Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Kammer) - 2 Sa 23/10

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über die Rückzahlung aus Ausbildungskosten. Hierzu heißt es im Sachverhalt des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 26.11.2009 - 6 Ca 1248/09 - wie folgt:

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Gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 03.04.2006 (Bl. 6 d. A.) war die Beklagte bei der Klägerin, die einen Pflegedienst betreibt, als Krankenpflegerin zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.200,00 EUR beschäftigt. Unter dem 06.11.2007 schlossen die Parteien eine Zusatzvereinbarung, in welcher sich die Beklagte verpflichtete, durch Fortbildung erzielte Kenntnisse bis zum 16.06.2013 für den klägerischen Pflegedienst zu erbringen und im Fall des vorzeitigen Ausscheidens durch die Klägerin investierte Kosten anteilig mit einem monatlichen Betrag von 385,00 EUR pro Monat des vorzeitigen Ausscheidens an die Klägerin zurückzuzahlen. Wegen des Inhalts der Zusatzvereinbarung im Einzelnen wird auf Bl. 8 d. A. verwiesen.

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Die Beklagte wurde für die Dauer einer Fußpflegeausbildung an 13 Arbeitstagen im Jahr 2007 unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt. Die von der Klägerin übernommenen Lehrgangskosten beliefen sich auf 3.048,00 EUR. Vom 15.03.2008 bis zum 16.05.2008 absolvierte die Beklagte eine Kosmetikausbildung. Hierzu wurde sie an 28 Arbeitstagen unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt.

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Die Beklagte hatte sich zur Durchführung vorgenannter Ausbildungen entschlossen, weil sie auf Grund körperlicher Ursachen Schwierigkeiten hatte, die von ihr vertragsgemäß geschuldeten Pflegedienste zu erbringen und deshalb für den klägerischen Betrieb Kosmetikbehandlungen und Fußpflege durchführen wollte. Tatsächlich ließ sich dieses Vorhaben nicht realisieren. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zur Klägerin mit Schreiben vom 20.02.2009 zum 15.03.2009.

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Eine Klage auf Zahlung von 19.635,00 EUR hat das Arbeitsgericht in der vorgenannten Entscheidung mit folgender Begründung abgewiesen.

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Die Rückzahlungsvereinbarung unterliege der AGB-Kontrolle. Es sei nicht dargetan, dass der Arbeitgeber den gesetzesfremden Kern der Klausel deutlich und ernsthaft zur Disposition des Arbeitnehmers gestellt und diesem die Möglichkeit eingeräumt habe, den Inhalt der fraglichen Vereinbarung zu beeinflussen. Die von der Klägerin verwendete Bindungsdauer von fünf bzw. sechs Jahren sei unangemessen. Die verwendete Klausel sei auch nicht mit der möglicherweise zulässigen Bindungsdauer von zwei bis drei Jahren aufrechtzuerhalten. Geht der Arbeitgeber eine zu lange Bindungsdauer ein, ist die daran geknüpfte Rückzahlungsklausel grundsätzlich unwirksam. Ein Prognoserisiko im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts habe sich nicht verwirklicht.

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Dieses Urteil ist der Klägerin am 11.01.2010 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die am 21.01.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründung ist am 11.03.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

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Die Klägerin ist der Auffassung, bei der Zusatzvereinbarung habe es sich nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen gehandelt. Der Arbeitnehmer habe zu beweisen, dass er nicht die Möglichkeit einer Einflussnahme gehabt habe. Dieser Beweislast sei er nicht nachgekommen. Auch sei die konkrete Bindung zur Disposition gestellt worden. Man habe sich schließlich auf fünf Jahre geeinigt. Die Länge der Rückzahlungsklausel benachteilige die Beklagte auch nicht unangemessen. Es seien alle die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Dabei seien auch die Kosten für die erheblichen Umbaumaßnahmen in die Interessenabwägung einzustellen. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 26.11.2009 - 6 Ca 1248/09 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 19.635,00 EUR zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

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Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Es wird daher zunächst auf die sorgfältigen und umfangreichen Entscheidungsgründe Bezug genommen. Zu den Angriffen der Berufung Folgendes:

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Die Klägerin kann sich nicht darauf beziehen, dass die Beklagte die Möglichkeit zu einer Einflussnahme gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gehabt habe. Die Beweislast dafür, dass bei einer Vertragsklausel, die nur zu einer einmaligen Verwendung bestimmt war, für den Verbraucher keine Möglichkeit der Einflussnahme bestanden hat, trägt letztlich der Verbraucher, wenn sich der Unternehmer im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast auf eine entsprechende Behauptung des Verbrauchers konkret eingelassen hat (BAG vom 08.12.2008 - 8 AZR 81/08 -, BGH 03. April 1998 V ZR 6/97, 15. April 2008 X ZR 126/06).

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Unter Berücksichtigung dieser abgestuften Darlegungslast hat die Klägerin hier nicht in aus-reichender Weise vorgetragen, dass die Beklagte auf den Inhalt der Klausel Einfluss nehmen konnte. Die Beklagte hat geltend gemacht, die Rückzahlungsvereinbarung sei nicht ausgehandelt worden. Die Klägerin hätte daher schlüssig vortragen müssen, dass die Beklagte hinsichtlich der gesamten Vertragsbestimmungen die Möglichkeit der Einflussnahme gehabt habe, sie die Vertragsklausel ernsthaft zur Disposition gestellt und der Beklagten Gestaltungsfreiheit zur Wahrung ihrer Interessen eingeräumt habe.

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Die Klägerin hat hierzu lediglich vorgetragen, die konkrete Bindung sei zur Disposition gestellt worden und man habe sich schlussendlich auf fünf Jahre geeinigt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein Entgegenkommen der Klägerin, sondern um die höchste Zeit, die nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Bindungsdauer als zulässig angesehen worden ist. Insofern kann dieser Umstand nicht ernsthaft herangezogen werden. Ebenso verhält es sich mit dem Argument, dass die Klägerin auch die Freiheit gehabt hätte, die Vereinbarung nicht zu schließen. Diese Freiheit liegt jeder vertraglichen Vereinbarung zu Grunde.

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Die Bindungsdauer benachteiligt die Beklagte auch unangemessen nach Treu und Glauben im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB. Nach der Vereinbarung sollten insgesamt 8.100,00 EUR in die Ausbildung der Beklagten investiert werden. Selbst wenn man dies einer Ausbildungsdauer von etwa sechs Monaten gleichsetzen würde, würde dies keine längere Bindung als drei Jahre rechtfertigten (BAG vom 21.07.2005 - 6 AZR 452/04 -). Die Gerätschaften im Werte von 15.000,00 EUR bleiben hierbei außer Betracht, da durch die Anschaffung dieser Gerätschaften die Beklagte keinen Vorteil erlangt hat. Die Klägerin ist Eigentümer der Geräte geblieben und konnte sie mit einer geringfügigen zeitlichen Verzögerung für eine später eingestellte Kosmetikerin und Fußpflegerin nutzen. Es ist kein vernünftiger Gesichtspunkt erkennbar, warum diese Kosten auf die Beklagte abgewälzt werden sollten.

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Soweit das Arbeitsgericht Schwerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.01.2009 - 3 AZR 900/07 - mit ausführlicher Begründung eine geltendserhaltene Reduktion abgelehnt hat, setzt sich die Berufung hiermit nur sehr eingeschränkt auseinander. Nur der Verdeutlichung halber sei nochmals ausgeführt:

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Im vorliegenden Fall ist die Vereinbarung nicht mit der möglicher Weise zulässigen Bindungsdauer von drei Jahren aufrechtzuerhalten. Nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksame Klauseln grundsätzlich nicht auf einen damit zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. Paragraf 306 BGB gibt eine solche Rechtsfolge nicht vor. Eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt wäre auch nicht dem Zweck der §§ 305 BGB ff. BGB vereinbar. Es kann jedoch im Einzelfall für den Arbeitgeber schwierig sein, die zutreffende Bindungsdauer zu bestimmen. Wenn sich dieses Prognoserisiko verwirklicht, ist daher nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Reduktion zulässig. Hiervon kann jedoch im vorliegenden Fall unter keinem Umstand die Rede sein. Schon die Annahme einer dreijährigen Bindungsdauer ist nur dadurch zustande gekommen, dass die Ausbildungskosten, die die Klägerin übernommen hat, als weitere Ausbildungsmonate berücksichtigt worden sind.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

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Zur Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht kein Anlass.

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