Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamm - 13 Sa 604/14
Tenor
Auf die Berufung des Klägers – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 01.04.2014 - 5 Ca 2630/13 – teilweise abgeändert und in den Ziffern 1. und 2. des Tenors wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 888,29 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 455,74 € brutto seit dem 01.06.2013, aus weiteren 320,82 € brutto seit dem 01.07.2013 und aus weiteren 111,73 € brutto seit dem 01.08.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um das Bestehen verschiedener Arten von Vergütungsansprüchen.
3Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Bewachungsunternehmen, für das der Kläger seit dem 19.03.2009 als Sicherheitsfachkraft zum Einsatz kommt. Auf das Arbeitsverhältnis findet das einschlägige Tarifwerk für Sicherheitsdienstleistungen Anwendung.
4Bis April 2013 erhielt der Kläger als sog. Revierfahrer (Sicherheitsmitarbeiter im Revierdienst) einen Tarifstundenlohn in Höhe von 10,58 € brutto, danach in Höhe von 11,05 € brutto.
5Die Arbeitstätigkeit der Revierfahrer ist so gestaltet, dass sie, ausgestattet u.a. mit einem Diensthandy, in unterschiedlichen ihnen jeweils zugeteilten Revieren ihren Bewachungsaufgaben nachkommen. In dem Zusammenhang streiten die Parteien darüber, ob die einzelnen Revierfahrer während ihrer Schicht jeweils dergestalt eine gesetzliche Pause machen können, dass sie das ihnen überlassene Diensthandy abschalten können oder es – wie der Kläger behauptet – aus Bereitschaftsgründen angeschaltet lassen müssen.
6Der Arbeitnehmer, der in seiner Schicht das Revier 1 zu befahren hat, erhält – zusätzlich zum üblichen Diensthandy – ein weiteres Handy mit einem bestimmten Code. Erfolgt ein Notruf, geht dieser in der bundesweit zuständigen Notrufserviceleitstelle der Beklagten ein. Diese informiert dann den Revierfahrer des Reviers 1 über das diesem gesondert zur Verfügung gestellte Handy. Die weitere Handhabung ist zwischen den Parteien streitig, wobei der Kläger der Ansicht ist, er übe in dieser Position Tätigkeiten aus, die tarifvertraglich als Schichtführeraufgaben einzuordnen seien.
7In der Zeit von Mai bis August 2013 fungierte der Kläger als Mitglied des Wahlvorstandes zur Wahl eines Betriebsrates. Im Mai 2013 nahm er am 14.05.2013 von 09.15 Uhr bis 13.00 Uhr, am 22.05.2013 von 09.15 Uhr bis 13.45 Uhr, am 24.05.2013 von 09.15 Uhr bis 15.00 Uhr und am 29.05.2013 von 07.45 Uhr bis 13.15 Uhr an Wahlvorstandssitzungen teil. Jeweils anschließend führte er noch Nacharbeiten durch, und zwar am 14.05.2013 bis 15.00 Uhr, am 22.05.2013 ab 14.00 Uhr im Umfang von einer Stunde, am 24.05.2013 ab 15.30 Uhr ebenfalls im Umfang von einer Stunde und am 29.05.2013 ab 14.00 Uhr im Umfang von zwei Stunden.
8Vor diesem Hintergrund nahm er folgende Nachtschichten im Gesamtumfang von 39,75 Stunden nicht wahr, zu denen er eingeteilt war: Am 13.05.2013 im Umfang von sechs Stunden und am 21., 23. und 28.05.2013 jeweils im Umfang von 11,25 Stunden.
9Im Juni 2013 nahm der Kläger am 05.06.2013 von 07.45 Uhr bis 17.45 Uhr an einer Wahlvorstandsschulung teil. Am 28.06.2013 nahm er von 09.15 Uhr bis 15.45 Uhr an einer Wahlvorstandssitzung teil mit anschließender Nacharbeit von 15.00 Uhr bis 15.30 Uhr.
10Vor dem Hintergrund arbeitete er nicht in den Nachtschichten am 04., 05. und 27.06.2013 jeweils von 17.15 Uhr bis 2.15 Uhr.
11Im Juli 2013 nahm er am 04.07.2013 von 09.15 Uhr bis 13.45 Uhr an einer Wahlvorstandssitzung teil mit anschließender Nacharbeit von 13.50 Uhr bis 14.20 Uhr. Deshalb arbeitete er nicht in der Nachtschicht am 03.07.2013 im Umfang von 9,75 Stunden.
12Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, für Pausenzeiten einen Abzug im Umfang von bis zu 45 Minuten pro Schicht vorzunehmen. Ihm sei es nämlich zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen, Pausen im Rechtssinne einzulegen. So habe der Vorgesetzte der Revierfahrer ihnen im Rahmen gemeinsamer Besprechungen regelmäßig dargestellt, dass sie ihr Handy während der gesamten Schicht in Betrieb zu lassen hätten. Weil jederzeit ein Alarm auftreten könne, sei es ihnen als Fahrer untersagt gewesen, das Handy abzuschalten; sie müssten ständig in Bereitschaft sein. Dementsprechend mache er für den Zeitraum ab Mai bis September 2013 Nachzahlungsansprüche geltend. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird verwiesen auf die Ausführungen in den klägerischen Schriftsätzen vom 26.09.2013 sowie 22.01. und 26.03.2014 (Bl. 1 ff., 63 ff., 147 ff. d. A.).
13Weiterhin hat der Kläger die Meinung geäußert, für Zeiten seiner Tätigkeit als Revierfahrer für das Revier 1 eine höhere Vergütung als Schichtführer beanspruchen zu können. Er sei nämlich in der genannten Position den übrigen Revierfahrern gegenüber weisungsberechtigt gewesen. Bei auftretenden Problemen habe er Änderungen in der Kontrolltätigkeit im Revier festlegen können. Insoweit verweist er auf den Inhalt einer entsprechenden Dienstanweisung der Beklagten. Hinsichtlich der Berechnung der insoweit geltend gemachten Ansprüche wird ebenfalls verwiesen auf die beiden bereits genannten klägerischen Schriftsätze vom 26.09.2013 sowie 22.01. und 26.03..2014.
14Im Übrigen stehe ihm, weil er wegen seiner Wahlvorstandstätigkeit in den Monaten Mai bis Juli 2013 bestimmte Nachtschichten nicht habe verrichten können, die entsprechende Vergütung zu, und zwar für 39,75 Stunden im Mai 2013 ein Betrag in Höhe von 455,74 € inklusive eines Nachtzuschlags für 30 Stunden in Höhe von 0,55 € pro Stunde, für weitere 28,25 Stunden im Juni 2013 ein Betrag in Höhe von 320,82 € inklusive eines Nachtzuschlags für 15,75 Stunden in Höhe von 0,55 € pro Stunde und für 9,75 Stunden im Juli 2013 in Höhe von 111,73 € inklusive eines Nachtzuschlags für 7,25 Stunden in Höhe von 0,55 € pro Stunde.
15Der Kläger hat beantragt,
16- 17
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 986,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2013 zu zahlen,
- 19
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 477,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2013 zu zahlen,
- 20
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 658,81 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen,
- 21
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 106,04 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie hat behauptet, es gebe keine Anweisung an die Revierfahrer, während der Pausenzeiten das Handy eingeschaltet zu lassen, damit man in Bereitschaft bleibe. Die Pausen seien bei der Routenplanung mit eingeplant. Die Revierfahrer hätten sich jeweils beim Fahrer des Reviers 1 abzumelden und könnten dann selbstverständlich für die Dauer der Pause das Mobiltelefon ausstellen.
25Was den Fahrer des Reviers 1 selbst angehe, könne sich dieser bei der bestehenden Notrufserviceleitstelle abmelden und natürlich dann auch beide Mobiltelefone für die Dauer der Pause abschalten. Eingehende Alarme würden dann temporär von der Leitstelle an die Revierfahrer 2 und 3 weitergeleitet.
26Im Übrigen sei der Fahrer des Reviers 1 gegenüber den anderen Revierfahrern nicht weisungsbefugt. Wenn ein Notruf in der Zentrale eingehe, verständige diese umgehend den Revierfahrer 1. Es sei dann dessen Aufgabe, den zuständigen Revierfahrer zu verständigen bzw., wenn dieser nicht verfügbar sei, einen anderen Revierfahrer zu unterrichten. Der Revierfahrer des Reviers 1 mache also nichts anderes, als eingehende Alarme zu vermitteln. Mit seiner Aufgabe sei keinerlei Weisungstätigkeit verbunden. Die vom Kläger zu den Akten gereichte Dienstanweisung sei schon lange veraltet.
27Soweit der Kläger zusätzliche Vergütung für erbrachte Wahlvorstandstätigkeiten verlange, bestehe ein solcher Anspruch nicht. So habe der Kläger ohne erfolgte Freistellung bestimmte Nachtschichten nicht angetreten, obwohl Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz nicht zu befürchten gewesen seien.
28Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 01.04.2014 der Klage zum Teil stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird verwiesen auf die erstinstanzlichen Urteilsausführungen.
29Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
30Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens zur Möglichkeit, Pausen zu nehmen, zum Recht auf Zahlung eines Schichtführerentgelts und auf Vergütung im Zusammenhang mit der Verrichtung von Wahlvorstandstätigkeiten beantragt der Kläger,
31das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 01.04.2014 – 5 Ca 2630/13 – abzuändern und
32- 33
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 986,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2013 zu zahlen,
- 35
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 477,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2013 zu zahlen,
- 36
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 658,81 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen,
- 37
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 106,04 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2013 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Unter Berufung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen streicht sie nochmals heraus, dass es dem Kläger jederzeit möglich gewesen wäre, seine gesetzlichen Pausen zu nehmen, so dass entsprechende Abzüge zu Recht erfolgt seien.
41Ein Schichtführervergütungsanspruch bestehe nicht, weil der Kläger auch in der Position des Revierfahrers 1 nicht die entsprechenden Voraussetzungen des einschlägigen Tarifvertrages erfülle.
42Ein Anspruch auf Zahlung von Vergütung für geleistete Wahlvorstandstätigkeit sei ebenfalls nicht gegeben; allenfalls könne auch nur ein Freizeitausgleichsanspruch bestehen.
43Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe
45Die zulässige Berufung des Klägers ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen war sie als unbegründet zurückzuweisen.
46Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten Ansprüche in einer Gesamthöhe von 888,29 € zu, und zwar als Vergütung für nicht verrichtete Nachtschichten in den Monaten Mai bis Juli 2013. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
47I. Der Anspruch in Höhe von 455,74 € brutto für insgesamt 39,75 Stunden im Mai 2013 inklusive 16,15 € Nachtzuschlag für 30 Stunden, in Höhe von weiteren 320,82 € brutto für insgesamt 28,25 Stunden im Juni 2013 inklusive 8,66 € Nachtzuschlag für 15,75 Stunden und in Höhe von 111,73 € für 9,75 Stunden im Juli 2013 inklusive 3,99 € Nachtzuschlag für 7,25 Stunden ergibt sich für den Kläger aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG.
48Nach § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist der Arbeitgeber u.a. dann nicht zur Minderung des Arbeitsentgeltes berechtigt, wenn die Versäumnis der Arbeitszeit erforderlich war, um sich im Wahlvorstand zu betätigen.
49Die Voraussetzungen sind hier in der Person des im streitbefangenen Zeitraum als Wahlvorstandsmitglied fungierenden Klägers erfüllt.
501. So war er am 13.05.2013 vor der für den Folgetag um 09.15 Uhr anberaumten Wahlvorstandssitzung für die Nachtschicht ab 18.45 Uhr bis 6.00 Uhr eingeteilt; zwischen Schichtende und Beginn der Gremiumssitzung lagen also nur drei Stunden und 15 Minuten.
51a) Wäre er beiden Verpflichtungen nachgekommen, hätte darin allerdings kein Verstoß namentlich gegen § 5 Abs. 1 ArbZG (Ruhezeit) gelegen, weil die Normen des Arbeitszeitgesetzes nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 nur auf Zeiten der Arbeit, nicht aber auf Zeiten amtlicher Tätigkeit z.B. als Wahlvorstandsmitglied anwendbar sind.
52Für den Begriff der Arbeit ist prägend, dass man dem Arbeitgeber zur Verfügung steht (vgl. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88 EG) und bestimmte seinem Weisungsrecht gemäß § 106 GewO unterliegende Tätigkeiten verrichtet.
53Demgegenüber versehen die gewählten Amtsträger im BetrVG ein von Direktiven des Arbeitgebers unabhängiges Ehrenamt (vgl. § 37 Abs. 1 BetrVG) und unterfallen in dieser Funktion bei der Erledigung ihrer Aufgaben nicht den ausschließlich für Arbeitsleistungen geltenden Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (vgl. z.B. BAG, 19.07.1977 – 1 AZR 376/74 – AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 29; 07.06.2009 – 7 AZR 500/88 – AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 72; LAG Schleswig-Holstein, 30.08.2005 – 5 Sa 161/05 – juris; ArbG Lübeck, 07.12.1999 – 6 Ca 2589/99 – NZA-RR 2000. 427; Manstetten, AiB 1996, 214; Wiebauer, NZA 2013, 540).
54Bestätigt wird dieses Ergebnis namentlich durch die Bestimmung des § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG, wonach aufgewendete Zeit „wie“ Mehrarbeit zu vergüten ist, sie also tatsächlich keine Mehrarbeit ist, sondern in dem konkreten Zusammenhang entgeltmäßig nur so zu behandeln ist.
55b) Obwohl danach die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes nicht einschlägig sind, hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 07.06.1989 (7 AZR 500/88 – AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 72) zu Recht herausgestrichen, dass die Wahrnehmung von Amtstätigkeiten voraufgehende und/oder nachfolgende Arbeitsleistungen unmöglich oder unzumutbar machen können. Denn namentlich die Teilnahme an Gremiumssitzungen steht bezüglich der Anforderungen an Aufmerksamkeit und geistiger Leistungsfähigkeit der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit nicht nach.
56Daraus folgt hier, dass es dem Kläger unzumutbar war, am 13.05.2013 eine über insgesamt 11 Stunden und 15 Minuten reichende Nachtschicht von 18.45 Uhr bis 6.00 Uhr als Revierfahrer zu absolvieren, um dann unter Berücksichtigung anfallender Wegezeiten und erforderlicher Schlafenszeiten schon nach drei Stunden und 15 Minuten wieder an einer um 09.15 Uhr begonnenen, mehrstündigen Sitzung des Wahlvorstandes mit der erforderlichen Aufmerksamkeit und geistigen Leistungsfähigkeit teilzunehmen. Vor dem Hintergrund war es mehr als sachgerecht, dass der Kläger sechs Stunden vor Ablauf der Schicht seine Arbeit eingestellt hat und die Beklagte auf der Grundlage von § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG verpflichtet ist, diese Stunden zu vergüten.
57Entsprechendes gilt für die Nachtschichten am 21., 23. und 28.05.2013 im Umfang von jeweils 11,25 Stunden – bei Beginn der Wahlvorstandssitzungen am jeweiligen Folgetag in zwei Fällen um 09.15 Uhr und im dritten Fall bereits um 07.45 Uhr. Hier kommt hinzu, dass dem Kläger für insgesamt 30 Stunden zusätzlich auch der Nachtzuschlag in Höhe von 0,55 € pro Stunde zu gewähren ist.
58Im Juni war es für den Kläger nicht zumutbar, in den Nachtschichten am 04. und 05.06.2013 zu arbeiten. Es fand nämlich am 05.06.2013 eine ganztägige Wahlvorstandsschulung statt, die den Kläger zu Recht davon abgehalten hat, in den Schichten davor und danach zur Arbeitsleistung zu erscheinen. Am 27.06.2013 war er wegen der für den Folgetag ab 09.15 Uhr anberaumten Wahlvorstandssitzung ebenfalls davon entbunden, die anberaumte Nachtschicht zu absolvieren.
59Für die drei Nachtschichten im Gesamtumfang von 28,25 Stunden sind 312,16 € zuzüglich 8,66 € Nachtzuschläge für insgesamt 15,75 Stunden nachzuentrichten.
60Schließlich war der Kläger im Juli 2013 durch die am 04.07.2013 ab 09.15 Uhr stattgefundene Wahlvorstandssitzung daran gehindert, in der Nachtschicht davor am 03.07.2013 im Umfang von 9,75 Stunden zu arbeiten, so dass ihm dafür die Beklagte 107,74 € zuzüglich 3,99 € Nachtzuschlag für 7,25 Stunden nachzubezahlen hat.
61Die Zinsansprüche folgen aus § 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 286 BGB.
62II. Demgegenüber besitzt der Kläger gegenüber der Beklagten für den streitbefangenen Zeitraum von Mai bis September 2013 keinen Anspruch auf Nachzahlung von Vergütung wegen zu Unrecht abgezogener Pausenzeiten.
63Nach den zwingenden gesetzlichen Vorgaben in § 4 Satz 1 ArbZG ist die Arbeit je nach ihrer Dauer durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 oder 45 Minuten zu unterbrechen. Wenn die Beklagte dem in ihren Einsatzplänen Rechnung trägt und es dem Kläger angesichts der Struktur der Tätigkeit eines Revierfahrers überlässt, in dem vom Gesetz vorgegebenen Rahmen die zwingend erforderlichen Pausen auch tatsächlich zu nehmen, ist es die unbedingte Pflicht des Klägers, dem auch Rechnung zu tragen, selbst wenn damit im Alarmfall eine Intervention erst nach Beendigung der Pause möglich wäre (siehe Schriftsatz der Beklagten vom 18.08..2014, S. 3). Der Kläger hat also zu den für Pausen anstehenden Zeiten das mitgeführte Mobiltelefon und ggf. auch das als Revierfahrer 1 mitzuführende zweite Handy auszuschalten, nachdem er sich zuvor beim Revierfahrer 1 bzw. bei der Notrufserviceleitstelle der Beklagten abgemeldet hat. Wenn er stattdessen, obwohl er dafür bereits seit November 2004 keine Vergütung mehr bekommen hatte, aufgrund eigener Entscheidung unter Missachtung arbeitszeitgesetzlicher Vorgaben ohne Pausen durchgearbeitet hat, kann er dafür von der Beklagten kein Entgelt verlangen. Im Übrigen kann ergänzend Bezug genommen werden auf die diesbezüglichen arbeitsgerichtlichen Ausführungen.
64III. Der Kläger kann von der Beklagten für die Zeiten seiner Tätigkeit als Revierfahrer 1 auch nicht die Vergütung eines Schichtführers beanspruchen. Insoweit folgt die Berufungskammer in allen Punkten den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
66Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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