Beschluss vom Landgericht Dessau-Roßlau (1. Zivilkammer) - 1 T 31/13, 1 T 33/13

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 05.12.2012 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wittenberg vom 12.11.2012 – 15 II 685/12 (Namensänderung) u. 15 II 686/12 (Sorgerecht) – wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wittenberg vom 12.11.2012 in den beiden Beratungshilfesachen 15 II 685/12 (Gegenstand: Zustimmung des sorgeberechtigten Kindsvater zur beabsichtigten Nachnamensänderung des Kindes) und 15 II 686/12 (Gegenstand: alleiniges Sorgerecht für die Kindsmutter) ist nach Zulassung durch das Amtsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

2

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass sich die Beratungshilfeleistung in der Beratungshilfesache 15 II 685/12 (Aufforderung an den geschiedenen Kindsvater, einer Nachnamensänderung des Kindes zuzustimmen) bei wertender Betrachtung auf „dieselbe Angelegenheit“ i. S. v. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG bezieht wie die Beratungshilfeleistung in der Sache 15 II 686/12, in der die Anwältin der Antragstellerin den Kindsvater aufforderte, seine Zustimmung zur Alleinsorgerechtsausübung durch die Kindsmutter zu erteilen. Ausgehend von den im Rahmen der Gewährung der Beratungshilfe zu berücksichtigenden jeweiligen Lebenssachverhalten und deren Abgrenzbarkeit untereinander ist es nach einer gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung angemessen, im Bereich familienrechtlicher Auseinandersetzungen zwischen folgenden beratungshilferechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung zu unterscheiden und zwischen folgenden vier Komplexen zu differenzieren:

3

- der Scheidung als solcher,

4

- den Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem persönlichen Verhältnis zu den Kindern (Personensorge, Umgangsrecht),

5

- den Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Ehewohnung und dem Hausrat und

6

- den finanziellen Auswirkungen von Trennung und Scheidung (Unterhaltsansprüche, Güterrecht und Vermögensauseinandersetzung).

7

Das Beschwerdegericht nimmt auf seinen Beschluss vom 23.09.2013 (Az. 1 T 97/13) und die dort unter juris-Rdn. 7 zitierte Rechtsprechung Bezug. Richtig hat das Amtsgericht gemeint, dass die im Verfahren 15 II 685/12 durch Anwaltsschreiben vom 25.04.2012 vom sorgeberechtigten Vater erbetene Zustimmung zur beabsichtigten Namensänderung des Kindes einen Teilaspekt und Ausfluss des elterlichen Sorgerechtes betrifft, dessen Alleinübertragung die Kindsmutter in dem Verfahren 15 II 686/12 mit Anwaltsschreiben vom 01.06.2012 vom Kindsvater begehrte. Der innere Zusammenhang zwischen beiden anwaltlichen Tätigkeitsvorgängen liegt auf der Hand. Jeweils geht es der Kindsmutter darum, auf den Kindsvater einzuwirken, um Aspekte des Sorgerechtes für das Kind einer Klärung zuzuführen. Es ist angemessen, diese beiden einzelnen Gegenstände der Wertung nach zu einer einzigen (gebührenrechtlichen) Angelegenheit i. S. v. § 15 Abs. 1 RVG zuzuordnen bzw. zusammenzufassen. Damit korrespondiert auch, dass die obergerichtliche Rechtsprechung nicht etwa innerhalb des Tätigkeitsbereichs in Kindschaftssachen (§§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 FamFG) noch einmal unterdifferenziert zwischen den jeweils thematisierten tatsächlichen und rechtlichen Teilgesichtspunkten der elterlichen Sorge (vgl. hierzu u. a. OLG Naumburg, Beschl. v. 28.03.2013 – 2 W 25/13 –, juris-Rdnrn. 20 ff.). Zwar ist der Beschwerde zuzugeben, dass in der Tat in jedem Einzelfall die Kontrollüberlegung erfolgen muss, ob die Bewertung als ein- und dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit die Belastung des Rechtsanwaltes möglicherweise derart groß werden lässt, dass sie dem Rechtsanwalt nicht mehr zugemutet werden kann. Das lässt sich hier aber nicht annehmen. Die mit dem reaktionslos gebliebenen und eine halbe DIN A 4-Seite langen Anwaltsschreiben vom 25.04.2012 entfaltete Tätigkeit ist äußerst überschaubar und betrifft einen tatsächlich wie rechtlich einfach gelagerten Sachverhalt. Gleiches gilt für das Anwaltsschreiben vom 01.06.2012. Eine Vergütungsbegrenzung, die aus verfassungsrechtlichen Gründen dem Rechtsanwalt unzumutbar erscheint, droht hier nicht.

8

Anders als die Beschwerde meint (Seite 3, 2. Absatz der Beschwerdebegründung) ist es für die Bewertung als ein- und dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit unerheblich, ob zeitgleich erteilte Aufträge oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten erteilte Aufträge zugrundeliegen. Die – erfolgte oder nicht erfolgte – Zusammenfassung von Gegenständen in einem Auftrag ist mehr oder weniger willkürlich und zufällig und bietet keinen verlässlichen Anhalt für die Bewertung als eine oder als mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten (OLG Naumburg, a. a. O., juris-Rdn. 13 m. w. N.). Letztere Bewertung muss sich an inhaltlichen Überlegungen orientieren. Im Kern: Bezieht sich die anwaltliche Tätigkeit auf einen von anderen Sachverhalten abgrenzbaren Lebensvorgang und erfordert dieser eine eigenständige anwaltliche Leistung?

9

Dass auch der Aspekt der Erteilung mehrerer Berechtigungsscheine respektive der Erteilung nur eines einzigen Berechtigungsscheins für diese Bewertung unerheblich ist, entspricht einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. nur: OLG Naumburg, a. a. O., juris-Rdn. 12 m. w. N.) und soll wohl auch von der Beschwerde – trotz der Betonung der hier erfolgten Erteilung zweier „eigener“ Berechtigungsscheine auf Seite 2 der Beschwerdebegründung – letztlich nicht infrage gestellt werden, wie aus Seite 3 (1. Absatz, a. E.) der Beschwerdebegründung hervorgeht.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 S. 2 u. 3 RVG.


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