Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (1. Kammer) - 1 Ta 152/12
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen -Auswärtige Kammern Landau- vom 12.06.2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Der Beschwerdeführer vertrat mit einem Klageverfahren wegen Unterlassung den Kläger, welcher Marktleiter des G. in W. ist. Die Beklagte war bis 31.07.2011 dort als stellvertretende Marktleiterin beschäftigt und ist zu diesem Zeitpunkt aus dem Betrieb ausgeschieden.
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Mit der am 03.04.2012 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen -Auswärtige Kammern Landau- eingegangener Klageschrift verfolgte der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, insgesamt 12 Behauptungen zu unterlassen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers und dem beendeten Arbeitsverhältnis der Beklagten standen. Hierbei nahm der Kläger Bezug auf ein dem Inhaber der G. Gruppe zugeleitetes "Pamphlet" der Beklagten, in dem sie sich über angebliche Mängel des Klägers hinsichtlich der Betriebsführung und auch seines Charakters ausgelassen habe.
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Nach Darstellung des Klägers ausgelöst wurde durch dieses Schreiben eine Mitarbeiterversammlung im Markt am 07.02.2012, in der nach Darstellung in der Klageschrift sich sämtliche anwesenden Mitarbeiter mit dem Kläger, seinem Führungsstil und seiner Art des Umgangs mit den Mitarbeitern solidarisch erklärt haben.
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Der Rechtsstreit endete durch Vergleich am 03.05.2012.
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Nach Antrag setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf 12.000,-- EUR fest. Zur Begründung führte es aus, je zu unterlassender Behauptung sei ein Gegenstandswert von 1.000,-- EUR anzusetzen.
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Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 17.07.2012 zugestellt. Hiergegen hat er am 23.07.2012 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, entsprechend seinen Vorstellungen den Wert des Gegenstandes auf 30.000,-- EUR festzusetzen. Der Beschwerdeführer nimmt Bezug auf den erheblichen Umfang der Vorwürfe und in welcher Art und Weise die Angelegenheit für den Kläger von erheblicher beruflicher und geradezu existenzieller Bedeutung gewesen sei.
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Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
II.
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Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,-- EUR und ist auch sonst zulässig. Der Beschwerdeführer hat ersichtlich nicht namens des Klägers sondern in eigenem Namen zur Erreichung eines höheren als des festgesetzten Gegenstandswertes Beschwerde eingelegt. Damit ist die Statthaftigkeit des Rechtsmittels insgesamt gegeben.
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In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, weil der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit nicht zu niedrig festgesetzt wurde. Die Bestimmung des Gegenstandswertes richtet sich unter Beachtung der §§ 48 Abs. 4 GKG nach § 23 Abs. 1, Satz 1 RVG i. V. m. § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO, sowie § 48 Abs. 2 GKG.
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Während sich § 48 Abs. 1 GKG auf vermögensrechtliche Ansprüche bezieht, gilt § 48 Abs. 2 GKG für nicht vermögensrechtliche Ansprüche. Vermögensrechtlich ist dabei jeder Anspruch, der entweder auf einer vermögensrechtlichen Beziehung beruht oder im wesentlichen wirtschaftlichen Interessen dienen soll. Das Begehren des Klägers ist auf Widerruf und Unterlassen von Äußerungen gerichtet, die sowohl das Ansehen in der Meinung der Erklärungsempfänger als auch seine wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigen können. Damit macht der Kläger nicht nur einen nicht vermögensrechtlichen Anspruch (Schutz seines Ansehens) sondern auch einen vermögensrechtlichen Anspruch (Schutz wirtschaftlicher Interessen) geltend. In derartigen Fällen kommt für den nicht vermögensrechtlichen Teil auch ein eigener Wert nach § 23 Abs. 1 RVG i. V. m. § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO in Betracht. Dabei ist nach § 48 Abs. 4 GKG bei einem Zusammentreffen eines nicht vermögensrechtlichen mit einem vermögensrechtlichen Anspruch nur der höhere Anspruch maßgebend.
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Bei der Streitwertfestsetzung ist bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien ein Ermessen auszuüben. Nach § 23 Abs. 1 RVG i. V. m. § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO wird der Wert ebenfalls nach freiem Ermessen festgesetzt. Maßgebend ist dabei das objektiv zu ermittelnde Interesse des Klägers.
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Der Antrag auf Widerruf der getätigten Äußerungen ist maximal mit 12.000,-- EUR zu bewerten.
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Im Zusammenhang mit einer verletzenden Äußerung wird regelmäßig ein Betrag von 2.000,-- EUR angesetzt, der entsprechend den Einzelfallumständen ermäßigt oder erhöht werden kann. Maßgeblich für die Wertbestimmung beim Widerruf ist die zu schätzende Beeinträchtigung, die von dem beantragten Verhalten des Prozessgegners zu besorgen ist und die mit der jeweiligen begehrten Maßnahme beseitigt werden soll. Mit den festgesetzten 12.000,-- EUR ist der nicht vermögensrechtliche Teil des Antrags ausreichend abgebildet. Zwar sind die behaupteten Äußerungen dem Grundsatz nach geeignet, den Kläger in seinem Ansehen im Betrieb zu beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung von öffentlichem Ansehen ist nicht ersichtlich. Die fraglichen Äußerungen wurden im Betrieb verbreitet und damit in einem relativ kleinen die generellen Verhältnisse überschauenden Kreis getätigt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Äußerung aus dem Betrieb des G. Marktes heraus in die Öffentlichkeit getragen wurde, zumal die Möglichkeit bestand, die inhaltliche Unrichtigkeit der Äußerung aufzuklären.
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Weiter ist festzuhalten, dass nicht jede einzelne Äußerung isoliert betrachtet werden kann. So wird mit den Äußerungen, die zu unterlassen die Beklagte aufgefordert wurde zusammengefasst die Mitarbeiterführung des Klägers infrage gestellt. Dies gilt für den Klageantrag zu 1 a, 1 b, 1 c, 1 d, 1 e, 1 h, 1 i, 1 j, 1 k, Im übrigen wird dem Kläger vorgehalten, er begehe anlässlich seines Arbeitsverhältnisses Straftaten (Klage zu 1 f, 1 g).
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Es ist somit schon äußerst fraglich, ob jede dieser beiden Komplexe mit maximal 2.000,-- EUR pro Äußerung zusammengefasst werden kann, jedenfalls ist es der Beschwerdekammer verwehrt, wegen des Verschlechterungsverbotes den Wert des Streitgegenstandes noch niedriger anzusetzen.
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Die vom Beschwerdeführer in den Vordergrund gestellte vermögensrechtliche Bedeutung führt jedenfalls zu keiner höheren Wertfestsetzung. Wie dargestellt ist nur der höhere Anspruch maßgebend (§ 48 Abs. 4 GKG). Die vom Beschwerdeführer angeführte wirtschaftliche Existenzgefährdung hat sich, wie aus der Klageschrift des Klägers selbst dargestellt, in keinster Weise realisiert. Eine einberufene Erörterung der Angelegenheit mit sämtlichen Mitarbeitern hat nach eigener Darstellung in der Klageschrift dazu geführt, dass weiterhin keinerlei Beeinträchtigungen in der Rechtsposition des Klägers als Marktleiter und damit keine "Existenzgefährdung" eingetreten ist.
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Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Beschwerdeführers ist daher keinesfalls höher als der vom Arbeitsgericht angenommene Wert von 12.000,-- EUR.
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Da die Beschwerde erfolglos war, musste sie kostenpflichtig zurückgewiesen werden. Die Gerichtsgebühr für das vorliegende Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 von Teil 8 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
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Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht eröffnet.
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Referenzen
- § 3 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 48 Abs. 4 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 48 Abs. 2 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- RVG § 23 Allgemeine Wertvorschrift 3x
- § 48 Abs. 1 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- § 48 Abs. 4 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- RVG § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren 2x
- ZPO § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen 3x