Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (4. Kammer) - 4 Sa 678/14

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.10.2014, Az.: 2 Ca 1099/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Ausgleichszahlung. Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 24.11.1972 als Chemiefacharbeiter beschäftigt. Im Arbeitsbereich des Klägers wird sowohl in Wechselschicht als auch in Normalschicht gearbeitet. Die Arbeitnehmer, die in der Wechselschicht eingesetzt sind, wo auch an Sonn- und Feiertagen gearbeitet wird, erhalten SFN- (Sonntags-/Feiertags-/Nacht-) Zuschläge. Für den Einsatz in der sog. Normalschicht werden diese Zuschläge nicht gezahlt.

2

Bei der Beklagten besteht eine Betriebsvereinbarung "Personalsteuerung für 2005" vom 19.11.2004, die u. a. folgende Regelung enthält:

3

"Ausgleichszahlungen bei Wechsel von Wechsel- in Normalschicht (Annahme auf freiwilliger Basis)

4

Mitarbeitern, die mindestens 3 Jahre in Wechselschicht gearbeitet haben und freiwillig zu einem dauerhaften Wechsel von Wechsel- in Normalschicht bis spätestens 31.12.2005 bereit sind, will das Unternehmen befristet in dem Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 mit Zustimmung des disziplinarischen Vorgesetzten für den mit dem Wechsel verbundenen Entgeltverlust eine Einmalzahlung in Höhe der Differenz zwischen den vom Mitarbeiter zuletzt bezogenen Wechselschichtbezügen und den künftigen Normalschichtbezügen berechnet für 5 Jahre, maximal jedoch bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens (zahlen) . …"

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In der Zeit von Januar 1993 bis Juli 2004 war der Kläger in der 4-er Wechselschicht eingesetzt. Im August 2004 wechselte er freiwillig in die 3-er Wechselschicht. Seit November 2011 wird er wieder in der 4-er Wechselschicht eingesetzt. In beiden Schichtsystemen erhielt der Kläger die SFN-Zuschläge.

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Mit seiner am 17.06.2014 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Beklagte u. a. auf Gewährung einer Ausgleichszahlung in Höhe von 18.000,00 € brutto in Anspruch genommen.

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Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes, des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Sachanträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.10.2014 (Bl. 178-181 d. A.).

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14.10.2014 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 bis 10 dieses Urteils (= Bl. 181-186 d. A.) verwiesen.

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Gegen das ihm am 11.11.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.12.2014 Berufung eingelegt und diese am 09.01.2015 begründet.

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Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, sein Anspruch auf Gewährung einer Ausgleichszahlung ergebe sich aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung "Personalsteuerung für 2005" vom 19.11.2004. Erstmals im September 2013 habe er von seinen Arbeitskollegen K und A erfahren, dass es gängige Praxis bei der Beklagten gewesen sei, denjenigen Mitarbeitern, die von einer 4-er Wechselschicht in eine 3-er Wechselschicht umgesetzt worden seien, eine Ausgleichszahlung zu gewähren. Eine solche Ausgleichszahlung habe der Mitarbeiter K erhalten, als er von der 4-er Wechselschicht in die Tagschicht gewechselt sei. Ebenso sei die Beklagte bei dem Mitarbeiter A verfahren. Ein weiterer Mitarbeiter, Herr B, habe anlässlich seines Tagschichtwechsels von der 4-er Schicht zur 2-er Tagschicht ebenfalls eine Ausgleichszahlung erhalten. Entsprechendes gelte für drei weitere Mitarbeiter. Lediglich diejenigen Mitarbeiter, die von der 4-er Schicht in die 3-er Schicht gewechselt seien, hätten keine Ausgleichszahlung erhalten. Dies verstoße - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch er - der Kläger - habe infolge seines Schichtwechsels erhebliche Einbußen bei Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen erlitten. Wie sich aus dem Vergleich der Gehaltsabrechnungen Juli 2004 und September 2004 ergebe, hätten sich diese Zuschläge von 589,13 € auf 281,85 € reduziert, was zu einem monatlichen Bruttolohnverlust in Höhe von 307,28 € geführt habe. Bezogen auf einen Zeitraum von 60 Monaten ergebe sich hieraus ein Verlust von mindestens 18.000,00 € brutto.

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Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 09.01.2015 (Bl. 224-233 d. A.) Bezug genommen.

12

Der Kläger beantragt,

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das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.000,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2013 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 19.03.2015 (Bl. 263-274 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

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I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung abgewiesen.

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II. Die Klage auf Gewährung einer Ausgleichszahlung ist nicht begründet.

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Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers erscheinen lediglich folgende Klarstellungen angezeigt:

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1. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus der in der Betriebsvereinbarung "Personalsteuerung für 2005" vom 19.11.2004 unter I. Ziffer 4 enthaltenen Regelung über Ausgleichszahlungen bei Wechsel von Wechsel- in Normalschicht. Zwar steht dem Anspruch nicht bereits entgegen, dass der Kläger nicht in dem dort genannten Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005, sondern bereits im August 2004 einvernehmlich von der 4-er Wechselschicht in die 3-er Wechselschicht wechselte, da die Beklagte wohl unstreitig auch bei außerhalb des betreffenden Zeitraums durchgeführten Schichtwechseln Ausgleichszahlungen entsprechend den in der Betriebsvereinbarung enthaltenen Regelungen gewährt hat.

21

Der Kläger unterfällt der betreffenden Regelung jedoch bereits deshalb nicht, weil er nicht - worauf sich die Bestimmung ausdrücklich bezieht - von einer Wechsel- in die Normalschicht gewechselt ist, sondern lediglich ein Wechsel von der 4-er Wechselschicht in die 3-er Wechselschicht stattgefunden hat. Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der zwischen den Betriebsparteien getroffenen Vereinbarung soll durch die unter I. Ziffer 4 enthaltene Regelung denjenigen Arbeitnehmern eine Ausgleichzahlung gewährt werden, die infolge ihres freiwilligen Schichtwechsels ihre Ansprüche auf Wechselschichtbezüge (SFN-Zuschläge) verlieren. Unstreitig fallen diese Zuschläge jedoch sowohl bei einer Tätigkeit in der 4-er Wechselschicht, als auch bei einer Tätigkeit in der 3-er Wechselschicht an. So hat auch der Kläger diese Zuschläge unstreitig während des gesamten maßgeblichen Zeitraums erhalten. Ein Anspruch auf Grundlage der Betriebsvereinbarung ist daher vorliegend nicht gegeben.

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2. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht mit Erfolg auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

23

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. In jedem Fall setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer voraus. Das Gebot der Gleichbehandlung greift immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (BAG v. 29.09.2004 - 5 AZR 43/04 - AP Nr. 192 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, m. w. N.).

24

Vorliegend ist weder eine willkürliche Schlechterstellung des Klägers innerhalb einer Gruppe, noch eine sachfremde Gruppenbildung erkennbar. Die Beklagte hat - soweit ersichtlich - lediglich denjenigen Arbeitnehmern eine Ausgleichszahlung gewährt, die infolge eines Schichtwechsels keine Ansprüche mehr auf Zahlung der SFN-Zuschläge hatten. Dies gilt gerade auch für die vom Kläger aufgeführten Einzelfälle. Sowohl der Arbeitnehmer K als auch der Arbeitnehmer A, die eine Ausgleichszahlung erhielten, wechselten von der 4-er Wechselschicht in die Normalschicht, wo die betreffenden Zuschläge nicht mehr anfielen. Entsprechendes gilt für den Arbeitnehmer B, der in die sog. 2-er Tagschicht wechselte, wo ebenfalls unstreitig diese Zuschläge nicht anfallen. Soweit der Kläger vorgetragen hat, ihm seien noch drei weitere Mitarbeiter bekannt, die aufgrund eines Schichtwechsels eine Ausgleichszahlung erhalten hätten, so erweist sich dieses Vorbringen als unsubstantiiert, da es nicht erkennen lässt, ob diese Mitarbeiter in ein Schichtsystem wechselten, welches ebenfalls die Zahlung von SFN-Zuschlägen begründete.

25

Die von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung in solche Arbeitnehmer einerseits, die infolge eines Schichtwechsels Ansprüche auf SFN-Zuschläge vollständig verlieren und in diejenigen Arbeitnehmer andererseits, die auch nach ihrem Schichtwechsel diese Zuschläge erhalten, erweist sich keineswegs als sachfremd. Sie ist vielmehr durchaus sachgerecht. Dies gilt auch dann, wenn infolge dieser Gruppenbildung solche Arbeitnehmer, deren Ansprüche auf Zuschlagszahlung sich infolge eines Schichtwechsels lediglich verringern, von der Ausgleichszahlung ausgenommen sind. Es handelt sich nämlich noch keineswegs um eine sachfremde Differenzierung, wenn der Arbeitgeber Ausgleichszahlungen nur denjenigen Arbeitnehmern gewährt, deren Zuschläge völlig entfallen und nicht zugleich auch denjenigen, deren Zuschläge sich lediglich verringern. Eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer ist auch insoweit nicht erkennbar.

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3. Die Zahlungsklage ist darüber hinaus auch der Höhe nach unbegründet.

27

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Einbuße des Klägers auf monatlich 300,00 € brutto beläuft mit der Folge, dass sich hieraus nach Maßgabe der unter I. Ziffer 4 der Betriebsvereinbarung "Personalsteuerung für 2005" enthaltenen Berechnungsformel eine Ausgleichzahlung in Höhe des geltend gemachten Betrages von 18.000,00 € ergeben könnte. Der Kläger beruft sich insoweit ausschließlich auf die Differenz zwischen den in den Abrechnungen für Juli 2004 (Bl. 21 f. d. A.) und für September 2004 (Bl. 24 f. d. A.) ausgewiesenen SFN-Zuschlägen. Demgegenüber beläuft sich die Differenz zwischen den Zuschlägen gemäß der Abrechnung für Juli 2004 und der Abrechnung für Dezember 2004 auf lediglich 55,43 €. Von daher spricht einiges für die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, wonach der Kläger infolge seines Schichtwechsels allenfalls einen geringen Einkommensverlust erlitten hat. Jedenfalls lässt sich aus den vorgelegten Abrechnungen nicht errechnen, in welcher exakten Höhe sich die Zuschläge des Klägers infolge des Schichtwechsels - bezogen auf einen Gesamtzeitraum von fünf Jahren - verringert haben. Es wäre insoweit Sache des darlegungsbelasteten Klägers gewesen, das für die Berechnung seines Ausgleichsanspruchs erforderliche Zahlenmaterial im Einzelnen darzulegen.

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III. Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

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Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72a ArbGG), wird hingewiesen.

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