Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 330/13
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von 15.240,00 € trägt der Kläger.
3.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen Prospektfehlern und der Verletzung von Aufklärungspflichten bei der Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einem geschlossenen Fonds.
3Der Kläger, promovierter Wirtschaftswissenschaftler, ist ein privater Anleger, der in den Jahren 2000 bis 2004 verschiedene Beteiligungen zeichnete, darunter drei Schiffsfonds (Anlagenkonvolut B1b). Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um die Vermittlerin des streitgegenständlichen Fonds, die Beklagten zu 2) und 3) sind persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 4) ist die Gründungskommanditistin der E. Deren Zweck liegt in der Finanzierung und dem Betrieb des Tankschiffs W.
4Am 08.09.2004 beteiligte sich der Kläger an dem streitgegenständlichen Fonds, die Zeichnungssumme belief sich auf einen Betrag in Höhe von 20.000,00 € zuzüglich Agio in Höhe von 2,5 %. Grundlage des Fondsbeitritts waren der am 28.06.2004 herausgegebene Emissionsprospekt (Anl. B4-4) und die vom Kläger unterzeichnete Beitrittserklärung zum streitgegenständlichen Fonds (Anl. K-2) nebst dem am 09.09.2004 vom Kläger unterzeichneten Risikoaufklärungsformular der Beklagten zu 1) (Anl. B9). In der Beitrittserklärung heißt es u.a.: „Der Gesellschaftsvertrag und der Treuhandvertrag sowie die Prospektunterlagen (Stand: 28. Juni 2004) sind mir bekannt und ich erkenne sie hiermit sämtlich als für mich verbindlich an. Mir ist ferner bekannt, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung mit Chancen und Risiken handelt. (…) Empfangsbekenntnis: Ein Exemplar dieser Beitrittserklärung und des Emissionsprospektes, der den Gesellschaftsvertrag und den Treuhandvertrag enthält, habe ich erhalten.“ In dem Risikoaufklärungsformular finden sich folgende Passagen: „Ein wesentlicher Unterschied dieser Vermögensanlagen zu registrierten Investmentfonds besteht unter anderem im Risiko eines vollständigen Kapitalverlustes, (…). Da die oben erwähnten Unternehmerischen Beteiligungen in der Regel nicht zum persönlichen Erfahrungsbereich eines Kapitalanlegers gehören, ist eine sorgfältige und kritische Lektüre der jeweiligen Emissionsunterlagen unabdingbar und dringend anzuraten."
5Es erfolgten Ausschüttungen in Höhe von 6.460,00 € an den Kläger (Anl. K-3). Die letzte Einzahlungsrate des Klägers war am 01.03.2006 fällig.
6Der Kläger behauptet, der Mitarbeiter der Beklagten zu 1), der Zeuge F, habe sich beim Kläger gemeldet. Es habe daraufhin ein Gespräch stattgefunden, in dem der Kläger beraten und ihm der streitgegenständliche Fonds von dem Zeugen empfohlen worden sei. Der Kläger habe dabei sein Anliegen einer sicheren Anlage zwecks Altersvorsorge vorgetragen und auf die Kompetenz des Zeugen vertraut. Wenn der Kläger nicht dem Fonds beigetreten wäre, hätte er den Betrag anderweitig mindestens mit einer Rendite in Höhe von 4 % p.a. angelegt. Der Zeuge F habe die Anlage als sicher und zur Altersvorsorge geeignet empfohlen, Risiken – insbesondere von Totalverlust und Gesellschaftsinsolvenz – habe er u.a. durch den Hinweis auf die eigene Beteiligung sowie Dritter verharmlost. Über folgende Anlagerisiken sei der Kläger nicht aufgeklärt worden:
71. Totalverlustrisiko,
82. haftungsrechtliche Fragen bei der KG-Beteiligung,
93. Nachschusspflichten bei gewinnunabhängigen Entnahmen,
104. unklare Vertragsstrukturen/Schüsselpersonenrisiko,
115. anlageimmanente Risiken,
126. fehlende Werthaltigkeit,
137. abweichende steuerrechtliche Beurteilung durch Finanzbehörden,
148. eingeschränkte Fungibilität,
159. Vergütungen für Anlageempfehlung.
16Zudem behauptet der Kläger, der Emissionsprospekt sei ihm erst bei bzw. unmittelbar vor Zeichnung übergeben worden. Er ist der Ansicht, der Emissionsprospekt sei fehlerhaft.
17Der Kläger beantragt:
181. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 14.040,00 € nebst 4 % Zinsen aus 20.500,00 € seit dem 01.03.2006 bis Rechtshängigkeit und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
192. Die Verurteilung in Ziffer 1 erfolgt Zug-um-Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von dem Kläger am 08.09.2004 gezeichneten Beteiligung an der E im Nennwert von 20.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagten;
20hilfsweise
21die Verurteilung in Ziffer 1 Zug-um-Zug gegen Übertragung der von dem Kläger am 08.09.2004 gezeichneten Beteiligung an der E im Nennwert von 20.000,00 € an die Beklagten erfolgen zu lassen;
223. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von dem Kläger am 08.09.2004 gezeichneten Beteiligung an der E im Nennwert von 20.000,00 € sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befinden;
23hilfsweise
24festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme der Übertragung der von dem Kläger am 08.09.2004 gezeichneten Beteiligung an der E im Nennwert von 20.000,00 € in Verzug befinden;
254. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger am 08.09.2004 gezeichneten Beteiligung an der E im Nennwert von 20.000,00 € resultieren und die ohne Zeichnung dieses Fondsanteils nicht eingetreten wären;
265. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.125,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
27Die Beklagten beantragen,
28die Klage abzuweisen.
29Die Beklagten zu 1) – 3) behaupten, der im Anlagengeschäft erfahrene Kläger habe sich zwecks Fondsbeteiligung beim Zeugen F gemeldet, auf eine Beratung habe er verzichtet. Der Kläger habe sich am 24.08.2004, nachdem er erfahren habe, dass es nicht möglich gewesen sei, wie ursprünglich von ihm geplant, in die unternehmerische Beteiligung „G“ zu investieren, aus eigenen Stücken telefonisch bei der Beklagten zu 1) gemeldet und gefragt, ob sie weitere Fonds im Programm hätte. Ihm seien daraufhin durch den Zeugen F Unterlagen zu einer Immobilie und zu einem Schiff übersandt worden (Anl. B3). Am 25.08.2004 habe die Beklagte zu 1) dem Kläger die entsprechenden Prospekte übersandt (Anl. B4). Am 03.09.2004 habe der Kläger die Beklagte zu 1) angerufen und mitgeteilt, dass er in die streitgegenständliche Anlage 30.000,00 € investieren wolle. Der Zeuge F habe dem Kläger sodann einen Rabatt beim Agio zulasten der Beklagten zu 1) in Höhe von 2 % eingeräumt, so dass der Kläger statt 5 % nur 3 % Agio habe zahlen müssen (Anl. B5). Noch am 03.09.2004 habe der Zeuge F dem Kläger die Zeichnungsunterlagen übersandt (Anl. B6). Am 09.09.2004 habe sich der Kläger dann beim Zeugen F gemeldet und erklärt, dass er statt der besprochenen 30.000,00 € lieber zweimal 20.000,00 € zeichnen wolle mit je 2,5 % Rabatt (Anl. B7). Der Kläger selber habe den Zeichnungsschein entsprechend geändert und der Beklagten zu 1) zugefaxt (Anl. B8). Die Beklagten zu 1) – 3) behaupten weiter, dass der Zeuge F keine von dem Prospekt abweichenden Angaben gemacht habe. Die Beklagte zu 4) macht sich den Vortrag der Beklagten zu 1) – 3) zu Eigen. Dabei bestreitet sie hilfsweise mit Nichtwissen, dass der Kläger nach einer sicheren Anlage für die Altersvorsorge gefragt und der Zeuge F nicht über die Risiken der Anlage aufgeklärt habe. Sie ist zudem der Ansicht, dass das Verhalten der übrigen Beklagten ihr nicht zuzurechnen sei.
30Die Beklagten zu 1) und 4) erheben die Einrede der Verjährung.
31Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen F im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24.01.2014 (Terminsprotokoll Bl. 279-282 d.A.). Die Parteien haben sich darüber hinaus damit einverstanden erklärt, die Aussagen der Zeugen F (im Übrigen) und I im Parallelverfahren 3 O 261/13 sowie das dortige Terminsprotokoll (Bl. 284-288R d.A.) auch in diesem Verfahren zu verwerten.
32Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst eingereichter Unterlagen sowie auf die Anträge und Erklärungen der Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24.01.2014 Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe:
34Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an dem streitgegenständlichen Fonds nicht zu. Eine Aufklärungspflichtverletzung ist nicht festzustellen.
35Es kann dahinstehen, ob vorliegend ein Beratungs- oder Anlagevermittlungsvertrag geschlossen wurde. Denn jedenfalls ist die Beklagte zu 1) ihren Pflichten zu anleger- und objektgerechter Beratung durch rechtzeitige Aushändigung eines vollständigen und richtigen Emissionsprospekts nachgekommen (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.1993 – XI ZR 12/93 Rn. 14 ff.; BGH, Urt. v. 22.03.2011 – XI ZR 33/10 Rn. 22 ff.). Abweichende und irreführende Angaben gegenüber dem Kläger waren nach Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen nicht festzustellen.
36Die Beratung erfolgte anlegergerecht. Das ist der Fall, wenn der Berater Wissensstand, Ziel und Risikobereitschaft des Interessierten erfragt und dessen Fachwissen abklärt. Eine Aufklärungspflicht besteht, wenn der Auftrag vom Anlageziel oder dem bisherigen Risikoprofil abweicht oder unbekannte Anlageformen empfohlen werden (Palandt, § 280 Rn. 48). Bei einer Anlage zwecks Altersvorsorge entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass keine risikoreiche Anlage empfohlen werden darf (BGH, Urt. v. 09.05.2000 – XI ZR 159/99 Rn. 11 ff.; BGH, Urt. v. 08.07.2010 – III ZR 249/09 Rn. 17). Ein geschlossener Fonds in Form eines Schiffsfonds ist als hochspekulative Anlage einzuordnen. Die Anforderungen an die Beratung können sich reduzieren, wenn der Kunde bereits klare Vorstellungen von der Anlage hat (Palandt, § 280 Rn. 48). Aufgrund beruflicher Vorbildung und eigener Anlegererfahrung ist eine gänzliche Geschäftsunerfahrenheit des Klägers ausgeschlossen. Er hat ferner den Beweis nicht führen können, dass er bei der streitgegenständlichen Anlage nach einer sicheren Anlage zwecks Altersvorsorge gefragt habe. Nach dem Vortrag des Klägers war sein Anliegen neben der Altersvorsorge insbesondere ein Vermögensaufbau aufgrund hoher Renditen. Beide Anlageziele – Sicherheit sowie erhöhte Rentabilität aufgrund erheblicher Risiken – sind nicht ohne weiteres vereinbar. Der Kläger hat durch Unterzeichnung der Beitrittserklärung bestätigt, dass er Kenntnis von dem unternehmerischen Charakter der Beteiligung mit Chancen und Risiken hat und dass ihm das Risiko eines vollständigen Kapitalverlustes bewusst ist. So hat er in dem Formular „Angaben nach § 31 Abs. 2 Wertpapierhandelsgesetz“ (Anl. B2) ausdrücklich eine chancenorientierte Anlagestrategie mit überdurchschnittlich hohen Ertragserwartungen aus Kurs- und Währungsgewinnen bei einzukalkulierenden sehr hohen Verlustrisiken aus Kurs- und Währungsrückgängen gewählt. Im Einklang damit hat der Kläger – sowohl vor der streitgegenständlichen Anlage als auch danach – zahlreiche hochrisikobehaftete Anlagen erworben (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2013 – 8 O 83/12 – Anlage B26 = Bl. 223-238 d.A.; dieses Urteil betrifft die Beteiligung des Klägers an dem geschlossenen Fonds M in Höhe von 51.000,00 US-$ zuzüglich 3 % Agio).
37Die Beratung war zudem objektgerecht. Der Berater ist verpflichtet, den Interessierten richtig und vollständig zu informieren, ihn bezüglich aller Umstände und Risiken aufzuklären, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sein können (BGH, Urt. v. 22.03.2011 – XI ZR 33/10 Rn. 20; BGH, Urt. v. 01.12.2011 – III ZR 56/11 Rn. 9 f.; Palandt, § 280 Rn. 48 ff., 54). Er kommt seinen Pflichten – als eines von mehreren Mitteln, BGH, Urt. v. 11.05.2006 – III ZR 205/05 Rn. 9 – durch die rechtzeitige Übergabe eines richtigen und vollständigen Prospekts nach (BGH, Urt. v. 05.03.2009 – III ZR 17/08 Rn. 12 ff.; OLG Köln, Urt. v. 04.09.2012 – 24 U 65/11 Rn. 25; Palandt, § 311 Rn. 70). Rechtzeitig handelt, wer den Prospekt spätestens am Tag der Zeichnung vor der Zeichnung übergibt. Erforderlich ist allein, dass der Prospekt derart frühzeitig übergeben wird, dass er von dem Anleger noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH, Urt. v. 12.07.2007 – III ZR 145/06 Rn. 9 ff.; LG Paderborn, Urt. v. 20.08.2013 – 2 O 494/12 Rn. 7). Das ist bei Übergabe vor Zeichnung möglich. Ob diese Zeitspanne für den Anleger individuell ausreicht, bekundet er freiwillig durch Beitrittszeichnung. Der Prospekt ist dem Kläger unstreitig vor Unterzeichnung des Zeichnungsscheins übergeben worden.
38Der Prospekt ist zudem vollständig und richtig, da er über die Risiken umfassend aufklärt und keine Prospektfehler aufweist.
391. Über das grundsätzlich aufklärungspflichtige Totalverlustrisiko (vgl. Palandt, § 280 Rn. 51) hat der Prospekt ausreichend informiert. Bei einem Schiffsfonds ist stets der bestehende Sachwert des Schiffs den bestehenden Verbindlichkeiten der Gesellschaften gegenüberzustellen (LG Dortmund, Urt. v. 08.11.2013 – 3 O 125/13 Rn. 37). Es handelt sich dann nicht um ein für den Fonds erhöhtes Risiko, sondern allein um das allgemeine, nicht gesondert aufklärungspflichtige Risiko, das Beteiligungskapital verlieren zu können (BGH, Urt. v. 27.10.2009 – XI ZR 337/08 Rn. 24 f.; LG Dortmund, Urt. v. 08.11.2013 – 3 O 125/13 Rn. 37). Erst wenn der gesamte Sachwert durch die Höhe der Verbindlichkeiten aufgebraucht ist, kann von einem Totalverlust die Rede sein. Zudem sind dem Kläger die Angaben in dem Emissionsprospekt im Kapitel „7. Chancen und Risiken“ auf S. 51 entgegenzuhalten: „Abweichungen einzelner wirtschaftlicher Eckdaten oder die Kumulierung von Abweichungen mehrerer Eckdaten können dazu führen, dass sich das kalkulierte Gesamtergebnis für den Anleger deutlich verschlechtert oder sogar zu einem Totalverlust der Beteiligung führt.“ Das stellt eine klare und unmissverständliche Information dar (vgl. OLG München, Urt. v. 01.03.2012 – 23 U 3719/11 Rn. 59). Die weiteren Passagen in diesem Kapitel von S. 51-58 schwächen den Eindruck einer hochspekulativen Investition nicht ab, das Totalverlustrisiko wird an keiner Stelle verharmlost. Vielmehr wird auf S. 51 mit Nachdruck empfohlen: „Wer dennoch nach sorgfältigem Studium dieses Prospektes das unternehmerische Risiko als zu hoch einschätzt, sollte sich nicht beteiligen."
402. Auch über die haftungsrechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb bei der KG-Beteiligung ist der Kläger durch den Prospekt hinreichend aufgeklärt worden. In dem Prospekt heißt es unter „Haftung“ auf S. 56: „Die Zeichner beteiligen sich grundsätzlich als Treugeber über den Treuhandkommanditisten und haften gemäß den vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen beschränkt, das heißt eine weitergehende Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Sollte jedoch infolge von Auszahlungen (= Entnahmen) das Eigenkapitalkonto herabgesetzt werden, lebt gemäß § 172 HGB die Haftung in Höhe der Auszahlungen wieder auf. Die Auszahlungen werden nach den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag als Darlehen gegenüber dem Kommanditisten/Treugeber behandelt und können ggf. von der Gesellschaft im Bedarfsfall einer Liquiditätsenge zurückgefordert werden.“ Damit wird der Anleger auf das Haftungsrisiko deutlich und unmissverständlich hingewiesen. Sollten für ihn Unklarheiten bleiben, träfe ihn die Obliegenheit, Erkundigungen einzuholen.
413. Der Kläger wurde über die Gefahr von Nachschusspflichten durch gewinnunabhängige Entnahmen informiert. Diese Haftungsfrage wurde unter Hinweis auf die Regelung in § 172 Abs. 4 HGB hinreichend in dem Prospekt auf S. 62 behandelt.
424. Der Kläger wurde hinsichtlich der Vertragsstrukturen und des Schlüsselpersonenrisikos aufgeklärt. Personelle und kapitalmäßige Verflechtungen der Gesellschafter sind aufklärungspflichtig (BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07 Rn. 24 ff.; BGH, Urt. v. 22.04.2010 – III ZR 318/08 Rn. 23; Palandt, § 280 Rn. 51a). Der Emissionsprospekt erklärt insbesondere in dem Kapiel „6. Beteiligte und Partner“ (S. 41 ff.) hinreichend deutlich, wie sich die Beteiligungen und Verantwortungsbereiche beim streitgegenständlichen Fonds verteilen, in welchem Verhältnis die Beteiligten zueinander stehen. Neben einer Historie und Vorstellung der Q Gruppe findet sich auf den S. 47-49 eine Aufstellung der Beteiligten und ihrer Positionierung.
435. Auch hinsichtlich anlageimmanenter Risiken ist ein Prospektfehler nicht festzustellen. Wenn der Kläger vorträgt, dass der Fonds als gewinnbringend dargestellt wurde, so ist darauf hinzuweisen, dass es genügt, wenn die Angaben aus damaliger Sicht zumindest vertretbar waren (BGH, Urt. v. 27.10.2009 – XI ZR 337/08 Rn. 21; Palandt, § 280 Rn. 47). Bei den vom Kläger gerügten Prospektpassagen handelt es sich allein um werbende Angaben, die zulässig sind, da sie aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht vertretbar erschienen. Der beweispflichtige Kläger trägt nicht substantiiert vor, inwiefern die Prognosen und die Ausführungen zum Rohöltransportverkehr aus damaliger Sicht erkennbar grob unrichtig und damit unvertretbar gewesen seien. Eine Irreführung ist nicht ersichtlich. Bezüglich fehlender Fachprüfung ist der Vortrag des Klägers unsubstantiiert, da er sich in einem pauschalen Vorwurf mangelnder Risikoprüfung erschöpft. Fehlende Kontrollmöglichkeiten werden nicht konkretisiert. Auf den Einwand des Klägers, dass eine Anlage sich aus mehreren Komponenten zusammensetzen sollte, ist auf die unterschiedliche Struktur von geschlossenen, auf ein Objekt fokussierten, und offenen, weiter gestreuten Fonds hinzuweisen, die jeweils in zulässiger Weise unterschiedliche Anlegergruppen bedienen.
446. Der Kläger wurde auch hinsichtlich instabiler Werthaltigkeit aufgrund marktabhängigen Wertverlustes und erheblicher Weichkosten hinreichend aufgeklärt. Auf die Abhängigkeit von der Marktentwicklung wird der Anleger auf S. 51 f. mehrfach hingewiesen: „Der wirtschaftliche Erfolg dieser Schiffsbeteiligung kann nicht garantiert werden. Er hängt im Wesentlichen von Marktentwicklungen in dem jeweiligen Schiffstypsegment, (…) ab. (…) Eine langfristige Marktschwäche oder nachhaltige Änderungen der Verbrauchsgewohnheiten – vor allem in den Industrienationen – können zu einem Rückgang des Transportaufkommens führen.“ Weichkosten, Kosten, die nicht für Anschaffung und Herstellung verwendet werden, sind offenzulegen (BGH, Urt. v. 06.02.2006 – II ZR 329/04 Rn. 5; BGH, Urt. v. 24.03.2009 – XI ZR 456/07 Rn. 4, 10, 25 ff.). Hinsichtlich der Weichkosten klärt der Prospekt in dem Kapitel „Fondsrechnungen“ auf S. 25 ff. über Kosten hinsichtlich „Vertrieb und Einwerbung des Beteiligungskapitals“ sowie „sonstige Kosten“ auf. Nebst anschließender drei prognostischer Beispielsrechnungen (S. 37-40) ist diese Darlegung ausreichend.
457. Der Kläger wird auch hinsichtlich einer möglichen abweichenden steuerrechtlichen Beurteilung durch die Behörden ausreichend informiert. Bei Angaben zur steuerlichen Belastung handelt es sich um wesentliche aufklärungspflichtige Prospektangaben, da ein durchschnittlicher Anleger bei der Investitionsentscheidung sie eher berücksichtigen als vernachlässigen würde (LG Dortmund, Urt. v. 01.07.2011 – 3 O 341/10 Rn. 63). Der Prospekt bietet auf den S. 63-76 eine detaillierte Darstellung der steuerrechtlichen Grundlagen. Auch ein Hinweis auf die abweichende steuerrechtliche Beurteilung der Finanzbehörden wird auf S. 76 erteilt.
468. Über die eingeschränkte Fungibilität wurde der Kläger durch den Prospekt informiert. Eine nur beschränkte Fungibilität ist aufklärungsbedürftig, es handelt sich um ein wesentliches Element der Anlageentscheidung (BGH, Urt. v. 18.01.2007 – III ZR 44/06 Rn. 16; BGH, Urt. v. 12.07.2007 – III ZR 83/06 Rn. 8). In dem Prospekt heißt es transparent auf S. 57 unter dem Abschnitt „Fungibilität und Kündigung der Beteiligung“: „Die Fungibilität von Fondsanteilen steigt mit dem Erfolg der Beteiligung. Jedoch sollten die Anleger berücksichtigen, dass ein vorzeitiger Verkauf der Beteiligung bei nicht planmäßiger Entwicklung und unter Berücksichtigung der bisherigen steuerlichen Ergebnisse nur mit Preisabschlägen auf den Nominalwert der Beteiligung oder unter Umständen überhaupt nicht zu realisieren ist. (…) Die Kommanditisten können die Beteiligungsgesellschaft erstmalig zum 31.12.2016 kündigen.“ Die finanziellen Einbußen bei vorzeitigem Verkauf und die langfristige Bindung führen eine nur bedingte Handelbarkeit am Markt deutlich und unmissverständlich vor Augen.
479. Eine Fehlerhaftigkeit des Prospekts hinsichtlich verdeckter Innenprovisionen ist nicht festzustellen. Die Innenprovisionen sind nicht verdeckt, da sich in dem Emissionsprospekt auf den S. 27 (Mittel für den Vertrieb und die Einwerbung des Eigenkapitals) und 42 ff. ausreichend deutliche Darstellungen finden.
48cc) Irreführende Angaben im Beratungsgespräch
49Auch eine Pflichtverletzung, die dadurch begründet wäre, dass der Anlageberater in den mündlichen Beratungen von den Prospektangaben abweicht, ist nicht erkennbar. Sie wäre dann zu bejahen, wenn der Berater sich nicht auf werbende, vertretbare Angaben beschränkt, sondern Risiken verharmlost und den Anlageinteressenten so irreführt (BGH, Urt. v. 27.10.2009 – XI ZR 337/08 Rn. 21; BGH, Urt. v. 14.04.2011 – III ZR 27/10 Rn. 7).
50Es kann nach Parteianhörung und Zeugenvernehmung nicht zur Überzeugung der erkennenden Kammer festgestellt werden, dass in einem Gespräch von dem richtigen und vollständigen Prospekt abweichende und irreführende Äußerungen getätigt wurden. Der Kläger ist beweispflichtig geblieben. Weder der Kläger, noch der ehemalige Mitarbeiter der Beklagten zu 1), der Zeuge F, oder der weitere Zeuge, der Vater des Klägers, können sich an eine mündliche Beratung hinsichtlich des streitgegenständlichen Fonds erinnern. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger zahlreiche Beteiligungen bei der Beklagten zu 1) erwarb und seit dem Fondsbeitritt im September 2004 geraume Zeit verstrichen ist, waren sie nicht in der Lage, konkrete Angaben zur streitgegenständlichen Fondsberatung zu machen. Ihre Aussagen blieben unergiebig, es fehlten hinreichend konkrete Beschreibungen. Der Kläger erklärte, dass sich in seiner Erinnerung die Gespräche vermischten. Es sei ein Austausch sowohl vor Ort als auch telefonisch mit der Beklagten zu 1) zu zahlreichen verschiedenen Fondsbeteiligungen erfolgt, ohne dass er sich noch an bestimmte Umstände hinsichtlich der streitgegenständlichen erinnern könne. Der Zeuge I führte aus, dass sein Sohn ihn im Jahr 2003 oder 2004 zu dem Gespräch der Beklagten zu 1) mitgenommen habe. Allerdings könne er sich nicht mehr vergegenwärtigen, um welche Fondsanlage es sich dabei gehandelt habe. Auch der Zeuge F sagte aus, dass er hinsichtlich der Vermittlung des streitgegenständlichen Fonds keine Erinnerung mehr habe.
51Fragen zu Kausalität, Schaden, Verschulden und Verjährung können mangels Pflichtverletzung dahinstehen.
52Auch Ansprüche nach den §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB wegen vorvertraglicher Haftung (c.i.c.) im Sinne einer uneigentlichen Prospekthaftung (Palandt, § 311 Rn. 71) sind ausgeschlossen. Die aus dem Aspekt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen abgeleitete Prospekthaftung im weiteren Sinne, eine Haftung der Gründungsgesellschafter einer Publikumskommanditgesellschaft, würde nach § 278 BGB auch die Beklagte zu 4) treffen (BGH, Urt. v. 06.10.1980 – II ZR 60/80 Rn. 15 ff.; BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07 Rn. 7 ff.; BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08 Rn. 8 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2012 – I-8 U 256/11 Rn. 36 ff.). Der übergebene Prospekt hat sich allerdings wie oben dargestellt als richtig und vollständig erwiesen.
53Deliktische Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, § 826 BGB scheiden offensichtlich aus. Eine gesetzliche Prospekthaftung nach dem zum Zeitpunkt der Zeichnung maßgeblichen § 13a Abs. 1, 5 VerkProspG kommt nicht in Betracht, da es sich um einen – wie dargelegt – richtigen und vollständigen Prospekt handelt.
54Da keine Pflicht zur Rücknahme der Beteiligung besteht, kann auch ein Annahmeverzug nicht festgestellt werden (vgl. Palandt, § 280 Rn. 50). Der weitere Feststellungsantrag hinsichtlich einer Schadensersatzpflicht ist mangels Pflichtverletzung der Beklagten unbegründet (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 02.01.2013 – 19 U 50/12 Rn. 25; KG Berlin, Urt. v. 16.05.2013 – 8 U 258/11). Eine Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht ebenfalls nicht (BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 171/10 Rn. 24 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 30.09.2013 – 23 U 9/13 Rn. 49; Palandt, § 249 Rn. 56).
55Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 u. 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung fußt auf § 3 ZPO.
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