1. Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten verboten, das Fertigarzneimittel „Abtei Baldrian Forte Beruhigungsdragees“ wie folgt zu kennzeichnen: „Extra stark bis zu 2.700 mg Baldrian pro Dragee“.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110.000 EUR vorläufig vollstreckbar.
| |
| Der Kläger ist ein ins Vereinsregister eingetragener Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Wettbewerb für Heilmittel und verwandte Produkte zu schützen und zu stärken. Sein Zweck liegt insbesondere darin, die Werbung für Heilmittel auf ihre Lauterkeit und Vereinbarkeit mit den bestehenden gesetzlichen Bedingungen sowie den für sie ergangenen Wettbewerbsregeln zu überprüfen und gegen Verstöße vorzugehen. Dem Kläger gehören Verbände der Arzneimittelindustrie, in welchen eine Vielzahl von Arzneimittelunternehmen als Mitglieder vertreten sind, sowie 61 Einzelunternehmen, überwiegend Arzneimittelhersteller und -vertreiber, Agenturen und Verlage an. Die Beklagte ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das unter anderem das freiverkäufliche Fertigarzneimittel „Abtei Baldrian Forte Beruhigungsdragees“ über Drogeriemärkte und Lebensmittelfilialen in Verkehr bringt. Entsprechend der Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte enthält ein Dragee des genannten Arzneimittels 450 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzel „(3-6:1)“ Auszugsmittel Ethanol 70 % (V/V). Die Angabe (3-6:1) bezeichnet das sogenannte „Droge-Extrakt-Verhältnis“. Dieses „Droge-Extrakt-Verhältnis“ gibt das Verhältnis an, wie viel Gramm Droge zur Herstellung einer gleich großen Menge Extraktes ohne weitere Hilfsstoffe benötigt wird. Die Angabe erfolgt als Spanne mit Minimal- und Maximalwert. Das „Droge-Extrakt-Verhältnis“ von 3-6:1 bedeutet, dass aus 3 bis 6 Teilen Droge (Baldrian) ein Teil Extrakt hergestellt wird. 100 mg Trockenextrakt entsprechen damit 300 bis 600 mg Droge. Für das streitgegenständliche Präparat Baldrian Forte Beruhigungsdragees mit 450 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzel bedeutet dies, dass das Droge-Extrakt-Verhältnis eine Spanne von einem Minimalwert von 1.350 mg Droge bis zu einem Maximalwert von 2.700 mg aufweist. Diese Angaben finden sich auch seitlich auf der Verpackung des Arzneimittels. Auf der Verpackungsfront befindet sich in einem gelb hervorgehobenen Kasten (Störer) die zusätzliche Kennzeichnung „EXTRA STARK bis zu 2.700 mg Baldrian pro Dragee“. Die Worte „EXTRA STARK“ sind zusätzlich unterstrichen und die Mengenangabe 2.700 mg ist dick hervorgehoben gestaltet. Der Zusatz „bis zu“ ist im Verhältnis zu den anderen Angaben klein gehalten. Bezgl. des genauen Erscheinungsbildes wird auf die als Anlage K 4 (im Anlagenheft) vorgelegte Musterverpackung Bezug genommen. |
|
| Der Kläger ist der Auffassung, dass die im sogenannten „Störer“ enthaltenen Angaben „Extra stark bis zu 2.700 mg Baldrian pro Dragee“ in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht irreführend seien. Der Verbraucher werde aufgrund der Angabe „Extra stark bis zu 2.700 mg“ zu der irrigen Annahme verleitet, Baldrian Forte Beruhigungsdragees seien im Vergleich zu übrigen Präparaten besonders stark. Die Irreführung der Verbraucher werde noch dadurch erhöht, dass auf der Packung nicht die Spanne des Droge-Extrakt-Verhältnisses, im vorliegenden Falle von 1.350 mg bis 2.700 mg wiedergegeben, sondern allein der Maximalwert und dies nur mit einem sehr klein gedruckten Zusatz „bis zu“, angegeben werde. Der Verbraucher erwarte nicht, auch wenn er den Zusatz „bis zu“ zur Kenntnis nehme, dass der Baldriananteil pro Dragee auch nur 1.350 mg betragen könne. Vielmehr erwarte der Verbraucher, dass die Dosierung jedenfalls nahe bei 2.700 mg liege. |
|
| Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass die streitgegenständliche Kennzeichnung irreführend im Sinne von § 3 Nr. 3 a HWG sei, da die Angaben über die Zusammensetzung des Arzneimittels täuschten. Im übrigen sei nach den Kennzeichnungsvorschriften des § 10 Abs. 1 Nr. 8 AMG nicht vorgesehen, dass der Maximalwert der natürlichen Schwankung des Extraktgehaltes angegeben werde. |
|
|
|
| der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten verboten, das Fertigarzneimittel „Abtei Baldrian Forte Beruhigungsdragees“ wie folgt zu kennzeichnen: „Extra stark bis zu 2.700 mg Baldrian pro Dragees“, insbesondere wie aus der Anlage ersichtlich. |
|
|
|
|
|
| Die Beklagte ist der Auffassung, dass in der beanstandeten Angabe eine Irreführung nicht zu sehen sei. Durch die Angabe „bis zu 2.700 mg“ werde bei den Verbrauchern nicht der Eindruck erweckt, dass ein Unterschreiten des Wertes von 2.700 mg Baldrian pro Dragee nicht möglich sei. Der Zusatz „bis zu“ könne auch von einem durchschnittlich aufmerksamen, interessierten und informierten Verbraucher nicht übersehen werden. Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass es zulässig sei, mit dem oberen Wert des Drogen-Extrakt-Verhältnisses zu werben. Aufgrund des Zusatzes „bis zu“ sei die Angabe des oberen Toleranzschwellenwertes auch nicht irreführend. Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass eine Irreführung des Verbrauchers auch deshalb nicht vorliege, da aufgrund des seitlich auf der beanstandeten Verpackung angegebenen Drogen-Extrakt-Verhältnisses von „3-6:1“ der Verbraucher den unteren Toleranzschwellenwert des Baldriangehaltes von 1.350 mg selbst errechnen könne. Im übrigen könne von einer Irreführung des Verbrauchers bereits deshalb nicht gesprochen werden, da sich der Verbraucher über die Wirkstoffweisen und Stoffangaben keine Vorstellung mache. Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften des § 3 Nr. 3 a HWG und des § 10 Abs. 1 Nr. 8 AMG nicht vorliege. |
|
| Bezüglich des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. |
|
| |
|
Die Klage ist zulässig. Die Klage- und Prozessführungsbefugnis des Klägers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Bei dem Kläger handelt es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen im Sinne der genannten Vorschrift. Die Beklagte hat auch keine Einwendungen gegen die Klage- und Prozessführungsbefugnis der Klägerin erhoben.
|
|
|
Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin gem. §§ 3, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1 UWG zu. Die in dem „Störer“ enthaltenen Angaben „Extra stark bis zu 2.700 mg Baldrian pro Dragee“ stellen eine den Verbraucher irreführende Werbung dar. Maßstab ist hierbei der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, welcher der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegen bringt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, § 5 UWG Rn. 2.85; BGH GRUR 2000, 619). Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher erwartet aufgrund der Angabe „Extra stark bis zu 2.700 mg“, dass die Dosierung des Arzneimittels jedenfalls in der Nähe der 2.700 mg liegt und nicht im Extremfall auch nur 1.350 mg betragen kann. Durch die Angabe „bis zu“, welche von einem Verbraucher, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, durchaus wahrgenommen werden kann, wird der Verbraucher zwar darauf hingewiesen, dass der Wirkstoffgehalt des Arzneimittels nicht in jedem Falle die angegebenen 2.700 mg pro Dragee erreicht. Dass der Baldriangehalt pro Dragee auch nur 1.350 mg und damit die Hälfte des angegebenen Maximalwertes von 2.700 mg im Einzelfall betragen kann, erwartet der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, welchem der Hintergrund der Dosierung von pflanzlichen Extrakten und das sogenannte „Drogen-Extrakt-Verhältnis“ nicht geläufig ist, nicht. Von daher geht auch die Auffassung der Beklagten fehl, der durchschnittlich informierte Verbraucher könne sich den unteren Wert des Drogen-Extrakt-Verhältnisses aufgrund des seitlich auf der beanstandeten Verpackung angegeben Drogen-Extrakt-Verhältnisses von „3-6:1“ selbst errechnen. Der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß nicht - wie es auch der Kammer vor der Befassung mit dem vorliegenden Rechtsstreit nicht geläufig war - was unter der seitlich auf der beanstandeten Verpackung aufgedruckten Angabe „(3-6:1)“ zu verstehen ist.
|
|
|
Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung der Beklagten, der durchschnittlich informierte Verbraucher mache sich keine Vorstellungen über die beanstandeten Wirkstoffangaben. Gerade die Angaben über den vermeintlichen Wirkstoffgehalt eines Arzneimittels können für den Verbraucher Anlass zum Kaufentschluss sein.
|
|
|
Da aus den bereits genannten Gründen der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht, konnte offen bleiben, ob die beanstandeten Angaben zudem gegen die §§ 3 Nr. 3 a HWG, 10 Abs. 1 Nr. 8 AMG verstoßen.
|
|
|
Die Entscheidung über die Androhung der Verhängung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft beruht auf § 890 ZPO.
|
|
|
|
| |
|
Die Klage ist zulässig. Die Klage- und Prozessführungsbefugnis des Klägers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Bei dem Kläger handelt es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen im Sinne der genannten Vorschrift. Die Beklagte hat auch keine Einwendungen gegen die Klage- und Prozessführungsbefugnis der Klägerin erhoben.
|
|
|
Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin gem. §§ 3, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1 UWG zu. Die in dem „Störer“ enthaltenen Angaben „Extra stark bis zu 2.700 mg Baldrian pro Dragee“ stellen eine den Verbraucher irreführende Werbung dar. Maßstab ist hierbei der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, welcher der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegen bringt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, § 5 UWG Rn. 2.85; BGH GRUR 2000, 619). Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher erwartet aufgrund der Angabe „Extra stark bis zu 2.700 mg“, dass die Dosierung des Arzneimittels jedenfalls in der Nähe der 2.700 mg liegt und nicht im Extremfall auch nur 1.350 mg betragen kann. Durch die Angabe „bis zu“, welche von einem Verbraucher, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, durchaus wahrgenommen werden kann, wird der Verbraucher zwar darauf hingewiesen, dass der Wirkstoffgehalt des Arzneimittels nicht in jedem Falle die angegebenen 2.700 mg pro Dragee erreicht. Dass der Baldriangehalt pro Dragee auch nur 1.350 mg und damit die Hälfte des angegebenen Maximalwertes von 2.700 mg im Einzelfall betragen kann, erwartet der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, welchem der Hintergrund der Dosierung von pflanzlichen Extrakten und das sogenannte „Drogen-Extrakt-Verhältnis“ nicht geläufig ist, nicht. Von daher geht auch die Auffassung der Beklagten fehl, der durchschnittlich informierte Verbraucher könne sich den unteren Wert des Drogen-Extrakt-Verhältnisses aufgrund des seitlich auf der beanstandeten Verpackung angegeben Drogen-Extrakt-Verhältnisses von „3-6:1“ selbst errechnen. Der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß nicht - wie es auch der Kammer vor der Befassung mit dem vorliegenden Rechtsstreit nicht geläufig war - was unter der seitlich auf der beanstandeten Verpackung aufgedruckten Angabe „(3-6:1)“ zu verstehen ist.
|
|
|
Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung der Beklagten, der durchschnittlich informierte Verbraucher mache sich keine Vorstellungen über die beanstandeten Wirkstoffangaben. Gerade die Angaben über den vermeintlichen Wirkstoffgehalt eines Arzneimittels können für den Verbraucher Anlass zum Kaufentschluss sein.
|
|
|
Da aus den bereits genannten Gründen der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht, konnte offen bleiben, ob die beanstandeten Angaben zudem gegen die §§ 3 Nr. 3 a HWG, 10 Abs. 1 Nr. 8 AMG verstoßen.
|
|
|
Die Entscheidung über die Androhung der Verhängung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft beruht auf § 890 ZPO.
|
|
|
|