Urteil vom Landgericht Hamburg (30. Zivilkammer) - 330 O 488/16

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Feststellung der Wirksamkeit ihres Widerrufs der auf den Abschluss zweier Verbraucherdarlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

2

Die Kläger sind Verbraucher, die Beklagte ist ein Kreditinstitut.

3

Die Kläger schlossen am 29.12.2008 einen notariellen Kaufvertrag über den Erwerb einer Immobilie. Der Kaufpreis war am 01.03.2009 fällig, die Kläger waren auf eine Finanzierung des Kaufpreises angewiesen. Nach einem persönlichen Gespräch mit dem Mitarbeiter K. der Beklagten am 23.12.2008 und einer Besichtigung der zu finanzierenden Immobilie durch einen Gutachter der Beklagten am 03.02.2009 schlossen die Parteien am 06./12.02.2009 einen Darlehensvertrag über eine Darlehenssumme in Höhe von ursprünglich € 120.000,00 mit fünfzehnjähriger Zinsbindung bis 31.01.2024 (Anlage B1). Der Darlehensvertrag enthielt eine Widerrufsbelehrung, die die Kläger am 12.02.2009 zur Kenntnis nahmen und auf deren Wortlaut in Anlage B1 Bezug genommen wird. Da die Kläger die Darlehensvaluta dringend benötigten, verlangten sie von der Beklagten mit dem Zahlungs- und Einzugsauftrag vom 16.02.2009 (Anlage B2) eine Auszahlung der Darlehensvaluta am 23.02.2009, also noch innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist nach Vertragsunterzeichnung am 12.02.2009. Eine solche Valutierung vor Ablauf der Widerrufsfrist erfordert neben der üblichen Bonitätsprüfung einen besonderen Beschluss der Beklagten. Der Beschluss wurde im Sinne des Wunsches der Kläger bewilligt und das Darlehen während der laufenden Widerrufsfrist valutiert.

4

Wegen der von vornherein beabsichtigten Renovierung der Immobilie schlossen die Parteien am 29.04.2009 einen ergänzenden Darlehensvertrag zu gleichen Zinskonditionen über eine Darlehenssumme von weiteren € 55.000,00 (Anlage B3). Auch dieser Darlehensvertrag enthielt eine Widerrufsbelehrung, auf deren Wortlaut in Anlage B3 Bezug genommen wird. Auch dieses Darlehen wurde valutiert.

5

Beide Darlehen wurden durch die Kläger mehr als sieben Jahre lang vereinbarungsgemäß bedient, bis sie mit anwaltlichem Schreiben vom 29.06.2015 (Anlage K3) eine Herabsetzung der Darlehenszinsen von 4,57% auf 1,2% sowie eine neue Zinsbindung bis 31.12.2024 fordern und den Widerruf androhen ließen. Neun Monate nach Androhung des Widerrufs erklärten die Klägervertreter mit Schreiben vom 13.04.2016 (Anlage K5) den Widerruf der auf den Abschluss beider Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

6

Die Kläger meinen, ihr Widerruf sei fristgerecht, denn sie seien nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Die auf dem Postweg übersandten Verträge seien als Fernabsatzgeschäft zu werten. Durch die Fußnote „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ werde der unzutreffende Eindruck erweckt, dass die Widerrufsbelehrung nicht wirksam sei. Zudem seien Angaben zum Datum des Darlehensvertrages und ein Hinweis zu finanzierten Geschäften aufgenommen worden, bei denen es sich um verwirrende Zusätze handele.

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Die Kläger beantragen,

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festzustellen, dass sie ihre Vertragserklärungen zum Abschluss der mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträge mit den Nummern ... vom 12.02.2009 und ... vom 29.04.2009 über EUR 120.000,00 (12.02.2009) und EUR 55.000,00 (29.04.2090) wirksam widerrufen haben und diese sich in Rückgewährschuldverhältnisse umwandelten.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Sie meint, die Widerrufsfrist sei seit langem abgelaufen gewesen, weil die Kläger ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt worden seien. Jedenfalls stehe der Ausübung des Widerrufsrechtes die Einrede der Verwirkung entgegen.

12

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2017.

13

Mit Zustimmung der Parteien hat das Gericht durch Beschlüsse vom 20.04.2017 und 24.05.2017 das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis 30.06.2017 angeordnet.

Entscheidungsgründe

I.

14

Die zulässige Klage ist unbegründet.

15

Der von den Klägern erklärte Widerruf ist gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB unwirksam.

1.

16

Die Kläger sind in beiden Darlehensverträgen ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert worden. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH, Urteil vom 13.01.2009 - XI ZR 118/08, Rn. 14, zitiert nach juris).

17

Diesen Voraussetzungen genügen beide von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrungen.

18

Maßgeblich ist das Widerrufsrecht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der vom 8.12.2004 bis 10.6.2010 geltenden Fassung. Die Widerrufsbelehrungen der Beklagten in den Anlagen B1 und B3 entsprechen diesen Vorgaben. Dies ist durch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg bereits mehrfach entschieden worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auf die in Anlagenkonvolut B7 vorgelegten Urteile des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 10.02.2016 (13 U 107/15) und 09.11.2016 (13 U 92/15).

2.

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Jedenfalls ist die Ausübung beider Widerrufsrechte verwirkt, nachdem die Kläger mit Erklärung vom 16.02.2009 (Anlage K3) die Beklagte erfolgreich zur Valutierung des Darlehens vor Ablauf der Widerrufsfrist veranlassten.

20

Es stellt sich zudem als widersprüchliches Verhalten dar, dass beide Kläger - spätestens - seit der Korrespondenz vom 29.06.2015 ihr Widerrufsrecht kannten, aber die Darlehensraten weiter leisteten und erst Monate später am 13.04.2016 ihr vermeintliches Widerrufsrecht ausübten.

II.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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