Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (7. Zivilkammer) - 7 O 95/11

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, in denen (auch) unstreitig verjährte Zinsen tituliert wurden.

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Die Beklagte betreibt gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung aus mehreren Urkunden der Notare Dr. A(Ur.-Nr. 342/76, Anlage K 2, und Ur.-Nr. 95/81, Anlage K 3) und B (Ur.-Nr. 2251/84, Anlage K 4; Ur.-Nr. 709/86, Anlage K 5; Anlagen K 6 und K 7). Mit diesen Urkunden wurden - soweit ersichtlich - jeweils Grundschulden auf dem klägerischen Grundstück in der Straße in Ort eingetragen und der Kläger unterwarf sich jeweils der Zwangsvollstreckung. In diesen Urkunden wurden Grundschuldzinsen mit verbrieft, die teilweise bis in das Jahr 1976 zurückgehen. Bis zum 31.12.2002 sind Grundschuldzinsen entstanden i. H. v. insgesamt 589.360,82 €.

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Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 07.03.2011 (bei Gericht eingegangen am 09.03.2011) beantragte der Kläger unter Beifügung eines Klageentwurfs Prozesskostenhilfe und erhob in dem beigefügten Klageentwurf hinsichtlich der bis zum 31.12.2002 angefallenen Grundschuldzinsen erstmals die Einrede der Verjährung. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 24.03.2011 mit, dass sie gegenüber dem Vollstreckungsgericht erklärte, den Vollstreckungsauftrag hinsichtlich der verjährten dinglichen Zinsen zurückzunehmen.

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Nach Gewährung von Prozesskostenhilfe erklärte die Beklagte in der Klageerwiderung den Verzicht hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundschuldzinsen vor dem 01.01.2003.

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Der Kläger ist der Auffassung, es bestehe nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Vollstreckungsgegenklage.

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Er beantragt daher zuletzt, nachdem zunächst auch die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bis zum Erlass des Urteils im vorliegenden Verfahren beantragt wurde, eine Entscheidung über diesen Antrag allerdings mangels Dringlichkeit nicht geboten war:

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Die Zwangsvollstreckung aus den Grundschuldurkunden

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- Nr. 342/1976 über

EUR 35.790,43

nebst 16 % Zinsen seit 03.02.76

- Nr. 95/81 über

EUR 20.451,68

nebst 15 % Zinsen seit 20.07.1981

- Nr. 2251/1984 über

EUR 20.451,68

nebst 18 % Zinsen seit 25.10.84

- Nr. 709/86 über

EUR 20.451,68

nebst 18 % Zinsen seit 08.04.89

- Nr. 2365/87 über

EUR 25.564,59

nebst 17 % Zinsen seit 21.12.1987

- Nr. 1380/89 über

EUR 76.693,78

nebst 17 % Zinsen seit 12.07.89

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wird hinsichtlich der vor dem 01.01.2003 fällig gewordenen Zinsen für unzulässig erklärt.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da eine Vollstreckung wegen der verjährten Zinsen nicht mehr drohe. Neben der Rücknahme der Vollstreckungseinleitung sei auch durch den gegenüber dem Gericht erklärten Verzicht auf die streitgegenständlichen Zinsen sichergestellt, dass sie wegen dieser verjährten Zinsen keine Ansprüche mehr gegen den Kläger erheben werde. Dies gelte - in Anlehnung an die BGH-Rechtsprechung zu Unterhaltstiteln - umso mehr, als es sich auch bei Zinsen um so genannte "wiederkehrende Leistungen“ handele.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

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Die Klage war als unzulässig abzuweisen, weil ihr im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Eine Erledigungserklärung hat der Kläger trotz den Erörterungen im Verhandlungstermin nicht abgegeben.

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Zwar ist der Einwand des Klägers berechtigt, dass die Grundschuldzinsen, sofern sie bis Ende des Jahres 2002 fällig wurden, verjährt sind, da nach § 197 Abs. 2 BGB für diese die regelmäßige Verjährungsfrist gilt und ein Neubeginn der Verjährung nach § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst mit den Vollstreckungshandlungen der Beklagten im Jahr 2006 eingetreten ist (vgl. BGH, BKR 2010, S. 241 ff.; hier S. 246). Die Beklagte hat deshalb in ihrer Klageerwiderung (Bl. 69 d. A., dort Ziffer 5) erklärt, sie verzichte auf die streitgegenständlichen Grundschuldzinsen.

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Auch ist anerkannt, dass ein Rechtschutzinteresse an einer Vollstreckungsabwehrklage grundsätzlich besteht, solange der Gläubiger im Besitz eines Titels ist und ein solches auch bei Verzichts- oder Beschränkungserklärungen des Gläubigers bestehen kann (BGH vom 04.05.2006, IX ZR 189/03, Tz. 24). Vorliegend gilt jedoch deshalb etwas anderes, weil die Titel auch wiederkehrende Leistungen beinhalten. Der Bundesgerichtshofs (Urteil vom 08.02.1984, NJW 1984, 2826 ff) hat hierzu einer Klage (gerichtet gegen eine Vollstreckung auf Unterhaltszahlungen aus einem gerichtlichen Vergleich) das Rechtschutzbedürfnis abgesprochen, weil für den Fall der wiederkehrenden Leistungen der Gläubiger den Titel noch brauche und aufgrund unstreitiger Zahlungen in der Vergangenheit hinsichtlich dieser Zahlungen eine Vollstreckung nicht mehr ernsthaft drohe und hierzu ausgeführt: "Einen derartigen Titel gibt der Gläubiger nicht an den Schuldner heraus, wenn dieser die Unterhaltsrente für einen bestimmten Zeitraum gezahlt hat. Er benötigt den Titel vielmehr noch für die erst künftig fällig werdenden Ansprüche. Daß der Gläubiger den Titel in der Hand behält, begründet daher hier - anders als bei Titeln auf einmalige Leistungen - nicht schon für sich allein die Besorgnis, er werde daraus trotz bereits eingetretener Erfüllung noch einmal gegen den Schuldner vollstrecken". Dieser Meinung schließt sich die Kammer an, zumal bei jedem mit einer Grundschuld gesicherten Darlehen vergleichbare Probleme auftreten. Aufgrund der üblichen Ratenzahlungen tritt mit jeder Zahlung teilweise Erfüllung ein. Die Erhebung von Vollstreckungsgegenklagen nach jeder Ratenzahlung wird dennoch nicht erwogen und auch diese wären aus den obigen Gründen grundsätzlich unzulässig. Der Kläger legt auch nicht dar, dass (zumindest aus seiner Sicht) ernsthaft die Gefahr besteht, die Beklagte werde in Zukunft trotz ihrer Verzichtserklärung versuchen, verjährte Ansprüche zu vollstrecken. Soweit der Kläger geltend gemacht hatte, die Beklagte habe sich zunächst unkorrekt verhalten, weil sie die uneingeschränkte Vollstreckung betrieben hatte und damit auch die (verjährten) Zinsen geltend machte, betraf dies zum Einen den Zeitraum vor Abgabe der Verzichtserklärung und zum Anderen die Zeit vor der Erhebung der Einrede der Verjährung. Denn unstreitig wurde erst mit Einreichung des Antrags auf Prozesskostenhilfe die Einrede der Verjährung erhoben, so dass zunächst die uneingeschränkte Vollstreckung nicht "unkorrekt" war.

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Im Übrigen betrifft die von dem Kläger herangezogene Rechtsprechung andere Sachverhalte. So stellt auch das OLG Frankfurt a. M. (Az.: 24 W 25/11 (Bl. 77 ff. d. A., vom Kläger vorgelegt)) darauf ab, dass das Rechtschutzinteresse erst dann zu verneinen wäre, wenn in dem begehrten Umfang eine Zwangsvollstreckung nach den Umständen des Falles unzweifelhaft nicht mehr drohe (mit Verweis auf BGH, NJW-RR 89, 124 m. w. Nachw.). In dem dort entschiedenen Fall konnten entsprechende Umstände nicht festgestellt werden. Im vorliegenden Fall hingegen ergibt sich aus dem nicht zu beanstandenden Verhalten der Beklagten, dass eine Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht, nachdem gegenüber dem Vollstreckungsgericht der Vollstreckungsauftrag in entsprechender Höhe zurückgenommen wurde und auch materiellrechtlich ein Verzicht erklärt wurde.

II.

18

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 und 709 ZPO.

19

Beschluss

20

Der Streitwert wird auf 589.360,82 € festgesetzt.

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