Urteil vom Landgericht Bonn - 11 O 7/15
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Sicherheit gemäß § 648 a BGB in Verbindung mit §§ 232 ff. BGB für deren Vergütungsansprüche einschließlich zugehöriger Nebenkosten in Höhe von insgesamt 52.360,-- € aus den von der Klägerin für das Bauvorhaben „Hotel I, C“ auf der Grundlage des Werkliefervertrages vom 25.04.2012 (Anlage K 1) erbrachten Arbeiten zu leisten.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin befasst sich mit der Entwicklung, Planung, innenarchitektonischen Gestaltung und Ausstattung von Hotelbauvorhaben.
3Die Beklagte ist Betreiberin des neu errichteten Hotels „I“ in C, Nstraße.
4Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten – nach übereinstimmender Teilerledigung des Rechtsstreits im Hinblick auf einen zudem verfolgten Restvergütungsanspruch für ein erstelltes Podest - einen Anspruch auf Sicherheit gemäß § 648 a BGB auf der Grundlage des „Werkliefervertrages“ der Parteien vom 25.04.2012 geltend.
5Mit diesem Vertrag schlossen die Parteien „zum Zwecke der Entwicklung, Planung, innenarchitektonischen Gestaltung, Lieferung und des betriebsfertigen Einbaus von FF&E (Fixed, Furniture & Equipment) sowie OS&E (Operating Supplies and Equipment) für das neu zu errichtende Hotel „I“ in C mit allen notwendigen Ausstattungen entsprechend beigefügter Ausstattungsliste und den Schnittstellendefinitionen. Das Hotel hat insgesamt 217 Gästezimmer. Bestandteile dieses Vertrages sollte neben allen getroffenen gesetzlichen Regelungen auch mehrere in dem Vertrag aufgeführte Anlagen (Annex 01 bis 11) sein. Das vereinbarte Nettohonorar für die Klägerin betrug von pauschal 2.100.000,-- € zzgl. MwSt.
6Nach Inbetriebnahme des Hotels stellte die Klägerin der Beklagten mit der 5. Abschlagsrechnung (Anlage K 2) vom 04.04.2014 die noch offenen restlichen 10 % der vereinbarten Pauschale in Rechnung und verlangte eine Zahlung in Höhe von 249.900 € brutto. Die Beklagte zahlte auf diese Rechnung am 08.05.2014 einen Betrag von 202.300,-- € und behielt den Restbetrag von 47.600 € wegen behaupteter Mängel bzw. fehlender Restarbeiten zurück.
7Mit Schreiben vom 10.09.2014 (Anlage K 3) beanspruchte die Klägerin von der Beklagten u.a. eine Absicherung ihrer vertraglichen Restvergütung durch Stellung einer Sicherheit gemäß § 648 a BGB.
8Die Klägerin beziffert den zu sichernden Anspruch gemäß § 648 a BGB wie folgt:
9Restliche vertragliche Vergütung brutto 47.600,-- €
10zzgl. Nebenforderungen iHv 10 % 4.760,-- €
11insgesamt 52.360,-- €
12Die Nebenforderung im Sinne des § 648 a Abs. 1 S. 1 BGB stützt die Klägerin auf die ihr vorgerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten.
13Über den Sicherungsanspruch hinaus hat die Klägerin von der Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit die Zahlung eines Werklohns von 1.612,45 € für die Erstellung eines gesondert beauftragten Podestes (S. Anlage K 4) verlangt. Die Klägerin hat die entsprechenden Arbeiten für das Podest vertragsgerecht ausgeführt und den Lohn am 02.05.2014 berechnet (Anlage K 6).
14Die Beklagte hat diese Rechnung – Rechtshängigkeit trat am 16.02.2015 ein - am 11.05.2015 bezahlt. Die Parteien haben den Rechtsstreit daraufhin insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
15Die Klägerin ist der Ansicht, bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag handele es sich um einen Werkvertrag.
16Wesentlicher Vertragsbestandteil sei zunächst die zeitintensive innenarchitektonische Planung aller Räume (der Gästezimmer, Bäder, Flure, des Foyers, der Rezeption, der Bar, des Restaurants) sowie die Funktionsplanung der notwendigen Hotelküchen gewesen. Zwar habe es Vorgaben des Franchisegebers gegeben, allerdings habe sie allein aufgrund des individuellen Gebäudegrundrisses des Neubaus erhebliche planerische Freiheiten gehabt, die es allerdings auch auszufüllen gegolten habe. Sie habe – insoweit unstreitig - u.a. die in dem Anlagenkonvolut 8 eingereichten Planungen erstellt. Der Schwerpunkt in der Phase der Ausrüstung des Hotels habe in dem passgenauen Einbau des überwiegenden Teils der Möbel gelegen. Auch habe sie Elektroplanungen sowie Mengen- und Massenermittlungen für die Generalunternehmer erbracht.
17Über die vertraglich in dem Vertrag vom 25.04.2012 vereinbarten Planungsleistungen hinaus habe die Beklagte sie auch noch mit anderen Planungsleistungen beauftragt. Insoweit habe es einen Nachtrag sowie eine gesonderte Vergütung gegeben.
18Die Klägerin beantragt,
19die Beklagte zu verurteilen, ihr Sicherheit gemäß § 46 a BGB i.V.m. § 232 ff. BGB für ihre Vergütungsansprüche einschließlich zugehöriger Nebenkosten in Höhe von insgesamt 52.360,-- € aus den von ihr für das Bauvorhaben „I, C“ auf der Grundlage des Werkliefervertrages vom 25.04.2012 erbrachten Arbeiten zu leisten.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte ist der Ansicht, bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handele es sich um einen Kaufvertrag. Sie behauptet, Schwerpunkt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung sei die Lieferung von Hotelmöbeln gewesen daher sei ausschließlich Kaufrecht anzuwenden. Für die von der Klägerin erbrachten Planungsleistungen habe sie ein gesondertes Honorar gezahlt. Allenfalls handele es sich um einen Werklieferungsvertrag.
23Hilfsweise ist die Beklagte der Ansicht, die auf § 648 a BGB gestützte Klage sei rechtsmissbräuchlich. Im Kern gehe es der Klägerin nicht um eine Sicherheitsleistung, sondern um einen Zahlungsanspruch. Diesen müsse die Klägerin mit einer Zahlungsklage verfolgen. Es handele sich um eine vorsätzliche Umgehung einer Zahlungsklage; diese sei nicht vom Anwendungsbereich des § 648 a BGB gedeckt.
24Die Beklagte behauptet weiter, es stünden in dem Hotel noch erhebliche Restarbeiten (vgl. insoweit die Auflistung auf Seite 3 der Klageerwiderung, Bl. ## d.A., sowie den Schriftsatz vom 18.05.2014 nebst Bildmappe, Bl. ## ff d.A.). Deren Ausführung verweigere die Klägerin hartnäckig. Ihr stehe daher ein Zurückbehaltungsrecht zu.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
261. Die Klage ist begründet.
27Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Leistung einer Sicherheit aus § 648 a BGB in begehrter Höhe zu.
28Die Klägerin ist Unternehmer eines Bauwerks im Sinne des § 648 a BGB.
29Bei einem Bauwerk handelt es sich um eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material iVm mit dem Erdboden hergestellte Sache. Als Bauwerk gelten neben der Neuherstellung der Sache als ganze auch die einzelner Bauteile oder Bauglieder. Planungs- und Überwachungsleistungen dienen der Planung des Bauwerks im weitesten Sinne und verkörpern sich in ihm.
30Nach dem vertraglich fixierten Inhalt der Vereinbarung der Parteien vom April 2012 hatte die Klägerin das Hotel „I“ im Innenbereich vollständig zu planen, zu gestalten, Möbel zu liefern und alles betriebsfertig einzubauen. Dies ergibt sich bereits aus dem Eingangssatz des Vertrages und findet insbesondere in den als Annex 5 und 9 aufgeführten Anlagen Bestätigung, in denen u.a. von „Funktionsplanung“ und Lieferungen „und“ Leistungen die Rede ist. Zudem ergibt sich auch aus der Preisvereinbarung (auf Seite 3 des Vertrages), dass die Pauschalsumme neben allen Leistungen und Nebenleistungen auch die Kosten für die innenarchitektonischen Leistungen beinhaltet.
31Hieraus wird deutlich, dass sich die Leistungspflicht der Klägerin nicht in der Lieferung und dem Aufstellen von Möbelstücken erschöpfte, sondern nach vorheriger Planung des Hotels im Innenbereich und der Lieferung von Möbeln und Einrichtung insbesondere deren passender Einbau zu erfolgen hatte, damit das Gesamtprojekt „Hotelbetrieb“ gewährleistet war. Die Urkundenlage bestätigt mithin den Vortrag der Klägerin.
32Der dem entgegen stehende Vortrag der Beklagten war bereits nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hat nichts Konkretes dazu vorgetragen, aufgrund welcher Umstände die Lieferung der Möbel den „Schwerpunkt“ des Vertrages gebildet haben soll. Das Angebot liegt nicht vor, Preise und Mengenangaben gleichfalls nicht. Die als Annex aufgeführten Anlagen sind weder eingereicht noch näher erläutert. Der vorliegende Vertragstext bestätigt – wie bereits ausgeführt – das klägerische Vorbringen.
33Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung angesprochen hat, von der Klägerin erbrachte Planungsleistungen seien gesondert vergütet worden, konnte die Kammer dem nicht folgen. Dieser Vortrag war ebenfalls pauschal und zudem durch nichts belegt. Auch stellte sich die Frage, weshalb die Planungen nach mehreren Formulierungen im Vertragstext ausdrücklich von diesem und der Pauschalsumme erfasst sein sollten, sie tatsächlich dementgegen aber gesondert vereinbart und vergütet worden sein sollen. Konkreter Vortrag zum Umfang fehlte hier ebenso wie solcher zu Höhe.
34Der Anspruch auf Sicherheit ergibt sich der Höhe nach aus der unstreitigen noch nicht gezahlten Vergütung von 47.600 € zzgl. Nebenforderungen von 10 %, die nach § 648 a Abs.1 Satz 1 BGB allein aufgrund der angefallenen Rechtsanwaltskosten anzusetzen sind.
35Ob und inwieweit die Klägerin ihre Leistungen mangelfrei erbracht hat, ist für den hier geltend gemachten Anspruch nicht von Belang.
36Das Klagebegehren ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Der Anspruch auf Sicherheit steht einem Unternehmer insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden zu. Es handelt sich gerade nicht um eine Klage, die auf Zahlung eines Restwerklohns gerichtet ist. Für eine „Umgehung einer Zahlungsklage“ ist nichts ersichtlich.
372. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 91 a 709 Satz 1 ZPO.
38Bis zu der Teilerledigung war die Klage auch mit dem Antrag zu 2) zulässig und begründet. Dementsprechend hat die Beklagte diese Forderung auch während des Rechtsstreits erfüllt. Damit trafen sie auch die hierfür angefallenen Kosten.
393.
40Streitwerte:
41bis zum 18.05.2015:
42Klageantrag zu 1: 249.900,00 € (vgl. z.B. OLG Stuttgart, 10 W 5/12, 13.2.2012)
43Klageantrag zu 2: 1.612,45 €
44Zusammen: 251.512,45 €
45danach: 249.900 €
464.
47Soweit die Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung weiter zur Sache vorgetragen hat, gab dies keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Der Schriftsatz war ihr nicht nachgelassen. Die Beklagte hat im Termin auch keinen entsprechenden Antrag gestellt.
48Ungeachtet dessen hat der eingereichte Nachtrag nach seinem Wortlaut die innenarchitektonischen Planungen der übrigen Projektbeteiligten zum Gegenstand und diente offenbar der Koordination und Gewährleistung einer ganzheitlichen Betrachtungsweise. Damit hatte er – ob gänzlich konnte offenbleiben - einen anderen Leistungsinhalt.
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Referenzen
- ZPO § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- BGB § 232 Arten 1x
- §§ 232 ff. BGB 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 648a Bauhandwerkersicherung 10x
- Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 10 W 5/12 1x
- § 46 a BGB 1x (nicht zugeordnet)