Beschluss vom Landgericht Halle (4. Zivilkammer) - 4 0 807/08

Tenor

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 91 a ZPO). Diese hat der Kläger zu tragen. Dies entspricht der Billigkeit nach den erreichten Sach- und Streitstand, insbesondere der Rechtslage. Denn danach hätte die Klage keinen Erfolg gehabt.

2

Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Erhöhung und auf Zahlung der Vertragsstrafe gegen die Beklagte bestand nicht. Die Beklagte hat gegen die Unterlassungspflicht nicht verstoßen. Denn sie ist im Geschäftsverkehr nicht mehr unter der Bezeichnung „A“ aufgetreten.

3

Soweit der Kläger darauf verweist, dass über Suchmaschinen im Internet weiterhin auf die Beklagte und ihre Tätigkeit als Immobilienmaklerin im Zusammenhang mit der Bezeichnung „A“ verwiesen wird, liegt kein unzulässiger Gebrauch dieses Namens durch die Beklagte vor, dessen Verwendung sie strafbewehrt zu unterlassen hat. Denn die Unterlassungspflicht setzt ein „Auftreten“ der Beklagten unter diesem fremden Namen voraus, erfordert mithin eine aktive Tätigkeit der Beklagten in der unberechtigten Namensnutzung. Eine solche aktive Namensnutzung liegt jedoch nicht dadurch vor, dass Suchmaschinen unbeeinflusst von der Beklagten weiterhin die frühere unberechtigte Namensnutzung der Beklagten perpetuieren. Dies liegt begründet in der Funktion der Suchmaschinen. Die Datenbanken, aus denen die angezeigten „Treffer“ der Suchmaschinen ihre Informationen zu den eingegebenen Stichworten beziehen, suchen ständig im weltweiten Internet und auch in anderen Datenbanken nach Internetseiten mit den Stichworten und nehmen diese in die eigene Datenbank auf, um diese Verweise bei einer Suchanfrage anzuzeigen. Zwar dürften diese Verweise nach einigen Monaten – bereits aus Kapazitätsgründen – in der Datenbank einer Suchmaschine gelöscht und durch die neuen Suchergebnisse überschrieben werden. Bei der Durchsuchung des Internet stoßen diese Suchmaschinen zur Aktualisierung ihrer Datenbanken aber auch auf Stichworte und Seitenverweise, die in fremden Datenbanken – etwa Brancheninformationssystemen - enthalten sind, selbst wenn die Ursprungsinternetseite längst nicht mehr existiert. Die Suchmaschine erkennt dies als aktuellen Interneteintrag an und nimmt diesen Verweis deshalb in ihre Datenbank auf, ohne zu prüfen, ob die Ursprungsinternetseite, auf die verweisen wurde, überhaupt noch existiert. So ist dieser Verweis – trotz Löschung der Ursprungsseite – weiterhin im Internet aufzufinden. Da viele Datenbanken sich gegenseitig ständig nach Stichworten durchsuchen, vervielfältigt sich dabei auch das Suchergebnis zu einer bestimmten Internetseite, da es in immer weitere Datenbanken aufgenommen wird und aus diesen sich dann wieder weitere Datenbanken – oder auch die Ursprungsdatenbank – für ihren Datenbestand „bedienen“. Das System verselbständigt sich insoweit und perpetuiert damit den Verweis auch auf längst gelöschte Internetseiten. Solange noch irgendwo eine Internet-Datenbank diesen Verweis auf eine frühere Internetseite enthält wird dieser Verweis auch bei den Groß-Suchmaschinen (etwa Google) aufgrund der Internetdurchsuchung nach Stichworten in die Datenbank aufgenommen und wird deshalb bei Eingabe des Stichwortes ein Verweis auf die andere Datenbank (etwa einen Brancheninformationsdienst) zu der alten Internetseite erfolgen.

4

Bei einer derart von der ursprünglichen Tätigkeit der Beklagten gelösten Verselbständi-gung des Namensverweises im Internet kann von einer Verwendung durch die Beklagte nicht mehr gesprochen werden, sobald die ursprüngliche Internetseite gelöscht wurde. Dass dies nicht der Fall ist, bestreitet der Kläger nur unsubstanziiert, nachdem er selbst in seinen Internetrecherchen keinen unmittelbaren Verweis auf eine solche Internetseite der Beklagten – sondern nur einen solchen über Brancheninformationsdienste – hat ermitteln können und unstreitig eine Verlinkung auf die Internetseite der Beklagten von den klägerseits im Internet aufgefundenen Fundstellen nicht möglich ist.

5

Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob es unter Aufrechterhaltung der alten Internetseite ausgereicht hätte, nur die Stichworte, Meta-Tags und Google-Adwords – in deren unberechtigter Verwendung eine zu beseitigende Nutzung liegt (OLG Hamburg juris , Urteil v. 6.5.2004, Az.: 3 U 34/02; OLG Celle juris , Urteil v. 20.7.2006, Az.: 13 U 65/06; LG Braunschweig juris , Beschluss v. 28.12.2005, Az.: 9 O 2852/05) – zu löschen. Daran bestehen Zweifel, da ohne Löschung der Ursprungsseite aufgrund der oben beschriebenen Funktionsweise des Internet dem Rechtsverstoß weiterhin Erfolg verliehen wäre, den die Beklagte jedoch – durch komplette Löschung der Seite – hätte verhindern können.

6

Mit vorstehendem Rechtsverständnis ist der Kläger nicht rechtlos gestellt. Seine Klage war allerdings auf das falsche Ziel gerichtet.

7

Aufgrund der unberechtigten Nutzung seines Namens durch die Beklagte stand ihm zumindest ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823 Abs.1, 12 BGB zu. Darauf, ob die bei Klageeinreichung noch vorhandenen Internetverweise eine spürbare Beeinträchtigung des Wettbewerbs darstellten – was der wettbewerbsrechtliche Anspruch erfordert hätten – kommt es mithin nicht an. Der Schadensersatzanspruch verpflichtete die Beklagte zur Herstellung des Zustandes, wie er ohne die wissentlich unberechtigte Namensnutzung bestanden hätte. Der Schadensersatzanspruch richtete sich damit auf Beseitigung aller Folgen aus ihrer rechtwidrigen und schuldhaften Handlung. Dies beinhaltete zumindest, sich nach Kräften um Löschung aller im Internet als Folge ihrer Tat kursierenden Fundstellenverweise bei den jeweiligen Datenbank-betreibern zu bemühen. Soweit diese auf einfache Schreiben nicht reagieren, dürften ihr auch erhebliche Durchsetzungsbemühungen des Löschungsbegehrens abzuverlangen sein. Damit wird der Beklagten nichts unmögliches abverlangt angesichts des Umstandes, dass die Datenbankbetreiber ermittelbar sind. Im Rahmen der Zumutbarkeit ist die Pflicht der Beklagten aufgrund der vorsätzlichen, rechtswidrigen Handlung weit gezogen, da eine unmittelbare Löschung durch den Kläger nicht möglich ist und (s.o.) eine strafbewehrte Unterlassungspflicht die Beklagte nicht trifft, wodurch für den Kläger andere Einwirkungsmöglichkeiten nicht bestehen. Hinsichtlich der Zumutbarkeit ist dabei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte das Namensrecht des Klägers vorsätzlich verletzt hat und dies in einem Medium erfolgte, dass – wie die Beklagte wusste – weltweite Verbreitung hat und in dem sich die einmal in das Netz gestellten Daten auf nicht beherrschbaren Wegen bewegen. Eine Haftungsgrenze wird man daher erst dort festlegen können, wo die Rechtsbeeinträchtigung des Klägers nach Treu und Glauben ein weiteres Verlangen nach schadensbeseitigender Tätigkeit der Beklagten nicht mehr durchsetzbar erscheinen läßt.


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