Urteil vom Landgericht Hamburg (19. Zivilkammer) - 319 O 37/16
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um insolvenzanfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche aufgrund durch die Beklagte im Wege der Zwangsvollstreckung erlangter Befriedigung.
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Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts P. zum Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn J. N. (nachfolgend: Schuldner) bestellt. Die Beklagte betrieb gegen den Insolvenzschuldner die Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Zahlungstitel. Der Insolvenzverwalter erklärte die Anfechtung und forderte Rückgewähr von € 9.812,28 zur Insolvenzmasse.
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Der Kläger trägt vor, er habe den Anteil am Erlös aus dem Verkauf eines jeweils zur Hälfte ihm und seiner Ehefrau gehörenden Grundstücks in einer die Klagforderung übersteigenden Höhe im Jahr 2014 auf ein Konto seiner Ehefrau bei der H. Sparkasse AG einzahlen lassen. Zwischen dem Schuldner und dessen Ehefrau sei vereinbart gewesen, dass die Ehefrau über dieses Kontoguthaben nur nach Weisung des Schuldners verfügen durfte und sollte. Der Insolvenzschuldner habe am 26.6.2015 seine Ehefrau angewiesen, zur Abwendung durch Zwangsvollstreckung einen Betrag von € 9.812,28 an den beauftragten Obergerichtsvollzieher H.-J. W. zu zahlen. Die Ehefrau habe diesen Betrag von ihrem Konto überwiesen. Der Gerichtsvollzieher habe Vollstreckungskosten von € 29,30 einbehalten und restliche € 9.782,98 an die Beklagte weitergeleitet. Zum Zahlungszeitpunkt sei das Guthaben auf dem für die Ehefrau geführten Konto bei der H. Sparkasse in einer die Klagforderung übersteigenden Höhe aus dem in 2014 erfolgten Zufluss aufgrund der Grundstückveräußerung gespeist gewesen. Für die Beklagte sei aufgrund des erteilten Zwangsvollstreckungsauftrages zweifelsfrei erkennbar gewesen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Zahlung um eine Leistung des Schuldners gehandelt habe.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn in dessen Eigenschaft als Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn J. N. € 9.812,28 nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2015 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt
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Klagabweisung.
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Die Beklagte trägt vor, sie habe vom Gerichtsvollzieher nur € 9.782,98 weitergeleitet erhalten.
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Die streitgegenständliche Zahlung sei aus dem Vermögen der Ehefrau des Schuldners gezahlt worden. Aus dem Klägervortrag ergebe sich nicht, dass dem Schuldner bei Vornahme der Zahlung ein Zahlungsanspruch gegen seine Ehefrau zugestanden habe. Der diesbezügliche Klägervortrag zum Einzahlung des Verkaufserlöses auf ein Konto der Ehefrau und zur Vereinbarung, dass über das Kontoguthaben nur nach Weisung des Schuldners verfügt werden sollte, sei unsubstantiiert und wird mit Nichtwissen bestritten. Ebenso wird mit Nichtwissen bestritten, dass die Ehefrau die streitgegenständliche Zahlung auf Weisung des Schuldners erbracht habe und dem Schuldner zu dem Zeitpunkt noch ein Auszahlungsanspruch in dieser Höhe zugestanden habe. Aus dem Umstand, dass die Zahlung im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens erlangt worden sei, folge nicht, dass diese Leistung eine solche des Schuldners gewesen sei.
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Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von € 9. 812,28 nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu.
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Die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind nicht hinreichend spezifiziert dargelegt. Nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte und die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.
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Der Kläger hat trotz richterlichem Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 23.6.2016 (Bl. 34 GA) nicht hinreichend dargelegt, dass die angefochtene Rechtshandlung die Insolvenzgläubiger benachteiligt hat. Der Insolvenzverwalter trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urt. V. 11.5.2000 – IX ZR 262/98, juris). Der Einsatz fremden Vermögens zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Schuldners führt in der Regel nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung (MüKo-Kayser, 3. Aufl., § 129 Rz. 78a). Die streitgegenständliche Zahlung erfolgte vom Konto der Ehefrau des Schuldners Frau G. N. mit der Nr. 1… bei der H. Sparkasse AG. Aus dem Klägervortrag ergibt sich nicht, dass dem Schuldner bei Vornahme der Zahlung ein Zahlungsanspruch gegen seine Ehefrau zugestanden hat. Soweit der Kläger behauptet, der Schuldner habe den hälftigen Erlös aus einem Grundstücksverkauf in einer die Klagforderung übersteigenden Höhe in 2014 auf das Konto von dessen Ehefrau überweisen lassen, und die Ehefrau habe nur nach Weisung des Schuldners darüber verfügen dürfen, ist dieser Vortrag nicht hinreichend spezifiziert. Es wurden weder genaue Daten der einzelnen Handlungen bzw. Vereinbarungen genannt noch genaue Beträge bzw. Kontostände zu den einzelnen Zeitpunkten. Entgegen der Auffassung des Klägers sind konkrete Zahlen schon für die Schlüssigkeit und Nachprüfbarkeit der Angaben von Bedeutung. Die Benennung von Zeugen für diese Vorgänge ersetzt keinen substantiierten Sachvortrag und würde zu einer unzulässigen Ausforschung führen. Durch Vorlage von Kontoauszügen hätte der Kläger seine Angaben nachvollziehbar darlegen können. Auch die Behauptung, es sei sogar im Juli 2015 noch ein Betrag von mehr als € 15.000 auf dem Konto der Ehefrau vorhanden gewesen, den diese an den Kläger ausgekehrt habe, ist nicht durch konkrete Zahlen und Belege nachgewiesen.
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Des weiteren hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass die Ehefrau auf eine fremde Schuld geleistet hat und keine eigene Leistung im Sinne des § 267 BGB erbracht hat. Anfechtbar ist die Zahlung durch einen Dritten nur, wenn der Schuldner den Dritten anweist, die von diesem geschuldete Leistung nicht ihm, sondern einem Gläubiger des Schuldners zu erbringen (vgl. MüKo-Kayser, InsO. 3. Aufl., § 129 Rz. 35). Einen derartigen Sachverhalt hat der Kläger nicht vorgetragen. Aus dem Umstand, dass die Zahlung im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens erlangt wurde, folgt nicht, dass diese Leistung eine solche des Schuldners gewesen ist. Da der Schuldner offensichtlich in Zahlungsschwierigkeiten gewesen war, ist es nicht ungewöhnlich, wenn ein Dritter die Zahlung übernimmt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.
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