Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Kammer) - 2 Sa 225/12

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Anpassung von Versorgungsbezügen.

2

Dem liegt ausweislich des Tatbestandes des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 16.08.2012 – 4 Ca 626/11 – folgender Sachverhalt zu Grunde.

3

Der Kläger war vom 01.04.1968 bis zum 31.12.2001 Mitarbeiter der D. Bank AG und erbrachte seine Arbeitsleistungen zuletzt in N..

4

Seit dem 01.10.2004 bezieht der Kläger eine Betriebsrente, diese betrug nach der letzten Anpassung am 01.01.2008 Euro 2.607,00.

5

Die Verschmelzung der D. Bank auf die Beklagte wurde am 11. Mai 2009 beim Handelsregister des Amtsgerichts C-Stadt eingetragen (Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24.10.2011).

6

Die Betriebsrente des Klägers stand zusammen mit der von über 4.000 weiteren Pensionären der Beklagten zum 01.01.2011 zur Überprüfung nach § 16 BetrAVG an. Mit Schreiben vom 03.01.2011 teilte die Beklagte dem Kläger und allen weiteren Pensionären, deren Versorgungsleistungen zur turnusmäßigen Überprüfung anstanden, mit, für den Zeitraum vom 01. Januar 2008 bis 01. Januar 2011 könne eine Erhöhung der Versorgungsbezüge nicht vorgenommen werden. In der Begründung hat die Beklagte auf ihre wirtschaftliche Situation verwiesen (Anlage K2 zur Klage).

7

Der Kläger widersprach mit seinem Schreiben vom 31.01.2011.

8

Am 12.07.2011 ging die Klage beim Arbeitsgericht ein.

9

Der Kläger vertritt die Auffassung, eine Anpassung der Rente in Höhe von 7,28 Prozent sei angemessen, in der Höhe habe die D. Bank die Renten ihrer Pensionäre zum 01.01.2009 angepasst. Ihm stehe ab 01.01.2011 eine um 189,79 Euro höhere Betriebsrente zu. Unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindexes 2000/2005 würde sich am 01.01.2011 eine Rentenanpassung von 98,75 Euro monatlich ergeben und betreffe den Hilfsantrag.

10

Die Beklagte stelle unkonkret auf die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise ab. Vielmehr sei die Prognose für die weitere Entwicklung eines Unternehmens über einen längeren, repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren zugrunde zu legen. Die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag sei allerdings nur insoweit maßgebend, als daraus Schlüsse für die weitere Entwicklung des Unternehmens gezogen werden könnten. Dies sei im vorliegenden Fall aufgrund der einmaligen Bankenkrise und der Fusion der Beklagten mit der D. Bank AG im Jahr 2009 nur sehr eingeschränkt gerechtfertigt. Die von der Beklagten selbst prognostizierte Eigenkapitalrendite liege deutlich über dem Wert von 6 Prozent Umlaufrendite für öffentliche Anleihen.

11

Außerordentliche Verluste durch die Bankenkrise 2008, die Übernahme der D. Bank im Jahr 2009 und Abschreibungen auf den Buchwert der E. AG 2010 würden vor dem Anpassungsstichtag liegen und die Prognose für die weitere Entwicklung nicht betreffen.

12

Nach Pressemitteilungen der Beklagten wäre das operative Ergebnis von 2008 mit minus 131 Mio. Euro auf plus 771 Mio. Euro im Jahr 2010 gestiegen.

13

Insgesamt wäre ohne Berücksichtigung der außerordentlichen Einflüsse im Prognosezeitraum immer eine Eigenkapitalrendite erzielbar, die die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen um mindestens 2 Prozent übersteige. Es werde auf die Konzerngeschäfts- und Quartalsberichte sowie Pressemitteilungen aus den Jahren 2008 bis 2011 verwiesen, diese würden die günstigen Prognosen der Beklagten voll bestätigen.

14

Im Weiteren sei bei der wirtschaftlichen Lage nicht lediglich auf die Beklagte abzustellen, sondern auf die gesamte wirtschaftliche Lage innerhalb des Konzerns. Auch hätte bei der Anpassungsentscheidung die wirtschaftliche Lage der D. Bank bis zu Verschmelzung dargelegt und berücksichtigt werden müssen. Weiter berufe er sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte habe zumindest in den „Bündelungsfällen“ rückwirkend allen Betriebsrentnern der ehemaligen D. Bank AG eine Betriebsrentenerhöhung zum 01.01.2009 mit einem Anpassungssatz von 7,28 Prozent angeboten. Dabei hätte die Beklagte eine Vorverlegung der Anpassung vom 01.01.2010 auf den 01.01.2009 vorgenommen.

15

Soweit die Beklagte vortrage, die D. Bank AG habe im Jahr 2006 Teile der Rückstellung auf einen Treuhänder, den Pension-Trust der D. Bank e. V. übertragen, sei das zutreffend. Bestritten werde, dass diese Übertragung zur zusätzlichen Insolvenzsicherung erfolgt wäre. Diese Beschränkung folge nicht aus der Satzung in der Fassung vom 13.09.2006. Das übertragene Treuhandvermögen müsse auch nach seiner Verschmelzung auf den C.bank Pension-Trust weiterhin zur Deckung der Pensionsverpflichtungen genutzt werden. Die Erträge des Sondervermögens seien in vollem Umfang für die Betriebsrentenanpassung einzusetzen. Durch den Eintritt der Beklagten in die Rechtsbeziehungen habe sich daran nichts ändern können. In der Vergangenheit seien die Ansprüche der Pensionäre der ehemaligen D. Bank AG über dem Wert der Steigerung des Verbraucherpreisindexes angepasst worden, nach den Erträgen aus dem Fondsvermögen CTA-Trust.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Anpassung der Betriebsrente ab 01.01.2011 in Höhe von 189,79 Euro monatlich brutto,

18

hilfsweise in Höhe von 98,75 Euro monatlich nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz auf 189,79 Euro,

19

hilfsweise auf 98,75 Euro seit dem 15.01.2011 und dann auf den jeweiligen Betrag von 189,79 Euro,

20

hilfsweise 98,75 Euro, seit dem 15. eines jeden Folgemonats zu zahlen.

21

Für die Beklagte ist Klageabweisung beantragt worden.

22

Dazu wird vorgetragen, die wirtschaftliche Lage der Beklagten habe sich in dem zur Überprüfung anstehenden Dreijahreszeitraum in einer Weise entwickelt, die eine Anpassung der Betriebsrente nicht vertretbar erscheinen ließ. Bei ihrer Entscheidung hätte sie die Zahlen der drei vorangegangenen Geschäftsjahre 2007 – 2009 zugrunde gelegt, für die bereits testierte Jahresabschlüsse vorgelegen hätten. Die Eigenkapitalrendite habe in dem Zeitraum deutlich unter der Mindestrendite gelegen, s. BAG Urteil vom 23.05.2000, 3 AZR 146/99.

23

Bei Verschmelzungen komme es ab deren Wirksamwerden nur noch auf die geschäftliche Entwicklung der aufnehmenden Rechtsträger an. Aber auch wenn auf die letzten drei Geschäftsjahre der D. Bank AG abgestellt worden wäre, käme es zu keinem anderen Ergebnis.

24

Tatsächlich habe bei ihr zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtanpassung der Betriebsrenten das Geschäftsergebnis für das Jahr 2010 noch nicht vorgelegen, es wäre jedoch bereits absehbar gewesen, dass auch dieses Geschäftsjahr mit einem Verlust der Beklagten enden würde. Das dann festgestellte Ergebnis weise einen Verlust von 1,151 Mrd. Euro aus, in Verbindung mit einem durchschnittlichen Eigenkapital von 22,913 Mrd. Euro betrage die negative Eigenkapitalrentabilität minus 5,0 Prozent.

25

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Arbeitgeber habe im vorliegenden Fall die Anpassung ablehnen dürfen, weil es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein werde, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Allein der Umstand, dass die in Anspruch genommenen stillen Einlagen in den Jahren 2008 und 2009 mit 16,4 Mrd. Euro vom Finanzmarktstabilisierungsfonds des Bundes bei der Rückkehr zu einem positiven Geschäftsergebnis mit 9 Prozent p. a. zu verzinsen seien, mache es unwahrscheinlich, dass die Beklagte eine angemessene Eigenkapitalrendite in den nächsten drei Jahren werden erzielen können.

26

Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

27

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

28

Der Kläger ist der Auffassung, die Wirtschaftlichkeitsberechnung sei in entsprechender Anwendung von § 277 Abs. 4 HGB in Verbindung mit § 16 BetrAVG für weitere Sondereffekte zu korrigieren, die mit dem einmaligen Ereignis des Zusammenbruchs der L.-B.-Bank im Jahr 2008 zusammenhingen. Der Kläger nimmt dabei Bezug auf eine Stellungnahme des Vorstandes der Beklagten vom April 2012 (Anlage B2, Blatt 653 d. A.).

29

Die Beklagte habe auch an ihren guten Prognosen festgehalten. Bei der Anpassung der Betriebsrenten könne es auch nicht auf die Wirtschaftlichkeit der Beklagten, sondern auf den Pensionsfond einschließlich dessen Erträgen ankommen.

30

Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

31

Der Kläger beantragt,

32

das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 16.08.2012 – 4 Ca 626/11 – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Anpassung der Betriebsrente ab 01.01.2011 in Höhe von 189,79 Euro monatlich brutto, hilfsweise in Höhe von 98,75 Euro, monatlich nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz auf 189,79 Euro, hilfsweise auf 98,75 Euro seit dem 15.01.2011 und dann auf den jeweiligen Betrag von 189,75 Euro, hilfsweise 98,75 Euro, seit dem 15. eines jeden Folgemonats zu zahlen.

33

Die Beklagte beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Die Beklagte tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

36

Hinsichtlich jedes weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

38

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen.

1.

39

Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistung der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat er die Belange des Versorgungsempfängers und seine wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verpflichtet den Versorgungsschuldner grundsätzlich, den realen Wert der Betriebsrente zu erhalten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es ihm aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht zuzumuten ist, die sich aus der Anpassung ergebenden Mehrbelastungen zu tragen (BAG 26. Oktober 2010 – 3 AZR 502/08 – EzA § 16 BetrAVG Nr. 56 = AP Nr. 71 zu § 16 BetrAVG; BAG 25. Juni 2002 - 3 AZR 226/01 - AP BetrAVG § 16 Nr. 51 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 40). Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber annehmen darf, es werde ihm mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen (BAG 26. Oktober 2010 – 3 AZR 502/08 – EzA § 16 BetrAVG Nr. 56 = AP Nr. 71 zu § 16 BetrAVG; BAG 31. Juli 2007 – 3 AZR 810/05 – AP Nr. 65 zu § 16 BetrAVG = EzA § 16 BetrAVG Nr. 52). Dabei kommt es auf die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens an. Bei der Berechnung der Eigenkapitalverzinsung ist einerseits auf die Höhe des Eigenkapitals, andererseits auf das erzielte Betriebsergebnis abzustellen. Beide Bemessungsgrundlagen sind ausgehend von den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen zu bestimmen (BAG 26. Oktober 2010 – 3 AZR 502/08 – EzA § 16 BetrAVG Nr. 56 = AP Nr. 71 zu § 16 BetrAVG; BAG vom 23. Mai 2000 – 3 AZR 146/99 – AP BetrAVG § 16 Nr. 45).

40

Die Entscheidung über die wirtschaftliche Belastbarkeit des Arbeitgebers setzt eine langfristig zum Anpassungsstichtag zu erstellende Prognose voraus. Dabei ist grundsätzlich die bisherige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag zugrunde zu legen, soweit daraus Schlüsse für dessen weitere Entwicklung gezogen werden können. Für eine zuverlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahre ausgewertet werden (BAG 30. November 2010 – 3 AZR 754/08 – AP Nr. 72 zu § 16 BetrAVG = EzA § 16 BetrAVG Nr. 57; BAG 26. Oktober 2010 – 3 AZR 502/08 – EzA § 16 BetrAVG Nr. 56 = AP Nr. 71 zu § 16 BetrAVG). Die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag kann sich auch auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auswirken, indem sie seine frühere Prognose bestätigen oder entkräften kann (BAG 26. Oktober 2010 – 3 AZR 502/08 – EzA § 16 BetrAVG Nr. 56 = AP Nr. 71 zu § 16 BetrAVG; BAG 23. Mai 2000 – 3 AZR 146/99 - AP Nr. 45 zu § 16 BetrAVG = EzA § 16 BetrAVG Nr. 37). Voraussetzung für die Berücksichtigung der späteren Entwicklung bei der zum Anpassungsstichtag zu erstellenden Prognose ist jedoch, dass die Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens zum Anpassungsstichtag bereits vorhersehbar waren. Spätere, unerwartete Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens können erst bei der nächsten Anpassungsprüfung berücksichtigt werden (BAG 26. Oktober 2010 – 3 AZR 502/08 – EzA § 16 BetrAVG Nr. 56 = AP Nr. 71 zu § 16 BetrAVG; BAG 30. November 2010 – 3 AZR 754/08 – AP Nr. 72 zu § 16 BetrAVG = EzA § 16 BetrAVG Nr. 57).

2.

41

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass der Kläger keinen Anspruch auf Anpassung seiner Betriebsrente nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat.

42

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Parallelfall zur wirtschaftlichen Lage der Beklagten ausgeführt:

a)

43

Die Betriebsergebnisse wurden von der Beklagte zutreffend ausgehend von den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen bestimmt (vgl. BAG 26. Oktober 2010 – 3 AZR 502/08 – EzA § 16 BetrAVG Nr. 56 = AP Nr. 71 zu § 16 BetrAVG; BAG vom 23. Mai 2000 – 3 AZR 146/99 – AP BetrAVG § 16 Nr. 45). Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die ausschließliche Berücksichtigung der HGB-Abschlüsse der Beklagten sei nach den Entscheidungen des BAG vom 16.10.2010 – 3 AZR 502/08 – und vom 11.10.2011 – 3 AZR 527/09 – zweifelhaft geworden, trifft dies nicht zu. Soweit das BAG ausgeführt hat, dass die Höhe des Eigenkapitals und das erzielte Betriebsergebnis „- jedenfalls für die hier interessierende Zeit vor Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes - ausgehend von den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen zu bestimmen sind“

44

(BAG 26. Oktober 2010 – 3 AZR 502/08 – EzA § 16 BetrAVG Nr. 56 = AP Nr. 71 zu § 16 BetrAVG), kann hieraus nicht gefolgert werden, dass nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts zum 29.05.2009 eine Bilanzierung zur Ermittlung des Eigenkapitals und des erzielten Betriebsergebnisses nicht mehr nach HGB erfolgen könnte. Vielmehr sind lediglich die Änderungen des HGB Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz bei der Bilanzierung zu berücksichtigten. Dass die Bilanzierung bei der Beklagten nach HGB die Änderungen des HGB ab dem 29.05.2009 nicht berücksichtigt hätte, behauptet der Kläger nicht. Ebenso wenig trägt der Kläger vor, dass die Berücksichtigung der durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz eingetretenen Änderungen in den Jahresabschlüssen der Beklagten zu einer maßgeblichen Ergebnisveränderung geführt hätten. Vielmehr hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, dass die eingetretenen Verluste bestehen blieben.

b)

45

Ein längerer Zeitraum als drei Jahre war für die Prognoseentscheidung zum 01.01.2011 nicht zugrunde zu legen. Gerade der von dem Kläger angeführte Zeitraum von 10 Jahren ist für die Feststellung, ob die Beklagte innerhalb der nächsten 3 Jahre in der Lage sein wird, die Betriebsrentenanpassung aus ihrem Ergebnis zu tragen, nicht aussagekräftig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich gerade im Hinblick auf die im Jahr 2008 einsetzende Bankenkrise in diesem Bereich eine ganz andere Entwicklung abgezeichnet hatte, als sie dem wirtschaftlichen Handeln der Beklagten in der Vergangenheit entsprach (LAG Berlin-Brandenburg 06.03.2012 - 7 Sa 1948/11 - und - 7 Sa 2147/11 – juris; vgl. LAG Hessen 28.09.2011 - 8 Sa 244/11 - juris).

c)

46

Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Beklagten konnte demnach zunächst von den Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 2008 bis 2010 ausgegangen werden Die für die Beklagte erstellten Jahresabschlüsse weisen für das Geschäftsjahr 2008 einen Jahresfehlbetrag von 1.171 Mio. EUR, für das Geschäftsjahr 2009 einen Jahresfehlbetrag von 7.824 Mio. EUR und für das Geschäftsjahr 2010 einen Jahresfehlbetrag von 1.151 Mio. EUR aus. Die Eigenkapitalrenditen betrugen – 8,30 % für das Jahr 2008, - 38,6 % für das Jahr 2009 und – 5 % für das Jahr 2010. Diese Prognose wird durch die tatsächliche Entwicklung im Jahre 2011 noch bestätigt. Danach entstand für das Jahr 2011 ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 4.171 EUR, so dass sich wiederum auch eine negative Eigenkapitalrendite ergab.

e)

47

Anhaltspunkte dafür, dass die Jahresabschlüsse handelsrechtlich nicht ordnungsgemäß erstellt wurden, bestanden nicht. Der Kläger hat die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse nicht substantiiert bestritten (vgl. dazu BAG 18. Februar 2003 – 3 AZR 172/02 – AP Nr. 53 zu § 16 BetrAVG). Allein das Bestreiten etwaiger Zahlen reicht im Hinblick auf die erteilten Abschlussvermerke nicht aus. Mit den einzelnen Bestätigungsvermerken des Abschlussprüfers für diese Jahresabschlüsse wurde gemäß § 322 Abs. 2 HGB die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und unter der Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ohne Einschränkung bestätigt (LAG Berlin-Brandenburg 06.03.2012 - 7 Sa 1948/11 - und - 7 Sa 2147/11 – juris). Soweit der Kläger der Auffassung ist, es hätte einer Korrektur der Wirtschaftlichkeitsberechnung in entsprechender Anwendung von § 277 Abs. 4 HGB iVm. § 16 BetrAVG für weitere Sondereffekte - die Bankenkrise, den Kauf der Dresdner Bank und die Abschreibungen im Zusammenhang mit Eurohypo AG - vorgenommen werden müssen, trifft dies nicht zu. Alle drei Ereignisse führen zu einer fortdauernden wirtschaftlichen Beeinträchtigung der Beklagten und verschlechtern fortdauernd ihre wirtschaftliche Lage im Sinne des § 16 Abs. 1 BetrAVG . Dass nicht automatisch mit einer höheren Gewinnerwartung bis Ende 2013 zu rechnen ist, zeigt die gegenwärtige wirtschaftliche Lage, die von vielen Unsicherheiten geprägt ist. Von einem “Sondereffekt2” kann nicht gesprochen werden.

f)

48

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, ihr Ausgabeverhalten im laufenden Geschäftsbetrieb zu korrigieren und ihren Mitarbeitern keine Boni auszuzahlen, bis sie die Anpassungen ihrer Betriebsrentner vorgenommen hat, bzw. ihren Werbeetat und ihre Sponsoringverträge in geringerem Umfang abzuschließen, um dann frei werdende Mittel für die Anpassung der Betriebsrenten zu verwenden. Bei der Auszahlung von Boni und den Ausgaben für Werbung und Sponsoring handelt es sich um Ausgaben der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, die in die Prognoseentscheidung auch für die Zukunft einfließen können (LAG Berlin-Brandenburg 06.03.2012 - 7 Sa 1948/11 - und - 7 Sa 2147/11 – juris). Es obliegt der Beklagten im Rahmen ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit zu bestimmen, welche Verpflichtungen sie eingehen will, welche Werbemaßnahmen sie für sinnvoll hält und welche Sponsorenverträge nach ihrer Auffassung für ihren Unternehmenserfolg dienlich sein können. Auch wenn Bonuszahlungen im Hinblick auf die Finanzkrise in Misskredit geraten sind, kann und muss bei entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen die Beklagte ihren aktiven Mitarbeitern solche Zahlungen gewähren z.B. um Anreize zu schaffen oder Leistungen in der Vergangenheit zu honorieren. Das Interesse der Betriebsrentner geht hier nicht dem Interesse der aktiven Beschäftigten vor. Die Entscheidung, bestimmte Sponsorenverträge einzugehen und Werbemaßnahmen durchzuführen, beruht auf ganz unterschiedlichen Überlegungen, die in erster Linie den Unternehmenserfolg fördern sollen. Bestimmte Vorgaben für den Betrieb des laufenden Unternehmens können der Beklagten nicht gemacht werden. Anhaltspunkte dafür, dass diese Zahlungen einen Umfang erreicht hätten, der es der Beklagten nach § 242 BGB verwehren würde, sich auf entsprechende Verluste zu berufen, lagen nicht vor (LAG Berlin-Brandenburg 06.03.2012 - 7 Sa 1948/11 - und - 7 Sa 2147/11– juris).

49

Diesen Ausführungen schließt sich das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern an.

3.

50

Die so dargestellte negative wirtschaftliche Entwicklung der Beklagten in den vergangenen drei Jahren vor dem Anpassungsstichtag erlaubte vorliegend auch die Prognose, dass die Beklagte bis zum nächsten Anpassungsstichtag keine angemessene Eigenkapitalrendite erwirtschaften kann. Schon der Umstand, dass die stille Einlage von über 16.000 Mio. Euro des Finanzmarktstabilisierungsfonds bei einem Bilanzgewinn zunächst von 9 % zu verzinsen war, macht es unwahrscheinlich, dass die Beklagte eine angemessene Eigenkapitalrendite in den nächsten drei Jahren wird erzielen können. Soweit die Beklagte die stille Einlage vorzeitig zurückzahlt, muss sie das Eigenkapital auf andere Art und Weise aufbauen, um die nach dem Kreditwesen erforderliche Kapitalausstattung aufrechtzuerhalten. Erst wenn diese stillen Einlagen durch Eigenkapital der Beklagten ersetzt sind, entfällt ihre im Fall eines Bilanzgewinns anfallende Verzinsung mit 9 % und erst dann hat die Beklagte wieder ein ausreichendes Eigenkapital aus eigenen Mitteln erreicht (LAG Berlin-Brandenburg 06.03.2012 - 7 Sa 1948/11 - und - 7 Sa 2147/11 – juris; LAG Hessen vom 28.09.2011 – 8 Sa 244/11 -).

51

Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Soweit der Kläger sich darauf bezieht, dass zwischenzeitlich (durch Kapitalerhöhungen) eine überwiegende Rückzahlung der staatlichen Unterstützungsleistung (Reduzierung auf 1710 Mio. € ) erfolgt ist, ist zunächst zweifelhaft, dass dies zum Entscheidungsdatum bereits erkennbar war. Zu Recht führt die Beklagte aber auch der Berufungserwiderung aus, dass erst nach vollständiger Rückzahlung der vom Finanzmarktstabilisierungsfonds gewährten stillen Einlagen die Beklagte wieder über eine Eigenkapitalausstattung verfügt, die ihr erlaubt, am Markt erfolgreich tätig zu sein.

52

Dass die Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 eine einzigartige und vorübergehende Erscheinung gewesen wäre, konnte zum Anpassungsstichtag nicht angenommen werden. Von einer dauerhaften wirtschaftlichen Stabilisierung kann volkswirtschaftlich auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgegangen werden. Insbesondere konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die daraus entstehenden Belastungen schon innerhalb der nächsten drei Jahre gänzlich verkraftet haben würde (LAG Hessen - 8 Sa 490/11 -). Die Beklagte hatte ihren Aktionären im Konzernzwischenbericht zum 30.09.2010 mitgeteilt, dass sie nach HGB für 2010 einen Verlust erwarte. Wäre die Ertragsentwicklung so rasant gewesen, wie der Kläger behauptet, hätte die stille Einlage des Bundes ohne Kapitalerhöhung zurückgezahlt werden können. Dies ist bekanntermaßen nicht der Fall.

53

Soweit der Kläger zur Begründung seiner Berufung auf die Ausführungen in dem Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg - 11 Ca 141/10 - Bezug nimmt, wird der Einfachheit halber auf die dieses Urteil abändernde Entscheidung des LAG Hamburg - 7 Sa 62/11 - Bezug genommen.

54

Auch kommt es nicht auf die Einwendungen des Klägers hinsichtlich der Berechnung der Eigenkapitalrendite an. Mag die geforderte Eigenkapitalrendite jedenfalls nach der üblichen Berechnungsweise auch in der Vergangenheit oft nicht erreicht worden sein, begründet dies keinen Anspruch auch in der Zukunft entsprechend großzügig zu verfahren. Dass die wirtschaftliche Situation der Beklagten über die letzten Jahre hinweg gleichbleibend gut gewesen sei, behauptet auch der Kläger nicht. Angesichts der bestehenden wirtschaftlichen Probleme ist die Einschätzung der Beklagten zum Anpassungszeitpunkt, die wirtschaftliche Lage rechtfertige keine Erhöhung, nicht zu beanstanden.

55

Ein Anspruch auf Anpassung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Belastung aus einer Anpassung, die Eigenkapitalrentabilität der Beklagten in relativ geringem Umfang belastet wie der Kläger behauptet. In der Tat erscheinen die zusätzlichen Belastungen aus einer Betriebsrentenanpassung verhältnismäßig gering angesichts der Milliardenabschreibungen und Milliardenverluste, die die Beklagte hinnehmen musste. Allerdings kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte die zusätzliche Belastung aus einer Betriebsrentenanpassung auch noch überstanden hätte. Es kommt darauf an, ob die Anpassung aus zukünftigen Gewinnen und verfügbaren Vermögenszuwächsen erbracht werden kann. Aus diesem Grund ist auch unerheblich, in welchem Umfang die Beklagte ansonsten Ausgaben macht, die der Kläger für unnötig hält (LAG Hessen - 8 Sa 490/11 -).

56

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

57

Das Gericht hat die Revision gemäß § 72 Abs 2 Ziffer 1 ArbGG zugelassen.

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