Urteil vom Landgericht Dortmund (6. Zivilkammer) - 6 O 219/99
Tenor
1
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz
3in Höhe von 192.160,45 DM.
4Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks
5Q-straße 35 a in V, eingetragen im Grundbuch von
6V, G1. Dieses Grundstück
7ist ein Hinterliegergrundstück und hat keine eigene
8Verbindung zur Straße. Der Weg zur Straße sowie die
9Frisch- und Abwasserleitungen verlaufen vielmehr über
10das Grundstück der Beklagten, Q-Straße 35, Flur ##,
11Flurstück ###, welches die Klägerin den Beklagten mit
12notariellem Kaufvertrag vom 06.03.1992 verkauft hatte.
13Eine Vereinbarung wegen eines Wegerechts in Form einer
14Dienstbarkeit wurde zwischen den Parteien nicht ge-
15troffen. lm Kaufvertrag wurde die Eintragung in das
16Baulastverzeichnis zitiert und in § 3 heißt es unter
17anderem: "Die aus dem Baulastverzeichnis hervorgehende
18Belastung wird jedoch zur Duldung von den Käufern über-
19nommen . "
201992 beabsichtigte die Klägerin, das Einfamilienhaus
21auf dem Grundstück Q-Straße 35a aufzustocken und
22vier Mietwohnungen zu errichten. Im Oktober 1992
23forderte die Klägerin die Beklagten auf, aufgrund des
24Vertrages eine Grunddienstbarkeit eintragen zu lassen.
25Die Beklagten teilten am 06.01.1993 mit, dass sie keine
26Grunddienstbarkeit wünschten, wohl aber zu einer
27schuldrechtlichen Vereinbarung wegen der gewünschten
28Nutzungseinräumung gegen Kostenbeteiligung von 2/3
29bereit: seien. Die Klägerin verlangte im April 1993 die
30Unterzeichnung der vom Notar entworfenen schuldrecht-
31lichen Dienstbarkeit durch die Beklagten. Aufgrund der
32Bauarbeiten, die die Klägerin auf dem Hinterlieger-
33grundstück ausführen ließ, kam es in der Folgezeit zu
34Streitigkeiten. Die Beklagten, untersagten der Klägerin
35daraufhin im Juni 1993 die Benutzung der Zufahrt für
36Baufahrzeuge. Es kam zu einem Verfahren vor dem Amts-
37gericht Unna (3 bC 27/93), in welchem die Parteien am
3818.06.1993 eine vorläufige Einigung über die Ausführung
39der Bauarbeiten erzielten und die Klägerin versprach,
40den früheren Zustand der Zuwegung auf ihre Kosten
41wiederherzustellen, falls dieser durch Baufahrzeuge
42beschädigt werde. Das Amtsgericht Unna ging von einem
43Notwegerecht zugunsten der Klägerin aus.
44Mit Schreiben vom 12.08.1993 an die Bevollmächtigten
45der Klägerin forderten die Prozeßbevollmächtigten der
46Beklagten, die Klägerin solle nicht einseitig Ansprüche
47reklamieren, andererseits aber selbst bestehende Ver-
48pflichtungen nicht erfüllen. Sie schlugen vor, eine
49einvernehmliche Regelung über sämtliche Punkte, über
50die zur Zeit Streit bestehe, herbeizuführen, weil die
51Frage der schuldrechtlichen Dienstbarkeit nicht losge-
52löst werden könne. Mit Schreiben vom 25.08.1993
53forderten sie für die Beklagten Abhilfe wegen der von
54den Baufahrzeugen angerichteten Schäden. Mit Schreiben
55vom 26.09.1993 forderten die Bevollmächtigten der
56Klägerin die Beklagten auf, vorab die schuldrechtliche
57Dienstbarkeit abzugeben und zur Verfügung zu stellen,
58sodann könne alles andere erörtert werden, und drohten
59Klageerhebung an. Mit Schreiben vom 11.10.1993 er-
60klärten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten
61hierauf, dass diese keine Geschenke an die Klägerin zu
62verteilen hätten und sie die von der Klägerin unter-
63schriebene Erklärung über die schuldrechtliche Dienst-
64barkeit vom 14.04.1993 nicht separat unterschreiben.
65würden, insbesondere wegen der Verhältnisse, die sich
66in der Zwischenzeit geändert hätten, und forderten
67Klärung verschiedener Fragen, bevor eine gemeinsame Be-
68sprechung zwecks Vereinbarung stattfinden könne. Auf
69dieses Schreiben antworteten die Bevollmächtigten der
70Klägerin mit Schreiben vom 25.03.1994, dessen Beant-
71wortung hätte aufgeschoben werden müssen, da sich die
72Fertigstellung des Bauvorhabens der Klägerin zeitlich
73erheblich verschoben habe. Sie baten um einen Be-
74sprechungstermin zur Regelung der Angelegenheit. Diese
75Besprechung fand am 14.04.1994 im Büro der Prozessbe-
76vollmächtigten der Beklagten statt. Hierauf schrieben
77die Bevollmächtigten der Klägerin am 21.04.1994, dass
78der Beklagte zu 1.) nunmehr die Wasserleitung zum Hause
79der Klägerin abgesperrt habe, was sie allerdings nicht
80weiter vertiefen wollten, um den Streit nicht zu ver-
81schärfen. Bezüglich des Wegerechtes erklärten sie die
82Bereitschaft der Klägerin, für jede der vier Eigentums-
83wohnungen für die Benutzung und Unterhaltung der Zu-
84wegung ein Entgelt von 60,00 DM pro Monat zu zahlen,
85vorausgesetzt, es werde auch Einvernehmen bezüglich der
86Verlegung der Wasserleitung erzielt. Mit Schreiben vom
8729.04.1994 nahmen die Prozessbevollmächtigten der Be-
88klagten auf die Besprechung Bezug und gaben die Vor-
89stellungen der Beklagten zur Einigung in sechs Punkten
90bekannt.
91Mit Schreiben vom 24.05.1994 erklärte die Klägerin den
92Beklagten, dass sie bereit sei, den Verkauf an diese
93rückabzuwickeln einschließlich angefallener Kosten ab-
94züglich gezogener Nutzungen, und bat darum, deren
95Forderungen bekannt zu geben. Daraufhin bezifferten die
96Beklagten mit Schreiben vom 31.05.1994 ihre Kosten auf
97666.604,10 DM und erklärten, gegen Zahlung von
98650.000,00 DM zurückzuverkaufen. Per Fax vom 13.06.1994
99forderte die Klägerin Nachweis der Kosten und der Ab-
100rechnung und Vorlage von Unterlagen, Mietverträge
101u.s.w.. Mit Schreiben vom 15.07.1994 teilten die
102Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Bevoll-
103mächtigten der Klägerin mit, dass die Beklagten die ge-
104forderten Unterlagen der Klägerin unmittelbar zugesandt
105bzw. zur Verfügung gestellt hätten, und setzten Frist
106zur Erklärung zum Vergleichsangebot. Gleiches geschah
107mit Schreiben vom 07.09.1994, 28.11.1994 und
10806.01.1995, ohne dass eine Antwort erteilt wurde.
109Nach Anwaltswechsel forderten die Prozessbevoll-
110mächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 09.05.1997
111die Einräumung eines Notwegerechtes und drohten Klage
112an. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten teilten
113mit Schreiben vom 13.05.1997 mit, dass eine Einigung
114über sämtliche Punkte erforderlich sei. Daraufhin erhob
115die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.08.1997 gegen die
116Beklagten Klage vor dem Landgericht Dortmund, die Be-
117klagten zur Duldung zu verurteilen, dass die Klägerin
118eine Frischwasser- und eine Abwasserleitung verlege und
119unterhalte sowie die Bewohner ihres Grundstücks die Zu-
120wegung betreten und überqueren dürften und mit Fahr-
121zeugen benutzen dürften. In diesem Verfahren schlossen
122die Parteien am 11.02.1998 einen Vergleich auf Wider-
123ruf. Die Beklagten widerriefen mit Schriftsatz vom
12419.02.1999 und unterbreiteten der Klägerin gleichzeitig
125einen geänderten Vergleichsvorschlag (6 0 460/97).
126In der Folgezeit verkauften die Beklagten ihr Grund-
127stück an die Eheleute Y, die mit der Klägerin
128am 21.07.1998 eine notarielle Vereinbarung über die
129Einräumung eines Wegerechtes und Leitungsrechtes gegen
130Entgelt trafen und das Wegerecht dinglich im Grundbuch
131absichern ließen. Der Rechtsstreit wurde daraufhin
132übereinstimmend für erledigt erklärt. Durch Beschluß
133vom 28.12.1998 wurde über die Kosten des Rechtsstreits
134entschieden. In dem Beschluss ging die Kammer von einem
135Notwegerecht zugunsten der Klägerin und einem Zurückbe-
136haltungsrecht der Beklagten aus, weshalb es die Kosten
137im Verhältnis von 55 % zu Lasten der Klägerin und 45 %
138zu Lasten der Beklagten verteilte.
139Mit Schreiben vom 24.02.1999 forderte die Klägerin
140Schadensersatz von den Beklagten in der jetzt geltend
141gemachten Höhe und setzte Frist bis zum 10.03.1999.
142Die Klägerin begehrt für den Zeitraum vom 01.04.1994
143bis zum 30.04.1998 Erstattung entgangener Mieteinnahmen
144von den Beklagten. Sie behauptet, ihr seien Mietein-
145nahmeverluste in Höhe von 204.430,45 DM (netto Kalt-
146mieten) aufgrund des Verhaltens der Beklagten ent-
147standen. Die Beklagten hätten sich beharrlich ge-
148weigert, die Klägerin bzw. ihre Mieter auf das hinter-
149liegende Grundstück zu lassen, und die Wasserversorgung
150für das hinterliegende Grundstück über einen im Haus
151der Beklagten befindlichen Regulator abgestellt. Sie
152habe im März 1994 auf ihrem Grundstück vier Wohnungen
153errichtet, welche bereits im Februar/März 1994 zur Ver-
154mietung angeboten worden seien. Es hätten sich als
155Interessentin vor allem auch das Immobilienbüro
156I aus V mit Schreiben vom. 12.03.1994 ge-
157meldet. Sämtliche Wohnungen wären im April 1994 ver-
158mietet worden, hätten nicht die Beklagten Ende März
1591994 die Wasserzufuhr zu ihrem Grundstück gesperrt. Die
160Wasserzufuhr hätten sie gesperrt, als sie bemerkt
161hätten, dass die ersten Mieter mit der Inneneinrichtung
162des vollständig erstellten Hauses begannen, so dass die
163Eheleute F der Klägerin am 27.03.1994 mitgeteilt
164hätten, die Wohnung wegen der fehlenden Wasserzufuhr
165nicht mieten zu können. Sie versuche seit April 1994
166vergeblich, das Gebäude Q-Straße 35a nutzbar zu.
167machen. Nicht nur die Eheleute F, sondern auch die
168Familie L hätten den Mietvertrag wegen der
169fehlenden Wasserzufuhr nicht unterzeichnet. Die Wasser-
170leitung sei nicht eingefroren, sondern von den Be-
171klagten gesperrt worden. Rechtsanwalt X habe
172Rechtsanwalt D telefonisch zugesagt, auf den Be-
173klagten zu 1.) einzuwirken, und dafür Sorge zu tragen,
174dass die Wasserzufuhr wieder freigegeben werde. Die Be-
175klagten hätten jegliche Einigung über den Notweg und
176die Notwegrente abgelehnt, weil sie hieran nicht
177interessiert gewesen seien, so dass es nicht zu einer
178Vereinbarung gekommen sei.
179Es seien die Beklagten gewesen, die den Vorschlag
180unterbreiteten, den Kaufvertrag rückabzuwickeln, wes-
181halb sie - die Klägerin - das Schreiben vom 24.05.1994
182an die Beklagten, habe richten lassen. Deren Forderung
183sei jedoch mit 170 .000,00 DM über dem Kaufpreis über-
184höht gewesen. Unterlagen habe sie niemals erhalten,
185weshalb keine Einigung über den Rückkauf erfolgt sei.
186Es treffe nicht zu, dass sie drei Jahre nichts unter-
187nommen habe. Die Beklagten hätten im Verfahren 7 O
18817/95 LG Münster unhaltbare Forderungen gestellt. Sie
189habe versucht, das Grundstück anderweitig zu er-
190schließen, was die Beklagten durch Nachbarwiderspruch
191verhindert hätten, wie die Ordnungsverfügung der Stadt
192Unna vom 29.09.1997 zeige. Auch hiergegen hätten die
193Beklagten Widerspruch eingelegt, über welchen wegen des
194Verkaufs der Beklagten nicht mehr entschieden worden
195sei.
196Sie hätte für die Wohnung Nr.1 1.192,00 DM (91,69 m2),
197für die Wohnung Nr.2 1.317,55 DM (101,35 m2), für die
198Wohnung Nr. 3 937,70 DM (72,13 rm2) und für die Wohnung
199Nr. 4 724, 8O DM (55,76 m2) an Kaltmiete erzielt, so
200dass der entgangene Mietzinsgewinn monatlich
2014.172,00 DM, jährlich 50.064,00 DM ergeben hätte. Der
202Mieteinnahmeverlust für die Zeit vom 01.04.1994 bis
20330.04.1998 betrage daher 204.430,45 DM. Hiervon sei ein
204Betrag von 12.250,00 DM abzuziehen, der den Beklagten
205als angemessene Notwegerente für die Erhaltung des
206Weges sowie die Benutzung durch die Mieter zu zahlen
207sei.
208Die Klägerin beantragt,
209die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
210an sie 192.180,45 DM nebst 7,25 % Zinsen seit dem
21111.03.1999 zu zahlen.
212Die Beklagten, beantragen,
213die Klage abzuweisen.
214Sie bestreiten, die Wasserzufuhr zum Haus gesperrt zu
215haben, und behaupten, dass diese im Winter zugefroren
216sei und die Wasseruhr geplatzt sei, weshalb die
217Gelsenwasser die Wasseruhr abmontiert und die Leitung
218totgelegt habe. Sie hätte wegen der Kosten, die sie für
219die Neuinstallation einer Wasseruhr hätten tragen
220müssen, eine neue Wasseruhr abgelehnt.
221Die Wohnungen der Klägerin seien unvermietbar gewesen
222und stünden noch heute leer. Die Klägerin habe im Jahre
2231995/1996 notwendige Reparaturen unterlassen, weshalb
224ein Einbruchsversuch erfolgt sei und der Schaden bis
225heute nicht repariert sei, vielmehr die Ausgangstür nur
226mit Brettern zugenagelt sei.
227Die Klägerin treffe ein hundertprozentiges Mitver-
228schulden, weil sie beim Verkauf des Grundstücks an die
229Beklagten gewußt habe, dass die Überfahrt über das von
230ihnen gekaufte Grundstück nötig war. Die Klägerin habe
231ca. drei Wochen vor dem Vertragsschluß erklärt, ihr
232Haus würde ohne Veränderungen verkauft oder vermietet.
233Daraufhin habe der Beklagte zu 1. ) ihr erklärt, dass er
234gegen die Überfahrt eines neuen Eigentümers nichts ein-
235zuwenden hätte. Die Klägerin habe damals allerdings be-
236reits gewußt, dass sie ihr Gebäude aufstocken wolle,
237denn sie habe bereits einen Bauantrag gestellt. Die
238Wohnungen sollten als Eigentumswohnungen verkauft
239werden, wie sich aus dem Schreiben ihres damaligen Be-
240vollmächtigten vom 21.04.1994 ergebe.
241In der Folgezeit sei die Klägerin völlig untätig ge~
242blieben, was eine Verletzung ihrer Schadensminderungs-
243pflicht darstelle. Zumindest hätte die Klägerin aus der
244zu ihren Gunsten eingetragenen Baulast vorgehen können
245und müssen.
246Es treffe auch nicht zu, dass sich die Beklagten ge-
247weigert hätten, an einer Lösung mitzuwirken. Hierzu
248seien sie immer bereit gewesen. Sie seien allerdings
249berechtigt gewesen, sich nicht den einseitigen
250Forderungen der Klägerin zu beugen, sondern auf eine
251Gesamtlösung zu dringen. Diese hätten sie, wie sich aus
252dem vorgerichtlichen Schriftverkehr ergebe, immer ange-
253boten, ohne dass die Klägerin hierauf eingegangen wäre.
254Vielmehr habe sie monatelang geschwiegen und dann
255schließlich nach der Besprechung vom 14.04.1994 das
256Grundstück zurückkaufen wollen. Ihr Angebot, zum Preis
257von 650.000,00 DM das Grundstück zurückzuverkaufen, sei
258annehmbar gewesen, weil sie es später im Jahre 1998 zu
259diesem Preis verkauft hätten. Aus den Unterlagen ergebe
260sich, dass die Klägerin das Verfahren und eine Einigung
261mutwillig verzögert habe.
262Im übrigen habe auch nur eine Verpflichtung der Be-
263klagten, wenn überhaupt, Zug um Zug gegen Zahlung einer
264Notwegrente bestanden. Hierzu sei die Klägerin nicht
265bereit gewesen, weshalb ein Schadensersatzanspruch aus-
266scheide.
267Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen
268den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu
269den Akten gereichten Urkunden und die zu Informations-
270zwecken beigezogenen Akten 6 0 460/97 LG Dortmund und
2713 bC 27/93 AG Unna Bezug genommen.
272Entscheidungsgründe
273Die Klage ist nicht begründet.
274Die Klägerin hat einen Schadensersatzanspruch gegen die
275Beklagten, weder dem Grunde noch der Höhe nach schlüssig
276dargetan.
2771.
278Ein Anspruch auf Ersatz entgangener Mieteinnahmen hätte
279der Klägerin aus § 286 BQB gegen die Beklagten zustehen
280können. Voraussetzung wäre gewesen, dass die Beklagten
281mit der Erfüllung einer Verpflichtung aus einem ver-
282traglichen oder aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis
283der Klägerin gegenüber in Schuldnerverzug waren.
284Voraussetzung wäre also gewesen, dass die Beklagten der
285Klägerin die Gewährung einer Zuwegung und einer neuen
286Wasserleitung für ihr Hinterliegergrundstück geschuldet
287hätten.
288Aus dem notariellen Kaufvertrag ergab sich der Klägerin
289gegenüber keine Verpflichtung, die Zuwegung zu dulden
290und ihr zu gestatten, eine neue Frischwasser- und Ab-
291Wasserleitung unterhalb dieser Zuwegung zu verlegen.
292Im notariellen Kaufvertrag sind unter Belastungen die
293im Grundbuch unter Abteilung II und Abteilung III ein-
294getragenen Belastungen sowie die im Baulastverzeichnis
295eingetragene Verpflichtung gegenüber den jeweiligen
296Eigentümern und Nutznießern der Grundstücke der
297Klägerin bestehende Verpflichtung erwähnt, eine näher
298gekennzeichnete Grundstücksfläche von jeglicher Be-
299bauung freizuhalten und als Zuwegung und zur Verlegung
300und Unterhaltung der Abwasserleitung und der erforder-
301lichen Kontrollschächte zur Verfügung zu stellen. Auf-
302grund der in § 3 Abs. 2 Satz 2 des Kaufvertrages ge-
303troffenen Regelung, wonach die aus dem Baulastver-
304zeichnis hervorgehende Belastung zur Duldung von den
305Käufern Übernommen werde, ergab sich keine privat-
306rechtliche Verpflichtung der Beklagten der Klägerin
307gegenüber.
308Eine Baulast ist eine öffentlich-rechtliche Ver-
309pflichtung des Baulastverpflichteten, die von der Bau-
310aufsichtsbehörde mit hoheitlichen Mitteln durchgesetzt
311werden kann. Aufgrund der Baulast und der Übernahme der
312Baulast durch die Beklagten entstand für die Beklagten
313keine Pflicht zur Duldung der baulastkonformen Nutzung
314(BGHZ 88, 97; 94, 160). Zwar hätte es der ausdrück-
315lichen Übernahme der Baulast durch die Beklagten nicht
316bedurft und diese Belastung auch bestanden, wenn sie
317diese nicht gekannt hätten; aus der in § 3 Abs. 2
318Satz 2 erklärten Übernahme ergibt sich jedoch nicht,
319dass die Beklagten mehr übernehmen wollten als sie
320öffentlich-rechtlich mussten; insbesondere nicht, dass
321sie darüber hinaus der Klägerin gegenüber eine zivil-
322rechtliche Verpflichtung übernehmen wollten. Da der
323Vertrag vom Notar beurkundet wurde, ist davon auszu-
324gehen, dass dieser bei Übernahme einer auch privat-
325rechtlichen Nutzungsverpflichtung eine Absicherung
326durch die Eintragung einer Grunddienstbarkeit vorge-
327nommen hätte. Aus der weiteren Regelung in § 3 Abs. 3
328des Kaufvertrages, wonach andere als die erwähnten, im
329Grundbuch und im Baulastverzeichnis eingetragenen Be-
330lastungen nicht übernommen werden, ergibt sich, dass
331eine zivilrechtliche Absicherung der übernommenen Bau-
332last von den Parteien nicht gewollt war.
333Gleichwohl ergab sich eine Verpflichtung der Beklagten,
334der Klägerin einen Notweg sowie ein Leitungsrecht zu
335gewähren, aus §§ 918 Abs. 2, 917 BGB. § 918 Abs. 2 BGB
336begründet eine Pflicht zur Einräumung eines Notwegs und
337Notleitungsrechts, wenn Grundstücke ursprünglich im
338selben Eigentum standen, wie dies hier der Fall war.
339Dass sich die Beklagten als Schuldner mit der Erfüllung
340ihrer Verpflichtung zur Gewährung des Notwegs und der
341Notleitung in Verzug befanden, hat die Klägerin nicht
342in ausreichendem Maße substantiiert dargetan. Eine Ver-
343letzung ihrer Pflichten hätte es dargestellt, wenn die
344Beklagten die Wasserleitung gesperrt hätten; ob dies
345der Fall war, braucht nicht aufgeklärt zu werden. Denn
346eine Aufforderung der Klägerin an die Beklagten, die
347Wasserzufuhr wiederherzustellen, ist nicht vorgetragen.
348Insbesondere das Schreiben der Bevollmächtigten der
349Klägerin vom 21.04.1994 enthält nicht einmal eine Auf-
350forderung zur Öffnung der angeblich abgesperrten
351Wasserleitung, so dass insoweit ein Verzug der Be-
352klagten nicht ersichtlich ist. Was die Zuwegung be-
353trifft, kann das Schreiben der Bevollmächtigten der
354Klägerin vom 11.04.1994 mit der Aufforderung, das Tor
355unverzüglich zu öffnen, als Gewährung der Zuwegung an-
356gesehen werden. Eine Verweigerung der Erfüllung ihrer
357Verpflichtungen insoweit liegt nicht vor. Der Vortrag
358der Klägerin hierzu ist weitgehend unsubstantiiert.
359Wie sich aus dem von den. Beklagten vorgelegten un-
360streitigen Schriftverkehr der Parteien ergibt, haben
361die Beklagten bereits im Jahre 1993 den Abschluss eines
362schuldrechtlichen Vertrages zur gewünschten Nutzung an-
363geboten, allerdings gegen die Zahlung eines Entgeltes,
364welches ihnen gemäß § 917 Abs. 2 BGB für das Notweg-
365und Notleitungsrecht zustand. Dies zeigen die Schreiben
366der Beklagten vom 06.01.1993, wonach sie eine schuld-
367rechtliche Vereinbarung zur gewünschten Nutzungsein-
368räumung gegen Kostenbeteiligung vorschlugen. Hieraus
369ergibt sich, dass die Beklagten bereits damals ein Zu-
370rückbehaltungsrecht, welches ihnen aufgrund ihres An-
371spruchs auf Zahlung einer Notwegerente zustand, geltend
372machten, wenn dies auch nicht ausdrücklich erklärt
373wurde. Dass die Beklagten insoweit ein Zurückbe-
374haltungsrecht geltend machten, ergibt sich auch aus
375ihrem Schreiben vom 12.08.1993 an die Bevollmächtigten
376der Klägerin. Wenn die Beklagten hierin ausführen, dass
377die Klägerin nicht einseitig Ansprüche geltend machen
378könne, andererseits bestehende Verpflichtungen nicht
379erfülle, so zeigt dies, dass sie das ihnen zustehende
380Zurückbehaltungsrecht bereits damals geltend machten.
381Gleiches ergibt sich aus ihrem Schreiben vom 11.10.1993
382an die Klägerin. Ihre Ausführungen, keine Geschenke an
383die Klägerin zu machen, und verschiedene andere Fragen,
384die im Zuge der Baumaßnahmen entstanden waren, zu
385klären, und dann eine Vereinbarung in einer gemeinsamen
386Besprechung zu treffen, zeigt, dass sie die ihnen zu-
387stehenden Gegenrechte geltend machten. Eine Auf-
388forderung der Klägerin gegenüber den Beklagten nach
389diesem Schreiben und ein tatsächliches Angebot ihrer-
390seits, die geforderte Notwegrente zu zahlen und die
391durch die Baufahrzeuge entstandenen Beschädigungen zu
392beseitigen, ist seitens der Klägerin nicht erfolgt. Auf
393die von der Klägerin im Schreiben vom 25.03.1994 er-
394betene Besprechung wegen des Durchfahrtsrechtes haben
395sich die Beklagten eingelassen. Nach der Besprechung
396vom 14.04.1994 haben die Beklagten ihre Vorstellungen
397im Schreiben vom 29.04.1994 bekannt gegeben und
398wiederum die Zahlung für die Benutzung gefordert. Ob-
399wohl die Klägerin diese Verpflichtung eingehen wollte,
400wie ihr Schreiben vom 21.04.1994 zeigt, hat sie den Be-
401klagten zu keinem Zeitpunkt eine Zahlung tatsächlich
402angeboten oder gar geleistet, so dass das Zurückbe-
403haltungsrecht der Beklagten nicht in Wegfall kam. Auf
404das Angebot der Beklagten vom 29.04.1994 ging die
405Klägerin, wie der Schriftverkehr zeigt, in der Folge-
406zeit nicht ein, sondern ließ sich auf Verhandlungen mit
407den Beklagten über den Rückkauf ein, die nicht zum Er-
408gebnis führten. Auf die vielfachen Erinnerungsschreiben
409der Beklagten im Jahre 1994 reagierte die Klägerin
410ebenfalls nicht. Da den Beklagten ein Zurückbe-
411haltungsrecht zustand, welches sie bereits frühzeitig
412geltend gemacht hatten, befanden sie sich der Klägerin
413gegenüber in dem Zeitraum, für welchen diese Schadens-
414ersatz begehrt, nämlich vom 01.04.1994 bis 30.04.1998,
415zu keiner Zeit in Schuldnerverzug. Der Schuldner, der
416ein Zurückbehaltungsrecht hat und geltend macht, gerät
417nicht in Verzug bzw. ein etwaiger Schuldnerverzug, der
418schon bestanden hat, entfällt im Zeitpunkt, in welchem
419das Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wird. Da die
420Beklagten von Anfang an auf Erfüllung ihrer Ansprüche
421bestanden, waren, sie zu keiner Zeit in Schuldnerverzug.
4222.
423Anderweitige Ansprüche der Klägerin sind nicht ersicht-
424lich. Schadensersatzansprüche aus positiver Vertrags-
425verletzung sind gegenüber Ansprüchen aus Verzug
426subsidiär, so dass diese nicht in Frage kommen. An-
427sprüche aus unerlaubter Handlung sind nicht ersicht-
428lich.
429Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91
430Abs. l, 709 ZPO.
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Referenzen
- BGB § 917 Notweg 2x
- BGB § 918 Ausschluss des Notwegrechts 2x
- § 286 BQB 1x (nicht zugeordnet)
- 3 bC 27/93 2x (nicht zugeordnet)