Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (11. Kammer) - 11 TaBV 42/12

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 21.11.2012 - 4 BV 35/12 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Bildung einer Einigungsstelle im Zusammenhang mit einem Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses.

2

Der Beteiligte zu 1) ist der Gesamtbetriebsrat (im Folgenden: der Gesamtbetriebsrat) der Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 3) (im Folgenden: die Unternehmer). In ihrem gemeinsamen Betrieb beschäftigen die Unternehmer etwa 300 Arbeitnehmer.

3

Die Beteiligte zu 2) ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Beteiligten zu 3). Die Beteiligte zu 3) ist wiederum ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Z Inc. mit Sitz in Y, USA. Die gesamten Anteile an der Z Inc. hält die X Group.

4

Am 26.04.2012 hat der Geschäftsführer der Unternehmer dem Wirtschaftsausschuss in dessen Sitzung mitgeteilt, dass auf der Ebene der Z Inc. ein Unternehmensverkauf stattfinden soll und es bereits mehrere potentielle Erwerber gebe.

5

Mit Schreiben vom 09.08.2012 (vgl. Blatt 19 d. A.) hat der Wirtschaftsausschuss unter anderem folgende Informationen verlangt:

6


1. alle möglichen Interessenten des Firmenkaufs
2. deren strategische Ausrichtung
3. mögliche Auswirkungen auf die Mitarbeiter (Rationalisierung/Umstrukturierung)

7

Dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses sind die Unternehmer nicht nachgekommen.

8

Mit Schreiben vom 20.09.2012 (vgl. Blatt 20 d. A.) hat sich der Gesamtbetriebsrat eingeschaltet und das Verlangen des Wirtschaftsausschusses nochmals wiederholt.

9

Mit E-Mail vom 01.10.2012 (vgl. Blatt 23 d. A.) haben die Unternehmer das Auskunftsverlangen des Gesamtbetriebsrates abgelehnt und sich auch gegen die Einleitung eines Einigungsstellenverfahrens gewendet.

10

Mit E-Mail vom 17.10.2012 (vgl. Blatt 24 d. A.) hat der Gesamtbetriebsrat von den Unternehmern die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Klärung des Auskunftsverlangens verlangt.

11

Am 17.10.2012 hat der Gesamtbetriebsrat zugleich für den Fall, dass die Unternehmer der Anrufung der Einigungsstelle oder ihrer Besetzung nicht innerhalb von einer Woche zustimmen, beschlossen, das arbeitsgerichtliche Einsetzungsverfahren nach § 98 ArbGG einzuleiten.

12

Mit seiner beim Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - am 02.11.2012 eingegangenen Antragsschrift vom gleichen Tag hat der Gesamtbetriebsrat die Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und die Festsetzung von drei Beisitzern je Seite für eine Einigungsstelle mit dem Gegenstand "Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses über die potentiellen Erwerber des Unternehmens im Rahmen des § 106 Abs. 3 Nr. 9a und Nr. 10 BetrVG" begehrt.

13

Der Gesamtbetriebsrat hat erstinstanzlich vorgetragen:

14

Die Einigungsstelle sei zuständig. Es liege eine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG, die eine Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses begründet, vor. Durch den hundertprozentigen Wechsel der Anteilseigner auf der Ebene der Z Inc. finde aufgrund derer hundertprozentiger Beteiligung an den Unternehmen der Unternehmer ein direkter Kontrollerwerb dieser statt. Dieser falle unter § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG. Jedenfalls werde dieser von § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG erfasst.

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Der Gesamtbetriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

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Herrn W, Vizepräsident des Arbeitsgerichts V a.D., als Vorsitzenden für eine Einigungsstelle zu bestellen, die zum Gegenstand haben soll:
"Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses über die potentiellen Erwerber des Unternehmens im Rahmen des § 106 Abs. 3 Nr. 9a und Nr. 10 BetrVG"
Die Zahl der Beisitzer dieser zu bildenden Einigungsstelle auf jeweils drei festzusetzen.

17

Die Unternehmer haben erstinstanzlich beantragt,

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die Anträge zurückzuweisen.

19

Zur Begründung haben die Unternehmer erstinstanzlich ausgeführt:

20

Die Anträge des Gesamtbetriebsrates seien nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig. Es sei schon nicht ersichtlich, um den Erwerb welchen Unternehmens es gehen solle.

21

Die Anträge des Gesamtbetriebsrates seien auch nicht begründet. Denn die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Es liege offensichtlich keine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG, die eine Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses begründet, vor. Ihre Gesellschafterstruktur - die Gesellschafterstruktur der Unternehmer - solle sich nicht ändern. Vielmehr solle sich lediglich die Gesellschafterstruktur der Z Inc. ändern. Ein solcher mittelbarer Kontrollerwerb falle nicht unter § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG. Denn § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG setze die Übernahme eines Unternehmens und mithin eine Veränderung der Gesellschafterstruktur des übernommenen Unternehmens voraus. Ein solcher mittelbarer Kontrollerwerb werde auch nicht von § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG erfasst. Denn die Regelung in § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG trete hinter der Spezialregelung in § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG zurück. Zudem könne im Falle des § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG nicht Auskunft über potentielle Erwerber, sondern nur Auskunft über die Veräußerung von Geschäftsanteilen verlangt werden. Des Weiteren sei für die Klärung des Streits über das Vorliegen einer wirtschaftlichen Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG, die eine Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses begründet, das Arbeitsgericht und nicht die Einigungsstelle zuständig.

22

Mit Beschluss vom 21.11.2012 - 4 BV 35/12 - hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - die Anträge zurückgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

23

Die Anträge seien bereits unzulässig. Denn es sei schon nicht erkennbar, für welches Unternehmen eine Einigungsstelle gebildet werden solle. Die Anträge seien aber auch unbegründet. Denn die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Schließlich würden die Beteiligten bereits darüber streiten, ob eine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG vorliege und wäre dieser Streit im Rahmen eines Beschlussverfahrens nach § 2a ArbGG und nicht im Rahmen des § 98 ArbGG zu klären. Im Übrigen wäre, da nicht ein Verkauf der Beteiligten zu 2) und zu 3), sondern lediglich ein Verkauf der Z Inc. geplant sei, der Tatbestand des § 106 BetrVG nicht erfüllt.

24

Bezüglich des genauen Inhalts der Entscheidung wird auf den erstinstanzlichen Beschluss (Blatt 65 ff. d. A.) verwiesen.

25

Mit Schriftsatz vom 14.12.2012, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag, hat der Gesamtbetriebsrat gegen den ihm am 30.11.2012 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 21.11.2012 - 4 BV 35/12 - nach vorheriger Beschlussfassung am 14.12.2012 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

26

Der Gesamtbetriebsrat trägt zur Begründung seiner Beschwerde unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen ergänzend vor:

27

Seine Anträge seien hinreichend bestimmt und damit zulässig. Aus der Begründung ergebe sich, dass mit Unternehmen die Z Inc. gemeint sei.

28

Seine Anträge seien auch begründet. Denn die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Es liege eine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG, die eine Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses begründet, vor. Zwar solle sich nicht die Gesellschafterstruktur der Unternehmen der Unternehmer, sondern die der Z Inc. ändern. Die Auswirkungen dieser Änderungen seien jedoch für die Mitarbeiter der Unternehmer im gemeinsamen Betrieb aufgrund der hundertprozentigen Beteiligung der Z Inc. an diesen Unternehmen von erheblicher Bedeutung. In einem solchen Fall sei § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG zumindest entsprechend anzuwenden. Jedenfalls werde dieser Fall aber von § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG erfasst. Auch nach § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG könne Auskunft über potentielle Erwerber verlangt werden. Er - der Gesamtbetriebsrat - und die Unternehmer würden auch nicht über das Vorliegen einer wirtschaftlichen Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG, die eine Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses begründet, sondern lediglich über den Umfang der Unterrichtungspflicht streiten. Schließlich seien die Unternehmer, was die Information gegenüber dem Wirtschaftsausschuss zeige, selbst von einer Unterrichtungspflicht ausgegangen.

29

Der Gesamtbetriebsrat beantragt,

30

auf seine Beschwerde wird unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 21.11.2012 - 4 BV 35/12 -
Herr Vizepräsident des Arbeitsgerichts V a.D. W als Vorsitzender einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand "Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses über die potentiellen Erwerber der Z Inc." bestellt;
die Zahl der Beisitzer der vorgenannten zu bildenden Einigungsstelle auf jeweils drei je Seite festgesetzt.

31

Die Unternehmer beantragen,

32

die Beschwerde zurückzuweisen.

33

Die Unternehmer verteidigen den erstinstanzlichen Beschluss, nehmen Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und führen ergänzend aus:

34

Die Anträge des Gesamtbetriebsrates seien nicht begründet. Denn die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Es liege keine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG, die eine Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses begründet, vor. Auch eine entsprechende Anwendung des § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Es fehle schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Es stehe zwischen ihnen - den Unternehmern - und dem Gesamtbetriebsrat auch nicht lediglich der Umfang der Unterrichtungspflicht gegenüber dem Wirtschaftsausschuss, sondern das Vorliegen einer wirtschaftlichen Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG, die eine Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses begründet, im Streit.

35

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, sowie auf die in den Sitzungsprotokollen getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

II.

36

Die zulässige Beschwerde ist jedenfalls derzeit nicht begründet und hat somit keinen Erfolg. Die Anträge in der Fassung vom 28.02.2013 sind zulässig, aber jedenfalls derzeit nicht begründet. Der Gesamtbetriebsrat kann derzeit nicht die Bestellung des Herrn Vizepräsident des Arbeitsgerichts V a.D. W als Vorsitzender einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand "Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses über die potentiellen Erwerber der Z Inc." sowie die Festsetzung der Zahl der Beisitzer der vorgenannten zu bildenden Einigungsstelle auf jeweils drei je Seite verlangen. Denn eine Einigungsstelle mit dem Gegenstand "Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses über die potentiellen Erwerber der Z Inc." ist jedenfalls derzeit offensichtlich unzuständig im Sinne des § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG.

37

Nach § 76 Abs. 2 S. 2 BetrVG bestellt das Arbeitsgericht, kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden einer Einigungsstelle nicht zustande, den Vorsitzenden einer Einigungsstelle. Nach § 76 Abs. 2 S. 3 BetrVG entscheidet das Arbeitsgericht, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird, auch über die Zahl der Beisitzer einer Einigungsstelle. Nach § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG können die vorgenannten Anträge wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist.

38

1. Die Einigungsstelle ist im Sinne des § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG offensichtlich unzuständig, wenn ihre Zuständigkeit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt als möglich erscheint, wenn ihre Zuständigkeit also bei sachgerechter Beurteilung auf den ersten Blick unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet ist. Eine offensichtliche Unzuständigkeit besteht dabei bei Kontroversen in Rechtsprechung und Literatur über die für die Zuständigkeit maßgeblichen Rechtsfragen nicht (vgl. mit weiteren Nachweisen LAG Hessen, Beschluss vom 01.08.2006 - 4 TaBV 111/06 - zitiert nach juris).

39

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Einigungsstelle jedenfalls derzeit offensichtlich unzuständig im Sinne des § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG. Denn das konkrete Auskunftsverlangen des Gesamtbetriebsrates nach § 109 S. 1 BetrVG i.V.m. § 106 BetrVG, den Wirtschaftsausschuss über die potentiellen Erwerber der Z Inc. zu unterrichten, hat sich erledigt, weil die Beteiligten zu 2) und zu 3) zwischenzeitlich mitgeteilt haben, dass derzeit keine potentiellen Erwerber für die Z Inc. existieren.

40

Nach § 109 S. 1 BetrVG entscheidet, wird eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinne des § 106 BetrVG entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt und kommt hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat eine Einigung nicht zustande, die Einigungsstelle. Nach § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG gehört zu den wirtschaftlichen Angelegenheit insbesondere die Übernahme des Unternehmens, wenn hiermit der Erwerb der Kontrolle verbunden ist. In diesem Fall hat der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss - was der Gesamtbetriebsrat im vorliegenden Fall verlangt - nach § 106 Abs. 2 BetrVG unter anderem rechtzeitig und umfassend über den/die potentiellen Erwerber des Unternehmens zu unterrichten.

41

Im vorliegenden Fall haben die Unternehmer zunächst die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses über den/die potentiellen Erwerber der Z Inc. verweigert. Zwischenzeitlich - unter anderem auch im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung am 28.03.2013 - haben die Unternehmer jedoch mitgeteilt, dass der "U" der Z Inc. Ende Januar 2013 in Pirmasens war und die dortige Geschäftsleitung über den Stand der Verhandlung mit potentiellen Erwerbern informiert und dabei erklärt hat, dass die bisherigen Verhandlungen mit potentiellen Erwerbern erfolglos geblieben sind und beendet wurden und es derzeit keine potentiellen Erwerber bzw. Interessenten gibt. Hierdurch haben die Unternehmer - soweit ersichtlich - die geforderte Unterrichtung vorgenommen. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, welche Informationen hinsichtlich des konkrete Auskunftsverlangens des Gesamtbetriebsrates, den Wirtschaftsausschuss über die potentiellen Erwerber der Z Inc. zu unterrichten, noch fehlen könnten. Vor diesem Hintergrund hat sich das konkrete Auskunftsverlangen des Gesamtbetriebsrates jedenfalls derzeit erledigt (vgl. zur Problematik der Erledigung des Auskunftsverlangens allerdings in einem etwas anderen Zusammenhang auch LAG Köln, Beschluss vom 02.03.2009 - 2 TaBV 111/08 - zitiert nach juris).

42

3. Sollte sich der Stand hinsichtlich potentieller Erwerber in Zukunft ändern, dürfte die Einigungsstelle entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht schon deshalb offensichtlich unzuständig sein, weil die Beteiligten auch darüber streiten, ob überhaupt eine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG betroffen ist.

43

Zwar fällt die allgemeine Frage, ob überhaupt eine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG betroffen ist, in die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen und ist von diesen im Rahmen eines Beschlussverfahrens (allgemein) zu klären. Wird jedoch die Einigungsstelle zu einem konkreten Auskunftsverlangen nach § 109 BetrVG angerufen, ist diese zuständig und hat gegebenenfalls die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob überhaupt eine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG betroffen ist, inzident als Vorfrage im Rahmen der Prüfung ihrer Zuständigkeit zu klären (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere BAG, Beschluss vom 17.09.1991 - 1 ABR 74/90 - zitiert nach juris; missverständlich dagegen Kania, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 13. Auflage 2013, § 106 BetrVG Rn. 18; Besgen, in: Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht, Stand 01.12.2012, § 106 Rn. 31; Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 26. Auflage 2012, § 109 Rn. 2).

44

4. Sollte sich der Stand hinsichtlich potentieller Erwerber in Zukunft ändern, dürfte die Einigungsstelle entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch nicht schon deshalb offensichtlich unzuständig sein, weil offensichtlich keine wirtschaftliche Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG betroffen ist.

45

Zwar fällt der sogenannte mittelbare Kontrollerwerb nach wohl überwiegender Auffassung in der Literatur nicht unter den Tatbestand des § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG (vgl. Annuß, in: Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, 13. Auflage 2012, § 106, Rn. 55a; Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 26. Auflage 2012, § 106 Rn. 89; BB 2008, 1065; Liebers/Erren/Weiß, NZA 2009, 1065). Demgegenüber soll § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG nach Däubler (vgl. Däubler, in: Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, Betriebsverfassungsgesetz, 12. Auflage 2010, § 106, Rn. 77c) im Falle des mittelbaren Kontrollerwerbs § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG jedenfalls entsprechend anzuwenden sein und weist auch Düwell (vgl. jurisPR-ArbR 40/2008 Anm. 6) auf das Folgende hin: "Aus der Verwendung des Begriffs "insbesondere" ist zu schließen, dass auch andere Fallgestaltungen zur Annahme eines Kontrollerwerbs führen können. In Betracht kommt vor allem die in § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG angesprochene Erlangung der mittelbaren Kontrolle über eine Zielgesellschaft. Die nähere Konkretisierung, wann im Einzelfall eine die Unterrichtungspflicht auslösende Kontrollposition erreicht wird, hat der Gesetzgeber den Gerichten für Arbeitssachen überlassen. Diese haben auch über die noch ungelöste Rechtsfrage zu entscheiden, wie sich Änderungen im Gesellschafterkreis ausländischer Konzernmuttergesellschaften auf deutsche Unternehmen als Teil des internationalen Konzerns auswirken." Vor dem Hintergrund des vorgenannten Meinungsstreites und mit Blick auf das Fehlen höchstrichterlicher Entscheidungen dürfte im Falle des mittelbaren Kontrollerwerbs jedenfalls nicht offensichtlich keine wirtschaftliche Angelegenheit betroffen sein und dürfte die Einigungsstelle somit jedenfalls nicht offensichtlich unzuständig sein.

III.

46

Gegen diese Entscheidung ist nach § 98 Abs. 2 S. 4 ArbGG kein Rechtsmittel gegeben.

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