Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 K 2434/14


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die zeitliche Zuordnung einer Zahlung des Landes für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in das Grundbuch bestehend aus dem Recht, eine Grundstücksfläche als Überflutungsfläche für den Betrieb einer Hochwasserrückhaltung zu nutzen.

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Die Klägerin erzielt u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Sie ermittelt ihren Gewinn aus dem landwirtschaftlichen Betrieb durch Einnahmenüberschussrechnung mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. (§§ 4 Abs. 3, 4a Abs. 2 Nr. 1  Einkommensteuergesetz - EStG -).

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Am 30. November 2011 erhielt die Klägerin vom Land eine Zahlung für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in das Grundbuch in Höhe von 17.729 EUR. Die Zahlung betraf Flächen des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens. Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit besteht aus dem Recht, die Abfindungsgrundstücke als Überflutungsflächen für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung X gemäß Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion (nachfolgend: SGD) vom 31. Mai 2005 zu nutzen (Bl. 55 - 67, 86 - 93 PA). Ausweislich eines Schreibens des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum … vom 23. November 2011 (Bl. 2 Sonderakte, nachfolgend DLR) wurde als Entschädigung für die Eintragung dieses Rechtes in das Grundbuch einheitlich für den Flutungsraum ein Geldbetrag von 1 EUR/qm festgesetzt. Die landwirtschaftliche Nutzung innerhalb der Hochwasserrückhaltung kann in gleicher Art und Intensität wie bisher weiterbetrieben werden (vgl. Broschüre des Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz zur Hochwasserrückhaltung X, Bl. 5 ff. Sonderakte). Bei Ertragsausfällen und Schäden an landwirtschaftlichen Flächen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Hochwasserrückhaltung hat sich das Land zu Ausgleichszahlungen verpflichtet.

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Die Klägerin beantragte im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für 2011 zunächst die tarifbegünstigte Besteuerung der Zahlung gemäß § 34 EStG. Auf Hinweis des Beklagten, den Antrag abzulehnen, nahm sie diesen zurück und beantragte stattdessen die gleichmäßige Verteilung der Zahlung auf einen Zeitraum von zehn bzw. 20 Jahren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG (Bl. 10 Sonderakte). Der Beklagte behandelte die erhaltene Zahlung als laufende Betriebseinnahme im Wirtschaftsjahr 2011/2012, setzte diese aber im Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 24. März 2014 zu hoch an (die Hälfte der Summe aus 17.729 EUR und 8.864 EUR, Einkünfte aus L+F im Kalenderjahr 2011 i.H.v. 26.421 EUR, Bl. 38 f. ESt-Akte).

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Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und begehrte unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 19. Februar 2013 (10 K 2176/10) eine Verteilung der Entschädigungsleistung auf zehn Jahre und damit Berücksichtigung von Einkünften aus L+F im Kalenderjahr 2011 i.H.v. 14.011 EUR. Die Entschädigung sei für die Nutzung des im Grundbuch eingetragenen Rechtes und nicht allein für die Eintragung im Grundbuch gezahlt worden. Es komme auch nicht darauf an, wie häufig in 100 Jahren eine Flutung stattfinde. Tatsache sei, dass der Bau des Polders X für notwendig erachtet worden sei, weil in Zukunft häufiger mit Hochwasserständen zu rechnen sei. Im Jahr 2013 sei bereits der Polder Y geflutet worden. Nur wenige Zentimeter Wasserstand hätten gefehlt, um eine Flutung des Polders X vorzunehmen.

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Unter dem 5. August 2014 erging ein nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung - AO - geänderter Einkommensteuerbescheid, in dem die Zahlung des Landes in vollem Umfang als laufende Einnahme angesetzt wurde (Einkünfte aus L+F i.H.v. 21.989 EUR, d.h. 6.734 EUR aus WJ 2010/2011 zzgl. ½ von 30.510 EUR, darin enthalten war die Zahlung von 17.729, Bl. 43 f., 47 ESt-Akte).

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Mit Einspruchsentscheidung vom 4. November 2014 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück (Bl. 79 - 83 ESt-Akte). Die Entschädigungszahlung sei im Streitfall entsprechend dem Schreiben des DLR vom 23. November 2011 für die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch erfolgt, die aus dem Recht bestehe, die entsprechenden Flächen unter bestimmten Hochwasserbedingungen überfluten zu dürfen. Da das Grundstück ohne Einschränkung durch die Klägerin weiter genutzt werden könne sowie aufgrund des Umstandes, dass eine Flutung ohnehin statistisch betrachtet nur fünfmal pro Jahrhundert in Betracht komme, sei die Zahlung nicht durch die Nutzung der Grundstücksfläche begründet, sondern nur durch die rechtliche Gewährung der Möglichkeit zu einer zeitlich begrenzten vorübergehenden Belastung. Eine Flutung wegen Hochwassers könnte theoretisch auch erst in mehr als 100 Jahren erfolgen oder aber eventuell auch gar nicht. Durch die Belastung mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit erfahre das Grundstück eine Wertminderung. Diese Wertminderung des Grund und Bodens werde durch die Entschädigungszahlung ausgeglichen. Bei der Entschädigungszahlung handele es sich daher lediglich um ein Entgelt für die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit. Ertragsausfälle und Schäden, die aufgrund einer künftigen möglichen Überflutung entstehen könnten, habe das Land zusätzlich gesondert auszugleichen.

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An dieser Beurteilung ändere auch das von der Klägerin zitierte Urteil des Finanzgerichts Münster vom 19. Februar 2013 (10 K 2176/10 E) nichts, da mit der Zustimmung zu Aufforstungsmaßnahmen ein anderer Sachverhalt vorgelegen habe. Das Finanzgericht Münster habe für diesen Einzelfall die Verteilung einer Entschädigungszahlung für den Zeitraum von 20 Jahren gebilligt, da die Nutzungsüberlassung im Vordergrund gestanden habe. Denn durch die Aufforstungsmaßnahme sei das Grundstück für die Steuerpflichtigen gerade nicht anderweitig nutzbar gewesen. Auch Erträge hätten für einen Zeitraum von 20 Jahren nicht erzielt werden können. Im Streitfall liege die Sache jedoch anders. Denn aufgrund der uneingeschränkten Nutzungsmöglichkeit der Grundstücksfläche durch die Klägerin stehe die Nutzungsüberlassung gerade nicht im Vordergrund. Es erfolge keine Zurverfügungstellung des Grundstücks, sondern es werde bei Eintritt bestimmter Hochwasserbedingungen lediglich eine rechtliche Basis zur Überflutung der Flächen gewährt. Im Übrigen sei das v.g. Urteil des Finanzgerichts Münster durch das BFH-Urteil vom 11. September 2013 (IV R 57/10) überholt: In diesem BFH-Urteil sei es um eine Entschädigungszahlung für den Grundbucheintrag einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in Zusammenhang mit einer Aufforstungsmaßnahme des Klägers gegangen, zu der er sich gegenüber der Gemeinde verpflichtet habe. Die entsprechende Zahlung sei laut BFH ein Entgelt für die Wertminderung des Grund- und Bodens und habe keine Nutzungsvergütung für eine Gebrauchsüberlassung dargestellt, die gemäß § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 EStG zusätzlich neben dem Grundbetrag zu erfassen gewesen wäre.

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Darüber hinaus fehle es im hiesigen Streitfall ohnehin an einer von vornherein feststehenden Dauer der Nutzungsüberlassung. Denn die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit sei zeitlich nicht begrenzt. Eine bestimmte Dauer der Nutzungsüberlassung sei jedoch notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG. Das Recht sei weder auf eine Dauer von 10 Jahren, noch auf 100 Jahre beschränkt und könne daher auch nicht auf einen solchen Zeitraum gleichmäßig verteilt werden.

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Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt vor, die Zahlung erfolge für die Nutzungsüberlassung der Grundstücke im Bedarfsfall. Da es sich bei dieser Nutzungsüberlassung um eine zeitlich unbeschränkte Frist handele, sei eine Verteilung auf zehn Jahre angemessen. Eine Ausgleichszahlung für eine Wertminderung der Fläche scheide aus, da mit der Eintragung der Grunddienstbarkeit eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung nicht verbunden sei. Vielmehr halte sich der Berechtigte (das Land) die Nutzung der Polderflächen für einen sehr langen Zeitraum vor. Es handele sich daher um eine reine Nutzungsvergütung. Der Auffassung des Beklagten, das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 19. Februar 2013 sei durch das Urteil des BFH vom 11. September 2013 überholt, sei nicht zu folgen, da es sich um verschiedene Verfahren und Rechtsfragen handele. Bei oberflächlicher Betrachtung möge es sein, dass das Grundstück des durch das Finanzgericht Münster entschiedenen Falles durch den Eigentümer nicht anderweitig nutzbar gewesen sei. Dies entspreche jedoch nicht den forstwirtschaftlichen Gegebenheiten. Forstflächen würden erst Jahre nach ihrer Aufforstung in Form eines Einschlags „nutzbar“. Jedoch bilde sich der Ertrag Jahr für Jahr durch den Holzzuwachs im Zeitraum der Aufforstung. Daher liege ohne Zweifel auch in dieser Zeit eine Nutzung in Form des Bewuchses durch den Forstwirt vor. Das vom Beklagten zitierte Urteil des BFH sei hingegen mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar. Denn der erkennende Senat weise ausdrücklich darauf hin, dass keine Nutzungsüberlassung vorliegen könne, da in jedem Fall der Gemeinde kein eigenes Betretungs- oder Nutzungsrecht eingeräumt worden sei und der Steuerpflichtige weiterhin alleine zur Nutzung berechtigt sei. Vorliegend werde dem Land die Nutzung im Bedarfsfall jedoch ausdrücklich eröffnet und durch eine Dienstbarkeit rechtlich abgesichert.

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Die Klägerin trägt weiter vor, in der Eintragung der Grunddienstbarkeit sei keine Enteignung oder ein enteignungsgleicher Eingriff zu sehen. Die Bestellung der Dienstbarkeit stelle für das Land als Berechtigten eine rechtssichere Anspruchsgrundlage für die bedarfsgerechte Nutzung der Flächen dar und sei für die Verpflichtete nicht als Eingriff der Enteignung zu verstehen. Durch die Zahlung des Landes werde ebenfalls kein „Schaden“ vergütet. Eine Entschädigung für die dem Eigentümer entzogene Nutzungsmöglichkeit könne alleine deshalb nicht angenommen werden, da die Nutzung der Flächen außerhalb des Bedarfsfalls eines Hochwassers bei dem Eigentümer liege. Demzufolge sei sehr wohl von einer Vergütung der Nutzung, welche vom Eintritt eines Hochwassers abhängig sei, auszugehen. Zur Qualifizierung einer Nutzungsüberlassung sei auf die rechtliche Möglichkeit des Berechtigten zur Nutzung, nicht jedoch auf die Ausübung des Rechts und die tatsächliche Nutzung durch den Berechtigten abzustellen. Auch nach Ansicht des BFH könne das Entgelt für eine bestellte Dienstbarkeit, welche nicht zu einem Eigentumsverlust führe, als Gegenleistung für die Nutzung des Grundstücks gesehen werden. Mit Eintragung der Dienstbarkeit sei die Leistung der Eigentümerin nicht vollständig erbracht. Die Flächen hätten ihre Stellung und Nutzbarkeit als landwirtschaftliche Fläche nicht verloren. Die Eintragung der Dienstbarkeit betreffe gezielt die bedarfsgerechte Nutzung der Flächen durch den Berechtigten für dessen eigene Zwecke zu einem späteren Zeitpunkt. Zur Qualifizierung der Dienstbarkeit sei auf den Inhalt der Gesamtleistung abzustellen, welche der Vereinbarung das Gepräge gebe. Dies sei in vorliegendem Fall die im Grundbuch abgesicherte Berechtigung des Landes, im Falle eines eintretenden Hochwassers die Flächen für Zwecke des Schutzes bewohnter Gebiete dergestalt zu nutzen, sie kontrolliert zu fluten.

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Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 4. November 2014 den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 5. August 2014 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft unter Ansatz von nur 1/20 der Zahlung des Landes im Kalenderjahr 2011 um 7.978 EUR niedriger angesetzt werden.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Er verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, ein Entgelt für eine Nutzungsüberlassung i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG liege nicht vor. Die Klägerin habe dem Land die Flächen nicht zur Nutzung i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG überlassen. Die Sachherrschaft und Nutzungsmöglichkeit (Fruchtziehungsrecht) seien bei ihr verblieben. Das Entgelt für die strittige Dienstbarkeit beruhe nicht auf einer konkreten und irgendwie zeitlich bestimmbaren Nutzungsüberlassung, sondern werde nur für die einmalige Eintragung des immerwährenden Rechts gezahlt. Die tatsächliche Inanspruchnahme der Flächen sei demgegenüber ausschließlich abhängig vom Auftreten eines außergewöhnlichen Naturereignisses in Form eines größeren Hochwassers. Die hoheitliche Belastung mit einer persönlichen Dienstbarkeit zur Überflutung der entsprechenden Eigentumsfläche sei einer entschädigungspflichtigen Enteignung bzw. zumindest einem enteignungsgleichen Eingriff gleichzustellen. Entschädigungen für enteignende oder enteignungsgleiche Eingriffe, z.B. für Nutzungsbeschränkungen durch eine faktische Bausperre oder beeinträchtigende Realakte, stellten jedoch gerade keine Nutzungsvergütungen dar, weil sie nicht als Gegenleistung für den Gebrauch des Grundstücks durch den Entschädigungspflichtigen, sondern als Ausgleich für die dem Eigentümer entzogenen Nutzungsmöglichkeiten bzw. die von ihm erlittene Wertminderung des Grundstücks gewährt würden. Es werde in diesen Fällen vielmehr ein konkreter „Schaden“ vergütet.

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Bei dem Überflutungsrecht handele es sich um eine Minderung des Bodenwerts und gerade nicht um eine Gegenleistung für den dauerhaften Gebrauch des Grundstücks. Der festgelegte Entschädigungsbetrag, der sich im Streitfall auf exakt 20% des Bodenrichtwerts belaufe (1 EUR Entschädigung/ 5 EUR Bodenrichtwert pro qm), weise ebenfalls auf eine solche Wertminderung hin. Dies habe auch das DLR bestätigt. Mit der Eintragung des Überflutungsrechts als beschränkt persönliche Dienstbarkeit sei die Leistung der Grundstückseigentümerin insoweit vollständig erbracht. Enteignungsgleiche Eingriffe oder auch Duldungsleistungen seien bereits begrifflich keine „Nutzungsüberlassungen“. Die tatsächliche Inanspruchnahme des Grundstücks und die Einschränkung der Nutzung durch die Klägerin seien vom Eintritt bestimmter Hochwasserbedingungen abhängig, die statistisch betrachtet nur in einem äußerst kleinen Zeitfenster von fünfmal in 100 Jahren in Betracht kämen. Rein statistisch gesehen, dürfte es damit noch nicht einmal in dem Zeitraum der begehrten Verteilung auf zehn Jahre zu einer Flutungsberechtigung kommen. Etwaige Ertragsausfälle und Schäden würden im Hochwasserfall ohnehin gesondert und zusätzlich an denjenigen vergütet, dem diese tatsächlich entstanden seien. Dies geschehe unabhängig von der vorherigen Entschädigung für die Eintragung der Dienstbarkeit. Werde das streitbefangene Grundstück beispielsweise verpachtet, erhalte der Bewirtschafter die Ertragsausfälle und die Schäden im Hochwasserfall erstattet und nicht die Eigentümerin.

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Das vorliegende Überflutungsrecht sei mit dem dem BFH-Urteil vom 19. April 1994 (IX R 19/90) zugrunde liegenden Fall nicht vergleichbar, da in diesem Fall eine dauerhafte Gebrauchsüberlassung für den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung von Hochspannungsleitungen erfolgt sei. Dies bestätige auch die Entscheidung des BFH vom 17. Mai 1995 (X R 64/92, ebenfalls zu Überspannungsrechten). Im Fall IX R 19/90 habe das Gepräge der Gesamtleistung in der dauerhaften Nutzung des Grundstücks durch den Energieversorger bestanden. Liege das Gepräge, wie im Fall X R 64/92, hingegen nicht wesentlich in der Nutzungsüberlassung, komme allenfalls eine Wertminderung in Betracht. Dies bestätige auch die Methode, mit der die Entschädigung ermittelt worden sei. Es sei hierbei gerade nicht auf ein Nutzungsentgelt bzw. eine Vergütung für die Zurverfügungstellung einer Sache oder eines Rechts abgestellt worden, sondern es sei eine Minderung des Bodenwertes pauschalierend abgegolten worden. Ein etwaiger Erwerber eines derartigen Grundstückes würde in einem solchen Fall die dingliche Belastung des Grundstücks mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen bei seiner Preisbildung berücksichtigen und allenfalls einen niedrigeren Wert zahlen. Das in § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG enthaltene Merkmal „von mehr als fünf Jahren“ beziehe sich nicht nur auf die Nutzungsüberlassung, sondern auch auf die Zahlung, die für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren geleistet worden sein müsse. Das bezogene Entgelt müsse also einen Ertrag für eine bestimmte Zeit „nach diesem Zeitpunkt“ darstellen und darüber hinaus noch einer Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) zu erbringenden Gegenleistung gegenüber stehen. Im Hinblick auf eine zeitliche Zuordnung des Entgelts (Vorauszahlungszeitraum) müsse zudem die noch ausstehende Gegenleistung zeitlich aufteilbar sein. Im vorliegenden Fall sei jedoch offensichtlich keines der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt, sodass weder der Zeitraum der angeblichen Nutzungsüberlassung bestimmbar sei noch der Zeitpunkt, zu dem diese eintreten und beendet sein könnte und folglich auch nicht, ob und wann der 5-Jahreszeitraum tatsächlich erreicht werde.

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Ergänzend werde angemerkt, dass die etwaige Anerkennung einer Nutzungsüberlassung in Konsequenz dazu führen würde, dass die Entschädigungszahlungen an Privateigentümer in Poldergebieten (für Flächen im Privatvermögen) als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern wären. Eine nicht steuerbare Wertminderung des Grund- und Bodens läge sodann in Privatvermögensfällen nicht mehr vor. Darüber hinaus müssten die zu verteilenden Einnahmen im Bereich der Gewinnermittlung nach § 13a EStG gemäß § 13a Abs. 3 Nr. 4 EStG dann im entsprechenden Umfang dem Grundbetrag hinzuaddiert werden.

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Der Beklagte trägt weiter vor, es handele sich um eine Vereinbarung mit enteignender Wirkung: Mit Planfeststellungsbeschluss vom 31. Mai 2005 sei für die Hochwasserrückhaltung X die Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit für zulässig erklärt worden. Auf Grundlage dieses Beschlusses seien sowohl im Flurbereinigungsplan die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit festgeschrieben worden als auch die Entschädigungsberechnung für jeden Teilnehmer durchgeführt worden (§§ 88 Nr. 5 i.V.m. § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Grunddienstbarkeiten oder auch beschränkt persönliche Dienstbarkeiten, die sich auf die Grundstücksnutzung auswirkten, seien wertbeeinflussende und wertmindernde Rechte bzw. Belastungen. Mit Blick auf die Einräumung des Flutungsrechts geleistete Zahlungen dienten dem Ausgleich dafür, dass die Substanz des Grundstücks durch eingeschränkte Ertragsmöglichkeiten geschmälert werde. Auch wenn die Klägerin dies bestreite, wirke sich eine derartige dingliche Belastung immer mindernd bei einer Preisbildung für den Grund und Boden aus. Die hoheitliche Belastung mit einer Grunddienstbarkeit stelle nach Rechtsprechung des BVerfG eine entschädigungspflichtige Enteignung in Form einer Eigentumsbeschränkung dar. Wirke der Grundstückseigentümer zur Vermeidung einer ansonsten zulässigen Enteignung bzw. Eigentumsbeschränkung durch vertragliche Vereinbarung mit, seien die rechtlichen Folgen den Folgen eines hoheitlichen Eingriffs gleichzustellen. Nicht zur Kooperation bereite Eigentümer hätten mit einer zwangsweisen Enteignung rechnen müssen. Dies hätte im hiesigen Fall zu demselben Ergebnis, wenn auch nach längerer Zeit und mit höherem Verwaltungsaufwand, geführt.

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Die Klägerin erwidert, die Argumentation des Beklagten mit statistischen Betrachtungen der Überflutungswahrscheinlichkeit des betreffenden Gebietes sei gegenstandslos. Bei einer Nutzungsüberlassung sei alleine auf die rechtliche und wirtschaftliche Möglichkeit des Berechtigten, die Sache für seine Zwecke im Rahmen der Vereinbarung zu gebrauchen, abzustellen. Inwiefern das Land als Berechtigter von seinem Recht, das Grundstück für Zwecke des Hochwasserschutzes durch Überflutung zu nutzen, tatsächlich Gebrauch mache, sei unerheblich. Zudem sei bei einer zeitlich unbegrenzten rechtlichen Absicherung durch eine im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit und der durch den Beklagten vorgetragenen Betrachtung von 100 Jahren, sowie der Aussage, der Bedarfsfall würde in den nächsten zehn Jahren statistisch nicht eintreten, zweifelsohne von einer Dauerhaftigkeit der Nutzungsüberlassung auszugehen. Gerade aus dem Grund, dass Schäden im Hochwasserfall gesondert und zusätzlich auszugleichen seien, sei in der Einmalzahlung des Landes explizit ein Entgelt für die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit zu dessen Zwecken zu sehen. Zudem widerspreche die Vereinbarung über die Entschädigung im Falle einer Überflutung der Argumentation des Beklagten, dass eine Wertminderung eingetreten sei, welche durch die Zahlung habe  ausgeglichen werden sollen. Denn für einen etwaigen Erwerber der Flächen wären die Risiken durch die dingliche Belastung aufgrund der Entschädigungsregelung überschaubar und die vorgetragenen Konsequenzen bei einer Preisbildung zweifelhaft. Auf welche Art die Vertragsparteien das Entgelt für die Überlassung und Eintragung der Dienstbarkeit bemessen würden oder zahlten, sei für die steuerliche Einordnung unerheblich. So sei es für eine Überlassung steuerlich irrelevant, inwiefern für die Nutzung ein laufendes oder ein einmaliges Entgelt gezahlt werde. Ebenfalls nicht ausschlaggebend sei es, ob die Zahlung auf Grundlage des Bodenwertes oder anhand von Miet-/Pachtzinsen berechnet werde. Die steuerliche Einordnung der Zahlung sei nicht anders zu beurteilen, als wenn sie, die Klägerin, statt eines einmaligen, ein fortlaufendes Entgelt für die Nutzungsüberlassung mit dem Land vereinbart hätte. Die Vereinbarung mit dem Land über die Zahlungsmodalitäten ändere nichts an der steuerlichen Einordnung. Bei Eintritt eines Überflutungsereignisses habe das Land keine Vergütung für die Nutzung zu entrichten, sondern habe nur den durch die Flutung an den landwirtschaftlichen Flächen entstandenen Schaden auszugleichen. Allein aufgrund der unbefristeten und nicht ohne weiteres zu beseitigenden Dienstbarkeit sei von einer Überlassung von mehr als fünf Jahren auszugehen. In ähnlichen Fällen habe der BFH eine Verteilung von Einmalzahlungen bei nicht begrenzten Dauerleistungen zugelassen. Eine Verteilung des Entgelts auf einen Zeitraum von zehn Jahren im Rahmen einer Schätzung erscheine sachgerecht.

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Eine Enteignung habe bereits entsprechend des Wortlautes den Verlust des Eigentums an einer Sache zur Folge. Dies sei jedoch nicht das Begehren des den Bau der Hochwasserpolder vorantreibenden Landes gewesen. Einziges Ziel des Landes sei es gewesen, die Grundstücke im Bedarfsfall zu überfluten und so für Zwecke des Hochwasserschutzes zu nutzen. Hier sei die privatrechtliche Einigung mit den Eigentümern einer Enteignung vorgezogen worden. Die Errichtung der Polder und die Eintragung der Grunddienstbarkeit zur Absicherung des zweckgebundenen Nutzungsrechts beträfen nicht in geringster Weise die Substanz oder die Ertragsmöglichkeiten des Grundstücks. Sollte dennoch eine Minderung der Ertragsfähigkeit eintreten, seien ihr, der Klägerin, entsprechend der Be-stimmungen umfassende, dies ausgleichende Entschädigungen eingeräumt worden. Einer vom Beklagten angenommenen Beeinträchtigung der Ertragsfähigkeit sei somit bereits durch anderweitige Vereinbarungen und eingeräumte Ersatzpflichten umfänglich Rechnung getragen worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schrift-sätze verwiesen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid vom 5. August 2014 und die  hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. November 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die vom Land erhaltene Entschädigungszahlung für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit über einen Zeitraum von 10 Jahren zu verteilen. Denn es handelte sich nicht um eine Einnahme, die auf einer Nutzungsüberlassung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhte.

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1.a) Da die Klägerin ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, findet § 11 EStG Anwendung. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen grundsätzlich im Jahr des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG können aber Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen, insgesamt auf einen Zeitraum verteilt werden, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Eine Nutzungsüberlassung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG liegt vor, wenn die Nutzungsüberlassung für mehr als fünf Jahre gestattet wird und die Entschädigung im Voraus geleistet wird. Der Begriff der „Nutzungsüberlassung“ wird im EStG nicht definiert. Nach § 100 BGB sind Nutzungen Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Dementsprechend handelt es sich bei Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung um die Entgelte, die als Gegenleistung für die Nutzung beweglicher oder unbeweglicher Sachen und von Rechten geleistet werden. Typischerweise fallen darunter Nutzungsentgelte bei Erbbaurechten, Miet- und Pachtverhältnissen, Nießbrauch oder Leasinggeschäften (Kister in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 11 Anm. 125 m.w.N.).

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b) Bei der rechtlichen Beurteilung, ob die vom Land gezahlte Entschädigung für eine Nutzungsüberlassung erfolgte, kommt dem Planfeststellungsbeschluss vom 31. Mai 2005 eine besondere Bedeutung zu. Nach dem Planfeststellungsbeschluss wäre eine Enteignung des klägerischen Grundstücks zum Wohl der Allgemeinheit zulässig gewesen, so dass diesem eine enteignende bzw. enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt (vgl. hierzu u.a. Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 5. August 2004 1 A 11787/03, juris). Zur Vermeidung einer förmlichen Enteignung erklärte sich die Klägerin bereit, ihr Grundeigentum durch die Einräumung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit gegen Entschädigung zu beschränken. Dabei handelt es sich nach Rechtsprechung des BFH um eine dem Ergebnis eines Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung des Eigentums (vgl. u.a. BFH Urteil vom 17. Mai 1995 X R 64/92, BFHE 177, 478, BStBl II 1995, 640 m.w.N.). Die einem Dritten mit Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit eingeräumte Möglichkeit, Grundstücksflächen zu nutzen, ist als wertbildender Faktor des Grundstücks anzusehen (vgl. BFH Urteil vom 10. März 2016 IV R 41/13, BFHE 253, 337 m.w.N. zum Betreiben einer Windenergieanlage auf einer Landwirtschaftsfläche).

25

c) Sind Einnahmen keine Vergütung für eine entgeltliche Veräußerung von Grundstücksanteilen, so ist nach der Rechtsprechung des BFH zu entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang die Einnahmen als Entschädigung für den verursachten Minderwert des Grundstücks und als Entschädigung für die Nutzung des Grundstücks aufzufassen sind. In der Regel sind derartige Entschädigungen in eine Entschädigung für die Minderung des Bodenwerts und in eine Nutzungsentschädigung aufzuteilen (vgl. BFH Urteile vom 24. März 1982 IV R 96/78, BFHE 135, 483, BStBl II 1982, 643 zu Zahlungen wegen Verlegung und Betrieb von Gasfernleitungen und vom 10. August 1978 IV R 181/77, BFHE 126, 191, BStBl II 1979, 103 zu Zahlungen wegen Errichtung einer Wassertransportleitung und der dadurch eingeschränkten Bebauungsmöglichkeit). Oftmals erfolgt bereits durch die Parteien eine Aufteilung der Zahlungen in eine Entschädigung für den Minderwert des Grund und Bodens und in eine Nutzungsentschädigung (vgl. u.a. BFH Urteil vom 10. August 1978 IV R 181/77, a.a.O.). Zum Teil wird vor den Finanzgerichten einvernehmlich eine Aufteilung vorgenommen (vgl. u.a. Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 13. Juni 1990 VII 435/87, nachfolgend BFH Urteil vom 9. Dezember 1993 IV R 130/91, BFHE 173, 393, BStBl II 1995, 202).

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d) Nach Anwendung dieser Grundsätze erfolgte die streitgegenständliche Zahlung des Landes weit überwiegend, wenn nicht gar ausschließlich für die mit der Eintragung des Flutungsrechtes in das Grundbuch entstehende Wertminderung des betroffenen Grundstücks. Bei einem mit einem dinglichen Flutungsrecht belasteten Grundstück handelt es sich um ein um dieses Recht gemindertes Eigentum, und zwar auch dann, wenn - wie hier  - die landwirtschaftliche Nutzung innerhalb der Hochwasserrückhaltung in gleicher Art und Intensität wie bisher weiterbetrieben werden kann. Soweit die Klägerin die Risiken durch die dingliche Belastung aufgrund der gesonderten Entschädigung etwaiger Ertragsausfälle und Schäden für überschaubar hält und daher Konsequenzen bei einer Preisbildung anzweifelt, verkennt sie zum einen die Tragweite der mit der eingeräumten Dienstbarkeit verbundenen, nicht kalkulierbaren Gefahr einer jederzeitigen Überflutung des Grundstücks. Zum anderen ist mit der Geltendmachung von Ansprüchen neben bürokratischem Aufwand (Antragstellung, langwierige Verfahrensdauer etc.) immer ein (Prozess-)Risiko (Beweislast) verbunden. Ein gedachter Grundstückserwerber würde vor diesem Hintergrund die dingliche Belastung mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen preismindernd berücksichtigen und daher für ein landwirtschaftliches Grundstück, welches mit einem dinglichen Überflutungsrecht belastet ist, im Vergleich zu einem gleich nutzbaren, aber dinglich unbelasteten Grundstück einen niedrigeren Kaufpreis zahlen.

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Anders als bei den vom BFH bislang entschiedenen Fällen (zu Hochspannungsleitungen vgl. Urteile vom 19. April 1994 IX R 19/90, BFHE 174, 342, BStBl I 1994, 640 und vom 17. Mai 1995 X R 64/92, BFHE 177, 478, BStBl II 1995, 640 m.w.N., beide ergingen zur Frage, ob das Entgelt für die zeitlich begrenzte Belastung eines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder als sonstige Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG zu beurteilen ist; zu Gasfern- bzw. Wassertransportleitungen vgl. Urteile vom 24. März 1982 IV R 96/78 a.a.O. und vom 10. August 1978 IV R 181/77 a.a.O.) erfolgt bei dem streitigen Flutungsrecht keine dauerhafte Nutzung der Flächen durch das Land. Dies ist auch ein wesentlicher Unterschied zu dem dem Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Juli 2014 (3 K 3338/10, EFG 2014, 1674) zugrunde liegendem Fall, bei dem wegen der Errichtung einer Hochwasserschutzwand auf einem Privatgrundstück (Deichanlage) Entschädigungen gezahlt wurden.

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Der Streitfall ist auch nicht vergleichbar mit dem der Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 19. Februar 2013 (10 K 2176/10 E, EFG 2014, 129) zugrunde liegenden Fall. Das Finanzgericht Münster sah bei Erlösen aus naturrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen ein Entgelt für eine Nutzungsüberlassung i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG, da dort der Schwerpunkt der Vereinbarung auf der Gebrauchsüberlassung der Aufforstungsflächen an das Land zur Nutzung lag. Die Gebrauchsvorteile aus der Durchführung der Aufforstungsmaßnahme erzielte in den ersten 20 Jahren ausschließlich das Land. Der wesentliche Unterschied zum Streitfall besteht darin, dass es durch die Aufforstung, die durch den Straßenbaulastträger erfolgte, zu einer tiefgreifenden Veränderung bzw. Umwandlung der landwirtschaftlichen Fläche kam und damit auch eine Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen wie bisher nicht mehr möglich war. Des Weiteren wurde ein Entschädigungsentgelt für einen Zeitraum von 20 Jahren für den entgangenen Eigenertrag entrichtet.

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Bei den vorgenannten Fällen kommt es somit zu einem (sichtbaren) Eingriff in das Grundstück (Errichtung von Hochspannungsleitungen, Gasfern-/Wassertransportleitungen, Hochwasserschutzwand) und damit einhergehend zu einer Einschränkung der bisherigen Nutzungsmöglichkeiten. Vorliegend aber hat die Klägerin weiterhin die Sachherrschaft über das Grundstück und wegen der unveränderten Weiternutzung der dem Land zur Verfügung gestellten Überflutungsflächen entgeht ihr kein Eigenertrag. Dem Land kommen anders als bei einer Aufforstung keine Gebrauchsvorteile zu. Es handelt sich bei einer gezielten Überflutung lediglich um eine zeitlich begrenzte vorübergehende Belastung des Grundstücks. Die Nachteile durch die rechtliche Einräumung der Möglichkeit der Nutzung der Flächen im Bedarfsfall sind daher - vor allem im Hinblick auf die geringe statistische Wahrscheinlichkeit eines Flutungsfalls (nur fünfmal pro Jahrhundert) - als äußerst gering anzusehen. Hinzu kommt, dass durch Flutung entstandene Schäden und Ertragsausfälle der Klägerin vom Land gesondert - d.h. unabhängig von der vorherigen Entschädigung für die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit - ersetzt werden. All dies zeigt, dass der Schwerpunkt der Vereinbarung nicht auf der Entschädigung einer Nutzungsüberlassung lag, sondern auf der (überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich) von den Parteien angestrebten Entschädigung für den durch die Eintragung der unbefristeten Dienstbarkeit erlittenen Wertverlust des Grundstücks. Der Nutzungsinhalt der hier streitigen Dienstbarkeit ist bei weitem nicht so tiefgreifend wie in den o.g. Fällen. Die Entschädigung einer etwaigen Nutzungsüberlassung trat daher vorliegend gänzlich hinter die Entschädigung des Minderwerts des Grundstücks zurück.

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Da das o.g. Urteil des Finanzgerichts Münster auf den hier zu entscheidenden Fall aus den o.g. Gründen nicht übertragbar ist, kommt es auf die Ausführungen des Beklagten, wonach dieses durch das Urteil des BFH vom 11. September 2013 IV R 57/10, BFH/NV 2014, 316 überholt sei, nicht an. Im Übrigen merkt der Senat an, dass zum einen die Sachverhalte nicht vergleichbar sind. So sollte in dem vom BFH entschiedenen Fall der Kläger die Aufforstung auf eigene Kosten vornehmen und auch nach der Nutzungsänderung weiterhin allein zur Nutzung des Grundstücks berechtigt bleiben. Unter den gegebenen Umständen kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um eine Nutzungsvergütung handeln kann. Zum anderen befasst sich das Urteil nicht mit der Frage der zeitlichen Zuordnung von Entschädigungszahlungen, sondern nur mit der Frage, ob das Entgelt für die Umwandlung landwirtschaftlicher in forstwirtschaftliche Nutzflächen (d.h. für die damit verbundene Wertminderung des Grundstücks) den Gewinnen aus forst- oder landwirtschaftlicher Nutzung zuzuordnen ist und inwieweit das Entgelt, soweit es der Aufforstung zuzuordnen war, die Herstellungskosten für das neu geschaffene Wirtschaftsgut „Baumbestand“ mindert. All dies ist hier aber nicht streitgegenständlich.

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Mithin handelte es sich nicht um Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhten. Zutreffend hat der Beklagte insoweit auf den Inhalt des Schreibens des DLR an die Klägerin vom 23. November 2011 (Bl. 2 Sonderakte) verwiesen, wonach die „Entschädigung für die Eintragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit“ erfolgte. Die Ermittlung des Entschädigungsbetrages, die sich am Bodenrichtwert orientierte (1 EUR Entschädigung/5 EUR Bodenrichtwert pro qm), bestätigt, dass mit der Entschädigung der durch die Eintragung der Dienstbarkeit entstandene Wertverlust des Grundstücks pauschalierend abgegolten werden sollte. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Klägervertreters kann der Formulierung im „Nachweis des Neuen Bestandes“ unter „Rechte, Lasten und Beschränkungen“ (Bl. 45 PA) nicht entnommen werden, dass die Entschädigung für eine Nutzungsüberlassung erfolgt ist. Es handelt sich lediglich um eine Definition des Rechts, aus dem die beschränkt persönliche Dienstbarkeit besteht.

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e) Unabhängig davon, dass es sich nicht um eine Einnahme für eine Nutzungsüberlassung i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG handelte, fehlt es auch an der Tatbestandsvoraussetzung „Laufzeit über fünf Jahre“. Die Dauer der Nutzungsüberlassung muss nämlich von vornherein feststehen (vgl. Kister in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 11 Anm. 125). Zudem müsste sich die Zahlung von 17.729 EUR auf einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren beziehen (vgl. hierzu Kister in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 11 Anm. 125 m.w.N.). Vorliegend wurde die Leistung aber mit der (einmaligen) Eintragung der Dienstbarkeit in das Grundbuch vollständig erbracht und es handelt sich um ein zeitlich unbefristetes Flutungsrecht. Es fehlt damit an einer konkreten und irgendwie zeitlich bestimmbaren Nutzungsüberlassung. Die tatsächliche Inanspruchnahme des Grundstücks ist ausschließlich abhängig vom Auftreten eines außergewöhnlichen Naturereignisses in Form eines größeren Hochwassers. Wie der Beklagte zutreffend ausführt, gibt es auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Entgelt einen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach Erhalt der Zahlung darstellt und darüber hinaus noch einer Verpflichtung zu einer nach diesem Stichtag (zumindest zeitanteilig) zu erbringenden Gegenleistung gegenüber steht.

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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen. Soweit ersichtlich liegen bisher zur zeitlichen Zuordnung von Entschädigungszahlungen im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz (Flutungsrechte) keine Entscheidungen vor.

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