Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (7. Zivilkammer) - 7 O 57/14
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages.
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Sie schlossen am 10.05.2011 einen solchen mit der Nummer 0087823622 über 100.000,-- €.
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Die Vertragsurkunde enthält unter Ziffer 11 Angaben zum Widerrufsrecht. Hinsichtlich der drucktechnischen Gestaltung wird auf die Vertragsurkunde verwiesen (Bl. 13 d. A.).
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Am 15.10.2013 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen. Unter dem 07.11.2013 weigerte sich die Beklagte den Widerruf anzuerkennen. Auch anwaltliche Korrespondenz führte zu keinem anderen Ergebnis.
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Die Kläger führen aus:
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Sie hätten am 28.11.2013 von der A AG ein Nachfinanzierungsangebot erhalten.
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Sie sind der Rechtsansicht, dass die Angaben über das Widerrufsrecht unzureichend gewesen wären, weil diese nicht hinreichend hervorgehoben worden seien. Deswegen sei die Widerrufsfrist nicht abgelaufen gewesen.
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Sie beantragen:
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1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Klägern und der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag Nr. 0087823622 durch wirksamen Widerruf der Kläger vom 15.10.2013 von Anfang an unwirksam ist.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der von den Klägern auf den rückabzuwickelnden Darlehensvertrag Nr. 0087823622 angebotenen Rückzahlung in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Kläger die nicht anrechenbare Geschäftsgebühr in Höhe von 1.371,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über den jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie führt aus:
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Ein verbindliches Angebot einer Nachfinanzierung läge nicht vor. Der Widerruf sei verfristet.
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Hinsichtlich des weiteren Parteivortrages wird auf sämtliche eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf alle sonstigen Aktenbestandteile verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig - auch die Beklagte zieht das Rechtschutzbedürfnis der Kläger nicht in Zweifel -, aber unbegründet:
I.
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Der Kern des Rechtsstreits beschäftigt sich mit der Frage, ob die in den Vertrag eingebettete Widerrufsinformation ausreichend war. Dies ist zu bejahen.
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Es geht um das Widerrufsrecht aus § 495 BGB. Die Vorschrift - in ihrer bis zum 13.06.2014 geltenden Fassung - verweist in Absatz 2 Satz 1 Ziffer 1 darauf, dass anstelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Artikel 247 § 6 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche treten. Nach der Gesetzesänderung verweist § 492 Abs. 2 BGB auf diese Vorschrift. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB trifft allerdings keine Aussage darüber, dass die enthaltenen Angaben textlich hervorzuheben sind. Lediglich in S. 3 findet sich eine Gesetzlichkeitsfiktion („Enthält der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 6 entspricht, genügt diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2.“), die nur in dem Fall eintritt, wenn der Vertrag eine hervorgehobene und deutlich gestaltete Vertragsklausel enthält. Auch aus Artikel 247 § 6 Absatz 1 EGBGB ergibt sich hierzu nichts, es findet sich lediglich: „Der Verbraucherdarlehensvertrag muss klar und verständlich folgende Angaben enthalten:“
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Auch hieraus ergibt sich lediglich das Erfordernis, dass klar und verständlich auf die Pflichtangaben hingewiesen werden muss. Diese Anforderung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Auf die übrigen Vorschriften des Art. 247 EGBGB wird nicht verwiesen. Entsprechend ist die Widerrufsfrist abgelaufen und die Klage unbegründet. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass - vergleichend - § 360 BGB (in seiner bis zum 13.06.2014 geltenden Fassung) forderte, dass eine Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet sein muss und hierzu allgemein eine textliche Absetzung gefordert wurde. Die Sachlage ist schon deswegen anders, weil hier die Voraussetzungen des Art. 247 § 6 EGBGB gelten, wonach die Angaben in den Vertragstext - und nicht in eine gesonderte Widerrufsbelehrung - aufzunehmen sind und im Übrigen diese spezielle Vorschrift lediglich eine klare und verständliche Wiedergabe der Angaben verlangt. Eine Hervorhebung der in Absatz 1 genannten Angaben wird offensichtlich nicht verlangt, lediglich – dem Wortlaut entsprechend – die klare und verständliche Angabe dieser Informationen.
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Soweit die Kommentarliteratur teilweise weitere Anforderungen aufstellt (Peters in Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Band I, § 81, Rn. 335; Cosima Möller in BeckOK, BGB, § 495, Rn. 10; Weidenkaff in Palandt, BGB, § 495, Rn. 2 und Art. 247 § 6 EGBGB, Rn. 4) deckt sich diese Ansicht nicht mit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften.
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Die unterschiedliche Wortwahl, einerseits „klar und verständlich“, andererseits „in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form“ des Gesetzgebers deckt sich im Übrigen mit dem Wortlaut in der Richtlinie 2008/48/EG. Hinsichtlich der Standardinformationen, die in die Werbung aufzunehmen sind, heißt es dort in Artikel 4 Abs. 2, dass die Standardinformationen folgende Elemente in klarer, prägnanter und auffallender Art und Weise nennen. Diese Maßgabe wurde über Art. 247 § 2 Abs. 2 S. 3 EGBGB umgesetzt (“[...] und hervorzuheben“). In Artikel 10 Abs. 2, der die hier relevanten Informationen innerhalb der Kreditvertragsurkunde betrifft und dessen Umsetzung Art. 247 § 6 EGBGB dient (Palandt-Weidenkaff, Art. 247 § 6 EGBGB, Rn. 1), heißt es lediglich, dass im Kreditvertrag in klarer, prägnanter Form die weiter aufgezählten Punkte, darunter das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts, anzugeben sind. Diesen Maßgaben folgt die Umsetzung im deutschen Recht.
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Eine Vorlagepflicht des erkennenden Gerichts aus Art. 267 AEUV besteht nicht, da diese Entscheidung mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann und im Übrigen die Frage der Auslegung der Richtlinie und des entsprechenden deutschen Rechts zu einem eindeutigen Ergebnis führt.
II.
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Mangels Erfolges in der Hauptsache, kann auch die geltend gemachte Nebenforderung nicht zugesprochen werden.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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Beschluss
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Der Streitwert wird auf 100.500,00 € festgesetzt.
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Gründe:
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Der Klageantrag zu Ziffer 1. war entsprechend des klägerischen Vortrags mit 100.000,-- € zu bewerten. Der Klageantrag zu 2. mit 500,-- €. Die mit dem Klageantrag unter Ziffer 3. geltend gemachte Forderung stellt eine Nebenforderung dar, die den Streitwert nicht erhöht.
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Referenzen
- BGB § 495 Widerrufsrecht; Bedenkzeit 1x
- BGB § 360 Zusammenhängende Verträge 1x
- § 6 EGBGB 4x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 492 Schriftform, Vertragsinhalt 1x
- § 6 Abs. 2 EGBGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 Absatz 1 EGBGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 2 S. 3 EGBGB 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x