Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (3. Senat) - 3 K 2578/14


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die dem Kläger von seinem Arbeitgeber gezahlte sog. Mitfahrerpauschale nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei ist.

2

Der Kläger erzielt als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für im August 2014 mit dem eigenen PKW durchgeführte beruflich veranlasste Dienstreisen erhielt er von seinem Arbeitgeber für jede mitgenommene Person einen Kilometersatz in Höhe von 0,02 € je Fahrtkilometer, insgesamt einen Betrag von 8,60 €. Die Auszahlung erfolgte im Rahmen der Gehaltsabrechnung September 2014.

3

Der Arbeitgeber des Klägers behandelte diesen Teil der Wegstreckenentschädigung als Bestandteil des steuerpflichtigen Arbeitslohnes und behielt anteilig Lohnsteuer ein, die er in der Lohnsteuer-Anmeldung für September 2014 (beim Beklagten eingegangen am 9. Oktober 2014, Blatt 7 der Lohnsteuerakte) berücksichtigte und an den Beklagten abführte.

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Mit Schreiben vom 15. November 2014 (Blatt 9 der Lohnsteuerakte) beantragte der Kläger die Änderung der Lohnsteueranmeldung September 2014 nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO. Er machte geltend, die aus öffentlichen Kassen gezahlten Mitnahmeentschädigungen (z.B. nach den Landesreisekostengesetzen der Länder Baden-Württemberg  und Rheinland-Pfalz, jeweils § 6 Abs. 4) seien nach § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei. Deshalb müssten auch Mitnahmeentschädigungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber erhielten, nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sein. Anderen Falles liege eine gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoßende steuerliche Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst und Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes vor.

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Mit Bescheid vom 20. November 2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung der Lohnsteueranmeldung September 2014 ab und führte zur Begründung Folgendes aus:

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Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl. I Seite 285, BStBl I Seite 188) seien die bisherigen steuerlichen Bestimmungen zum steuerlichen Reisekostenrecht umgestaltet worden. Die steuerliche Berücksichtigung der tatsächlichen Fahrtkosten im Zusammenhang mit einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit sei danach zwar im Wesentlichen unverändert geblieben, neu sei allerdings, dass die amtlichen Kilometersätze nicht mehr durch Verwaltungsanweisung (bis Veranlagungszeitraum 2013 H 9. 5 „ Kilometersätze“ LStH 2013) festgelegt würden, sondern sich an der jeweils aktuellen Wegstreckenentschädigung des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) orientieren würden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung). Während die Verwaltungsanweisung noch eine Regelung zur Zahlung einer sog. Mitnahmepauschale von 0,02 € je Person und Kilometer enthalten habe, sehe das BRKG (im Gegensatz z.B. zum rheinland-pfälzischen Landesreisekostengesetz) eine solche Wegstreckenentschädigung nicht mehr vor. Deshalb sei die dem Kläger gezahlte Wegstreckenentschädigung nicht steuerfrei, denn nach § 3 Nr. 16 EStG seien an einen Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes gezahlte Reisekosten nur dann steuerfrei, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen würden. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sei nicht zu erkennen. Bereits das Finanzgericht Baden-Württemberg habe mit Urteil vom 22. Oktober 2010 (10 K 1768/10) entschieden, dass die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekosten-vergütungen, die nach den Reisekostengesetzen der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eine pauschale Wegstreckenentschädigung von 0,35 € pro Kilometer vorsehen würden, bei der Berechnung der pauschalen dienstlichen Fahrtkosten eines nicht im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmers nicht berücksichtigt werden könnten. Gleiches müsse für die hier streitige Mitnahmepauschale geltend. Dies sei nach dem Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 15. März 2011 VI B 145/10 verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde sei nicht zur Entscheidung angenommen worden.

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Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, weder bei dem genannten Beschluss des BFH (über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das o.g. Urteil des FG Baden-Württemberg) noch bei dem Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungs-gerichts handle es sich um eine Entscheidung zur Sache und die Sachentscheidung des FG Baden-Württemberg sei unzutreffend, weil das FG die Besonderheiten von Pauschbetragsregelungen nicht berücksichtigt habe (wurde ausgeführt). Unabhängig davon seien die Ausführungen des vorgenannten Finanzgerichts nicht geeignet, die Ungleichbehandlung bei der Mitnahmeentschädigung zu rechtfertigen.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2014, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 19-22 der Lohnsteuerakte), wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, auch für die Mitnahmepauschale gelte, dass sie - wie auch die Wegstreckenpauschale im Urteilsfall des Finanzgerichts Baden-Württemberg - nur unter den strengen Voraussetzungen des § 6 LRKG-RP gewährt werde. Die Reisekostenerstattung an Landesbedienstete unterliege von vornherein einer wesentlich stärkeren Überprüfung als eine solche aus nicht öffentlichen Kassen. Dies rechtfertige die verfahrensvereinfachende Regelung, dass in Mitnahmefällen eine zusätzliche Pauschale steuerfrei erstattet werden könne, ohne dass dadurch der allgemeine Gleichheitssatz verletzt werde. Im Übrigen bleibe es dem Kläger unbenommen, im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung die tatsächlichen Fahrtkosten zu ermitteln und als Werbungskosten geltend zu machen. Wenn er damit im Ergebnis einen Rechtsverlust vermeiden könne, komme nach den Ausführungen des BFH in seinem Beschluss vom 15. März 2011 VI B 145/10 auch eine Grundrechtsverletzung nicht in Betracht.

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Am 30. Dezember 2014 hat der Kläger Klage erhoben.

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Er trägt vor, die Lohnsteuerfestsetzung sei rechtswidrig, weil § 3 Nr. 16 EStG im Zusammenwirken mit § 3 Nr. 13 EStG gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoße (wurde umfassend ausgeführt). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den bei Gericht am 10. Februar 2015 eingegangenen (undatierten) Schriftsatz des Klägers nebst Anlagen (Blatt 16-71 der Gerichtsakte) sowie seinen Schriftsatz vom 28. Juli 2014 (Blatt 88-90 der Gerichtsakte) verwiesen.

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Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2015 (Blatt 139 der Gerichtsakte) teilte der Kläger mit, dass er von der Anfechtungsklage nunmehr zur Fortsetzungsfeststellungsklage übergehe, weil das Finanzamt am 26. Oktober 2015 den Einkommensteuerbescheid für 2014 erlassen habe. Im Übrigen habe er inzwischen einen neuen Arbeitgeber, und zwar die unter der Anschrift seines früheren Arbeitgebers ansässige X GmbH.

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Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die beim Beklagten am 9. Oktober 2014 eingegangene Lohnsteueranmeldung des Beigeladenen für September 2014 rechtswidrig war, soweit die Mitnahmeentschädigung in Höhe von 8,60 € dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurde,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

13

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Er erwidert, die behauptete Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen im privaten Dienst gegenüber im öffentlichen Dienst - zum Beispiel in Rheinland-Pfalz - Beschäftigten sei nicht Folge einer in den §§ 3 Nr. 13 bzw. 3 Nr. 16 EStG angelegten verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, sondern sei dem Umstand geschuldet, dass das Reisekostenrecht in Bund und Ländern nicht einheitlich geregelt sei (Föderalismusreform). Sollte es dem Kläger im Kern nur darum gehen, die einigen Landesbediensteten zustehende Mitfahrerentschädigung “zu Fall zu bringen“, könne dies unter Beachtung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf dem Prozessweg nicht erreicht werden.

15

Der Beigeladene hat weder einen Antrag gestellt, noch zur Sache vorgetragen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg, da sie – sollte sie überhaupt zulässig sein (dazu unter 1.) - jedenfalls unbegründet ist (dazu unter 2.).

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1. Die Zulässigkeit der Klage ist aus folgenden Gründen fraglich:

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Nach Erlass des Einkommensteuer-Jahresbescheids 2014 vom 26. Oktober 2015 hat sich die Hauptsache erledigt, weil der Einkommensteuerbescheid einen neuen Rechtsgrund für die Steuerzahlung bildet, der die Erstattung der Lohnsteuer gemäß § 37 Abs. 2 AO ausschließt (BFH-Urteil vom 20. Juli 2005 VI R 165/01, BFHE 209, 571, BStBl II 2005, 890). Dies ist unstreitig und auch der Grund dafür, weshalb der Kläger zur Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen ist. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der gerügten Rechtswidrigkeit des Lohnsteuerabzugs gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO geltend machen kann (ebenda).
Dies ist hier zweifelhaft (geworden), weil der Kläger inzwischen - seit mindestens Oktober 2015 - bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt ist. Die zu entscheidende Rechtsfrage kann daher nicht mehr für künftige, sondern allenfalls für die das beendete Arbeitsverhältnis betreffenden Lohnsteuer-Anmeldungen des Beigeladenen Bedeutung haben. Denn der neue Arbeitgeber des Klägers wäre an eine Entscheidung des Gerichts nicht gebunden, weil er an dem vorliegenden Klageverfahren weder beteiligt ist noch hätte beteiligt werden müssen: Eine notwendige Beiladung (§ 60 Abs. 3 EFGO) scheidet aus, weil der neue Arbeitgeber an dem Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen nicht beteiligt ist, und eine einfache Beiladung war bereits deshalb nicht angezeigt, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass der neue Arbeitgeber überhaupt eine entsprechende Mitfahrerpauschale gewährt.
Die Zulässigkeit der Klage bzw. das Vorliegen des erforderlichen berechtigten Interesses des Klägers an der Feststellung der gerügten Rechtswidrigkeit des Lohnsteuerabzugs kann hier jedoch offen bleiben, denn die Klage ist aus folgenden Gründen (jedenfalls) unbegründet:
2. Die beim Beklagten am 9. Oktober 2014 eingegangene Lohnsteuer-Anmeldung des Beigeladenen für September 2014 war rechtmäßig (dazu unter a) und führte auch nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, denn auch aus öffentlichen Kassen gezahlte Mitfahrerpauschalen sind nicht steuerfrei (dazu unter b).
a) In der Lohnsteuer-Anmeldung September 2014 ist der Beigeladene zutreffend davon ausgegangen, dass die an den Kläger gezahlte Mitfahrerentschädigung nach § 3 Nr. 16 EStG (in der im Streitjahr 2014 maßgeblichen Fassung) nicht steuerfrei ist. Denn nach dieser Vorschrift sind steuerfrei (nur) „Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen“. Da nach § 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG (in der im Streitjahr 2014 maßgeblichen Fassung) Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten (die nicht Fahrten zwischen Wohnung und 1. Tätigkeitsstätte im Sinne des Abs. 4 sowie keine Familienheimfahrten sind) nur „mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind“ (sofern – wie im vorliegenden Fall – nicht die tatsächlichen (nachzuweisenden) Aufwendungen geltend gemacht werden), und das Bundesreisekostengesetz keine Mitfahrerentschädigung, sondern lediglich eine von der Anzahl der beförderten Personen unabhängige Wegstreckenentschädigung vorsieht (§ 5 BRKG), ist die an den Kläger gezahlte Mitfahrerentschädigung nach § 3 Nr. 16 EStG nicht steuerfrei.
b) Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, denn die Auffassung des Beklagten, dass aus öffentlichen Kassen gezahlte Mitfahrerpauschalen nach § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei seien, ist aus folgenden Gründen unzutreffend:
Nach der Rechtsprechung des BFH müssen Reise- und Umzugskostenvergütungen im privaten wie im öffentlichen Dienst nach den gleichen Regeln steuerfrei gestellt werden (BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 53/04, BFHE 217, 551, BStBl II 2007, 536). Deshalb dürfen die Nrn. 12, 13 und 16 des § 3 EStG hinsichtlich ihres Regelungsgehaltes nicht unterschiedlich ausgelegt werden (ebenda). Dies erfordert das verfassungsrechtliche Gebot, wesentlich gleiche Tatbestände auch gleich zu behandeln, soweit nicht ein einleuchtender Grund für eine Differenzierung gegeben ist. Vor diesem Hintergrund hat der BFH wiederholt entschieden, dass kein sachlicher Grund vorliegt, der es rechtfertigen könnte, Reise- bzw. Umzugskostenvergütungen aus öffentlichen Kassen auch insoweit von der Besteuerung freizustellen, als sie den Aufwand im Sinne des Werbungskostenbegriffs übersteigen (ebenda; BFH-Urteil vom 21. Oktober 1996 VI R 71/93, BFH/NV 1997, 286; vgl. auch BFH-Urteile vom 30. Juni 1995 VI R 26/95, BFHE 178, 171, BStBl II 1995, 744; vom 27. April 2001 VI R 2/98, BFHE 195, 298, BStBl II 2001, 601). Zwar enthält § 3 Nr. 13 EStG keine § 3 Nr. 16 EStG vergleichbare Einschränkung ("soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen“). Eine verfassungskonforme Reduktion des § 3 Nr. 13 EStG ist allerdings möglich und deshalb geboten. Sie verstößt auch weder gegen den Wortlaut der Vorschrift noch gegen den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Der Begriff „Reisekostenvergütung“ erlaubt bzw. erfordert es daher, die Vorschrift dahin auszulegen, dass nur solche Vergütungen steuerfrei sind, die Werbungskosten abgelten (BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 53/04 a.a.O.). Diese Auffassung des BFH, dass (im Ergebnis) nur Werbungskostenersatz steuerfrei ist, wird auch von der Finanzverwaltung und der h.M. in der Literatur geteilt, lediglich die dogmatische Begründung ist uneinheitlich (s. dazu v. Beckerath in Kirchhof/Söhn, § 3 EStG Rdnr. B 13/55 f.). Welcher dogmatische Ansatz vorzugswürdig wäre (verfassungskonforme Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Reisekosten“ in § 3 Nr. 13 EStG – so z.B. der BFH – oder einschränkende Auslegung – so z.B. die Finanzverwaltung -)  kann allerdings offen bleiben, denn beide Ansätze führen zu demselben Ergebnis, dass nur Werbungskostenersatz steuerfrei ist.
Werbungskostenersatz liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Aufwendungen als Lohnbestandteil ersetzt, die ihrer Natur nach Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 EStG sind. Aus Vereinfachungsgründen wird beim Werbungskostenersatz im Ergebnis eine Saldierung von steuerbaren Ersatzleistungen des Arbeitgebers mit Werbungskosten des Arbeitnehmers vorgenommen (ebenda). Diese Behandlung der Befreiungsvorschriften als Werbungskostenersatz entspricht dem Willen des Gesetzgebers (ebenda, m.w.N.). Der Charakter von § 3 Nr. 13 EStG als Werbungskosten-Ersatzvorschrift hat zur Folge, dass nur solche Aufwendungen steuerfrei ersetzt werden dürfen, die ihrer Natur nach Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 EStG sind. Der mit der Vorschrift verfolgte Vereinfachungszweck rechtfertigt ein gleichheitswidriges Steuerprivileg nicht (ebenda). Ein solches wäre aber anzunehmen, wenn Reise- bzw. Umzugskostenvergütungen aus öffentlichen Kassen im Gegensatz zu solchen aus privaten Kassen auch insoweit von der Besteuerung freigestellt würden, als sie den Aufwand im Sinne des Werbungskostenbegriffs überstiegen. Der Vereinfachungszweck beschränkt sich allein darauf, dass bei der Nachprüfung, ob die Erstattung Erwerbsaufwendungen abdecken, nicht kleinlich verfahren und dem Empfänger ein ins Einzelne gehender Nachweis nicht zugemutet werden soll (ebenda).
Nach diesen Grundsätzen kommt eine Steuerbefreiung von aus öffentlichen Kassen gezahlten Mitnahmepauschalen nach § 3 Nr. 13 Satz 1 EStG nicht in Betracht. Denn damit wird (mangels Einzelnachweis) kein Aufwand abgegolten, der  als Werbungskosten abzugsfähig wäre. Denn auch ein Arbeitnehmer, der aus öffentlichen Kassen entlohnt wird, kann Werbungskosten für Dienstreisen nur nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG (in der im Streitjahr 2014 maßgeblichen Fassung) abziehen, d.h entweder im Wege des Einzelnachweises oder mit den pauschalen Kilometersätzen des BRKG, die – wie oben dargelegt – keine Mitfahrerentschädigung vorsehen. Da somit (auch) einem  Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst (bei fehlendem Einzelnachweis) kein Werbungskostenabzug für Mitfahrer zusteht, dient die in manchen Bundesländern von öffentlichen Kassen gezahlte  Mitfahrerpauschale der Abdeckung eines Aufwands,  der - hätte ihn der Arbeitnehmer getragen – nicht als Werbungskosten abziehbar wäre und daher nicht steuerfrei ist.
Sollte es in Rheinland-Pfalz tatsächlich – wie behauptet - eine davon abweichende Verwaltungspraxis oder sogar entsprechende Verwaltungserlasse geben und aus öffentlichen Kassen gezahlte  Mitfahrerpauschalen als nach § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei behandelt werden, würde es sich dabei lediglich um eine - die Gerichte nicht bindende und für den Kläger auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründende - rechtswidrige Verwaltungspraxis handeln:
Eine die Gerichte bindende Wirkung etwaiger Verwaltungserlasse könnte wegen deren Unvereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine den Gesetzen entsprechende, gleichmäßige Besteuerung sowie mit § 85 Satz 1 AO deshalb nicht angenommen werden, weil eine Selbstbindung der Verwaltung, wie sie etwa durch eine allgemeine Verwaltungsanweisung entstehen kann, außerhalb eines konkreten Rechtsverhältnisses nur in Betracht kommen kann, soweit die Verwaltung nach der Rechtsordnung Entscheidungsfreiheit für den Einzelfall oder für Gruppen von Einzelfällen hat (BFH-Urteil vom 04. Juli 2012 II R 38/10, BFHE 238, 216, BStBl II 2012, 782 m.w.N.). Eine solche Entscheidungsfreiheit steht der Finanzverwaltung bei der Entscheidung, ob Reisekostenerstattungen steuerfrei sind, nicht zu.
Im Übrigen vermittelt Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und gebietet keine „Gleichheit im Unrecht“ (BFH-Urteil vom 04. Juli 2012 II R 38/10, BFHE 238, 216, BStBl II 2012, 782; BFH-Urteil vom 11. Januar 2006 II R 12/04, BStBl II 2006, 615, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 13. Februar 2007 II B 32/06, BFH/NV 2007, 966, und vom 26. September 2007 V B 8/06, BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405).

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wurden der unterliegenden Partei nicht auferlegt (§ 139 Abs. 4 FGO), weil dies regelmäßig nur dann der Billigkeit entspricht, wenn der Beigeladene einen erfolgreichen Sachantrag gestellt und mit der Antragstellung ein Kostenrisiko (vgl. § 135 Abs. 3 FGO) übernommen hat.

20

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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