Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (6. Zivilkammer) - 6 O 348/14

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die Skulptur des Künstlers Prof. Dr. E. L. mit dem Werktitel „Mensch im Widerstreit" herauszugeben, bei der es sich um eine 1,70 m hohe Bronzefigur handelt, die einen in der Mitte geteilten Mann darstellt, der sich selbst mit seinen Händen und Armen zerreißt, so wie nachfolgend abgebildet:

Abbildung

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte B., F., Sch. & Coll. in Höhe von 1.029,35 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30. September 2014 freizustellen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Herausgabe der Skulptur des Künstlers Prof. Dr. E. L. mit dem Werktitel „Mensch im Widerstreit".

2

Diese Skulptur des Künstlers Prof. Dr. E. L. war seit Ende Oktober/Anfang November 1996 im Bereich der Stadtmitte von Neustadt an der Weinstraße aufgestellt. Im Jahre 2006 wurde die Skulptur an einem anderen Standort aufgestellt. Der neue Standort war vor dem Anwesen Straße 1 in Ort auf dem Gehweg.

3

Der Beklagte erwarb im Jahre 2012 das Grundstück Straße 1 in Ort.

4

Bei einer Prüfung stellte sich dann heraus, dass die im Jahre 2006 umgesetzte Skulptur nicht auf einem Teil des Bürgersteigs der Klägerin stand, sondern auf einem Teil des Gehwegs, welcher noch zum Grundstück S... 1 gehört.

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Im Rahmen eines zwischen der Klägerin und dem Beklagten geschlossenen Gestattungsvertrags, der die Erlaubnis des Beklagten zum Gegenstand hatte, eine ca. 11,25 m2 der Fläche der öffentlichen Verkehrsfläche Am S... zu nutzen, wurde u.a. in der Vereinbarung (Bl. 13 - 16 d.A.) Folgendes geregelt:

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„Der Gestattungsnehmer verpflichtet sich, die Statue „Der Zerrissene“ auf seinem Grundstück dauerhaft an einem im Einvernehmen mit der Stadt getroffenen Standort aufzustellen.“

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An einem nicht mehr feststellbaren Tag ließ der Beklagte die Skulptur entfernen.

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Mit außergerichtlichem Schreiben der Klägerin vom 20. Juni bzw. 04. Juli 2014 (Bl. 17 - 19 d.A.) wurde der Beklagte zur Herausgabe der streitgegenständlichen Skulptur aufgefordert. Mit E-Mail vom 08.08.2014 (Bl. 21/22 d.A.) forderte der Beklagte von der Klägerin einen Nachweis ihres Eigentums.

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Mit weiterem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16.09.2014 (Bl. 23 - 25 d.A.) wurde der Beklagte erneut unter Fristsetzung zur Herausgabe der Skulptur aufgefordert. Eine Herausgabe erfolgte nicht. Mit weiterem Schriftsatz vom 2. Oktober 2014 wurden dem Beklagten Bestätigungen von Herrn Dr. J. W. sowie Herrn K. D. übermittelt, wonach die Skulptur von der Sparkasse der Stadt N. gestiftet und zu Eigentum übertragen worden war (vgl. Bestätigungen vom 23.09. bzw. 24.09.2014, Bl. 10/11 d.A.). Hierauf ließ der Beklagte durch seine Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 08.10.2014 (Bl. 29 d.A.) mitteilen, dass ein Nachweis der Eigentümerstellung nicht erfolgt sei und eine Herausgabe damit abgelehnt werde.

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Die Klägerin trägt vor,
ihr stehe gegenüber dem Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Skulptur zu. Sie sei Eigentümerin der Skulptur. Diese habe die Sparkasse R.-H. im Jahre 1996 gestiftet und ihr zu Eigentum übertragen (vgl. schriftliche Bestätigungen von Dr. J. W. und K. D., Bl. 9/10 d.A., sowie Zeitungsartikel aus der RHEINPFALZ vom 31.10.1996, Bl. 9 d.A.). Der Beklagte verweigere zu Unrecht die Herausgabe. Die Skulptur sei kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks des Beklagten geworden. Daneben sei die Skulptur auch nicht durch Verbindung zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks geworden. Der Beklagte habe danach kein Recht zum Besitz und müsse die Skulptur herausgeben.

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Die Klägerin beantragt,

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1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin die Skulptur des Künstlers Prof. Dr. E. L. mit dem Werktitel „Mensch im Widerstreit“ herauszugeben, bei der es sich um eine 1,70 m hohe Bronzefigur handelt, die einen in der Mitte geteilten Mann darstellt, der sich selbst mit seinen Händen und Armen zerreißt, so wie nachfolgend abgebildet:

Abbildung

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2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte B., F., Sch. & Coll. in Höhe von 1.029,35 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30. September 2014 freizustellen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er trägt vor,
der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe nicht zu. Das Eigentum der Klägerin werde mit Nichtwissen bestritten. Die vorgelegten Erklärungen wie der Zeitungsausschnitt seien nicht geeignet, das Eigentum der Klägerin zu begründen. Er sei mit dem Erwerb und der Umschreibung des Grundstücks Eigentümer der Skulptur geworden. Im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs sei die Skulptur mit dem Grund und Boden fest verbunden und damit wesentlicher Bestandteil gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

18

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der Skulptur mit dem Werktitel „Mensch im Widerstreit" zu, da die Klägerin rechtmäßige Eigentümerin gem. § 985 BGB ist und dem Beklagten kein Recht an dieser Skulptur zusteht.

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1. Die Klägerin ist nach Ansicht des Gerichts Eigentümerin der Skulptur „Mensch im Widerstreit" des Künstlers Prof. Dr. E. L.. Auf Grund des vorgelegten Zeitungsartikels aus der RHEINPFALZ vom 31.10.1996 (Bl. 9 d.A.) und den schriftlichen Bestätigung des ehemaligen Oberbürgermeisters der Stadt vom 23.09.2014 (Bl. 10 d.A.) und der schriftlichen Bestätigung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Herrn K. D. vom 24.09.2014 (Bl. 11 d.A.) sieht es das Gericht als eine offenkundige Tatsache an, dass die Klägerin Eigentümerin der streitgegenständlichen Skulptur ist.

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Offenkundig ist eine Tatsache, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde wahrnehmbar ist, wie z.B. durch unwidersprochene Presseberichte (siehe Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 291 Rn 1).

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Hier ergibt sich aus dem Zeitungsartikel vom 31.10.1996, dass die Kreissparkasse das streitgegenständliche Kunstwerk der Klägerin gespendet hat. Weiterhin wird der Wahrheitsgehalt dieses Zeitungsartikels unterstützt durch die von der Klägerin vorgelegten Bestätigungen ihres früheren Oberbürgermeisters und des früheren ehemaligen Vorstandesvorsitzenden der Spenderin vom 23. bzw. 24.09.2014 (Bl. 10/11 d.A.).

22

Danach geht das Gericht auf Grund einer offenkundigen Tatsache von dem Eigentum der Klägerin an der Skulptur aus und eine weitere Beweiserhebung ist hierüber nicht erforderlich.

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2. Der Beklagte wurde durch den Erwerb des Grundstücks Straße 1 Stadt auf dem unstreitig die Skulptur stand - nicht Eigentümer dieser Skulptur.

24

Die Skulptur ist kein wesentlicher Bestandteil einer Sache i.S.d. § 93 BGB. Die Skulptur stand bereits auf mehreren Standorten und ist danach jederzeit von dem aufgestellten Platz abzutrennen und woanders aufzustellen. Danach ist sie kein Bestandteil besonderer Rechte i.S.d. § 93 BGB.

25

Die Skulptur zählt auch nicht zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks i.S.d. § 94 Abs. 1 BGB. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen.

26

„Fest" in diesem Sinne ist jedoch eine Verbindung nur, wenn die Bestandteile nicht ohne Beschädigung des einen oder anderen Teils voneinander getrennt werden können oder wenn die Trennung so erhebliche Schwierigkeiten macht, dass die Kosten im Vergleich zum Wert des einen oder anderen Bestandteils unverhältnismäßig hoch sind (so u.a. OLG Frankfurt, NJW 1982, 653 ff.; MünchKomm., BGB, 6. Aufl. 2012, § 94 Rn 4). Bei leicht lösbarer Verbindung liegt jedoch in keinem Falle eine feste Verbindung vor.

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Nicht als wesentliche Bestandteile wurden so z.B. angesehen: Der in eine Steinplatte eingelassene Bildstock, Grenzsteine und andere Grenzzeichen, Gleisanlagen eines Fabrikgrundstücks, auf Sockel aufgesetzt oder lediglich in das Erdreich eingebettete Erdöl-, Gas- und Benzintanks. Unter Berücksichtigung der dargestellten Umstände ist nach Ansicht des Gerichts die Skulptur kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks i.S.v. § 94 Abs. 1 BGB. Die Skulptur war bereits in der Stadt an mehreren Stellen aufgestellt und kann so ohne Zerstörung der Skulptur selbst jederzeit einen anderen Standort einnehmen. Dabei dient das jeweils vorhandene Fundament dazu, die Skulptur standsicher aufzustellen und dieses Fundament führt nicht dazu, dass die Skulptur zu einem festen Bestandteil des Grundstücks wird.

28

Der Beklagte ist danach zu keinem Zeitpunkt Eigentümer der streitgegenständlichen Skulptur geworden und er ist zur Herausgabe an die Klägerin verpflichtet.

29

Da der Beklagte den außergerichtlichen Aufforderungen auf Herausgabe der Skulptur trotz Vorlage des Nachweises der Eigentümerstellung durch die Klägerin nicht nachgekommen ist, war er auch zu verurteilen, die Klägerin von den außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten freizustellen.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

31

Beschluss

32

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

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