Beschluss vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (1. Kammer) - 1 Ta 16/18

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.09.2017 – 6 Ca 778/17 – in der Form des Abhilfebeschlusses vom 06.02.2018 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I. Die Beteiligen streiten über den Umfang der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Kläger.

2

Der Kläger hat im April 2017 Zahlungsklage über einen Betrag von € 5.935,13 brutto zzgl. Zinsen wegen offener Vergütungsansprüche für die Monate Februar bis April 2017 erhoben. Vom Jobcenter O... erhielt er für diesen Zeitraum Arbeitslosengeld II in Höhe von € (51,88 + 1.152,-- + 1.419,-- =) 2.622,88. Mit „Rückübertragungs- und Abtretungsvereinbarung nach § 33 Abs. 4 SGB II“ vom 02.06.2017 übertrug das Jobcenter die nach § 115 SGB X übergegangenen Ansprüche des Klägers gegen seine Arbeitgeberin auf den Kläger zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung zurück. Der Kläger hat sich zur Weiterleitung von der Arbeitgeberin gezahlter Beträge an das Jobcenter verpflichtet.

3

Mit Vergleich vom 20.11.2017 hat die Insolvenzverwalterin der beklagten Arbeitgeberin Lohnansprüche für Februar bis April 2017 in Höhe von € 5.871,-- zur Insolvenztabelle anerkannt.

4

Für seine Klage hat der Kläger bereits in der Klagschrift Prozesskostenhilfe beantragt. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 18.09.2017 zurückgewiesen. Der am 16.10.2017 vom Kläger eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Arbeitsgericht teilweise abgeholfen und mit Beschluss vom 06.02.2018 ratenlose Prozesskostenhilfe nach einem Betrag von € 3.248,12 (€ 5.871,-- abzgl. € 2.622,88) bewilligt. Zur Begründung hat es – kurz zusammengefasst – ausgeführt, der bei Klageantrag in Höhe von € 2.622,88 Berechtigte sei das Jobcenter gewesen. Dieses sei nicht bedürftig. Ergänzend hat das Arbeitsgericht auf die Rechtsprechung des BGH zur Prozesskostenhilfebewilligung bei gewillkürter Prozessstandschaft hingewiesen.

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Soweit es nicht abgeholfen hat, hat das Arbeitsgericht die sofortige Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Akte verwiesen.

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II. Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist, soweit ihr nicht bereits das Arbeitsgericht abgeholfen hat, nicht begründet.

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1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur noch die Frage, ob dem Kläger Prozesskostenhilfe auch für die Gebühren nach einem um € 2.622,88 höheren Gegenstandswert zu bewilligen ist. In dieser Höhe hat das Jobcenter die ursprünglich auf es übergegangenen Ansprüche an den Kläger zur gerichtlichen Geltendmachung und Einziehung zurückübertragen.

9

Hingegen hat sich der Kläger nicht dagegen gewehrt, dass das Arbeitsgericht seine ursprüngliche Klagforderung in Höhe von € 5.935,13 auf € 5.871,--, dem von der Insolvenzverwalterin anerkannten Betrag, reduziert hat. Erfolgsaussichten in Höhe der Differenzforderung in diesem Bereich sind auch nicht ersichtlich. Der Kläger hat zum Beleg der Höhe seiner Forderung über einen Betrag von € 5.871,-- hinaus konkret nichts vorgetragen.

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2. Im Hinblick auf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für einen um € 2.622,88 höheren Wert ist die sofortige Beschwerde unbegründet. Der Kläger ist in Höhe der Kosten, die auf diesen Betrag entfallen, nicht bedürftig. Die Rechtsanwaltskosten, die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallen, können von ihm gegenüber dem Jobcenter geltend gemacht werden. Dieses ist verpflichtet, dem Kläger die Rechtsanwaltskosten in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten und den im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung vom Arbeitsgericht dem Prozessbevollmächtigten erstatteten Kosten zu erstatten.

11

Dies folgt unmittelbar aus § 33 Abs. 4 SGB II. Nach § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II können die Leistungsträger auf sie übergegangene Ansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Anspruch abtreten lassen. So ist das Jobcenter als Leistungsträger im Sinne des SGB II tatsächlich vorgegangen und hat mit dem Kläger am 02.06.2017 einen entsprechenden Vertrag geschlossen.

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Nach § 33 Abs. 4 Satz 2 SGB II sind Kosten, mit denen der Leistungsempfänger dadurch – die Rückübertragung – selbst belastet wird, zu übernehmen.

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Diese Vorschrift findet auch (und gerade) Anwendung auf den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts, der mit der Durchsetzung rückübertragener Forderungen von Leistungsempfängern - wie hier dem Kläger – beauftragt worden ist (LSG NRW, Beschluss vom 01.12.2009 – L 19B 239/09 AS – Juris, Rn. 18; wobei dort die unbeschränkt durch das Amtsgericht bewilligte Prozesskostenhilfe und damit § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO der Erfolgsaussicht der Erstattungsklage des Klägers entgegenstand).

14

Die im Übrigen streitig diskutierte Frage, ob § 33 Abs. 4 Satz 2 SGB II auch einen Vorschussanspruch des Leistungsberechtigten im Hinblick auf die gerichtlichen Kosten und die Kosten des Rechtsanwalts gegenüber dem Sozialleistungsträger begründet (regelmäßig ja: BGH vom 02.04.2008 – XII ZB 266/03 – Juris; OLG Köln vom 20.08.08 – II - 4 WF 94/08 – Juris; a.A.: OLG Schleswig vom 15.11.2007 – 15 WF 304/07 – Juris) stellt sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht, weil hier gemäß § 11 GKG keine Kostenvorschüsse von den Parteien erhoben werden.

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Damit kann der Kläger vom Jobcenter die Erstattung der Gerichtskosten, soweit er für sie in Anspruch genommen worden ist, verlangen. Er kann darüber hinaus die Übernahme seiner Rechtsanwaltskosten verlangen, soweit diese den Prozessbevollmächtigten nicht im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens durch das Arbeitsgericht bereits erstattet worden sind.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.


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