Beschluss vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (1. Kammer) - 1 Ta 90/13
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 24.06.2013 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 06.06.2013 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 10.07.2013 abgeändert und der Streitwert auf 4.000,-- € festgesetzt.
2. Das Beschwerdeverfahren ergeht gerichtsgebührenfrei.
3. Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht eröffnet.
Gründe
I.
- 1
Der Beschwerdeführer (Rechtsanwalt S…) begehrt statt eines Gegenstandswertes von 2.000,-- € einen solchen von 4.000,-- € für das Beschlussverfahren.
- 2
Gegenstand des Verfahrens ist ein Beschlussverfahren mit dem Ziel, die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, die Einstellung des Arbeitnehmers F… M… rückgängig zu machen, mithin ein Verfahren nach § 101 Abs. 1 BetrVG.
- 3
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert auf 2.000,-- € festgesetzt. Dieser Beschluss ist dem Beschwerdeführer am 10.06.2013 zugestellt worden.
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Hiergegen hat der Beschwerdeführer mit am 24.06.2013 eingegangen Schriftsatz vom selben Datum Beschwerde eingelegt und beantragt, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren und den Vergleich auf 4.000,-- € festzusetzen. Gründe, von dem Hilfsstreitwert von 4.000,-- € nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG abzuweichen, bestünden nicht. Die Sache sei i. Ü. nicht von untergeordneter Bedeutung.
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Dem ist die Beteiligte zu 2. mit Schriftsatz vom 08.07.2013 entgegengetreten; die Sache habe lediglich eine untergeordnete Bedeutung.
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Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
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Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist statthaft und zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Beschwerdewert von mehr 200,-- € ist erreicht, § 33 Abs. 3 S. 1 RVG. Rechtsanwalt S… ist beschwerdebefugt, § 33 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2 RVG.
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Der Gegenstandswert für das vorliegende Verfahren nach § 101 BetrVG, den Mitarbeiter F… M… betreffend, beträgt in Anwendung von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG vorliegend 4.000,-- €. Der befristeten Beschwerde war mithin stattzugeben.
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Die Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt bewertet die personelle Einzelmaßnahme nach § 101 BetrVG als nicht vermögensrechtliche Angelegenheit. Entscheidend für einen Zu- bzw. Abschlag sind die Aspekte des Einzelfalles, die zur Erhöhung oder Verminderung des Wertes führen können.
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Bei betriebsverfassungsrechtlichen Fragen um die Einstellung von Mitarbeitern geht die Beschwerdekammer in der Regel von der Anwendung des Hilfsstreitwertes nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG aus, vgl. Ziff. 13.2.1 des Streitwertkatalogs der Streitwertkommission, der unter Vorsitz des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz a. D. Dr. S… und unter Mitarbeit der weiteren Kommissionsmitglieder aus den Bezirken des LAG Bremen, LAG Düsseldorf, LAG Hamburg, LAG Hessen, LAG Nürnberg, LAG Saarland, LAG Sachsen-Anhalt und LAG Thüringen erstellt wurde, vgl. Bader/Jörchel, Vereinheitlichung der arbeitsgerichtlichen Streitwerte, NZR 2013, S. 809 ff.
- 11
Insoweit schließt sich die Kammer der Auffassung des LAG Nürnberg, Beschluss vom 27. 07. 2006 – 4 Ta 100/06 – und des LAG Sachsen, Beschlüsse vom 21. 08. 2007 – 4 Ta 182/07 – und vom 09. 11. 2005 – 1 Ta 282/05 – an. Der Gegenauffassung, wonach sich die Wertbestimmung für Verfahren nach § 101 BetrVG auf der Basis der durchschnittlichen monatlichen Vergütung des betroffenen Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der Erwägungen aus § 42 Abs. 3 GKG errechnet, folgt die Kammer dagegen nicht. Diese Auffassung nimmt als Gegenstandswert regelmäßig eine monatliche Vergütung an, vgl. LAG Hamburg, Beschlüsse vom 19. 07. 2010 – 4 Ta 11/10 – und vom 18. 04. 2007 – 4 Ta 4/07 – bzw. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. 05. 1995 – 6 Ta 48/95 –.
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Anhaltspunkte, von dem Hilfsstreitwert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach unten abzuweichen, sind nicht ersichtlich. Diese werden von dem Arbeitsgericht Magdeburg auch nicht aufgeführt. Für eine Abweichung nach unten spricht insbesondere nicht die Dauer des angestrebten Arbeitsverhältnisses von drei Monaten. Die Überlegungen, die bei kurzen Arbeitsverhältnissen zur Verringerung des Streitwertes nach § 42 Abs. 3 GKG führen, sind nicht heranzuziehen. Es geht vorliegend nicht um die wirtschaftliche Bewertung des Arbeitsplatzes, die mit zunehmender Dauer – insbesondere dem Eintritt des Kündigungsschutzes – zunimmt, sondern um die Beseitigung eines behaupteten Verstoßes gegen Mitbestimmungsrechte. Dieser betriebsverfassungsrechtliche Ansatz ist in der Regel von wirtschaftlichen Erwägungen zu trennen.
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Da der Beschwerdeführer obsiegt, ist das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei.
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Gegen diesen Beschluss ist eine weitere Beschwerde, insbesondere die Rechtsbeschwerde, nicht zulässig, §§ 33 Abs. 4 S. 3 RVG.
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- RVG § 23 Allgemeine Wertvorschrift 4x
- 4 Ta 4/07 1x (nicht zugeordnet)
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