Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 K 1730/14


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Tenor

I. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009 vom 30. Dezember 2011 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 12. Mai 2014 wird dahingehend geändert, dass die Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 406.267,00 € unterbleibt.

Der Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für 2009 vom 6. September 2011 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2014 wird aufgehoben.

Die Ermittlung des festzustellenden Betrags wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Streitig ist der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) im Zusammenhang mit einer Pensionszusage.

2

Die Klägerin wurde am xx. Mai 1982 in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens sind der Sicherheitsservice und die Sicherheitstechnik. Vom Zeitpunkt der Gründung bis zum 13. August 1997 hielt der am xx. Juli 1939 geborene Herr R (im Folgenden: R) die Mehrheit der Geschäftsanteile an der Klägerin. Seit dem 14. August 1997 halten er und seine Ehefrau gleich hohe Beteiligungen.

3

R war für die Klägerin seit deren Gründung als alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer tätig. Gemäß Anstellungsvertrag vom 7. Oktober 1982 sollte er für die Geschäftsführertätigkeit ein monatliches Gehalt in Höhe von 8.500 DM sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld in gleicher Höhe, insgesamt also 119.000 DM p.a., erhalten. R erklärte sich gegenüber der Klägerin bereit, in deren Aufbauphase auf einen von ihm zu bestimmenden Teil seines Gehalts zu verzichten, wobei die Klägerin ihrerseits erklärte, die dadurch bedingte Einkommenseinbuße durch Gewährung freiwilliger Tantiemen wieder auszugleichen, sobald ihre wirtschaftliche Lage dies zulasse.

4

Darüber hinaus erteilte die Klägerin R im Anstellungsvertrag vom 7. Oktober 1982 (BI. 41 ff. d. Vertragsakte) eine Pensionszusage dergestalt, dass R für den Fall der Einstellung seiner Tätigkeit für die Gesellschaft nach Vollendung des 60. Lebensjahres ein Ruhegeld von 80 % des Jahresbruttogehaltes erhalten sollte. Eine entsprechende Verpflichtung wurde auch für den Fall, dass R durch Krankheit oder durch andere unverschuldete Gründe länger als 6 Monate an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert ist, übernommen (§ 6 Nr. 1 und 2 des Anstellungsvertrags). Zudem gewährte die Klägerin eine Hinterbliebenenversorgung (§ 7). Zur Absicherung der Pensionszusage schloss die Klägerin eine Rückdeckungsversicherung ab.

5

Mit Nachtrag vom 14. Januar 1985 (BI. 58 d. PA) wurde die Pensionszusage dahingehend abgeändert, dass R nunmehr bei einem Ausscheiden aus der Firma nach Vollendung des 65. Lebensjahres sowie im Falle des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Unternehmen wegen Dienstunfähigkeit eine monatliche Rente in Höhe von 8.000 DM erhalten sollte. Die Klägerin verpflichtete sich, die laufende Rente jeweils nach Ablauf eines Jahres um 3% zu erhöhen. Außerdem wurde vereinbart, dass die Pensionszusage nicht das Recht auf vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses von R beeinträchtige und bei einer vorzeitigen Aufhebung des Dienstverhältnisses alle Ansprüche aus dieser Versorgungszusage erhalten blieben.

6

Wegen der Einzelheiten wird auf den Anstellungsvertrag vom 7. Oktober 1982 und den Nachtrag vom 14. Januar 1985 verwiesen.

7

Bezüglich der tatsächlichen Gehaltszahlungen an R in den Jahren 1982 bis 2008 gehen die Beteiligten von unterschiedlichen Beträgen aus (vgl. Klageerwiderung vom 29. September 2014, Seite 3 f., BI. 65 f. d. PA; Schriftsatz d. Klägerin vom 11. November 2014, Seite 2, BI. 90 d. PA):·

8
        

Beklagter

Klägerin

1982   

52.151,77 €

27.701,88 €

1983   

52.151,77 €

69.189,04 €

1984   

52.151,77 €

69.457,98 €

1985   

61.355,03 €

52.608,00 €

1986   

99.479,50 €

193.653,00 €

1987   

61.888,81 €

61.888,81 €

1988   

61.582,04 €

61.582,04 €

1989   

40.197,54 €

40.289,80 €

1990   

36.040,96 €

30.892,26 €

1991   

30.892,26 €

30.892,26 €

1992   

31.904,61 €

30.892,26 €

1993   

33.898,65 €

33.898,65 €

1994   

37.218,47 €

37.218,88 €

1995   

38.219,07 €

38.219,09 €

1996   

39.880,77 €

39.880,77 €

1997   

39.109,23 €

39.109,29 €

1998   

40.544,93 €

40.545,43 €

1999   

40.544,93 €

40.545,43 €

2000   

40.544,93 €

40.545,43 €

2001   

40.544,93 €

40.545,43 €

2002   

40.880,76 €

40.880,76 €

2003   

40.880,76 €

40.880,76 €

2004   

40.880,76 €

40.880,76 €

2005   

46.636,00 €

40.880,76 €

2006   

119.818,00 €

40.880,76 €

2007   

119.870,00 €

114.000,00 €

2008   

   149.067,00 €

   142.971,00 €

9

Für die ab 1989 - unstreitig - geringeren Gehaltszahlungen waren wirtschaftliche Probleme der Klägerin ursächlich. So verzichtete R lt. einem Protokoll der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 11. Dezember 1989 „angesichts der schlechten Ertragslage" widerruflich ab 1. Januar 1990 auf einen Teil seines Gehalts (Gehalt ab 1. Januar 1990: 5.035 DM incl. Urlaubsgeld). Lt. weiteren Protokollen der Gesellschafterversammlung vom 3. August 1997 und 12. Januar 1998 stellten R und seine Ehefrau wegen anhaltender Liquiditätsprobleme der Klägerin „zur Erhaltung ihrer eigenen Arbeitsplätze (...) private Mittel zur Verfügung", indem sie u.a. ihre Gehälter weiter reduzierten. Mit Gesellschafterbeschluss vom 9. Januar 2007 wurde, da sich die wirtschaftliche Situation der Klägerin „bereits deutlich verbessert" habe und diese „positive Tendenz" voraussichtlich anhalten werde, der teilweise Gehaltsverzicht von R aufgehoben und sein monatliches Gehalt wie der von 3.406,73 € auf 7.500 € zzgl. Weihnachts- und Urlaubsgeld heraufgesetzt (vgl. im Einzelnen BI. 112, 119-121 d. PA).

10

Im Jahr 2007 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2001 bis 2004 statt. Gemäß Tz. 1.5 des Prüfungsberichts vom 25. September 2007 gelangten die Prüfer zu der Auffassung, dass nach der ständigen BFH-Rechtsprechung zur sog. 75%-Grenze in Bezug auf die streitgegenständliche Pensionszusage eine Überversorgung vorliege. Die in den Bilanzen zum 31. Dezember 2001 bis 31. Dezember 2004 gebildeten Pensionsrückstellungen seien daher gemäß § 6a Einkommensteuergesetz (EStG) zu kürzen (BI. 28 f. d. Bp-Berichtsakten). Da dies verfahrensrechtlich allerdings nicht mehr möglich war, nahm der Beklagte unter Berücksichtigung weiterer Anwartschaften des R auf Altersversorgung (Y-Betriebsrente in Höhe von 5.590 € p.a., gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von 10.150 p.a.) eine Kürzung der zum 31. Dezember 2005 in Höhe von 749.537 € gebildeten Pensionsrückstellung auf 305.409 € vor (Gewinnauswirkung: 444.128 €). Der entsprechend geänderte Körperschaftsteuerbescheid für 2005 wurde bestandskräftig.

11

In den Folgejahren wurde es versäumt, die Pensionsrückstellungen entsprechend anzupassen. Die Rückstellungen entwickelten sich lt. Handels-/Steuerbilanzen (HB/StB) bzw. Prüferbilanzen des Fachprüfers für Betriebliche Altersversorgung (PB) wie folgt:

12
        

31.12.06

31.12.07

31.12.08

31.12.09

HB/StB 

  732.447 € 

  715.168 € 

  694.814 € 

  741.785 €

PB    

  298.446 € 

291.405 € 

  283.112 € 

  741.785 €

13

Mit Gesellschafterbeschluss vom 1. November 2008 wurde die Aufhebung des Geschäftsführeranstellungsvertrages beschlossen. R stimmte der Aufhebung des Beschäftigungsverhältnisses zu und beanspruchte die zugesagte Pension ab dem 1. Januar 2009. Weiter heißt es in dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 1. November 2008: "R scheidet damit aus dem aktiven Dienst aus der Gesellschaft aus. In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer wird er die laufenden Geschäfte der Gesellschaft weiterhin überwachen. Eine Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit entfällt ab 01.01.2009." Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll verwiesen (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 24. November 2016).

14

Seit dem 1. Januar 2009 bezieht R von der Klägerin eine monatliche Pension in Höhe von 4.500 € (jährlicher Aufwand lt. Gewinn- und Verlustrechnung 54.000 €, vgl. BI. 59 d. Bilanzakten).

15

Der Beklagte erließ unter dem 14. September 2011 Bescheide für 2009 über Körperschaftsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag, in welchen er in Höhe der Differenz zwischen der Pensionsrückstellung in der PB zum 31. Dezember 2008 von 283.112 € und deren Ansatz in der HB/StB der Klägerin zum 31. Dezember 2009 von 741.785 €, d.h. in Höhe von 458.673 €, eine vGA berücksichtigte. Zur Begründung gab er an, die Pensionsrückstellung sei nach Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten und Eintritt des Versorgungsfalls gemäß § 6a Abs. 3 Nr. 2 EStG mit dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen entsprechend der Versorgungszusage zu bilanzieren. Dies führe zum 31. Dezember 2009 zu einer Zuführung gegenüber dem steuerlichen Ansatz zum 31. Dezember 2008 in der als vGA berücksichtigten Höhe. Darüber hinaus erging unter dem gleichen Datum ein entsprechender Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009. Bereits unter dem 6. September 2011 hatte der Beklagte mangels Abgabe einer Steuermeldung nach § 45a EStG einen entsprechenden Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für 2009 erlassen.

16

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 27. September 2011 Einsprüche ein, mit denen sie sich gegen den Ansatz der vGA wandte. Nachdem sie unter Hinweis darauf, dass die Werte der Pensionsrückstellungen in den Handelsbilanzen der Jahre 2006 bis 2008 bisher nicht an die steuerlich maßgeblichen Werte (lt. PB) angepasst worden seien, berichtigte Steuererklärungen und Handelsbilanzen mit Überleitungsrechnungen zur Steuerbilanz eingereicht hatte, erließ der Beklagte unter dem 30. Dezember 2011 entsprechend geänderte Bescheide für 2009 über Körperschaltsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag sowie einen entsprechend geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009, in welchen er nunmehr von einem um 411.702 € (741.785 € ./. 283.112 € ./. bereits berücksichtigter Aufwand i.H. von 46.971 €) geminderten Gewinn der Klägerin und einer vGA in entsprechender Höhe ausging. Nachdem die Körperschaltsteuer bzw. der Gewerbesteuermessbetrag für 2009 in·diesen Bescheiden auf jeweils 0 € festgesetzt worden war, nahm die Klägerin die diesbezüglichen Einsprüche zurück; die Einsprüche gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009 und den Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für 2009 hielt sie hingegen aufrecht.

17

Die aufgrund der eingereichten Handelsbilanzen mit Überleitungsrechnungen zur Steuerbilanz ebenfalls geänderten Körperschaltsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 2006 bis 2008 sind bestandskräftig; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

18

Mit Einspruchsentscheidungen vom 12. Mai 2014 (gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes) und vom 16. Juni 2014 (Festsetzung von Kapitalertragsteuer) half der Beklagte den Einsprüchen nochmals teilweise ab und wies sie im Übrigen als unbegründet zurück.

19

Die Teilabhilfe beruhe auf der Erwägung, dass die vGA entgegen dem zuvor vertretenen Standpunkt nicht dem Aufstockungsbetrag auf den Barwert der künftigen Pensionsleistungen entspreche. Es sei vielmehr eine sog. ,,Mischberechnung" dergestalt durchzuführen, dass die sog. 75%-Grenze auf das durchschnittliche Geschäftsführergehalt des R in den Jahren 1982 bis 2008 angewandt werde. Hiernach hätten der Klägerin 26.260 € jährlich für die betriebliche Altersversorgung des R zur Verfügung gestanden. Der auf diesem Betrag basierende Barwert zum 31. Dezember 2009 betrage 360.727 €. In Höhe der Differenz zwischen diesem Barwert und dem tatsächlichen Barwert zum 31. Dezember 2009 von 741.785 €, d.h. in Höhe von 381.058 €, sei daher eine vGA ·gegeben. Darüber hinaus sei auch das im Jahr 2009 gezahlte Altersruhegeld in Höhe von 49.084 € zum Teil als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen, nämlich mit dem „unüblichen" Anteil von 51,36 % (381.058 €/741.785 €), d.h. in Höhe von 25.209 € (vGA insgesamt daher 381.058 € + 25.209 € = 406.267 ).

20

Im Übrigen sei den Einwendungen der Klägerin nicht zu folgen. Soweit R in den Jahren 1990 bis 2006 nur Teile des zugesagten Aktivgehalts bei unverändertem Pensionsanspruch erhalten habe, handele es sich um eine nicht fremdübliche Konstellation, welche die Denkfigur des „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" so nicht praktiziert hätte. Es sei davon auszugehen, dass es R spätestens im Jahr 1992, also drei Jahre nach der ersten Gehaltsabsenkung, hätte klar gewesen sein müssen, dass ein Ende der Unternehmenskrise der Klägerin nicht abzusehen gewesen sei. Ein Fremdgeschäftsführer hätte spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Anpassung der Altersversorgung an das reduzierte Gehalt vorgenommen. Von der (überwiegend zu § 6a EStG ergangenen) BFH  Rechtsprechung werde unterstellt, dass ein Arbeitgeber seine soziale Verantwortung bezüglich eines Versorgungsversprechens regelmäßig nur bis zum Erreichen der sog. "75% Grenze" wahrnehmen werde. Nach Auffassung des BFH seien Rentenbezüge in Höhe von 75 v.H. der letzten Aktivbezüge grundsätzlich als Obergrenze der "Üblichkeit" anzusehen. Die diesbezüglichen Entscheidungen des BFH könnten auch für den Streitfall herangezogen werden, denn sie gäben einen generellen Hinweis zum Begriff der "Fremdüblichkeit" von Vereinbarungen zur Altersversorgung. Es wäre nicht rechtens, eine gravierende Überschreitung der betreffenden Grenze bei Gesellschafter-Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften nicht auch als Indiz für eine fehlende Fremdüblichkeit zu werten. Während im Streitfall zum Zeitpunkt der Festzusage am 14. Januar 1985 noch kein Missverhältnis zwischen Aktivgehalt und Altersversorgung bestanden habe, sei dieses Missverhältnis erstmals mit der ersten deutlichen Gehaltsabsenkung im Jahr 1989 in Erscheinung getreten. Nach einer angemessenen Zeit des Zuwartens von drei Jahren hätte bei weiterhin desolater Wirtschaftslage eine Absenkung der Altersversorgung erfolgen müssen. Die gebotene Angleichung der Pensionszusage wäre unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage auch zivilrechtlich möglich gewesen.

21

Zur Begründung ihrer hiergegen am 6. Juni 2014 (gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes) bzw. am 20. Juni 2014 (Festsetzung von Kapitalertragsteuer) erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Entscheidend hinsichtlich der Annahme einer vGA sei, dass die Kürzung der Pensionsrückstellung zum 31. Dezember 2005 aufgrund Überversorgung innerhalb der Steuerbilanz erfolgt sei. Denn in der Anwartschaftsphase gehe es bei Überschreiten der sog. 75%-Grenze um die Frage der bilanzsteuerrechtlichen Berücksichtigung nach § 6a EStG und nicht um die Frage der vGA. Wenn aber der Betriebsausgabenabzug damit auf ein anzuerkennendes Maß eingeschränkt werde, bleibe für außerbilanzielle Korrekturen in Form von vGA aufgrund einer Übermaßrente kein Raum, da es bei der Kapitalgesellschaft aufgrund der Abschmelzung der Pensionsrückstellung auf den zulässigen Betrag insoweit gar nicht zu gesellschaftsrechtlich veranlassten Vermögensminderungen kommen könne. Auch lasse die Abschmelzung der Pensionsrückstellung keine Rückschlüsse darauf zu, dass die Überversorgung auf gesellschaftsrechtliche Gründe zurückzuführen sei. Das BMF-Schreiben vom 3. November 2004 präjudiziere auch nicht, dass tatsächlich eine Anpassung der Versorgungszusage auf ein Versorgungsniveau unter 75% erfolgen müsse. Dies werde z.B. aus dem Urteil des BFH vom 27. März 2012 (I R 56/11, BStBl II 2012, 665) deutlich, wonach für die Frage der Rückstellungskürzung ohne Bedeutung sei, ob die Versorgungszusage arbeitsrechtlich angepasst werden könne. Denn bei der Rückstellungskürzung gehe es nur um die zulässige Bewertung der Verpflichtung in der Steuerbilanz und nicht um den tatsächlichen Verpflichtungsumfang der GmbH bzw. den tatsächlichen Anspruch des Versorgungsberechtigten, der durch die Bewertung der Rückstellung überhaupt nicht tangiert werde.

22

Ob die Versorgungszusage als solche dem Grunde oder der Höhe nach gesellschaftsrechtlich veranlasst und daher eine Korrektur in Form von vGA außerhalb der Steuerbilanz erforderlich sei, sei nicht mehr anhand der Kriterien des BMF-Schreibens vom 3. November 2004 und der Rechtsprechung zu § 6a EStG, sondern ausschließlich anhand der allgemeinen Grundsätze zur vGA und bezogen auf den Auszahlungsbeginn zu prüfen. Sie könne daher auch nicht pauschal in Höhe der Rückstellungsaufstockung auf den Barwert der Pensionsverpflichtung oder im Rahmen einer Mischberechnung vorgenommen werden. Vielmehr müsse festgestellt werden, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die durch die Zahlung der unverminderten Pension eintretenden Vermögensminderungen unter Fremdvergleichsgesichtspunkten hingenommen hätte. Da die von der Rechtsprechung in Bezug auf Pensionszusagen entwickelten Prüfungskriterien der Ernsthaftigkeit, der zivilrechtlichen Wirksamkeit, der Erdienbarkeit, der Unverfallbarkeit und der Finanzierbarkeit aufgrund der steuerlichen Anerkennung der Pensionszusage über die gesamte Ansparphase hinweg dem Grunde nach nicht infrage gestanden hätten, beschränke sich die Fremdvergleichsprüfung im Streitfall auf die Frage der Angemessenheit der Versorgungszusage. Diesbezüglich habe jedoch weder die Finanzverwaltung noch die Rechtsprechung eine typisierende 75%-Grenze aufgestellt. Es müsse vielmehr im Einzelfall überprüft werden, ob die Versorgungszusage der Höhe nach angemessen sei, und zwar nicht rückwirkend betrachtet, sondern bezogen auf das Jahr 2009, in dem die Pension zu laufen begonnen habe. An der Angemessenheit bestünden jedoch keine Zweifel, da keine Ansatzpunkte ersichtlich seien, dass eine Pension in Höhe von 4.090,34 € unangemessen hoch sei und einem vergleichbaren Fremdgeschäftsführer nicht gezahlt worden wäre. Die Höhe betrage lediglich ca. 39 % der letzten Aktivbezüge von R und würde damit selbst bei Zusammenrechnung mit der M -Rente und der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung weit unter der 75%-Grenze liegen, wenn man diese als Messlatte für eine Überversorgung heranzöge. Der Auffassung des Beklagten, dass die Angemessenheit der Versorgungsbezüge unter Einbeziehung der gesamten Ansparphase zu prüfen sei, vermöge sie sich nicht anzuschließen, zumal der Beklagte dies selbst hinsichtlich der Reduzierung der Pensionsrückstellung wegen Überversorgung zum 31. Dezember 2005 anders gehandhabt habe und er seinen Denkansatz insofern nicht konsequent vertrete. Soweit der Beklagte darauf hinweise, dass die Rechtsprechung seit Jahren davon ausgehe, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine Überschreitung der 75%-Grenze üblicherweise zu verhindern versuche, da er seine soziale Verantwortung gegenüber seinem Arbeitnehmer nur bis zu dieser Grenze wahrzunehmen bereit sei, sei dem entgegenzuhalten, dass sich die vom Beklagten zitierten Urteile nicht auf die Abgrenzung der gesellschaftsrechtlichen von der betrieblichen Veranlassung bezögen, sondern auf die Bewertung der Pensionsrückstellung nach § 6a EStG. Im Übrigen sei ohnehin fraglich, ob an dieser Sichtweise angesichts der erheblichen Weiterentwicklung der Altersversorgungssysteme in den letzten beiden Jahrzehnten so noch festgehalten werden könne. Auch der BFH habe in seiner Entscheidung vom 4. April 2012 (I B 128/11, BFH/NV 2012, 1181) zu erkennen gegeben, dass es sich nicht so verhalte, dass beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer im Bereich der betrieblichen Altersversorgung generell nur der Ersatz der gesetzlichen Renten als angemessen anzusehen sei.

23

Soweit der Beklagte die Auffassung vertrete, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter spätestens drei Jahre nach der ersten Gehaltsabsenkung, also im Jahr 1992, auch die Pensionszusage entsprechend reduziert hätte, stütze das von ihm hierfür herangezogene Urteil des BFH vom 8. November 2000 (I R 70/99, BStBl II 2005, 653) diese Aussage gerade nicht. Hiernach könne sich eine Obliegenheit zur Anpassung der Pensionszusage nämlich erst dann ergeben, wenn abzusehen sei, dass die zugesagte Versorgung aus den der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mitteln nicht finanziert werden könne. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall ersichtlich nicht vor. Die Wahrscheinlichkeit für eine deutliche wirtschaftliche Erholung sei in ihrem Fall nie so weit reduziert gewesen, dass es wirtschaftlich vernünftig gewesen wäre, die erlittenen finanziellen Verluste endgültig zu akzeptieren und das Engagement zu beenden. In Anbetracht des konkreten Hintergrundes ihrer wirtschaftlichen Krise hätte jeder ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter in einer vergleichbaren Situation versucht, sie zunächst von den ihre Liquidität belastenden Aufwendungen, nämlich dem Aktivgehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers, zu entlasten. Da aufgrund der langfristigen Ertragsprognose davon auszugehen gewesen sei, dass sie später in der Lage sein würde, ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer die zugesagten Versorgungsleistungen zu zahlen, habe für einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter keine Notwendigkeit bestanden,·die Versorgungszusage ebenfalls anzupassen. Dies gelte umso mehr, als der Anstellungsvertrag vorgesehen habe, dass die Gehaltsverzichte im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten durch Tantiemezahlungen wieder hätten ausgeglichen werden sollen, mit der Folge,·dass der anfängliche Gehaltsverzicht nicht endgültig habe sein sollen.

24

Auch bei Betrachtung der Gesamtentlohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers müsse man zu dem Ergebnis kommen, dass die von vornherein vereinbarte und nunmehr gezahlte Pension nicht zu einer unangemessenen Gesamtausstattung führe. Das lt. Anstellungsvertrag in 1982 vereinbarte Aktivgehalt habe sich an einer zuvor ausgeübten vergleichbaren Tätigkeit als Fremdarbeitnehmer in der gleichen Branche orientiert und damit im Rahmen des Üblichen gelegen. Da sich die Pensionszusage hieran orientiert habe, sei sie im Zeitpunkt der Vereinbarung unstreitig ebenfalls angemessen gewesen. Mit der Absenkung der Aktivbezüge sei dem Umstand Rechnung getragen worden, dass es ihr wirtschaftlich schlechter als zunächst erwartet gegangen sei. Dies habe daran gelegen, dass sie sich seit Ende der 80er Jahre sukzessive auf die Entwicklung von Sicherheitstechnik für den ... fokussiert habe, sie die hierfür anfallenden nicht unerheblichen Entwicklungskosten zum großen Teil aus Eigenmitteln habe finanzieren müssen und sich die Entwicklungsphase bis zum Beginn der Serienfertigung um mehrere Jahre hinausgezögert habe. Letztendlich sei es jedoch unternehmerisch richtig gewesen, diese lange Durststrecke durchzuhalten, denn heute verfüge sie aus dem Projekt über einen Liefervertrag mit einem Auftragsvolumen von 10 Mio. €, das deutlich über die erlittenen Verluste hinausgehe, und eine Abnahmegarantie bis 2037. Da aber der durch ihre wirtschaftliche Situation bedingte Gehaltsverzicht lt. Anstellungsvertrag kein endgültiger Verzicht, sondern ein Verzicht gegen Besserungsvereinbarung habe sein sollen, müsse davon ausgegangen werden, dass die Parteien seinerzeit nicht beabsichtigt gehabt hätten, das Versorgungsniveau abzusenken, sondern es auf dem ursprünglich vereinbarten Niveau zu belassen. Da sich ihre finanzielle Situation nicht so schnell wie gedacht entspannt habe, sei es nicht in vollem Umfang zum Ausgleich des Gehaltsverzichts durch Tantiemezahlungen gekommen. Dies rechtfertige jedoch nicht die Annahme, dass die nunmehr gezahlte - sich an der ursprünglichen Vereinbarung orientierende - Pension nicht angemessen sei. Denn der BFH habe mit Urteil vom 18. Dezember 2002 (I R 27/02, BFH/NV 2003, 824) entschieden, dass die Erfüllung einer Forderung nach Bedingungseintritt keine vGA darstelle, wenn ein beherrschender Gesellschafter auf eine Forderung gegen seine GmbH unter der auflösenden Bedingung verzichte, dass die Forderung im Besserungsfall wieder aufleben solle. Der Auffassung des Beklagten, dass die nachträgliche Erfüllung der vereinbarten Gehaltsansprüche und die Pensionszusage unabhängig voneinander zu beurteilen seien, könne nicht gefolgt werden, da die Nachzahlung nachträglich auch die Bemessungsgrundlage für die angemessene Pension beeinflusse, wenn entsprechend der Auffassung des Beklagten hierzu auf die 75%-Grenze abzustellen sein sollte.

25

Es habe rechtlich auch gar keine Möglichkeit bestanden, die Versorgungszusage anzupassen. Der BFH gehe in seinem Urteil vom 8. November 2000 (I R 70/99, BStBl II 2005, 653) davon aus, dass die unterbliebene Anpassung einer Pensionszusage gegenüber einem Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle der Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der GmbH nur dann zu einer vGA führen könne, wenn eine Anpassung der Pensionszusage rechtlich möglich sei. Anderenfalls seien die Zuführungen zur Pensionsrückstellung lediglich die zwangsläufige Folge einer unternehmerischen Fehleinschätzung, was die ursprüngliche betriebliche Veranlassung unberührt lasse. Der Beklagte habe nicht den Nachweis geführt, dass sie - die Klägerin - zivilrechtlich in der Lage gewesen wäre, eine Anpassung der Pensionszusage gegenüber einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer durchzusetzen, und diese Möglichkeit im Streitfall aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen nicht genutzt habe. Zudem wäre die Zusage bei Erbringung dieses Nachweises aufgrund ihrer verbesserten wirtschaftlichen Situation wieder in eine betriebliche Veranlassung hineingewachsen.

26

Zu der in der mündlichen Verhandlung am 16. November 2016 erörterten Frage, ob die auch nach dem 1. Januar 2009 fortdauernde Tätigkeit von R als geschäftsführendes Organ der Gesellschaft dem Bezug der Pension entgegenstand, führt die Klägerin weiter im Wesentlichen aus: Nach ihrer Auffassung sei mit Aufhebung des entgeltlichen Geschäftsführeranstellungsvertrags, verbunden mit der Einstellung der Gehaltszahlungen ab dem 1. Januar 2009 und trotz Beibehaltung der gesellschaftsrechtlichen Organfunktion, die notwendige zivilrechtliche Voraussetzung für den Bezug der Pensionsleistungen geschaffen worden.

27

Für die Frage, ob R ab dem 1. Januar 2009 seine Pensionsleistungen habe beanspruchen können, komme es entscheidend darauf an, wie die Formulierung in der Pensionsvereinbarung vom 14. Januar 1985 „Scheiden sie (...) aus der Firma aus" zu verstehen sei. Mit dem Begriff „Firma" sei kein eindeutig definierter Rechtsbegriff verwendet worden. So könne das Ausscheiden aus der Firma isoliert betrachtet die Beendigung des entgeltlichen Dienstverhältnisses mit der GmbH bedeuten, es könne aber auch die Beendigung der Organstellung oder gar die Beendigung der Gesellschafterstellung beinhalten. Folglich müsse festgestellt werden, wie die Vertragsparteien seinerzeit mit großer Wahrscheinlichkeit den in der Pensionsvereinbarung verwendeten Begriff hätten verstanden wissen wollen. Dabei sei entscheidend zu berücksichtigen, in welchem Kontext der Begriff Verwendung gefunden habe. Im hier streitigen Fall stehe zweifelsfrei fest, dass die Pensionsvereinbarung Bestandteil des Dienstvertrages sei. Außerdem hätten die Vertragsparteien einen Mustervordruck verwendet, wie er seinerzeit in gängiger Praxis den Unternehmen durch die Rückdeckungsversicherungsunternehmen für Pensionszusagen gegenüber Mitarbeitern (einschl. Fremdarbeitnehmern) zur Verfügung gestellt, worden sei. Für Fremdarbeitnehmer bedeute das Ausscheiden aus der Firma jedoch zwangsläufig die Beendigung des Anstellungsverhältnisses, da in der Regel anderweitige Rechtsbeziehungen zur Firma nicht begründet würden. Dies werde auch deutlich durch die Verwendung der Formulierung „vorzeitige Beendigung Ihres Dienstverhältnisses" in Ziff. 2 der Versorgungsvereinbarung. Werde also eine gleichartige Formulierung im Rahmen eines mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer geschlossenen Dienstvertrags verwendet, sei bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtung davon auszugehen, dass diese ebenfalls als Beendigung des Dienstvertrages zu verstehen sei. Im Streitfall werde dies noch untermauert durch den in 2008 gefassten Beschluss zur Beendigung des Dienstverhältnisses, in dem beide Vertragsparteien davon ausgegangen seien, dass R damit ab dem 1. Januar 2009 die zugesagten Versorgungsleistungen beanspruchen könne. Außerdem sei in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer rein rechtlich im Verhältnis zur GmbH eine Doppelstellung einnehme. Zum einen sei er gesellschaftsrechtlich Organ der GmbH und zum anderen auf schuldrechtlicher Ebene Dienstnehmer der GmbH, wobei die Organstellung einerseits und die schuldrechtliche Anstellung andererseits hinsichtlich ihrer Begründung, ihres Fortbestands und ihrer Beendigung jeweils getrennt zu beurteilen seien. So führe die Beendigung der Organstellung nicht automatisch zur Beendigung des Dienstvertrages und die Beendigung des Dienstvertrages führe nicht zur Beendigung des Organverhältnisses. Damit liege es jedoch nahe, die dienstvertraglichen Vereinbarungen in Bezug auf das Dienstverhältnis zu betrachten und nicht mit dem Bestehen oder Nichtbestehen des Organverhältnisses zu vermischen.

28

Einem derartigen Verständnis stehe auch nicht die Entscheidung des Senats vom 12. April 2016 in der Rechtssache 1 K 1168/15 entgegen, da es im Streitfall - anders als in dem dort entschiedenen Fall - zu keinem Zeitpunkt zu einer doppelten Zahlung von Gehalt und Pension gekommen sei. Es liege damit keine Vermögensminderung vor, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer nicht zu tragen bereit gewesen wäre. Die Versorgungsleistung werde vielmehr der ihr zugedachten Rolle als Altersversorgung voll gerecht. Dies gelte umso mehr, als R bereits seit Vollendung seines 65. Lebensjahres auch seine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung  beziehe.

29

Dass die Organstellung trotz Beendigung des Dienstvertrages über den 31. Dezember 2008 hinaus habe fortgeführt werden müssen, sei durch die besonderen Umstände des Streitfalls bedingt gewesen. Der ursprünglich als Nachfolger für die Geschäftsführung vorgesehene Herr A, dessen Firma für sie als Subunternehmerin tätig gewesen sei, sei bedauerlicherweise schwer an Krebs erkrankt und letztlich am xx. August 2014 verstorben. Seit 2010 sei dann auf gleiche Art und Weise eine Zusammenarbeit mit Herrn B aufgebaut worden, der letztlich seit dem 1. Januar 2015 die Geschäftsführung der Klägerin übernommen habe. Ihre Gesellschafter hätten sowohl Herrn A als auch Herrn B gerne bereits zu einem früheren Zeitpunkt als Geschäftsführer der Klägerin beschäftigt, aber beide seien nicht bereit gewesen, zu den damaligen Zeitpunkten ihre Selbständigkeit aufzugeben, so dass zunächst nur eine Zusammenarbeit auf der Ebene als Subunternehmer in Betracht gekommen sei. Gleichwohl hätten beide Subunternehmen einen großen Teil der Entwicklungsarbeit für sie übernommen und damit Aufgaben ihres täglichen Geschäfts, die R zuvor selbst erledigt habe. Da es mit dieser Lösung nicht gelungen gewesen sei, angestellte Geschäftsführer für sich zu gewinnen, habe R die Organfunktion aus rechtlichen Gründen zunächst weiter beibehalten müssen. Sein Arbeitsgebiet habe sich jedoch deutlich verändert und er habe sich immer mehr auf die überwachenden Funktionen konzentrieren können. Er sei also nach Beendigung des Dienstvertrages nicht mehr in gleichem Umfang tätig gewesen wie zuvor als entgeltlich tätiger Geschäftsführer.

30

Sofern zivilrechtlich in 2009 tatsächlich kein Anspruch auf Auszahlung der Versorgungsleistungen an R bestanden haben sollte, könnten im Übrigen nur diese als vGA gewertet werden. Ein derartiger Verstoß würde nicht die Pensionsvereinbarung an sich in Frage stellen. Es bestünde kein Zweifel daran, dass sie nach wie vor bereit wäre, die zugesagten Leistungen vertragsgemäß zu erbringen. Die Aufstockung bzw. Beibehaltung der Pensionsrückstellung wäre daher nicht tangiert.

31

Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009 vom 30. Dezember 2011 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 12. Mai 2014 dahingehend zu ändern, dass die Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 406.267,00 € unterbleibt,
2. den Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für 2009 vom 6. September 2011 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2014 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

32

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

33

Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen und führt ergänzend im Wesentlichen aus, die Klägerin erhebe den Vorwurf der Inkonsequenz zu Unrecht, da es sich bei den Vorschriften des § 6a EStG und des § 8 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) um verschiedene Normen mit unterschiedlichen Zielsetzungen handele, die insbesondere auf unterschiedliche Zeitpunkte abstellten. Bei der Anwendung des § 6a EStG komme es nämlich auf die zum jeweiligen Stichtag maßgeblichen Aktivbezüge an, während für die Prüfung der vGA der jeweilige Zusagezeitpunkt bzw. der Zeitpunkt zu betrachten sei, zu dem die Denkfigur des ordentlichen Geschäftsleiters eine Anpassung vorgenommen hätte. Dass die Aufstockung der Pensionsrückstellung auf den Barwert der zukünftigen Pensionsleistungen im Streitjahr nach den Vorgaben des § 6a EStG erfolgt sei, schließe die gleichzeitige Prüfung der vGA nach Fremdvergleichsgrundsätzen nicht aus. Anderenfalls könnte die Annahme einer vGA allein durch das Anheben des letzten Aktivgehalts vor Eintritt der Ruhephase verhindert werden. Auch wenn im Streitfall die Höhe der letzten Gehaltszahlung von Beginn an vorgesehen gewesen sei, könnten die über den sehr langen Zeitraum von 16 Jahren stark abgesenkten Gehälter bei der Beurteilung der einem Fremdvergleich standhaltenden Pensionshöhe nicht unberücksichtigt bleiben.

34

Soweit die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des BFH vom 18. Dezember 2002 (I R 27/02) meine, dass die Erfüllung der gegen sie gerichteten Forderung des R auf Gehaltszahlungen in ursprünglich vereinbarter Höhe nach dem Bedingungseintritt der wirtschaftlichen Erholung keine vGA darstelle, mit der Folge, dass auch die Aufstockung der Pensionsrückstellung keine vGA darstelle, sei dem entgegenzutreten. Denn die Pensionshöhe sei von der aufschiebenden Bedingung der wirtschaftlichen Erholung nicht berührt gewesen, sondern im Rahmen einer Festzusage eindeutig bestimmt worden.

35

Zu der Frage, ob R ab dem 1. Januar 2009 seine Pensionsleistungen habe beanspruchen können, trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Die Formulierung „Ausscheiden aus der Firma" verstoße gegen § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG, wonach die Pensionszusage insbesondere eindeutige Angaben zu den Voraussetzungen der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten müsse, um steuerlich anerkannt zu werden. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Zusage sei aufgrund des gleichzeitigen Vorliegens sowohl eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch der Anteilseigner-Stellung von R unklar gewesen, was mit einem „Ausscheiden aus der Firma" konkret gemeint gewesen sei. Die Pensionsrückstellung hätte daher in der Steuerbilanz nicht gebildet werden dürfen.

36

Hinzu komme, dass R die Klägerin im Zeitpunkt der Zusageerteilung beherrscht habe und Vereinbarungen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter steuerlich nur anerkannt werden dürften, wenn sie im Voraus abgeschlossen sowie klar und eindeutig seien. Klar und eindeutig sei die betreffende Formulierung jedoch nicht gewesen. Wegen des Näheverhältnisses zwischen der Klägerin und R könne auch die für Verträge unter Angehörigen ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung analog betrachtet werden, die ebenfalls erhöhte Anforderungen an Klarheit und Fremdüblichkeit von zwischen nahen Angehörigen abgeschlossenen Vereinbarungen stelle.

37

Nach alledem müsse die strittige Formulierung eng an ihrem Wortlaut gemessen werden. Im Ergebnis könne damit nicht die alleinige Beendigung des Angestelltenverhältnisses ausschlaggebend sein. Vielmehr sei unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten, die mit der organschaftlichen Stellung des R verbunden seien, auch auf die Beendigung eben dieser Tätigkeit abzustellen.

38

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und die hierzu eingereichten Unterlagen verwiesen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Entscheidungsgründe

39

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

40

Der Beklagte geht zu Unrecht davon aus, dass die Aufstockung der Pensionsrückstellung und die Pensionszahlungen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu vGA i.H. von 406.267 € geführt haben.

41

1. Unter einer vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V. mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht; zudem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH, Urteil vom 10. April 2013 I R 45/11, BFHE 241, 332, BStBl II 2013, 771, m.w.N.).

42

2. Dass die Klägerin die streitgegenständliche Pensionsrückstellung in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2009 zutreffend gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz EStG mit dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen in Höhe von 741.785 € bewertet hat, steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Infolge der „Aufstockung" des (berichtigten) Rückstellungswertes zum·31. Dezember 2008 (283.112 €) auf den Rückstellungswert zum 31. Dezember 2009 ist eine sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V. mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkende Vermögensminderung i.H. von 458.673 € entstanden; darüber hinaus hat die Klägerin ihr Vermögen durch die Pensionszahlungen in Höhe von 54.000 € weiter vermindert.

43

Ob die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 2008 nach den Grundsätzen zur sog. Überversorgung zu Recht gekürzt wurde, erscheint in Anbetracht der letzten Aktivbezüge von R in Höhe von 149.067,00 € (bzw. - lt. Klägerin -142.971,00 €) zwar zweifelhaft. Da die Steuerbescheide des Jahres 2008 im vorliegenden Klageverfahren jedoch nicht streithängig sind, ist von den steuerbilanziellen Rückstellungswerten auszugehen.

44

Die Ansicht des Beklagten, diese Vermögensminderungen seien in Höhe von 406.267 € durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, hält einer rechtlichen Nachprüfung dagegen nicht stand:

45

a) Eine solche gesellschaftsrechtliche Veranlassung ergibt sich nicht bereits daraus, dass der Versorgungsfall im Streitjahr noch nicht eingetreten war oder die Pensionszusage vom 14. Januar 1985 mangels eindeutiger Angaben zu den Voraussetzungen für die künftigen Pensionsleistungen den Anforderungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht entspricht.

46

aa) Gemäß Ziff. 1 Satz 1 der Versorgungszusage vom 14. Januar 1985 setzt der Bezug der Pensionsleistungen voraus, dass R nach Vollendung seines 65. Lebensjahres oder vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit „aus der Firma" ausscheidet. Die Formulierung „Scheiden Sie ... aus der Firma aus ... " kann sowohl dahin verstanden werden, dass R bereits im Falle der Beendigung seines Dienstverhältnisses als Geschäftsführer die Pension beanspruchen können soll, als auch dahin, dass der Eintritt des Versorgungsfalls von der Beendigung des Dienstverhältnisses und der Stellung als gesellschaftsrechtliches Organ der Klägerin abhängt; sie bedarf daher der Auslegung nach den §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

47

Für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts ist gemäß § 133 BGB nicht an dem buchstäblichen Sinn des in der Parteierklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern es ist der in der Erklärung verkörperte Wille anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln. Dabei ist im Zweifel dasjenige gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht. Es ist derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einer sachgerechten, mit Inhalt und Zweck des Gesetzes zu vereinbarenden Regelung führt (BGH, Beschluss vom 05. Dezember 2012 IV ZR 188/12, juris; BGH, Urteil vom 12. Oktober 2012 V ZR 187/11, NJW-RR 2013, 78).

48

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat davon überzeugt, dass bereits die Beendigung des Dienstverhältnisses von R den Eintritt des Versorgungsfalls herbeiführen sollte. Für ein solches Verständnis sprechen vor allem der mit der Pensionszusage verfolgte Zweck und die Interessenlage der Vertragsparteien. Die Pensionszusage vom 14. Januar 1985 diente erkennbar dem Zweck, den Lebensunterhalt von R für den Fall zu sichern, dass er dazu wegen seines Alters oder wegen Dienstunfähigkeit durch den Einsatz seiner Arbeitskraft selbst nicht mehr imstande ist. Diesem Versorgungscharakter der Pensionszusage entsprach es, den Eintritt des Versorgungsfalls von dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze (hier: des 65. Lebensjahres) bzw. der Dienstunfähigkeit und darüber hinaus davon abhängig zu machen, dass das Dienstverhältnis beendet wird und R dementsprechend keine Aktivbezüge mehr erhält. Ein vernünftiger Grund, den Bezug der Pension zusätzlich an die Voraussetzung zu knüpfen, dass R auch seine Organstellung aufgibt, ist hingegen nicht ersichtlich. Der mit der Pensionszusage verfolgte Versorgungszweck kam vielmehr - unabhängig vom Fortbestand der gesellschaftsrechtlichen Organstellung als Geschäftsführer der Klägerin - mit der Beendigung des Dienstverhältnisses von R und dem hieraus resultierenden Wegfall seiner Aktivbezüge zum Tragen.

49

Ein hiervon abweichendes Verständnis der Pensionszusage würde den Interessen der Vertragsparteien offenkundig widersprechen. Hätte der Eintritt des Versorgungsfalls nämlich auch von der Beendigung der Organstellung abhängen sollen, hätte R nach der Beendigung seines Dienstverhältnisses zum 1. Januar 2009 weder einen Anspruch auf Zahlung von Aktivbezügen gehabt noch die Zahlung der Pension beanspruchen können. Sein Lebensunterhalt wäre in diesem Falle gerade nicht gesichert gewesen. In diesem Sinne haben die Vertragsparteien die Pensionszusage erkennbar auch selbst verstanden, wie sich dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 1. November 2008 entnehmen lässt, wonach R mit seinem Ausscheiden „aus dem aktiven Dienst" ab dem 1. Januar 2009 - ungeachtet der fortdauernden Überwachung der laufenden Geschäfte der Klägerin ,,in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer" - die Pension beanspruchen können sollte.

50

bb) Die Pensionszusage vom 14. Januar 1985 verstößt nicht gegen § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Zwar darf eine Rückstellung für eine Pensionsverpflichtung nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG nur gebildet werden, wenn und soweit die Pensionszusage schriftlich erteilt ist und eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthält. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es bereits dann an der Eindeutigkeit einer Pensionszusage fehlt, wenn der mit ihr verbundene Sinn noch ermittelt werden muss. Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter, zu denen auch Pensionszusagen gehören, sind vielmehr einer Auslegung nach den Regeln des BGB zugänglich. Kann - wie im Streitfall - im Wege der Auslegung ein eindeutiger Inhalt der Pensionszusage ermittelt werden, so ist auch dann für deren steuerliche Anerkennung Raum, wenn ihre schriftliche Fassung nicht alle Einzelheiten der Pensionsverpflichtung abdeckt (vgl. BFH, Beschluss vom 8. Dezember 2004 I B 125/04, BFH/NV 2005, 1036).

51

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin haben die Aufstockung der Pensionsrückstellung und die Pensionszahlungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer "Überversorgung" zu vGA geführt.

52

Der Beklagte geht - im Kern - davon aus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer den Pensionsanspruch von R nach der Gehaltskürzung nicht unverändert gelassen hätte. Eine Gehaltskürzung in einer wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft führe jedenfalls dann zur Verpflichtung, auch die Altersversorgung entsprechend anzupassen, wenn befürchtet werden müsse, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse voraussichtlich von Dauer sein würden, und wenn die Versorgungsanwartschaft aus der Pensionszusage zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteige, da nur solche Pensionszusagen einem Fremdvergleich standhielten, die in einem angemessenen Verhältnis zu den Aktivbezügen stünden (vgl. Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2014, Seite 10 letzter Abs. f., BI. 214 f. d. Rbh.-Akte).

53

Dem vermag der Senat aus mehreren Gründen nicht zu folgen:

54

aa) Bereits die Annahme des Beklagten, die Versorgungsanwartschaft aus einer Pensionszusage dürfe zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge nicht übersteigen (sog. 75%-Grenze, vgl. hierzu z.B. BFH, Urteil vom 27. März 2012 I R 56/11, BFHE 236, 74, BStBl II 2012, 665, m.w.N.), anderenfalls die Pensionszusage als teilweise nicht fremdüblich und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen sei, überzeugt nicht.

55

Der BFH hat ein auf gesellschaftlichen Gründen beruhendes Missverhältnis zwischen Versorgungs- und Aktivbezügen bislang vornehmlich im Falle einer sog. Nur-Pension an genommen. Die gesellschaftliche Veranlassung sieht der BFH hierbei darin, dass die Nur Pension zwar für die Kapitalgesellschaft vorteilhaft sei, der Fremdvergleich jedoch auch die Einbeziehung des Vertragspartners erfordere (sog. doppelter Fremdvergleich) und sich ein fremder Dritter auf eine solche - einseitig die Kapitalgesellschaft begünstigende - Vereinbarung nicht einlassen würde, weil er damit das gesamte Risiko einer Verschlechterung der Bonität der Gesellschaft tragen und für eine u.U. jahrzehntelange Tätigkeit keinerlei Vergütung erhalten würde (BFH, Urteil vom 17. Mai 1995 I R 147/93, BFHE 178, 203, BStBl II 1996, 204). Bei einer Nur-Pension sollen die Pensionszahlungen dementsprechend insoweit vGA darstellen, als sie unter Beachtung der (Teil-)Auflösung der betreffenden Pensionsrückstellung zu Minderungen des Unterschiedsbetrags nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG führen (BFH vom 28. April 2010 I R 78/08, BStBl II 2013, 41, BFHE 229, 234, unter Ziff. II. 4. der Entscheidungsgründe; vgl. hierzu z.B. auch Lang, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, 78. Erg.-Lfg. August 2013, KStG § 8 Abs. 3 Teil D, Rz. 586).

56

In der Literatur wird - darüber hinausgehend - z.T. die Auffassung vertreten, bereits die Überschreitung eines Versorgungsniveaus von 75 v.H. der letzten Aktivbezüge stelle (zumindest) ein Indiz für eine vGA dar. Denn für die betriebliche Altersversorgung sei charakteristisch; dass die Anwartschaft in einem bestimmten, angemessenen Verhältnis zum Aktivlohn stehe, da die betriebliche Altersvorsorge wie auch die gesetzliche Rentenversicherung eine Einkommensersatzfunktion ausübe (Briese 88 2005, 2492 und GmbHR 2004, 1132). Wellisch/Siebert vertreten die Auffassung, dass eine Pensionszusage gegenüber einem Gesellschafter-Geschäftsführer nach Eintritt des Versorgungsfalles stets daraufhin zu überprüfen sei, ob die 75%-Grenze gewahrt werde. Soweit die 75%-Grenze überschritten werde, liege ein unangemessenes Verhältnis von Versorgungsbezügen zu Aktivbezügen vor und komme es dementsprechend zur Annahme einer vGA. Denn insoweit überstiegen die Pensionsleistungen definitiv das Maß des Angemessenen. Ein Betriebsausgabenabzug für den die 75%-Grenze überschießenden Versorgungsbetrag scheide damit bei durch die GmbH finanzierten Pensionszusagen von Gesellschafter Geschäftsführern aus (BB 2013, 427). Auch Lang (in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, aaO) hält für möglich, dass eine Pensionszusage, für die aufgrund einer Überversorgung die Anerkennung einer Rückstellung in der Steuerbilanz versagt werde, zu einem späteren Zeitpunkt zu einer vGA führen könne. Dies könne z.B. der Fall sein, wenn die Überversorgung nicht dem Fremdvergleich standhalte, wenn sich also ein Fremdgeschäftsführer auf ein entsprechend hohes Verhältnis der Altersbezüge zum Aktivlohn nicht eingelassen hätte.

57

Diesen Überlegungen kann nicht gefolgt werden. Nach Ansicht des Senats ist eine Pensionszusage, die unter Miteinbeziehung einer Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung Versorgungsanwartschaften vermittelt, die 75 v.H. der Aktivbezüge übersteigen, nicht stets als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen. Die auf den sog. doppelten Fremdvergleich gestützte Erwägung des BFH, ein gesellschaftsfremder Dritter werde sich auf eine Nur-Pension nicht einlassen, lässt sich nicht auf jegliche Fallgestaltung übertragen, bei der die 75%-Grenze überschritten wird. Vielmehr können auch für einen fremden Dritten gute Gründe bestehen, ein die 75%-Grenze überschreitendes Verhältnis von Aktivbezügen und Versorgungsanwartschaften hinzunehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Aktivbezüge dem Geschäftsführer zumindest eine gesicherte Existenzgrundlage verschaffen, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft es (noch) nicht erlaubt, ein der Pensionszusage entsprechendes höheres Gehalt zu zahlen und die Gesellschaft zur Absicherung der Zusage eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen hat, so dass der Geschäftsführer im Ergebnis kein Risiko einer Verschlechterung der Bonität der Gesellschaft trägt (vgl. zu letzterem auch BFH, Urteil vom 17. Mai 1995 I R 147/93, BFHE 178, 203, BStBl II 1996, 204, unter Ziff. II. B. 1. a)).

58

Soweit z.T. angenommen wird, ein Arbeitgeber suche eine Überschreitung der 75% Grenze üblicherweise zu verhindern, da er seine soziale Verantwortung regelmäßig nur bis zu dieser Grenze wahrnehme (vgl. Ahrends/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, 6. Teil, Rz. 615), kann dem nicht gefolgt werden. Zwar hat der BFH in älteren Entscheidungen im Zusammenhang mit der Prüfung einer Überversorgung vereinzelt betont, die betriebliche Altersversorgung sei in der Regel dazu bestimmt, eine nach der gesetzlichen Rentenversicherung verbleibende Versorgungslücke von etwa 20 bis 30 v.H. der letzten Aktivbezüge zu schließen, da die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung nur eine durchschnittliche Höhe von etwa 45 bis 50 v.H. des letzten Arbeitseinkommens erreichten (vgl. BFH, Urteil vom 10. November 1982 I R 135/80, BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173; BFH, Urteil vom 13. November 1975 IV R 170/73, BFHE 117, 367, BStBl II 1976, 142). Diese Ausführungen dienten jedoch nur der Bestimmung einer angemessenen Obergrenze (75 v.H.), bei deren Überschreitung eine Überversorgung vorliegt, und sind nicht dahin zu verstehen, dass eine Pensionszusage unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls stets als unangemessen anzusehen ist und zu einer vGA führt, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt (vgl. auch BFH, Beschluss vom 4. April 2012 I B 128/11, BFH/NV 2012, 1181, wonach für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer generell im Hinblick auf Versorgungszusagen nicht nur der Ersatz der gesetzlichen Rente als angemessen anzusehen ist).

59

bb) Auch die Auffassung des Beklagten, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte die Pensionszusage gegenüber R „nach einer angemessenen Zeit des Zuwartens" - spätestens aber drei Jahre nach der Gehaltsabsenkung - entsprechend gekürzt, weshalb die unterlassene Kürzung als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen sei, vermag nicht zu überzeugen.

60

aaa) Der Beklagte geht zwar zutreffend davon aus, dass die Veranlassung einer Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis nur grundsätzlich nach den Verhältnissen bei Erteilung der Zusage zu beurteilen ist. Dementsprechend kann .auch dann, wenn die Erteilung der Pensionszusage nicht gesellschaftlich veranlasst war, die spätere Aufrechterhaltung der Zusage zu einer vGA führen, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sie bei veränderten Verhältnissen gegenüber einem Fremdgeschäftsführer angepasst hätte.

61

Eine einmal wirksam erteilte Zusage begründet jedoch eine Rechtsposition des Zusageempfängers, die ihm die Gesellschaft nicht ohne weiteres wieder entziehen kann. Sowohl der Widerruf als auch die Einschränkung einer Pensionszusage sind vielmehr arbeits- und dienstvertragsrechtlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Eine vGA kommt im Hinblick auf die Beibehaltung einer zunächst im Dienstverhältnis veranlassten Pensionszusage bei veränderten Verhältnissen nur dann in Betracht, wenn die Gesellschaft rechtlich in der Lage gewesen wäre, eine Anpassung der Zusage gegenüber einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer durchzusetzen, und sie diese Möglichkeit aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen nicht genutzt hat. Anderenfalls besteht der ursprüngliche betriebliche Veranlassungszusammenhang fort (BFH, Urteil vom 8. November 2000 I R 70/99, BFHE 193, 422, BStBl II 2005, 653)

62

Im Streitfall wäre eine Anpassung der Pensionszusage jedenfalls nach arbeitsrechtlichen Maßstäben ausgeschlossen gewesen:

63

Soweit der Beklagte meint, die Klägerin hätte sich auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen können, da sich die bei der Erteilung der Pensionszusage bestehenden wirtschaftlichen Erwartungen (trotz Absenkung des Aktivgehalts) nicht erfüllt hätten, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom 10. Dezember 1971 ausgeführt, ein Arbeitgeber könne unter ganz engen Voraussetzungen die Zahlung eines vorbehaltlos zugesagten Ruhegeldes aus Gründen einer wirtschaftlichen Notlage verweigern, wenn und solange bei ungekürzter Weiterzahlung der Bestand des Unternehmens gefährdet sei (vgl. BAG, Urteil vom 10. Dezember 1971, 3 AZR 190/71, BAGE 24, 63 ff., 71 f.). Vom Gesetzgeber war diese Rechtsprechung mit Wirkung zum 1. Januar 1975 in der - zum 1. Januar 1999 wieder ersatzlos gestrichenen - Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) im. Wesentlichen übernommen worden. Hiernach hatten Versorgungsempfänger, soweit die Versorgungsleistungen wegen einer wirtschaftlicher Notlage des Arbeitgebers gekürzt oder eingestellt wurden und dies durch rechtskräftiges Urteil eines Gerichts für zulässig erklärt worden war, gegen den Träger der Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistung, die der Arbeitgeber auf Grund der Versorgungszusage zu erbringen gehabt hätte.

64

Sowohl die frühere Rechtsprechung des BAG als auch die Vorschrift des 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG bezogen sich jedoch ausschließlich auf eine Kürzung bzw. Einstellung der Pensionszahlungen und waren demnach nur in der Auszahlungsphase anwendbar. Eine Reduzierung der Pensionszusage in der Anwartschaftsphase war nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage hingegen nicht möglich. Dies erscheint auch nachvollziehbar, da die Pensionszusage die Liquidität des Unternehmens in der Anwartschaftsphase nicht belastet, so dass eine Anpassung zu Lasten des Versorgungsberechtigten regelmäßig nicht geeignet wäre, eine bestehende wirtschaftliche Notlage zu beseitigen, und dem Versorgungsberechtigten dementsprechend auch nicht zugemutet werden könnte (zumal, wenn er - wie R im Streitfall - bereits eine erhebliche Herabsetzung seiner Aktivbezüge hinnehmen musste).

65

Hinzu kommt, dass die Zahlung der Pension aus Gründen einer wirtschaftlichen Notlage allenfalls solange verweigert werden konnte, wie bei ungekürzter Weiterzahlung der Bestand des Unternehmens gefährdet war (BAG, Urteil vom 10. Dezember 1971, aaO).

66

Selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Klägerin die Pensionszusage bereits im Jahr 1992 im Hinblick auf die künftigen Pensionszahlungen hätte kürzen können, wäre diese Anpassungsberechtigung daher mit der Beendigung der wirtschaftlichen Notlage vor Beginn der Auszahlungsphase wieder entfallen. Die Pension hätte folglich wieder auf das ursprüngliche Niveau angehoben werden müssen. Anderenfalls wäre die Auszahlung der (unverändert) gekürzten Pension nach Eintritt des Versorgungsfalls ihrerseits gesellschaftlich veranlasst gewesen bzw. hätte von R zur Vermeidung einer verdeckten Einlage nicht akzeptiert werden dürfen.

67

Nicht gefolgt werden kann der Ansicht des Beklagten, es sei eine einvernehmliche Änderung der Pensionszusage in Betracht zu ziehen, da Arbeitnehmer im Hinblick auf den Fortbestand ihrer Arbeitsplätze vom Wohl des Unternehmens abhingen. Die Annahme, dass ein gesellschaftsfremder Arbeitnehmer auf seine Rechte aus einer Pensionszusage verzichten würde, erscheint lebensfremd, zumal ein solcher Verzicht der Gesellschaft keinen Liquiditätsvorteil verschaffen würde und daher zur Überwindung einer wirtschaftlichen Krise in der Regel ungeeignet wäre. ·

68

bbb) In seinem - zur Überversorgung nach § 6a EStG ergangenen - Urteil vom 27. März 2012 (I R 56/11, BStBl II 2012, 665) hat der BFH zudem klargestellt, dass es im Zuge einer nur vorübergehenden betriebsbedingten Gehaltsherabsetzung in einer Unternehmenskrise - anders als bei einer dauerhaften Gehaltskürzung - nicht zwingend sofort zu einer Absenkung der Versorgung kommen müsse. Vielmehr könne bei vorübergehenden Gehaltsabsenkungen im Einzelfall von der Annahme einer Überversorgung abzusehen sein.

69

Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Anpassung der Pensionszusage bei einer dauerhaften Gehaltskürzung dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entsprechen würde, lag diese Voraussetzung im Streitfall nicht vor. Denn zwischen der wirtschaftlichen Krise der Klägerin und der Herabsetzung des Gehalts von R bestand ein unmittelbarer sachlicher und zeitlicher Zusammenhang. Das Gehalt wurde abgesenkt, weil die Klägerin nicht mehr in der Lage war, das ursprünglich vereinbarte Gehalt zu zahlen. Dies wird u.a. aus den Beschlussprotokollen der Klägerin vom 11. Dezember 1989, 3. August 1991 und 12. Januar 1998 deutlich, in denen die Gehaltsherabsetzungen ausdrücklich mit der „schlechten Ertragslage" bzw. der „drastisch verschlechterten Ertragslage" begründet wurden. Dementsprechend hat die Klägerin das Gehalt von R ausweislich des Beschlussprotokolls vom 9. Januar 2007 „nach Stabilisierung der Lage" auch wieder deutlich angehoben. Bei verständiger Betrachtung sollten die Gehaltsabsenkungen demnach nur solange beibehalten werden, wie sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin nicht nachhaltig bessert; sie sollten folglich gerade nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend sein. Dass die wirtschaftliche Krise aus Sicht der Klägerin überwindbar war, wird zudem aus ihren - vom Beklagten nicht bestrittenen - Ausführungen zu deren Ursachen deutlich (vgl. Klagebegründung vom 23. Juli 2014, Seite 11 Abs. 1, BI. 42 d. PA). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich von demjenigen, über den der BFH im Urteil vom 27. März 2012 (aaO) zu entscheiden hatte. Denn die dortige Klägerin hatte die Gehaltsabsenkungen gegenüber ihren Gesellschafter-Arbeitnehmern trotz wirtschaftlicher Erholung auch in der Folgezeit beibehalten (aaO, unter Ziff. II. 1. c) bb)), so dass die Vorinstanz in Bezug auf den maßgeblichen - 2 ½ Jahre nach den erstmaligen Gehaltsherabsetzungen liegenden - Bilanzstichtag durchaus davon ausgehen durfte, dass die Gehaltsabsenkungen dauerhaft sein sollten. Daraus lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass eine Gehaltsabsenkung unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls nach rd. drei Jahren stets als dauerhaft zu beurteilen ist.

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cc) Die Ansicht des Beklagten überzeugt auch insofern nicht, als die - vermeintlich - zur (teilweisen) Fremdunüblichkeit einer Pensionszusage führende Überschreitung der 75% Grenze zum im Streitfall maßgeblichen Bilanzstichtag 31. Dezember 2009 bereits nicht mehr gegeben war. Die Versorgungsanwartschaft aus der Pensionszusage betrug zusammen mit den Anwartschaften aus der Y-Betriebsrente und aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu diesem Zeitpunkt vielmehr nur noch rd. 46% der zuletzt gezahlten Aktivbezüge.

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Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass in die Berechnung der 75%-Grenze nicht die am Bilanzstichtag bezogenen letzten Aktivbezüge, sondern sämtliche während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses bezogenen Aktivbezüge einzubeziehen seien. Der BFH stellt für die Prüfung einer Überversorgung - wie bereits ausgeführt - in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen, d.h. der letzten, Aktivbezüge übersteigt (BFH, Urteil vom 28. April 2010 I R 78/08, BStBl II 2013, 41, BFHE 229, 234). Ob er - wie die Finanzverwaltung meint (vgl. Vermerk der OFD Koblenz vom 4. Dezember 2013, Seite 3, BI. 140 d. Rbh.-Akte) - im Urteil vom 27. März 2012 (I R 56/11, BFHE 236, 74, BStBl II 2012, 665) die Maßgeblichkeit der letzten Aktivbezüge für den Fall einer Gehaltsanpassung tatsächlich in Frage gestellt hat, erscheint zweifelhaft, kann aber dahinstehen. Denn soweit in der Fachliteratur statt einer Berechnung auf Basis der letzten Aktivbezüge eine „Mischberechnung" unter Berücksichtigung bereits erdienter Versorgungsansprüche befürwortet wird, beziehen sich diese Überlegungen auf Fallgestaltungen, bei denen die Aktivbezüge und die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen·Rentenversicherung zunächst über mehrere Jahre in einem angemessenen Verhältnis standen und die 75%-Grenze erst nach einer (dauerhaften) Gehaltsabsenkung überschritten wurde. Bei einer solchen Sachlage mag es mit dem Sinn und Zweck der Überversorgungsregeln unvereinbar sein, die Pensionsrückstellung auch insoweit aufzulösen, als sie auf in der Vergangenheit bereits erdiente Pensionsanwartschaften entfällt (so z.B. Lang, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, 78. Erg.-Lfg. August 2013, KStG § 8 Abs. 3 Teil D, Rz. 590). Eine Rechtfertigung dafür, bei Fallgestaltungen, in denen das Gehalt einige Jahre vor dem maßgeblichen Bilanzstichtag nicht herabgesetzt, sondern erhöht wurde, nicht auf die letzten Aktivbezüge abzustellen, sieht der Senat jedoch nicht. Vielmehr müssen in einem derartigen Fall die am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge der Berechnung zugrunde gelegt werden.

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dd) Selbst wenn - entgegen den vorstehenden Ausführungen - davon auszugehen wäre, dass die Klägerin die Pensionszusage zur Vermeidung einer Fremdunüblichkeit an die Gehaltsherabsetzung hätte anpassen müssen, und die Überversorgung auch im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls noch bestanden hätte, läge eine vGA im Übrigen allenfalls hinsichtlich eines Teils der Pensionszahlungen, nicht aber der Aufstockung der Pensionsrückstellung vor.

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Der BFH geht davon aus, dass die Grundsätze zur sog. Überversorgung nicht mehr gelten, nachdem der Versorgungsfall eingetreten ist. Denn nach Eintritt des Versorgungsfalls kann eine künftige Steigerung der Aktivbezüge nicht mehr vorweggenommen werden, da keine Aktivbezüge mehr gezahlt werden. Die zugesagten (ausfinanzierten) Pensionszahlungen entsprechen den tatsächlich geleisteten Pensionszahlungen. Es wird kein Aufwand mehr im Hinblick auf erwartete künftige Lohnsteigerungen vorgezogen. Dementsprechend ist die Pensionsrückstellung nunmehr mit dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen zu bewerten (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG), und zwar unabhängig von der Höhe der letzten Aktivbezüge. War die Pensionsrückstellung wegen einer Überversorgung vor Eintritt des Versorgungsfalls gekürzt, ist sie nach Eintritt des Versorgungsfalls auf den durch § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG vorgegebenen Wert aufzustocken (vgl. BFH, Beschluss vom 4. April 2012 I B 96/11, BFH/NV 2012, 1179).

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Dem Senat erschließt sich nicht, inwiefern die durch diese Aufstockung auf den Wert nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG eintretende Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein soll. Als teilweise gesellschaftlich veranlasst hätten allenfalls die ab dem Eintritt der Überversorgung erfolgten Zuführungen zur Pensionsrückstellung angesehen werden können. Diese wurden jedoch nicht außerbilanziell durch den Ansatz von vGA, sondern innerbilanziell durch die Kürzung der Pensionsrückstellung ab 2005 korrigiert; für die Annahme einer vGA fehlte es damit an der Voraussetzung einer Vermögensminderung (vgl. BFH, Urteil vom 31. März 2004 I R 70/03, BFHE 206, 37, BStBl II·2004, 937). Eine nachträgliche Behandlung der Zuführungen zur Pensionsrückstellung als vGA kommt zudem schon deshalb nicht in Betracht, weil eine Änderung der betreffenden Steuerbescheide aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist (vgl. BFH, Urteil vom 28. April 2010 I R 78/08, BStBl II 2013, 41, BFHE 229, 234). Dieses „Hindernis" für die Behandlung der Zuführungen zur Pensionsrückstellung als vGA kann nicht dadurch umgangen werden, dass nunmehr nach Eintritt des Versorgungsfalls in Höhe der Aufstockung auf den Barwert der künftigen Pensionsleistungen eine vGA angesetzt wird.

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Auch die unter Ziff. 2. b) aa) zitierten Autoren gehen im Übrigen erkennbar davon aus, dass nach Eintritt des Versorgungsfalls allenfalls die Pensionszahlungen, nicht jedoch die Aufstockung der Pensionsrückstellung auf den Wert nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG, unter dem Gesichtspunkt einer „Überversorgung" zu vGA führen können. Soweit den Ausführungen von Lang (in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, 78. Erg.-Lfg. August 2013, KStG § 8 Abs. 3 Teil D, Rz. 586) nach Auffassung der Finanzverwaltung etwas anderes zu entnehmen sein soll (vgl. Vermerk der OFD Koblenz vom 4. Dezember 2013, BI. 138 ff. d. Rbh.-Akte), vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.

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Der Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO stattzugeben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 713 Zivilprozessordnung.

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