Anerkenntnisurteil vom Landgericht Aachen - 41 O 75/14
Tenor
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23.10.2014, wonach der Antrag zum Tagesordnungspunkt 2 mit dem Wortlaut: „Entlastung des Geschäftsführers.“ angenommen worden ist, wird für nichtig erklärt;
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23.10.2014, wonach der Antrag zum Tagesordnungspunkt 4. mit dem Wortlaut: „Beschlussfassung über die Verwendung des Ergebnisses. Der Antrag von Herrn L den Bilanzgewinn auf neue Rechnung vorzutragen, erhält eine Zustimmung von 2/3 der Gesellschafter“ angenommen worden ist, wird für nichtig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe (gemäß § 313b Abs. 1 ZPO).
2Die Kostenentscheidung wird wie folgt begründet:
3Im Falle sind entgegen § 91 ZPO nicht der unterlegenen Partei, also der Beklagten, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
4Vielmehr trägt nach den Grundsätzen des § 93 ZPO der Kläger die Kosten.
5Nach § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt.
6Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
7Die Beklagte hat die Klage sofort, nämlich mit Schriftsatz vom 02.01.2015 anerkannt.
8Sie hat auch keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben.
9Veranlassung zur Klage hat ein Beklagter gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (vgl. Zöller, Herget, ZPO, 30. Aufl., § 93 Randnr. 3). Regelmäßig kann deshalb aus einem bloß rechtswidrigen Verhalten einer Partei nicht der Schluss gezogen werden, dass sein Gegenüber ohne Prozess nicht zu seinem Recht kommen werde. Vielmehr wird der potenzielle Kläger Klarheit über die Notwendigkeit eines Prozesses im Regelfall erst dann erhalten, wenn er dem möglichen Prozessgegner die Rechtswidrigkeit dessen Tuns und die beabsichtigte Klageerhebung in einem Abmahnschreiben nochmals ausdrücklich vor Augen geführt hat (so: Kammergericht Berlin, MDR 2000, 594).
10Die Kammer schließt sich dieser Auffassung und der weiteren Ansicht des Kammergerichts, dass diese Grundsätze sinngemäß auch für die Erhebung von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse einer Gesellschafterversammlung jedenfalls dann gelten, wenn diese nur aus zwei Gesellschaftern besteht, an.
11Darüber hinaus ist § 93 ZPO auch dann anzuwenden, wenn die Gesellschaft, deren Beschluss angefochten wird, nicht nur aus zwei Gesellschaftern, sondern, wie hier, aus drei Gesellschaftern besteht.
12Ansprechpartner für die Anfechtungsklage sind nicht die Gesellschafter, sondern die Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer.
13Zwar kann der Geschäftsführer der Gesellschaft keine verbindliche Erklärung dazu abgeben, dass die Gesellschaft nicht mehr an dem angefochtenen Beschluss festhalten will, da diese Erklärung keine Gestaltungswirkung hat.
14Jedoch kann ein auf die Fehlhaftigkeit des gefassten Beschlusses rechtzeitig hingewiesener Geschäftsführer ohne Weiteres eine Gesellschafterversammlung einberufen, um auf diesem Wege gemeinsam mit den betroffenen Gesellschaftern den gefassten Beschluss wieder aufzuheben.
15Um eine solche Maßnahme in Gang zu setzen, hatte der Kläger vor Klageerhebung ausreichend Gelegenheit.
16Er war ausweislich des Protokolls auf der Gesellschafterversammlung vom 23.10.2014 zugegen, hatte also unmittelbare Kenntnis von den nunmehr gerügten Verstößen. Nach der vorgelegten Satzung der Beklagten können Gesellschafterbeschlüsse innerhalb von sechs Wochen nach Empfang der Niederschrift durch Klage angefochten werden. Dies bedeutet, dass der Kläger vom 08.11.2014 (Zugang des Protokolls) sechs Wochen lang Zeit hatte, eine fristgemäße Anfechtungsklage zu erheben. Rechnet man den Zeitraum ab dem 23.10.2014 hinzu, so standen dem Kläger sogar mehr als acht Wochen zur Verfügung, um zu den ihm bekannten Beschlussfassungen auf der Gesellschafterversammlung Rechtsrat einzuholen und auf der Basis dieses Rates seine weitere Vorgehensweise zu planen. Da angesichts der Eindeutigkeit der Rechtslage weder die Erteilung eines solchen Rechtsrates noch die etwaige Reaktion der Beklagten bei Hinweis des Klägers auf eine beabsichtigte Anfechtungsklage längere Zeiträume in Anspruch nehmen durften, war es dem Kläger ohne Weiteres - auch zeitlich - zuzumuten, im Fall vor der Erhebung der Anfechtungsklage die Beklagte entsprechend abzumahnen und aufzufordern, die angefochtenen Beschlüsse im Rahmen einer erneuten Beschlussfassung, die auch im schriftlichen Verfahren hätte erfolgen können, aufzuheben.
17Damit hätte er, wie sich aus dem sofortigen Anerkenntnis schlussfolgern lässt, die Erhebung der Klage verhindern können.
18Da er aber eine Abmahnung unterlassen und darüber hinaus auch im Rahmen der Gesellschafterversammlung nicht auf die Unzulässigkeit der gefassten Beschlüsse hingewiesen hat, hat die Beklagte für die Klageerhebung mangels fehlender Abmahnung keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben.
19Da darüber hinaus auf Seiten der Beklagten ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO vorliegt, hat der Kläger nach der genannten Vorschrift die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.
20Streitwert: bis 40.000,00 €
21Der Vorsitzende Q |
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