Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 TaBV 37/10

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16. Juni 2010, Az.: 1 BV 8/10, abgeändert und der Antrag zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der US-Dienststelle W. zur Erstattung von Kosten, die anlässlich der Teilnahme des Antragstellers an einer Schulungsveranstaltung entstanden sind.

2

Der Antragsteller (Beteiligter zu 1) war freigestellter Vorsitzender der aus 13 Mitgliedern bestehenden E. (Beteiligte zu 2) der US-Dienststelle V. (W.) mit etwa 1.100 zivilen Arbeitnehmern. Die Bundesrepublik Deutschland (Beteiligte zu 3) ist für die US-Dienststelle am Verfahren nach Maßgabe von Abs. 9 UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS beteiligt.

3

Die E. fasste am 10.07.2009 den Beschluss, zwei Mitglieder zur Teilnahme an einem Seminar zum Thema: „Umstrukturierung der US- Landstreitkräfte und Auswirkungen auf die Zivilbeschäftigten“ zu entsenden, das vom Bildungswerk der U. e.V. in einem Hotel in T-Stadt (Allgäu) in der Woche vom 28.09. bis zum 02.10.2009 (Mo.-Fr.) veranstaltet worden ist. Der Dienststellenleiter teilte der E. mit Schreiben vom 16.07.2009 mit, er sehe keine Notwendigkeit, zwei Mitglieder für das Seminar freizustellen. Es sei ausreichend, wenn nur ein Mitglied teilnehme. Die E. machte daraufhin mit Schriftsatz vom 25.08.2009 das Beschlussverfahren 1 BV 50/09 anhängig. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 09.09.2009 festgestellt, dass die Dienststelle verpflichtet ist, insgesamt zwei Mitglieder zur Seminarteilnahme freizustellen. Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 3) am 22.09.2009 Beschwerde eingelegt. Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts hat mit Beschluss vom 22.01.2010 (7 TaBV 41/09) das Verfahren eingestellt, weil es von beiden Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.

4

Der Antragsteller und ein zweites Betriebsvertretungsmitglied besuchten in der Woche vom 28.09. bis zum 02.10.2009 (Mo.-Fr.) das Seminar gemeinsam. Die Teilnahmegebühr belief sich pro Person auf € 495,00. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung betrugen pro Person laut Prospekt € 699,50; bei Anreise bereits am Sonntag zusätzlich € 124,50. Die Dienststelle weigert sich, die vom Antragsteller in Rechnung gestellten Seminarkosten (€ 495,00 Teilnahmegebühr, € 868,00 Hotelkosten, € 52,80 Tagegeld) zu erstatten. Deswegen leitete der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25.02.2010 das vorliegende Verfahren ein.

5

Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen in analoger Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 16.06.2010 (dort S. 2-4 = Bl.106 - 108 d. A.).

6

Der Beteiligte zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,

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die Beteiligte zu 3) zu verurteilen, an ihn € 1.415,80 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2009 zu zahlen.

8

Die Beteiligte zu 3) hat beantragt,

9

den Antrag zurückzuweisen.

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Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 16.06.2010 dem Antrag stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Teilnahme des Antragstellers am streitgegenständlichen Seminar sei erforderlich gewesen. Der Beschluss der E., zwei ihrer Mitglieder zu entsenden, habe sich im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums gehalten und nicht gegen das Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel verstoßen. Angesichts der Größe der E. sowie der Anzahl der Arbeitnehmer, die von der im Gespräch befindlichen Personalreduzierung betroffen seien, sei es sachgerecht gewesen, nicht nur ein aus der betroffenen Abteilung kommendes Mitglied, sondern auch den Vorsitzenden zu entsenden. Einer förmlichen Freistellung durch den Dienststellenleiter habe es nicht bedurft. Der Freistellungsanspruch der E. und ihrer Mitglieder hänge nur vom objektiven Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 6 BPersVG ab. Hier komme hinzu, dass der Anspruch auf Freistellung von zwei Betriebsvertretungsmitgliedern im Verfahren 1 BV 50/09 durch Beschluss vom 09.09.2009 erstinstanzlich festgestellt worden sei. Die hiervon abweichende Entscheidung des Dienststellenleiters, den Antragsteller dennoch nicht freizustellen, sei demgegenüber unmaßgeblich. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsbegründung im Übrigen wird auf den begründeten Teil des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 16.06.2009 (dort S. 4-6 = Bl. 108-110 d. A.) Bezug genommen.

11

Gegen diesen ihr am 15.07.2010 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 3) mit am 10.08.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit am 15.09.2010 eingegangenem Schriftsatz begründet.

12

Die Beteiligte zu 3) macht geltend, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der erstinstanzliche Beschluss vom 09.09.2009 in dem Verfahren 1 BV 50/09 nicht rechtskräftig geworden und deshalb gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht vorläufig vollstreckbar gewesen sei. Dies liege im Risikobereich der E.. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es vor der Schulungsteilnahme keiner förmlichen Freistellung durch den Dienststellenleiter bedurft habe. Anders als im Betriebsverfassungsgesetz führe der Beschluss des Personalrats nicht zur Freistellung nach § 46 Abs. 6 BPersVG. Der Personalrat müsse vielmehr ein verwaltungsgerichtliches Beschlussverfahren einleiten, wenn der Dienststellenleiter die Freistellung ablehne. Die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung - ohne vorherige Freistellung - stelle ein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst dar. Für dieses vertragswidrige Verhalten könne kein Aufwendungsersatz geltend gemacht werden. Im Übrigen sei die Teilnahme von zwei Betriebsvertretungsmitgliedern nicht erforderlich gewesen. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass Spezialschulungen - ohne konkrete Veranlassung - kurz vor Ende der Amtszeit nicht erforderlich seien. Da eine konkrete Entscheidung über den Personalabbau noch nicht zur Diskussion gestanden habe, die Amtszeit der E. aber spätestens am 31.05.2010 ablief, habe keine Notwendigkeit bestanden, gleich zwei Mitglieder zu schulen. Wegen weiterer Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Beteiligten zu 3) vom 15.09.2010 (Bl. 131-137 d. A.) verwiesen.

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Die Beteiligte zu 3) beantragt zweitinstanzlich,

14

den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16.06.2010, Az.: 1 BV 8/10, abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

15

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

16

die Beschwerde zurückzuweisen.

17

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss nach Maßgabe seiner Beschwerdeerwiderung im Schriftsatz vom 29.11.2010 (Bl. 156-164 d.A.), auf den Bezug genommen wird, als zutreffend. Die streitgegenständliche Schulung sei für zwei Mitglieder erforderlich gewesen. Die Teilnahme an Spezialseminaren sei nicht generell auf ein Mitglied beschränkt. So habe das Arbeitsgericht Wetzlar mit Beschluss vom 22.11.1995 (2 BV 8/95) die Teilnahme von zwei Betriebsratsmitgliedern an einer Schulung jedenfalls dann für erforderlich gehalten, wenn der Betriebsrat aus 11 Mitgliedern besteht. Da die Beteiligte zu 2) 13 Mitglieder habe, sei erst Recht von einer Erforderlichkeit auszugehen. Zudem sei eine generelle Beschränkung der Teilnehmerzahl auf nur ein Mitglied als eine Behinderung der Betriebsvertretungstätigkeit zu werten. Zwar sei die regelmäßige Amtszeit der E. am 31.05.2010 abgelaufen. Die Auswahl der zwei Schulungsteilnehmer sei jedoch unter Berücksichtigung ihrer bereits bekannten „sicheren“ Listenplätze der Kandidatenliste für die im Mai 2010 anstehende Wahl erfolgt. Die zwei Teilnehmer seien auch in der neuen Amtsperiode wieder Mitglieder der E.. Von umfangreichen Kenntnissen der E. zum Thema „Umstrukturierung“ aus ihrer Arbeit in der Vergangenheit könne nicht geredet werden. Es sei unrichtig, dass zum Zeitpunkt des Seminars konkrete Personalreduzierungen nicht angestanden hätten. Bereits am 17.03.2009 habe die E. von der Bezirksbetriebsvertretung den Stellenplan für das Rechnungsjahr 2011 (beginnend mit dem 01.10.2010) zur Stellungnahme vorgelegt bekommen. Dieser Stellenplan habe eine Umstrukturierung in Verbindung mit einer Reduzierung der Planstellen von 658 auf 492 ausgewiesen. Es sei intern bereits zuvor bekannt geworden, dass eine Reduzierung der Planstellen erfolgen werde. Noch am 28.04.2010 habe die Bezirksbetriebsvertretung der E. die organisatorische Maßnahme zur Stellungnahme zugesandt. Dies stelle bereits die erste konkrete Maßnahme zur Personalreduzierung dar.

18

Ergänzend wird im Übrigen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akte 1 BV 50/09 (= 7 TaBV 47/09) Bezug genommen.

II.

19

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 3) hat in der Sache Erfolg. Die US-Dienststelle W. ist nicht verpflichtet, dem Antragsteller Kosten in Höhe von € 1.415,80 zu erstatten, die ihm anlässlich der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung vom 28.09. bis zum 02.10.2009 zum Thema „Umstrukturierung der US-Landstreitkräfte und Auswirkungen auf die Zivilbeschäftigten“ in T-Stadt entstanden sind. Der angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts ist deshalb abzuändern und der Antrag zurückzuweisen.

20

Die Teilnahme von zwei Betriebsvertretungsmitgliedern an der betreffenden Schulungsveranstaltung war nicht erforderlich.

21

1. Rechtsgrundlage für das streitige Erstattungsbegehren sind vorliegend nicht § 40 Abs. 1 und § 37 Abs. 6 BetrVG, sondern § 44 Abs. 1 und § 46 Abs. 6 BPersVG i.V.m. § 91 Abs. 1 Soldatengesetz (SG). Nach Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) gelten für die E. der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe oder einem zivilen Gefolge die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung, soweit sich aus dem Unterzeichnungsprotokoll (UP) nichts anderes ergibt. Eine Einschränkung der Rechte aus §§ 44 Abs. 1, 46 Abs. 6 BPersVG sieht das UP nicht vor.

22

Gemäß § 44 Abs. 1 BPersVG trägt die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrates entstehenden Kosten. Dazu gehören auch die Schulungskosten, die anlässlich der Teilnahme eines Mitgliedes des Personalrates an Schulungsveranstaltungen nach § 46 Abs. 6 BPersVG entstanden sind, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind.

23

2. Zur Beantwortung der Frage, ob die Schulung erforderlich war, geht die Beschwerdekammer von den Grundsätzen aus, die das Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung des § 46 Abs. 6 BPersVG entwickelt hat. Danach beurteilt sich die Frage, ob eine Schulung im Sinne der genannten Vorschrift für die Tätigkeit im Personalrat erforderliche Kenntnisse vermittelt, nach objektiven und subjektiven Kriterien. Der Begriff der Erforderlichkeit der Schulung ist also sach- und personenbezogen. Die Schulungsveranstaltung muss objektiv von ihrer Thematik her die Vermittlung von Kenntnissen zum Gegenstand haben, die ihrer Art nach für die Tätigkeit des betreffenden Personalrats benötigt werden. Außerdem muss ein Schulungsbedürfnis gerade für das zu entsendende Mitglied bestehen; dieses Mitglied muss der Schulung für seinen möglichst sachgerechten Einsatz im Personalrat in der fraglichen Materie bedürfen, weil es damit noch nicht vertraut ist.

24

Das Bundesverwaltungsgericht unterscheidet bei der Beurteilung des Schulungsbedarfs nach § 46 Abs. 6 BPersVG in ständiger Rechtsprechung zwischen Grundschulungen und Spezialschulungen. Einer Grundschulung bedarf das Personalratsmitglied, um seine Tätigkeit im Personalrat überhaupt sachgemäß ausüben zu können. Die Grundschulung ist die notwendige Kenntnisvermittlung für solche Personalratsmitglieder, die noch keine ausreichenden Kenntnisse des geltenden Personalvertretungsrechts besitzen. Die Teilnahme an einer Spezialschulung benötigt das Personalratsmitglied dagegen, um den besonderen Aufgaben, die ihm innerhalb der Personalvertretung zukommen, gerecht werden zu können. Um eine Spezialschulung handelt es sich nicht nur bei einem fachlich sehr eng zugeschnittenen Themenkreis. Spezialschulungen liegen vielmehr auch dann vor, wenn in bestimmten für die Personalratstätigkeit relevanten Tätigkeitsfeldern Kenntnisse vermittelt werden, die über Grundzüge hinausgehen, insbesondere der Wissensvertiefung und -erweiterung dienen (vgl. BVerwG Beschluss vom 11.07.2006 - 6 PB 8/06 - Rn. 4 - AP Nr. 27 zu § 46 BPersVG).

25

3. Vorliegend hat die E. den Antragsteller und ein weiteres Mitglied zu einer Spezialschulung entsandt, in welchem das Thema „Umstrukturierung der US-Landstreitkräfte und Auswirkungen auf die Zivilbeschäftigten“ behandelt wurde. Die Teilnahme von zwei Betriebsvertretungsmitgliedern an dieser Veranstaltung war subjektiv nicht erforderlich.

26

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Beschwerdekammer folgt, ist die Teilnahme an Spezialschulungen - abhängig von der Größe der Dienststelle sowie Art und Umfang der beteiligungspflichtigen Angelegenheiten - regelmäßig auf ein einziges Personalratsmitglied oder mehrere einzelne Personalratsmitglieder beschränkt (vgl. BVerwG Beschluss vom 11.07.2006 - 6 PB 8/06 - Rn. 5, a.a.O., m.w.N.). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass der Personalrat ein nach dem Grundsatz der Arbeitsteilung funktionierendes Gremium ist, dessen Mitglieder jeweils für bestimmte Arbeitsbereiche zuständig sind und das dort erworbene Fachwissen jeweils den anderen Mitgliedern weitervermitteln, damit eine ordnungsgemäße Beratung und Entscheidung im Personalratsplenum nach Maßgabe von § 38 BPersVG möglich ist. Dabei bezieht sich die mit der Arbeitsteilung einhergehende personalratsinterne Weitervermittlung jeweils auf das gesamte Fachwissen, nämlich die gesetzliche Beschreibung des personalvertretungsrechtlichen Aufgabengebietes, die dabei zu beachtenden gesetzlichen und tariflichen Regelungen, das dazugehörige Sachwissen und nicht zuletzt die einschlägige Rechtsprechung, durch welche die gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse der Personalräte für die Praxis in den Dienststellen konkretisiert werden.

27

4. Bei Anlegung dieser Maßstäbe war es nicht erforderlich, dass zwei Betriebsvertretungsmitglieder an der hier in Rede stehenden Schulung teilnahmen.

28

Bei einer Spezialschulung hat nicht jedes einzelne Betriebsvertretungsmitglied einen Anspruch auf Schulung, sondern lediglich ein Mitglied, das in der praktischen Betriebsvertretungsarbeit als Multiplikator wirken und als Spezialist und Ansprechpartner für die Beschäftigten fungieren kann. Allein aus der Größe der Dienststelle und der E. kann nicht der Schluss gezogen werden, dass Schulungsbedarf für zwei Mitglieder besteht. Es muss auch bei großen Dienststellen nicht jedes Betriebsvertretungsmitglied in der Lage sein, jede spezielle Frage zur Umstrukturierung der US-Landstreitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland und deren Auswirkungen auf die Zivilbeschäftigten sofort beantworten bzw. lösen zu können. Es hätte deshalb genügt, dass ein Betriebsvertretungsmitglied sich die erforderlichen Kenntnisse aneignet und diese bei der Beratung über die Ausübung von Beteiligungsrechten einbringen kann.

29

Die E. ist gehalten, eine sinnvolle Aufgabenteilung vorzunehmen und dann auf seine Spezialisten zurückzugreifen. Das Argument, dass wegen der Größe der Dienststelle mehr Betriebsvertretungsmitglieder geschult werden müssten, greift somit nicht. Zwar ist nach der oben skizzierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die Entsendung von zwei Mitgliedern der E. zu einer Spezialschulung nicht von vornherein ausgeschlossen. Die E. kann aber insoweit nicht ohne genaue Prüfung mehrere Mitglieder zu derselben Schulung entsenden.

30

Auf die vom Antragsteller zitierte Rechtsprechung des Arbeitsgerichts Wetzlar (Urteil vom 22.11.1995 - 2 BV 8/95 - NZA-RR 1996, 336) zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung über Inhalte und Methoden der Zertifizierung nach „ISO 9000-9004“ kommt es nicht an. Im Übrigen lässt sich dem Urteil entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht der allgemeine Rechtssatz entnehmen, dass bei einer Betriebsratsgröße von 11 Mitgliedern stets ein Schulungsbedürfnis für zwei Mitglieder besteht.

31

Der Antragsteller durfte auch nicht im Vertrauen auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 09.09.2009 in dem Verfahren 1 BV 50/09 an der Schulungsveranstaltung teilnehmen. Der erstinstanzliche Beschluss, der den Beteiligten am 21.09.2009 zugestellt worden ist, war nicht rechtskräftig, denn die Beteiligte zu 3) hatte bereits mit Schriftsatz vom 22.09.2009 - und damit vor Beginn des Seminars am 28.09.2009 - Beschwerde eingelegt. Das war dem Antragsteller bekannt. Die erstinstanzliche Feststellung im Beschluss vom 09.09.2009 (Az.: 1 BV 50/09), dass die Dienststelle verpflichtet ist, insgesamt zwei Mitglieder der E. zur Teilnahme an dem in der Zeit vom 28.09 bis 02.10.2009 durchgeführten Seminar freizustellen, war nicht rechtskräftig. Die materielle Wirkung gerichtlicher Feststellungen tritt, auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, erst mit Rechtskraft ein. Wer vor Eintritt der Rechtskraftwirkung bereits vollendete Tatsachen schafft, handelt auf eigenes Risiko.

32

Hinzu kommt, dass der Antragsteller und das weiteren Mitglied in der Schulungswoche Ende September 2009 bereits mehr als drei Jahre im Amt waren, so dass sich ihre Amtszeit, die am 31.05.2010 ablief, dem Ende zuneigte. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Schulungsveranstaltung ist deshalb auch maßgeblich, ob die E. bei ihrer Beschlussfassung am 10.07.2009 davon ausgehen konnte, dass der Antragsteller und das weitere Mitglied, die auf der Veranstaltung „Umstrukturierung der US-Landstreitkräfte und Auswirkungen auf die Zivilbeschäftigten“ erworbenen Kenntnisse voraussichtlich bis zum Ablauf ihrer Amtszeit Ende Mai 2010 noch benötigten (BAG Urteil vom 07.05.2008 - 7 AZR 90/07 - NZA-RR 2009, 195, m.w.N.).

33

Auf eine nähere Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme kann in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht deswegen verzichtet werden, weil der Antragsteller und das weitere Mitglied auch für die neue E. kandidierten und ihre Wiederwahl wegen „sicherer“ Listenplätze wahrscheinlich war. Auch ein bisheriges Betriebsratsmitglied hat für die künftige Wahl keinen anderen Status als den eines Wahlbewerbers (so schon: BAG Beschluss vom 07.06.1989 - 7 ABR 26/88 - NZA 1990, 149).

34

Der Antragsteller hat nicht darzulegen vermocht, warum zwei Betriebsvertretungsmitglieder der Schulung mit dem dafür vorgegebenen Themenkatalog im Hinblick auf die Situation der Dienststelle W. bedurften. Für konkrete Beteiligungssachverhalte, die für den Rest der Amtszeit noch auf die E. zukommen konnten, bestand kein Anhaltspunkt.

35

Die Beteiligte zu 3) hat im Verfahren 1 BV 50/09 unwidersprochen vorgetragen, dass die Abteilung R. (Q.) der Dienststelle W. zurzeit 578 genehmigte Positionen habe. Im Gespräch sei eine Reduzierung um 139 Positionen, von denen jedoch 82 Positionen vakant seien. Sollte es tatsächlich zu einem Personalabbau kommen, wären 57 Positionen betroffen. Eine endgültige Entscheidung in welcher Art und Weise und ob überhaupt ein Personalabbau in der Dienststelle notwendig sei, sei noch nicht gefallen. Bisher hat die Bezirksbetriebsvertretung (BBV) die Beteiligte zu 2) gemäß § 82 Abs. 2 BPersVG aufgefordert, sich zu ihrem Schreiben über die Umstrukturierung der Abteilung R. zu äußern. Die Beteiligte zu 2) hat sich in ihrer Sitzung vom 29.04.2010 ausweislich des vorgelegten Protokolls mit dieser Aufforderung beschäftigt und eine schriftliche Stellungnahme erarbeitet. Weder das Schreiben der BBV (mit unbekanntem) Datum noch die Stellungnahme der E. ist vom Antragsteller vorgelegt worden. Das war auch nicht erforderlich, weil diese Korrespondenz allein das Verhältnis zwischen BBV und örtlicher E. betrifft. Da sich die Zuständigkeit der Stufenvertretungen und diejenige der örtlichen E. gegenseitig ausschließen, folgt allein aus dem Umstand, dass die BBV der Beteiligten zu 2) vor einer Beschlussfassung Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat, wozu sie nach § 82 Abs. 2 BPersVG verpflichtet ist, noch kein konkreter Schulungsbedarf für zwei Mitglieder der örtlichen E. an einer Schulung zum Thema „Umstrukturierung der US-Landstreitkräfte und Auswirkungen auf die Zivilbeschäftigten“.

36

5. Nach alledem war die US-Dienststelle W. nicht zur Freistellung von zwei Betriebsvertretungsmitgliedern verpflichtet, so dass die Kosten, die durch die Teilnahme des Antragstellers an der Schulungsveranstaltung entstanden sind, keine notwendigen Auslagen im Sinne von § 44 Abs. 1 BPersVG darstellen. Mithin war der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Zahlungsantrag zurückzuweisen.

37

Da die US-Dienststelle bereits dem Grunde nach nicht verpflichtet ist, dem Antragsteller die Kosten zu erstatten, kann offen bleiben, ob der geltend gemachte Anspruch der Höhe nach gerechtfertigt ist. Hier müsste untersucht werden, weshalb der Antragsteller für Unterkunft und Verpflegung € 868,00 verlangt, während sich diese Kosten laut Prospekt auf € 699,50 beliefen. Es braucht auch nicht geprüft zu werden, ob das Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gewahrt ist, wenn für vier Übernachtungen bei viereinhalb Seminartagen (von Montag 10.00 Uhr bis Freitag gegen 12.00 Uhr) Unterkunfts- und Verpflegungskosten von € 699,50 entstehen, die sich bei einer Anreise am Sonntag noch um € 124,50 erhöhen.

III.

38

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien der §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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