Urteil vom Landgericht Duisburg - 1 O 85/08
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an den Kläger 8.246,48 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2007 zu zahlen.
2. an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit dem 10.04.2008 zu zahlen.
Wegen der weitergehenden Zinsforderungen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für die Einspeisung von Strom aus einer Photovoltaikanlage in das Netz der Beklagten eine Vergütung in Höhe von 0,492 € je Kilowattstunde nach § 11 Abs. 2 des Erneuerbare – Energien – Gesetzes ( EEG) beanspruchen kann. Die Rechnung des Klägers für 2007 in Höhe von 8.246,48 € wird mit der Klage eingefordert.
3Der Kläger erwarb 2004 in Meckenheim käuflich einen Gartenbaubetrieb. Dieser verfügte über zwei aus Holz konstruierte Schattenhallen. Derartige Hallen sind für die Aufzucht von Pflanzen bestimmt, welche lichtempfindlich sind und deshalb vor zu intensiver Sonneneinstrahlung geschützt werden müssen. Dazu haben sie eine Tragkonstruktion für den Sonnenschutz. Eine Dichtigkeit gegen Niederschläge besteht nicht. Das Regenwasser wird vielmehr für die Bewässerung genutzt. Der Kläger hielt die vorgefundene Holzkonstruktion für baufällig. Er erhielt auf seinen Antrag am 28.09.2006 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer neuen Schattenhalle, bei welcher die Sonnenschutzdecke von einer Stahlkonstruktion getragen wird. Darauf realisierte der Kläger pro Schattenhalle Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von je 29,16 kW.
4Der Kläger nahm die Anlagen am 07.08.2007 in Betrieb und meldete sie bei der Beklagten als Netzbetreiber an. Für Stromlieferungen in der Zeit vom 07.08. bis zum 07.11.2007 berechnete der Kläger unter dem 12.11.2007 für eingespeiste 14085 kW/h Strom mit einem Preis von 0,492 € je Kilowattstunde eine Vergütung von 6.929,82 €, zuzüglich 1.316,66 € Mehrwertsteuer, insgesamt 8.246,48 €. Er setzte dazu eine Zahlungsfrist bis zum 04.12.2007.
5Der Kläger beantragt,
6- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.246,48 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit 05.12.2007 zu zahlen.
- die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,70 € zzgl. Zinsen i. H. v. 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (09.04.2008) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte trägt vor, die Photovoltaikanlage des Klägers sei nicht an oder auf einem Gebäude angebracht. Die Schattenhallen verfügten nämlich nicht über ein Dach. Das über den Hallen angebracht Schattiergewebe könne nicht als Dach angesehen werden. Die darüber angebrachten Module der Stromerzeugungsanlage hätten deshalb selbst die Funktion eines Daches. Da zwischen den Modulen jeweils ein Abstand von etwa zwei Zentimetern sei, fehle eine geschlossene Dachfläche. Schon die Voraussetzungen für eine förderungswürdige Anlage nach § 11 Abs. 2 EEG seien damit nicht erfüllt.
10Darüber hinaus falle die Anlage auch nach § 11 Abs. 3 EEG nicht unter die förderungswürdigen Anlagen. Die neuen Hallen mit der Stahlkonstruktion seien vorrangig zum Zweck der Stromerzeugung errichtet worden. Für die Baumschule des Klägers sei diese aufwendige Konstruktion nicht nötig gewesen. Zum Schutz der Pflanzen habe wie in der Zeit davor die Fernhaltung des Sonnenlichts durch Schattiergewebe ausgereicht, zu dessen Befestigung keine Stahlkonstruktion erforderlich sei.
11Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.
12Entscheidungsgründe
13Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet.
14Dem Kläger steht für den aus seiner Photovoltaikanlage in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom die in § 11 Abs. 2, Nr. 1. EEG festgelegte Vergütung zu, die für das Jahr 2007 aufgrund der jährlichen Absenkung gemäß § 11 Abs. 5 EEG unstreitig 0,492 € je Kilowattstunde beträgt.
15Die grundlegende Voraussetzung der Anbringung der Stromerzeugungsanlage an oder auf einem Gebäude gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EEG ist im Streitfall gegeben. Die Schattierungshallen sind als Gebäude einzuordnen. Darauf deutet bereits der Umstand hin, dass der Kläger für die Herstellung dieser Hallen eine Baugenehmigung erhalten hat. Nach der Legaldefinition in § 11 Abs. 2, Satz 3 EEG fallen unter die Gebäude selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Es handelt sich bei den Hallenkonstruktionen unzweifelhaft um selbstständig benutzbare bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können. Die Hallen sind auch überdeckt, was aus den von beiden Seiten zur Akte gereichten Fotos (Blatt 17 – 24, 27 –30, 44 –47 d.A.) anschaulich belegt wird. Es ist dabei unschädlich, dass diese Bedeckung im wesentlichen aus den Modulen der Photovoltaikanlage besteht. Wie sich aus § 11 Abs. 2, Satz 2 EEG ergibt, kann die Stromanlage selbst als Dach des Gebäudes dienen. Die Eigenschaft der Überdeckung wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Dachfläche unstrittig freie Stellen aufweist, durch die Regenwasser hindurchfließt. Der optische Eindruck eines Abschlusses nach oben wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die Hallen dienen nicht dem Schutz von Menschen oder Tieren. Ihre Schutzfunktion besteht vielmehr darin, die in der Baumschule des Klägers aufgezogenen Pflanzen vor einer für sie nicht bekömmlichen Sonneneinstrahlung zu schützen. Die Anlage dient damit dem Schutz von Sachen, zu denen auch Kulturpflanzen gerechnet werden. Die Gebäudeeigenschaft ist nicht deshalb aufgehoben, weil es in die Hallen hineinregnet. Diese Besonderheit entspricht der bestimmungsgemäßen Nutzung der Beschattungshalle. Die Pflanzen darin sollen mit Ausnahme der intensiven Sonneneinstrahlung der Witterung ausgesetzt werden, weil sie nach dem Verkauf nicht in Räumen stehen werden.
16Die Vergütungspflicht der Beklagten ist nicht gemäß § 11 Abs. 3 EEG ausgeschlossen. Die Beklagte hat ihre Darstellung nicht mit hinreichend konkreten Tatsachen unterlegt, der Kläger habe die neuen Hallen in der gewählten Konstruktionsweise zu dem Zweck errichtet, auf der Dachkonstruktion Photovoltaikanlagen zu installieren und den damit produzierten Strom ins Netz einzuspeisen. Der Kläger hat 2004 den Gartenbaubetrieb käuflich erworben und am 01.03.2005 auf dem Betriebsgelände eine Baumschule mit einem veränderten Pflanzenspektrum eröffnet. Der Betrieb verfügte schon beim Ankauf über zwei Schattenhallen, welche vom Kläger weiter genutzt wurden. Er trägt nachvollziehbar vor, er habe während des Betriebes bemerkt, dass die Holzhallen baufällig waren und für die von ihm darin gezogenen Pflanzen auch nicht über genügend Höhe verfügten. Deshalb habe er 2006 unter teilweiser Verwendung der alten Holzkonstruktion die neuen Hallen errichten lassen. Der wahrnehmbare Lebenssachverhalt spricht dafür, dass die neue Konstruktion vorrangig für den Gartenbaubetrieb des Klägers errichtet worden ist. Die zur Akte gereichten Fotos belegen, dass die Hallen für die Pflanzenproduktion genutzt werden. Die Stahlrohrkonstruktion bot bei der vorhandenen Notwendigkeit, neue Beschattungshallen zu bauen, greifbare Vorteile. Sie hat eine deutlich längere Lebensdauer als neue Holzkonstruktionen. Das ist bei der Beanspruchung durch gewollt in die Halle hineinlaufendes Regenwasser von Gewicht. Die Beschattungselemente können bei den neuen Hallen kostengünstig mit einer Tragseilkonstruktion angebracht werden.
17Die geforderten Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe auf die Stromvergütungsforderung stehen dem Kläger nach § 288 Abs. 1, Satz 1, Abs. 2 BGB zu.
18Er kann auch die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangen. Da es sich hierbei aus der Sicht des Klägers nicht um eine Entgeldforderung handelt, können die Prozesszinsen darauf gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt werden.
19Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
20Streitwert: 8.246,48 EUR.
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Referenzen
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