Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (5. Kammer) - 5 Sa 205/11

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Feststellung des Fortbestehens eines befristeten Arbeitsvertrages sowie Beschäftigung.

2

Die 1971 geborene Klägerin war seit dem 1. Januar 2007 bei der Krankenkasse IKK-Direkt, und zwar zunächst auf Grund befristeten Vertrages vom 11. Dezember 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 und sodann mit weiterem Vertrag vom 25. September 2007, mit dem das Arbeitsverhältnis nach § 14 Absatz 2a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bis zum 31. Dezember 2008 verlängert wurde, beschäftigt. Die Klägerin war während der Laufzeit dieses Arbeitsvertrages in A-Stadt eingesetzt und wurde im Rahmen des Krankenhaus-Fallmanagments beschäftigt.

3

Die Beklagte ist aus einer Fusion der IKK-Direkt mit der früheren C. zum 1. Januar 2009 entstanden. Der Fusionspartner der IKK-Direkt, die frühere C. hat mit der Klägerin in Hinblick auf die geplante Fusion unter dem 12. Dezember 2008 einen neuen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 geschlossen. Dieser Vertrag ist Gegenstand der vorliegenden Befristungskontrollklage.

4

Im Jahre 2009 hat die Klägerin zunächst ihre Tätigkeit an ihrem bisherigen Arbeitsplatz in A-Stadt in den ehemaligen Räumen der IKK-Direkt mit ihrer bisherigen Arbeitsaufgabe fortgesetzt. Im Mai 2009 wurde die Klägerin sodann nach S. versetzt, wo sie ausweislich des von der Klägerin eingereichten Zwischenzeugnisses vom 25. Oktober 2010 als Sachbearbeiterin in einem Servicezentrum eingesetzt wurde. Später war sie zeitweise auch in der Landesvertretung der Beklagten in S. eingesetzt.

5

Der Fusionsprozess ist durch einen Tarifvertrag (Fusions-TV) begleitet worden, den auf Arbeitgeberseite die frühere C. abgeschlossen hat. Auf Gewerkschaftsseite waren unter anderem die Dienstleistungsgewerkschaft v. und die Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) beteiligt. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlage B4 überreichte Kopie des Tarifvertragstextes Bezug genommen (hier Blatt 74 ff). Nach § 3 des Fusions-TV ist die Beklagte verpflichtet, den bei der IKK-Direkt befristet beschäftigten Arbeitnehmern, ein neues befristetes Arbeitsverhältnis mit der alten C. bzw. der fusionierten Krankenkasse, der Beklagten, anzubieten.

6

Die Klägerin wehrt sich mit der am 20. Dezember 2010 bei Gericht eingegangenen Klage gegen das Ende des Arbeitsverhältnisses durch die Befristung und verlangt die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung.

7

Das Arbeitsgericht Schwerin hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

8

Mit der Berufung, die keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, verfolgt die Klägerin ihr Begehren in vollem Umfang weiter.

9

Sie ist der Ansicht, das mit der IKK-Direkt abgeschlossene Arbeitsverhältnis sei nicht durch Aufhebungsvertrag beendet und bestehe daher fort.

10

Der weitere noch mit der der früheren C. abgeschlossene befristete Vertrag lasse sich nicht auf die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Absatz 2 TzBfG stützen, da er gegen das Vorbeschäftigungsverbot aus § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG verstoße. Die Fusionspartner IKK-Direkt und die frühere C. müssten wegen der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits geplanten Fusion rechtlich wie ein Arbeitgeber betrachtet werden. Hilfsweise stellt sich die Klägerin auf den Standpunkt, dass die Vertragsbefristung jedenfalls rechtsmissbräuchlich sei, da die frühere C. bei dem Vertragsabschluss lediglich ihre formal noch bestehende Unabhängigkeit kurz vor Abschluss der Fusion ausgenutzt habe, um eine nochmalige sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses zu erzwingen. – Im Übrigen sei zweifelhaft, ob man die Rechtsprechung des BAG zur Auslegung des Arbeitgeberbegriffs in § 14 Absatz 2 TzBfG auf den vorliegenden Fall übertragen könne. Vorliegend sei zu beachten, dass die Beklagte alle Rechte und Pflichten der IKK-Direkt und der früheren C. übernommen habe. Die IKK-Direkt lebe daher sozusagen in der Beklagten weiter, während in den BAG-Fällen durch die unternehmerische Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz die früheren Arbeitgeber tatsächlich untergegangen seien.

11

Die Klägerin beantragt

1.

12

festzustellen, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht und dieses nicht durch die Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 12.12.2008 zum 31.12.2010 aufgelöst wird (mit Ablauf des 31.12.2010 aufgelöst worden ist).

2.

13

Für den Fall, dass die Klägerin mit ihrem Antrag zu Ziffer 1 obsiegt, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Sachbearbeiterin für allgemeine Verwaltungsarbeiten fortzubeschäftigen.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Sie beruft sich insbesondere darauf, dass sie ein neuer Arbeitgeber im Sinne von § 14 Absatz 2 TzBfG sei. Es komme auf den förmlichen Arbeitgeberbegriff an und nicht auf die Integration des Arbeitnehmers in eine betriebliche Struktur. Die Fusion beruhe auf § 171 a SGB V in Verbindung mit § 144 SGB V.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage mit zutreffenden Argumenten, die sich das Berufungsgericht ausdrücklich zu Eigen macht, als unbegründet abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.

I.

19

Die Befristungsabrede im Arbeitsverhältnis der Parteien ist nach § 14 Absatz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) rechtswirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien daher zum 31. Dezember 2010 beendet.

1.

20

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist durch Gesetz entstanden.

21

Den befristeten Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2008 hat die Klägerin noch mit der früheren C. abgeschlossen. Das dadurch entstandene Arbeitsverhältnis ist dann aber nach § 144 Absatz 4 SGB V von der früheren C. auf die durch die Fusion mit der IKK-Direkt neu entstandene Krankenkasse, die Beklagte, übergegangen.

2.

22

Die Befristungsabrede aus dem Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2008 ist wirksam. Das ergibt sich aus § 14 Absatz 2 TzBfG. Danach ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Vertragsklausel enthält eine kalendermäßige Befristung des Arbeitsverhältnisses auf den 31. Dezember 2010. Und auch die Dauer der vereinbarten Befristung hält sich im Rahmen des gesetzlich gegebenen Spielraums.

23

Die Befristung ist nicht wegen der Ausnahmeregelung aus § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG unwirksam. Danach ist eine Befristung nach Satz 1 nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (Zuvorbeschäftigungsverbot). Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass zwischen den seinerzeit vertragsschließenden Parteien (Klägerin einerseits und die frühere C. andererseits) bereits zuvor schon ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dazu fehlt es schon an entsprechendem Klagevortrag.

24

Für diese Bewertung muss auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abgestellt werden, denn die Parteien müssen zum Zeitpunkt des Vertragsabschusses erkennen können, ob die von ihnen gewählte Vertragsgestaltung vor dem Recht Bestand hat. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Dezember 2008 waren aber die frühere C. und die IKK-Direkt noch zwei selbständige Rechtspersönlichkeiten, die man daher nicht als ein und denselben Arbeitgeber im Sinne von § 14 Absatz 2 TzBfG ansehen kann.

25

Die Vorstellung der Klägerin, man müsse die frühere C. und die IKK-Direkt wegen der zeitnah geplanten und dann auch durchgeführten Fusion wie einen einzigen Arbeitgeber betrachten, findet im Gesetz keine Stütze. Arbeitgeber im Sinne von § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG ist allein der Vertragsarbeitgeber. Das ist die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Ein vorhergehender Arbeitsvertrag hat deshalb nur dann mit demselben Arbeitgeber bestanden, wenn Vertragspartner des Arbeitnehmers bei beiden Verträgen dieselbe natürliche oder juristische Person ist (BAG 9. März 2011 – 7 AZR 657/09 – AP Nr. 81 zu § 14 TzBfG = NZA 2011, 1147 = DB 2011, 2494). Das Zuvorbeschäftigungsverbot knüpft demnach nicht an den Beschäftigungsbetrieb oder gar an den Arbeitsplatz an (BAG 9. März 2011 aaO; BAG 16. Juli 2008 - 7 AZR 278/07 - BAGE 127, 140). Der Gesetzgeber hat für die Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung nicht auf die vorherige Beschäftigung in einem Betrieb oder für einen Betriebsinhaber, sondern nur auf den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem Vertragsarbeitgeber abgestellt.

26

Es besteht kein Anlass für den Fall der Vereinigung zweier Krankenkassen von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Es mag richtig sein, dass die Rechtsstellung der neuen vereinigten Krankenkasse noch mehr von den übernommenen Rechten und Pflichten der untergegangen Krankenkassen geprägt wird, als dies im Falle einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz im Verhältnis des neuen Unternehmens zu den alten Unternehmen der Fall ist. Das spielt aber für die Auslegung des Arbeitgeberbegriffs in § 14 Absatz 2 TzBfG keine Rolle. Das Bundesarbeitsgericht stellt auf die formale Position des Vertragsarbeitgebers ab, weil die Einbeziehung der betrieblichen Stellung des Arbeitnehmers in den Arbeitgeberbegriff dazu führen würde, dass die Norm praktisch nicht mehr handzuhaben wäre. Die durch diese Rigorosität in der Auslegung entstehenden Gerechtigkeitsdefizite müssen über den Gedanken des Rechtsmissbrauchs eingefangen werden.

27

Die unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere die der RL 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (Befristungsrichtlinie) zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 (Rahmenvereinbarung), erzwingen keine andere Auslegung des Arbeitgeberbegriffs in § 14 Absatz 2 TzBfG. Die unionsrechtliche Pflicht, die Möglichkeiten der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen effektiv vor Missbrauch zu schützen, wird durch die Beachtung des Verbots des Rechtsmissbrauchs ausreichend erfüllt.

3.

28

Das Berufen der Beklagten auf die Wirksamkeit der Befristungsabrede ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Durch die Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien wird das Zuvorbeschäftigungsverbot des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG nicht in einer mit den Grundsätzen von Treu und Glauben oder mit unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbaren Weise umgangen.

a)

29

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen. Die sich aus einem Rechtsinstitut oder einer Rechtsnorm an sich ergebenden Rechtsfolgen müssen zurücktreten, wenn sie zu einem mit Treu und Glauben unvereinbaren Ergebnis führen. Dies ist unter anderem der Fall, wenn ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind.

30

Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (BAG 9. März 2011 aaO mit weiteren Nachweisen). In diesem Zusammenhang sind auch die unionsrechtliche Vorgaben, insbesondere die der RL 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (Befristungsrichtlinie) zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 (Rahmenvereinbarung) zu beachten. Nach § 5 der Rahmenvereinbarung ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu einer dieser Maßnahmen oder zu mehreren, hat er das unionsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zu gewährleisten (BAG 9. März 2011 aaO).

b)

31

Legt man diesen Maßstab an, kann ein Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit nicht festgestellt werden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, die frühere C. und die IKK-Direkt in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge ausschließlich deshalb geschlossen haben, um auf diese Weise über die nach § 14 Absatz 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können.

aa)

32

Zum einen muss beachtet werden, dass es nicht Zweck des streitigen Vertragsabschlusses war, die weitere Beschäftigung der Klägerin an ihrem bisherigen Arbeitsplatz in A-Stadt bis zum Ende der Befristung abzusichern. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Dezember 2008 war die Fusion der beiden Krankenkassen bereits beschlossen, und es war allen Beteiligten klar, dass dadurch in der fusionierten neuen Krankenkasse zu viel Personal unter Vertrag stehen würde. Dieser Aspekt ist vom Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals näher ausgeleuchtet worden. Danach ist davon auszugehen, dass die Beklagte aufgrund ihrer von der alten C. übernommenen Struktur ohne Weiteres in der Lage gewesen wäre, die weiteren 800.000 Mitglieder der IKK-Direkt praktisch ohne zusätzliches Personal zu betreuen. Ein Eigeninteresse der Beklagten an der weiteren Beschäftigung des Personals der IKK-Direkt bestand daher allenfalls für wenige Spezialfunktionen und für eine kurze Zeit zum Jahresanfang, die für die Übernahme der Mitglieder und die Auflösung der Organisation der ehemaligen IKK-Direkt benötigt wird.

33

Dementsprechend war das befristete Arbeitsverhältnis der Parteien darauf angelegt, für die Klägerin ein neues Beschäftigungsfeld im Rahmen der neuen Organisation zu finden. Es stand schon im Dezember 2008 fest, dass die Klägerin nach der Fusion allenfalls noch übergangsweise ihren bisherigen Arbeitsplatz in A-Stadt behalten könnte. Dementsprechend haben sich die Dinge dann später auch entwickelt, als die Klägerin ab Mai 2009 nach S. versetzt wurde. Schon damit scheidet ein Rechtsmissbrauch aus, denn es ging der Beklagten bzw. ihrem Rechtsvorgänger nicht darum, eine vorhandene Beschäftigung unter Umgehung von Arbeitnehmerschutzvorschriften weiter fortzuführen, sondern es war von vornherein darauf angelegt, eine Veränderung in der Aufgabenstellung und im Arbeitsort umzusetzen.

34

Zu dieser Bewertung des Verhaltens der Beklagten passt der Umstand, dass die Beklagte bzw. die alte C. den Mitarbeitern der IKK-Direkt, die sich – wie die Klägerin – mit einem Ortswechsel einverstanden erklärt haben, einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag angeboten haben, während die übrigen Mitarbeiter nur einen auf 1 Jahr befristeten Arbeitsvertrag angeboten bekommen haben.

bb)

35

Zum anderen stellt das Gericht bei der Verneinung eines Falls des Rechtsmissbrauch darauf ab, dass die Beklagte tarifvertraglich verpflichtet war, der Klägerin und den anderen Beschäftigten der IKK-Direkt befristete Arbeitsverträge anzubieten.

36

Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die IKK-Direkt unmittelbar vor der Fusion rund 800 Beschäftigte hatte, von denen rund 600 befristet ohne Sachgrund beschäftigt waren. Die Beklagte hätte den Personalüberhang demnach im Wesentlichen dadurch abbauen können, dass sie auf den Ablauf der befristeten Arbeitsverhältnisse gesetzt hätte. Stattdessen hat sie sich aufgrund der Verhandlungen mit den in der Belegschaft vertretenen Gewerkschaften und sonstigen berufsständischen Interessensorganisationen auf den Abschluss eines Tarifvertrages eingelassen, nach dem sie verpflichtet ist, allen Mitarbeitern der IKK-Direkt die Perspektive einer weiteren befristeten Beschäftigung in der neuen Organisationsstruktur zu bieten (Fusions-TV, hier Anlage B 4, Blatt 73 ff).

37

Da die Beklagte danach tariflich verpflichtet war, der Klägerin das Angebot zur befristeten weiteren Beschäftigung zu unterbreiten, kann das Handeln nicht rechtsmissbräuchlich sein. Und es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte mit dem für sie sehr kostspieligen Tarifvertrag lediglich die Durchsetzung eigener Interessen kaschiert hat.

cc)

38

Letztlich muss es daher bei der Bewertung durch das Arbeitsgericht bleiben, dass die Beklagte hier eine rechtliche gegebene Gestaltungsmöglichkeit sicher bis weit an deren Grenzen ausgenutzt hat, ein Missbrauch jedoch nicht feststellbar ist.

4.

39

Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Fortbestand ihres alten mit der IKK-Direkt begründeten Arbeitsverhältnisses berufen. Dieses wäre zwar auch auf die Beklagte als Rechtsnachfolger der IKK-Direkt in Folge der Fusion zum 1. Januar 2009 übergegangen. Da die Klägerin jedoch die in diesem Arbeitsverhältnis vereinbarte Befristungsabrede nicht innerhalb der Frist aus § 17 TzBfG zur gerichtlichen Überprüfung gestellt hatte, ist dieses Arbeitsverhältnis aufgrund seiner Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2008 beendet worden (§ 17 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG).

II.

40

Da der Feststellungsantrag nicht begründet ist, hat die Klägerin auch keinen Weiterbeschäftigungsanspruch. Daher ist auch der weitere Berufungsantrag zurückzuweisen.

III.

41

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

42

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

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