Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Kammer) - 2 Sa 20/07

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten um die Frage der Erfüllung einer in einem gerichtlichen Vergleich benannten Zahlungsforderung und aufgrund dessen über die Unzulässigkeit der drohenden Zwangsvollstreckung.

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Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 14.12.2006 - 5 Ca 464/05 - Bezug genommen.

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Mit diesem Urteil hat das Gericht antragsgemäß die Zwangsvollstreckung aus dem vor dem Arbeitsgericht Stralsund am 19.7.2005 geschlossenen gerichtlichen Vergleich 5 Ca 58/04 für unzulässig erklärt und die Beklagte verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung des vorgenannten Vergleichs an die Klägerin herauszugeben. Ferner hat es der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt

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In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Klägerin habe die in Ziffer 2 des gerichtlichen Vergleichs vereinbarte Zahlung in Höhe von 11.000,00 EUR brutto erfüllt, womit die Zwangsvollstreckung unzulässig sei. Die Beklagte könne nur eine Nettozahlung verlangen. Diese habe sie erhalten. Die Aufnahme von § 3 Ziff. 9 EStG im Vergleichstext habe keine Bedeutung, da diese im vorliegenden Fall nicht greife.

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Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

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Dieses Urteil ist der Beklagten am 21.12.2006 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die an einem Montag, 22.1.2007, beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründung ist am 21.2.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

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Die Beklagte ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Vergleich fehlerhaft ausgelegt. Die vereinbarte Abfindung von 11.000,00 EUR sei als Ausgleich für die Aufhebung des alten Arbeitsverhältnisses gezahlt worden. Damit lägen die Voraussetzungen von § 3 Ziff. 9 EStG vor.

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Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 14.12.2006 - 5 Ca 464/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Klägerin tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei.

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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Stralsund hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben.

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Bei einer Vollstreckung auf Zahlung von Bruttolohn ist grundsätzlich der gesamte Betrag beizutreiben. Der Arbeitnehmer haftet sodann selbst für die Abführung der Lohnabzüge bzw. Sozialversicherungsbeiträge. Der Arbeitgeber kann jedoch mit den Rechtsbehelfen des Bankvollstreckungsrechts geltend machen, er habe steuerliche Abzüge und Sozialversicherungsbeiträge bereits abgeführt. In diesem Fall ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 4 BGB einzustellen (vgl. LG Karlsruhe vom 7.10.2003, 11 T 392/02, Juris, m. w. N.).

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Im vorliegenden Fall bedarf es eines Nachweises nicht, da die Abführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge unstreitig ist. Schon deshalb ist die Zwangsvollstreckung einzustellen.

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Ob und in welchem Umfang die Abfindung der Steuerfreiheit des § 3 Ziff. 9 EStG und der Sozialversicherungspflicht unterliegt, hat die Klägerin mit dem Finanzamt bzw. mit den Sozialversicherungsträgern zu klären.

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Im Übrigen sind die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung hierzu zutreffend. Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.1.1999 - B 12 KR 14/98 - hingewiesen, wonach Abfindungszahlungen, die lediglich zur Abdämpfung dafür gezahlt werden, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern, sozialversicherungspflichtig sind.

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Entsprechendes gilt für die Anwendung des § 3 Ziff. 9 EStG. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Es wird vielmehr fortgeführt.

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Schließlich hat sich die Klägerin auch nicht zu einem Netto-, sondern zu einem Bruttobetrag verpflichtet. Auch dies macht deutlich, dass das Risiko eventueller Abgaben die Beklagte zu tragen hat.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

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Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bestand kein Anlass.

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