

23

d) Ein Soldat auf Zeit befindet sich in einer Berufsausbildung, wenn dieser nicht lediglich im Mannschaftsdienstgrad Dienst leistet, sondern tatsächlich eine Ausbildung erhält. Mithin ist auch bei einem Soldaten auf Zeit nach allgemeinen Grundsätzen entscheidend darauf abzustellen, ob der Ausbildungscharakter im Vordergrund der Tätigkeit steht (BFH-Urteil vom 10.05.2012 - VI R 72/11, a.a.O.). Dementsprechend sind sowohl die Ausbildung eines Soldaten auf Zeit zum Reserveoffizier, zum Offizier im Truppendienst als auch die Ausbildung eines Soldaten auf Zeit zum Fachunteroffizier als Ausbildung anzusehen, wenn feststeht, dass er tatsächlich Lehrgänge belegt und nicht lediglich im Mannschaftsdienstgrad Dienst tut (BFH-Urteile vom 08.05.2014 – III R 41/13, a.a.O.; vom 15.07.2003 - VIII R 19/02, BStBl 2007, 247 und vom 16.04.2002 - VIII R 58/01, BStBl II 2002, 523).

24

Mit Urteil vom 10.05.2012 hat der BFH entschieden, dass auch die dienstliche Vorbereitung eines Soldaten auf Zeit für seine Verwendung im Mannschaftsdienstgrad Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sein kann. Dabei stehe die Verpflichtung als Soldat auf Zeit der Annahme eines Ausbildungsverhältnisses jedenfalls zu Beginn der Verpflichtungszeit nicht entgegen (BFH-Urteil vom 10.05.2012 - VI R 72/11, a.a.O.). In dem dem BFH vorliegenden Fall war ein Soldat auf Zeit im Mannschaftsdienstgrad „Schütze“ für die Dauer von 4 Jahren eingestellt worden. Bereits zu diesem Zeitpunkt war seine Verwendung als Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE vorgesehen. Für eine solche Verwendung waren eine abgeschlossene allgemeine Grundausbildung sowie eine sich daran anschließende Kraftfahrgrundausbildung bei der Bundeswehr mit erfolgreich bestandener Fahrerlaubnis-Prüfung für Kraftfahrzeuge der Klasse CE erforderlich. Der BFH entschied, dass sich der Soldat in Berufsausbildung befunden habe, da er solche Ausbildungsabschnitte durchlaufen habe, die für seine Verwendung bei der Bundeswehr als Kraftfahrer der Erlaubnisklasse CE notwendig gewesen seien. Sowohl die allgemeine Grundausbildung als auch die sich daran anschließende Dienstpostenausbildung seien Voraussetzungen für die spätere dienstliche Verwendung des Soldaten gewesen; beide seien Abschnitte einer einheitlichen Berufsausbildung gewesen (BFH-Urteil vom 10.05.2012 - VI R 72/11, a.a.O.).

25

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze befand sich der Sohn des Klägers in den streitigen Monaten Januar 2012 bis September 2013 in Berufsausbildung, denn er wurde in diesem Zeitraum bei der Bundeswehr im Hinblick auf seine dienstliche Verwendung und sein Berufsziel ausgebildet.

26

Zwar ist B bereits am 23.07.2011 zum Feldwebel ernannt worden, nachdem er eine dreijährige Ausbildung mit der Unteroffiziersprüfung in einem allgemeinmilitärischen und einem militärfachlichen Teil (Feldwebelprüfung gemäß § 16 Abs. 2 der Verordnung über die Laufbahnen der Soldatinnen und Soldaten - SLV) erfolgreich bestanden hatte. Das von ihm verfolgte Berufsziel - die Übernahme als Berufssoldat - war damit jedoch noch nicht erreicht.

27

a) Die Tätigkeit eines Berufssoldaten ist Beruf, denn im Gegensatz zu Zeitsoldaten leisten Berufssoldaten nach Umwandlung in ein entsprechendes Dienstverhältnis aufgrund besonderer, in einem Auswahlverfahren festgestellter Qualifikationsnachweise unbefristet Dienst in der Armee (vgl. § 21 SLV). Der Senat vermag nicht der Auffassung der Beklagten zu folgen, dass die militärische Ausbildung eines Feldwebels grundsätzlich mit seiner Ernennung zum Feldwebel ende. Denn bei entsprechendem Berufsziel sind auch die Ausbildungsmaßnahmen, die Voraussetzung und/oder Grundlage für die Tätigkeit als Berufssoldat sind, als Ausbildung für einen Beruf i.S. des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG zu qualifizieren.

28

Aus den Anweisungen der Bundeswehr (GAIP) betreffend das Auswahlverfahren im Jahr 2014 zur Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten/einer Soldatin auf Zeit (SaZ) in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten/einer Berufssoldatin ergeben sich folgende fachliche Voraussetzungen für die Auswahl und Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten:

29
        

"3.1 Antragsberechtigter Personenkreis

        

Für das Auswahlverfahren sind Unteroffiziere mit Portepee antragsberechtigt,

       

- die bis zum 30. Juni (Stichtag) des Auswahljahres das 24. Lebensjahr vollenden (§ 21 SLV)

       

- die einer AVR/einer WKL bzw. einer VwdgR angehören, die in dieser GAIP für das jeweilige Auswahljahr zur  Antragstellung aufgerufen ist,

       

- für die mindestens zwei planmäßige Beurteilungen als Unteroffizier mit Portepee bis zum Vorlagetermin der Bewerbung vorliegen und

       

- deren Dienstzeitende als SaZ nicht vor dem Stichtag 30. September (einschließlich) des Auswahljahres liegt.

        

Antragsberechtigte Unteroffiziere mit Portepee werden in das Auswahlverfahren einbezogen, wenn sie sich für die Umwandlung des Dienstverhältnisses beworben oder einem entsprechenden Vorschlag der Disziplinarvorgesetzten zugestimmt haben.

      

…       

30

3.2 Beurteilungen
Für alle Bewerberinnen und Bewerber fließen die jeweils beiden letzten planmäßigen Beurteilungen für das Auswahlverfahren in die Bewertung mit ein.
Soldatinnen und Soldaten, die nicht mindestens zweimal planmäßig beurteilt wurden, sind für das Auswahlverfahren nicht teilnahmeberechtigt.

31

3.3 Potenzialfeststellung
Mit dem Potenzialfeststellungsverfahren soll eine Eignungsaussage zur Bewährungswahrscheinlichkeit für den beantragten Statuswechsel gegeben und die allgemeine Eignung für höherwertige Verwendungen festgestellt werden. Jede Bewerberin/jeder Bewerber hat einmal an einer Potenzialfeststellung (PF) teilzunehmen.
…"

32

Insgesamt fließen folgende nach festgelegtem Verhältnis im Rahmen eines Punktesystems bewertete Kriterien in das Auswahlverfahren ein (vgl. Bl. 90 GA):
Kriterium 1: Letzte Beurteilung (Leistungswert + Entwicklungsprognose)
Kriterium 2: Potenzialfeststellung
Kriterium 3: Vorletzte Beurteilung (Leistungswert + Entwicklungsprognose)
Kriterium 4: Laufbahnbeurteilung.

33

Die Ausbildung eines Kindes, die dazu dient, diesen Anforderungen bestmöglich zu genügen, ist demnach - auch dann, wenn sie rein militärisch erfolgt - als Maßnahme zu sehen, die die Zulassung zu dem angestrebten Berufsziel ermöglicht bzw. die Chancen in einem entsprechenden Auswahlverfahren erhöht und damit als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG zu qualifizieren.

34

b) Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, das von dem Sohn des Klägers behauptete Berufsziel anzuzweifeln. Der Sohn des Klägers hat nach bestandenem Abitur die militärische Laufbahn des Truppendienstes bei der Bundeswehr gewählt, d.h. eine rein militärfachliche Ausbildung bei der Bundeswehr absolviert und keinen zivilen Berufsabschluss erlangt. Als Feldwebel des Truppendienstes ist er als klassischer militärischer Vorgesetzter vorgesehen. Das Berufsbild des Berufssoldaten knüpft selbstverständlich an den von dem Sohn des Klägers eingeschlagenen rein militärischen Verwendungseinsatz bei der Bundeswehr. Dass B keinen Nachweis für seine beruflichen Pläne hat erbringen können, steht der Ernsthaftigkeit seines Vorbringens nicht entgegen; denn wegen seiner noch ausstehenden planmäßigen Beurteilung erst im Frühjahr 2015 war es ihm nach den maßgeblichen Vorschriften - wie vorstehend ausgeführt - bislang nicht möglich, einen Antrag auf Umwandlung des Dienstverhältnisses zu stellen.

35

c) In den streitigen Monaten hat der Sohn des Klägers auch eine Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG erhalten und nicht lediglich Dienst im Mannschaftsdienstgrad verrichtet. Denn wie der Kompanieführer des Fallschirmjägerbataillons, dem der Sohn des Klägers angehört, bescheinigt und schließlich auf Nachfrage der Berichterstatterin auch telefonisch bestätigt hat, wurde B in dieser Zeit im Hinblick auf seine künftige dienstliche Verwendung und sein Berufsziel durchgängig an verschiedenen, zum Teil internationalen Einsatzorten militärisch ausgebildet und in den Bereichen Einsatzkoordination und Personalführung auch geprüft und benotet. In dem fraglichen Zeitraum hat B außerdem erfolgreich einen Verwendungslehrgang "Luftverlade" absolviert. Der Senat kann im Streitfall offen lassen, ob die Ausbildungsinhalte für sich genommen zugleich (Weiter-)Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der dienstlichen Verwendungsausbildung eines Zeitsoldaten sind. Denn wie der Kompanieführer mitgeteilt hat - und die Beklagte im Übrigen auch nicht angezweifelt hat - sind die von B in dem fraglichen Zeitraum absolvierten Ausbildungsmaßnahmen tatsächlich - jedenfalls mittelbar - unabdingbare Voraussetzung für seine angestrebte Berücksichtigung im Auswahlverfahren zur Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten.

36

d) Unter Berücksichtigung dieses von dem Sohn des Klägers von Anfang an verfolgten Berufsziels stellen die von ihm durchlaufenen Ausbildungsabschnitte insgesamt auch eine einheitliche Berufsausbildung dar, sodass eine Berücksichtigung des Kindes für Zwecke des Kindergeldes nicht deswegen nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ausgeschlossen ist, weil es einer Erwerbstätigkeit als Soldat auf Zeit nachging. Im Übrigen hätten nach Abschluss der Feldwebelausbildung von B absolvierte (Weiter-)Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattgefunden, sodass auch bei solcher Betrachtung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG die Erwerbstätigkeit als Soldat in dem fraglichen Zeitraum unschädlich gewesen wäre (vgl. auch FG Münster - 4 K 4131/13 Kg, abgedruckt in Juris).

37

Das Gericht hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (90 Abs. 2 FGO).

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

39

Die Revision ist zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO (grundsätzliche Bedeutung) vorliegen.

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Referenzen

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