Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (2. Zivilkammer) - 2 S 115/16

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Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 30.03.2016 geändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.153,27 € auf das vom Kläger eingerichtete Sonderkonto bei der Deutschen Bank M., IBAN DE..., BIC DEUTDEDBM…, und mit der Zweckbestimmung, dass die Valuta nur zur Befriedigung der zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GdbR festgestellten Forderung der Landesbank Baden-Württemberg gegen die Insolvenzschuldnerin aus den seinerzeit zu den Nummern ...4607, ...7894 und ...5997 gewährten Darlehen (Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein, AZ 3 b IN 412/11 Lu) dienen, zu zahlen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf die Gebührenstufe bis 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Zum Sachverhalt wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Hiervon ausgehend führt die Berufung des Klägers nur teilweise zu dem mit ihrer Einlegung erstrebten Erfolg.

2

Unbestritten haftet der Beklagte in Höhe zweier Anteile an der Gesellschaft nach der Rechtsprechung analog § 128 HGB für die Schulden der Gesellschaft gegenüber den Insolvenzgläubigern. Dabei ist vorliegend ausnahmsweise, da zwischen Gesellschaft und finanzierender Bank vereinbart, die persönliche Haftung des Beklagten nicht unbeschränkt, sondern quotal entsprechend seiner Beteiligung beschränkt (BGH MDR 2011,1187).

3

Zu Recht hat das Amtsgericht die auf Feststellung dieser anteiligen Haftung gerichteten Feststellungsanträge, Hauptanträge Ziffer 1 und 2 sowie Hilfsantrag Ziffer 2, als unzulässig erachtet.

4

Die Zulässigkeit scheitert zwar nicht schon daran, dass etwa die Rechtskraft des vorangegangenen Zahlungstitels dem entgegenstünde. Nach der Rechtsprechung zu § 93 Insolvenzordnung handelt es sich bei den diesbezüglichen Zahlungsklagen der Insolvenzverwalter zur Abdeckung des Forderungsausfalles von Insolvenzgläubigern nach dieser Vorschrift zwar nicht im Rechtssinne um Vorschussklagen, jedoch um Forderungsklagen, deren endgültige Berechnung während des Laufes des Insolvenzverfahrens nicht möglich ist, und bei denen dem Insolvenzverwalter ein prognostisches Schätzungsermessen eingeräumt wird, mit der Folge, dass im Nachhinein entweder Nachforderungen möglich sein müssen, oder aber Überschüsse gemäß § 199 Insolvenzordnung an die Gesellschafter wieder ausgeschüttet werden müssen.

5

Allerdings muss den diesbezüglichen Feststellungklagen, obwohl der zu berechnende Forderungsausfall sich nicht zuletzt aufgrund fortlaufend anfallender Zinsen bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens verändern kann, und obwohl bezüglich der Zinsen aufgrund § 197 Abs. 2 BGB der Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist drohen kann, aufgrund der besonderen Situation des Insolvenzverwalters das Feststellungsinteresse abgesprochen werden (Jäger, Insolvenzordnung § 93 Randnr. 73).

6

Die Hemmungswirkung der Forderungsanmeldung und auch die Unterbrechung durch die Feststellung zur Tabelle betrifft lediglich die bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallenen und bei der Anmeldung ausgerechneten Zinsen. Im Unterschied zum früheren Konkursverfahren laufen nach Insolvenzeröffnung nach jetziger Rechtslage Zinsen und Kosten weiter auf und nehmen am Insolvenzverfahren teil (BGH NJW 2009, 3064). Sie sind allerdings gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung nachrangig gegenüber anderen Insolvenzforderungen und werden gemäß § 174 Abs. 3 Insolvenzordnung nur bei - hier nicht vorgetragener - Aufforderung durch den Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldet und ohne besondere Aufforderung auch nicht in diese aufgenommen. Sie sind zwar unabhängig von § 39 Insolvenzordnung vorliegend insoweit gemäß § 49 ff. Insolvenzordnung begünstigt, als sie ohne diesen Nachrang im Wege der abgesonderten Befriedigung wegen des dem Darlehen zugrunde liegenden Grundpfandrechtes geltend gemacht werden können. Daneben werden diese Forderungen jedoch, wie vorliegend auch geschehen, als persönliche Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. In diesem Umfang gilt dann der bezeichnete Nachrang. Dies mit der Folge, dass später aufgelaufene Zinsen und Kosten unabhängig von der Feststellung zur Tabelle die Negativa erhöhen und insoweit der Regelverjährung unterliegen können (Uhlenbruck/Hirte Insolvenzordnung § 39 Randnummern 2,20).

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Aufgrund dieser an sich möglichen Verjährung in einer kürzeren, als der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 BGB und aufgrund dieser weiteren Entwicklung der Negativa sind an sich zwei Gesichtspunkte gegeben, unter denen die Rechtsprechung und Literatur ein Feststellungsinteresse bejaht. Dennoch ist dieses aufgrund der besonderen Sachlage des Insolvenzverfahrens und der Aufgaben des Insolvenzverwalters vorliegend nicht gegeben.

8

Vorrangiges Ziel des Insolvenzverwalters ist nämlich die Anreicherung der Masse zugunsten des bereits zur Tabelle festgestellten Forderungen. Mit diesem Ziel kann ein Interesse an alsbaldiger Feststellung nicht gerechtfertigt werden. Die Feststellung ermöglicht keine Vollstreckung und keine Anreicherung der Masse (OLG Bremen, Beschluss vom 24.10.2001, AZ 3 W 28/01 zitiert nach Lüke, OLG Bremen EWiR § 93 Insolvenzordnung 4/02, 389). Vielmehr muss der Insolvenzverwalter sein Begehren, selbst wenn die Ansprüche der Höhe nach Veränderungen unterliegen, im Wege der Leistungsklage geltend machen, nur das entspricht seinem tatsächlichen Ziel (Lüke a.a.O.)

9

Auch die nach dem oben Ausgeführten für weitere Zinsen drohende kurze Verjährung rechtfertigt kein Feststellungsinteresse. Wegen der auch für Feststellungsklagen geltenden Regelung des § 197 Abs. 2 BGB (Staudinger BGB § 197 Randnr. 39) würde die gleiche kurze Verjährungsfrist im Falle eines rechtskräftigen Feststellungsurteiles gelten. Hinzu kommt, dass es insoweit für zukünftige Zinsen der Insolvenzverwalter selbst „in der Hand hat" die Verjährungsfrist hinauszuschieben. Wir bereits ausgeführt, werden zukünftige Zinsansprüche gemäß § 174 Abs. 3 Insolvenzordnung nur auf Aufforderung des Insolvenzverwalters zur Tabelle angemeldet und festgestellt. Der Kläger könnte daher die Insolvenzgläubigerin zu entsprechender Anmeldung auffordern, und durch Feststellung den Eintritt der Verjährung in gleicher Weise, wie durch ein Feststellungsurteil verhindern (Uhlenbruck/Hirte Insolvenzordnung § 39 Randnr. 20).

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Aus dem gleichen Grunde ist der Klageantrag zu 2 gerichtet auf Feststellung der Haftung auch für sonstige zur Tabelle festgestellte Verbindlichkeiten unzulässig, aber auch aus einem weiteren Grunde: Der Kläger macht nämlich in seiner Funktion aus § 93 Insolvenzordnung Kraft gesetzlicher Ermächtigung die Forderung von sonstigen Insolvenzgläubigern geltend, die diese zur Tabelle angemeldet haben. Dann aber vermag er sich nicht pauschal auf einen Negativsaldo zu berufen, sondern muss die von ihm zur Masse beanspruchten Forderungen konkret nach Gläubiger, Höhe, Entstehungszeitpunkt und Schuldgrund darlegen, damit der Streitgegenstand in zivilprozessualer Weise ausreichend bezeichnet und im Übrigen auch der Gesellschafter zu den geltend gemachten Ansprüchen Stellung nehmen kann (Hanseatisches OLG Bremen ZIP 2002, 679; BGH WM 2007,122; Uhlenbruck/Hirte Insolvenzordnung § 93 Randnr, 12). Aus dem gleichen Grunde ist die als Hilfsantrag formulierte Zahlungsklage über 181,84 € für weitere Gesellschaftsgläubiger unzulässig, zumindest unschlüssig, und auch der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag zu Ziffer 2.

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Begründet und demgemäß in diesem Rahmen das amtsgerichtliche Urteil abzuändern ist allerdings der Hilfsantrag zu Ziffer 1, soweit ein Betrag von 1.153,27 € Forderungsausfall betreffend der Landesbank Baden-Württemberg betroffen ist. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hat der Kläger hier die Höhe der Forderung schlüssig berechnet, Einwendungen beklagtenseits sind zu diesem Punkt nicht erfolgt. Danach bestand nach zwischenzeitlicher Verwertung von Teilen des Gesellschaftsvermögens zum Zeitpunkt der Klageerhebung von der ursprünglich mit 8.047.562,09 € festgestellten Darlehensforderung gegen die Gesellschaft noch eine Restforderung von 2.152.693,33 €. Unter Einstellung weiterer Forderungen dritter Gläubiger sowie Abzug von Zahlungen aus Gesellschafterklagen, Mieteinnahmen sowie Treuhandkonten verblieb ein Negativsaldo bezüglich der Landesbank Baden-Württemberg von 1.011.350,09 €. Diese Beträge werden beklagtenseits nicht angezweifelt. Aus diesem insgesamt offenstehenden Negativsaldo betrifft nach klägerischen, nicht bestrittenen Berechnungen ein Gesamtfehlbetrag von 873.572,20 € die Darlehensgeberin. Dies ergibt geteilt durch die unstreitige Zahl gezeichneter Gesellschaftsanteile von 1.515 und multipliziert mit den zwei beklagtenseits gehaltenen Anteilen den insoweit auszuurteilenden Betrag von 1.153,27 €. Mit dieser Summe ist, die vorangegangene Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 6.772,29 € hinzugerechnet, der unstreitige quotale Haftungshöchstbetrag für den Beklagten für die Forderung der LBW mit 13.634,46 € noch nicht erreicht.

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Im Ergebnis war deshalb auf die zulässige Berufung hin das amtsgerichtliche Urteil in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfange abzuändern, im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97, 92 ZPO.

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