Urteil vom Landgericht Hamburg (4. Kammer) - 404 HKO 53/17

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Versicherungsschutz.

2

Die Klägerin betreibt ein Bewachungsunternehmen im Sinne des § 34a GewO. Die Klägerin führt für ihre Kunden mobile Kontrolldienste durch und übernimmt den Werk- und Objektschutz. Die Beklagte war Betriebshaftpflichtversicherer der Klägerin. Es handelte sich dabei um eine Pflichthaftpflichtversicherung i.S.d. § 6 BewachV. Der maßgebliche Versicherungsschein und die dazugehörigen Versicherungsbedingungen stammen vom 9. Januar 2008 (Anlage K1). Wegen der Beschreibung des versicherten Risikos und der Vertragsbedingungen wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. Die aktuelle Vertragssituation ergibt sich aus dem Nachtrag mit der Nr. 017 (Anlage K2).

3

Die Klägerin betreibt seit 1990 ein Bewachungsgewerbe.

4

Im September 2016 schloss die Klägerin insgesamt drei Überwachungsverträge hinsichtlich des Objektes „P. E.“ K. Str. ... / H. Str. ... ,... H.. Die Klägerin schloss diese Verträge mit den in den Klageanträgen zu 1) bis zu 3) bezeichneten Unternehmen. Die von der Klägerin übernommenen Leistungen wurden in dem Vertrag mit dem in Klageantrag zu 1) bezeichneten Unternehmen wie folgt beschrieben:

5

Die Firma W. S. GmbH führt bei einem angekündigten Hochwasser von mindestens 1,5 m über mittlerem Hochwasser (3,5 m über Normalnull) durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) den Verschluss von fünf doppelflügligen Schiebetoren durch. Dieser Versschluss erfolgt durch 2 Sicherheitskräfte, welche nach Ablauf des Hochwassers, die genannten Flutschutzeinrichtungen wieder öffnen.

6

Entsprechende Regelungen – mit geringfügigen Abweichungen in Bezug auf die konkret vereinbarten Maßnahmen zum Schließen der Tore – finden sich in den Verträgen der in den Klageanträgen zu 2) und 3) bezeichneten Unternehmen.

7

Der Abschluss der Verträge wurde der Beklagten nicht angezeigt.

8

Am 27.12.2016 kam es im Verlauf einer Sturmflut zu erheblichen Schäden, weil Wasser in die „P. E.“ eingedrungen war.

9

Die Klägerin macht geltend, von den in den Klageanträgen zu 1) bis zu 5) bezeichneten Unternehmen auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, weil Mitarbeiter der Beklagten beim Verschließen der Flutschutzeinrichtungen fehlerhaft agiert haben sollen. Die Beklagte ist nicht dazu bereit, hierfür Versicherungsschutz zu gewähren und lehnte mit Schreiben vom 22.02.2017 (Anlage K3) die Deckung ab. Auch nach einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 03.03.2017 (Anlage K4) hielt die Beklagte ihre Deckungsschutzversagung aufrecht (Schreiben vom 16.03.2017, Anlage K5)

10

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Beklagte der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren habe, entweder über § 1 Ziff. 2 a) AHB oder über die Vorsorge - Versicherung, § 1 Ziff. 2 c) AHB. Von der zwischen den Parteien abgeschlossenen Haftpflichtversicherung werde der gesamte Umfang der betrieblichen Tätigkeit der Klägerin erfasst. Dazu gehöre auch die von der Klägerin übernommene Tätigkeit der Klägerin im Rahmen des Flutschutzes des vom Wasserschaden betroffenen Gebäudes. Nach dem Wortlaut des Versicherungsvertrages bestehe Versicherungsschutz für jedweden Bewachungsauftrag, welcher der Klägerin erteilt werde. Zwar weise die Beklagte zutreffend darauf hin, dass eine spezielle Gefahr zusätzlich versichert worden sei, die weiterreiche als der Versicherungsschutz, der über die allgemeinen Versicherungsbedingungen zu erzielen wäre. Der Versicherungsschutz sei also erweitert worden. Zu Unrecht meine die Beklagte, das Wagnis des Katastrophenschutzes gegen Sturmflut sei nicht versichert. Wenn der Bewachungsauftrag vom Auftraggeber so definiert werde, dass die Klägerin die Immobilie zu bewachen und vor den Folgen einer Katastrophe zu schützen habe, so obliege es der Beklagten, in ihren Versicherungsbedingungen klarzustellen, dass nur für ganz bestimmte Bewachungsverträge Versicherungsschutz gewährt werden solle. Zweifel gingen zu Lasten der Beklagten. Wenn die Beklagte über besondere Bedingungen Versicherungsschutz anbiete für Folgen aus einer Naturkatastrophe, könne die Beklagte über allgemeine Bedingungen diesen Versicherungsschutz nicht wieder aushöhlen.

11

Die Klägerin erwarte von der Beklagten nicht eine bestimmte Zahlung, sondern begehre lediglich, dass die Beklagte für die konkreten Fälle Versicherungsschutz gewähre, indem sie die Klägerin von Schadensersatzansprüchen freihalte oder aber die geltend gemachten als unbegründet zurückweise.

12

Die Klägerin beantragt,

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1. die Beklagte aus der Haftpflichtversicherung mit der Versicherungsscheinnummer:... der Klägerin wegen der Inanspruchnahme durch die H. H. G. GmbH, D. Str. ... ,... H. aus dem Schadenereignis vom 27.12.2016 Versicherungsschutz zu gewähren hat;

14

2. die Beklagte aus der Haftpflichtversicherung mit der Versicherungsscheinnummer:... der Klägerin wegen der Inanspruchnahme durch die B. V., A. Str. ... ,... M. aus dem Schadenereignis vom 27.12.2016 Versicherungsschutz zu gewähren;

15

3. die Beklagte aus der Haftpflichtversicherung mit der Versicherungsscheinnummer:... der Klägerin wegen der Inanspruchnahme durch F. M. GmbH, C. ... ,... H. aus dem Schadenereignis vom 27.12.2016 Versicherungsschutz zu gewähren hat;

16

4. die Beklagte aus der Haftpflichtversicherung mit der Versicherungsscheinnummer:... der Klägerin wegen der Inanspruchnahme durch I. I. F. D. GmbH, B. Str. ... ,... H1 aus dem Schadenereignis vom 27.12.2016 Versicherungsschutz zu gewähren hat;

17

5. die Beklagte aus der Haftpflichtversicherung mit der Versicherungsscheinnummer:... der Klägerin wegen der Inanspruchnahme durch Firmin C. K., H. Str. ... ,... H. aus dem Schadenereignis vom 27.12.2016 Versicherungsschutz zu gewähren hat

18

sowie

19

6. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägervertreter in Höhe von 16.089,50 € freizuhalten.

20

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

22

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz zu.

23

Die Klägerin habe im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung „Bewachungsgewerbe plus“ das Wagnis ihrer gewerblichen Tätigkeit als Bewachungsunternehmen mit Einbruchmeldeanlagenzentrale versichert. Das Wagnis des Katastrophenschutzes gegen Sturmfluten sei nicht versichert (Grundsatz der Spezialität der versicherten Gefahr). Ein Sturmflutschaden sei als Elementarschaden nicht versicherbar und daher nicht von dem Deckungsschutz umfasst (Teil V u. II Zi ff.4.02 Bewachungspolice Plus, nachfolgend: BPP).

24

Mitnichten gehe es um einen Sachschaden im Bereich von 3.000.000,00 €. Die Klägerin verkenne die vereinbarten Höchstgrenzen: 12.500,00 € für reine Vermögensschäden, 15.000,00 € für abhanden gekommene bewachte Sachen und 1.000.000,00 € für Sachschäden. Um welche Schadensart es geht, lege die Klägerin nicht dar.

25

Der Klägerin fehle es bereits an einem berechtigten Feststellungsinteresse für die Feststellungsanträge zu 1. - 5. Der streitgegenständliche Flutschaden sei nur einmal entstanden. Die Klägerin sei denknotwendig lediglich einem einzigen möglichen Schadenersatzanspruch wegen des einzelnen Flutschadens ausgesetzt. Bei der zu Ziff. 1 benannten Vereinigung (B. V.) scheine es sich - nach Presseberichten - um den ursprünglichen Gebäudeeigentümer zu handeln. Bei den in zu Ziff. 2, 4 und 5 benannten Gesellschaften scheine es sich um Mieter oder Wohnungseigentümer der E. zu handeln. Die zu Ziff. 3 benannte F. GmbH sei nach Kenntnis der Beklagten Verwalterin der WEG H. Str... / K. Str... . Die WEG dürfte über eine Gebäudeversicherung verfügen, die Mieter über eine Inhalts- und Unterbrechungsversicherung. Aufgrund der kargen klägerischen Sachverhaltsschilderung könne die Beklagte nur vermuten, dass die vorgenannten Versicherer in die Regulierung eingetreten seien, sodass die ernsthafte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der in zu Ziff. 2., 4 und 5. benannten Firmen gegenüber der Klägerin nicht zu besorgen sei. Allenfalls sei damit zu rechnen, dass die Versicherer, die in die Schadenabwicklung eingetreten seien, versuchen würden, Rückgriff bei der Klägerin zu nehmen (§ 86 VVG). Dies rechtfertige jedoch nicht ein berechtigtes Feststellunginteresse für die angekündigten Feststellungsanträge zu 1. - 5. Der Verwalterin zu 3) stünden keine eigenen Ansprüche zu. Die Klägerin müsste jedenfalls nicht zweimal auf denselben Schaden zahlen. Insoweit bestehe kein Feststellungsinteresse.

26

Die Klage sei zudem unbegründet, da der Überschwemmungsschaden nicht zu den von dem Versicherungsschutz gedeckten Tätigkeiten der Klägerin zähle. Das versicherte Wagnis einer Betriebshaftpflichtversicherung bilde grundsätzlich lediglich die im Versicherungsschein angegebenen Eigenschaften, Rechtsverhältnisse oder Tätigkeiten des Versicherungsnehmers ab. In den Schutzbereich fielen die Tätigkeiten, die im inneren ursächlichen Zusammenhang mit dem versicherten Betrieb stehen, wenn das zu deckende Wagnis betriebsbezogen sei. Der Versicherer übernähme nicht das Allgefahrenrisiko. Der Versicherer prüfe vielmehr die Beschreibung des Betriebes durch den VN und entscheide dann, ob er das Risiko dieses Betriebes überhaupt versichern wolle und wenn ja, zu welchen Bedingungen und Beiträgen. Deshalb komme es auf die abschließende und möglichst genaue Beschreibung des Betriebes und damit des eingegangenen Wagnisses an. Dessen wären sich die Vertragsparteien auch wohl bewusst gewesen. Die im Versicherungsschein vom 09.01.2008 enthaltene Beschreibung des versicherten Risikos „Betriebshaftpflicht- und Umwelthaftpflicht - Basis- und Regressversicherung für ein Überwachungsunternehmen mit Einbruchmeldeanlagezentrale (ohne Personenüberwachung und ohne Überwachung militärischer Anlagen)“ decke den Katastrophenschutz nicht ab. Dass sich die Parteien der abschließenden Regelung über das versicherte Wagnis im Versicherungsschein bewusst gewesen wären, zeige auch, dass besondere Beiträge und besondere Bedingungen für besondere Gefahren vereinbart worden wären, etwa im Versicherungsschein vom 09.01.2008:

27

„Abweichend von den Vertragsversicherungssummen gelten für die Überwachung der B. N. in F. und des B1 N. in B. B. folgende Versicherungssummen:

28

- 3.500.000 € für Personenschäden
- 2.000.000 € pauschal für Sach- und Vermögensschäden

29

Darüber hinaus wäre sich die Klägerin auch wohl bewusst gewesen, dass sie sowohl vertraglich als auch gesetzlich (§ 23 f. VVG) dazu verpflichtet gewesen sei, neue und höhere Gefahren der beklagten Versicherung anzuzeigen und gegen Vereinbarung eines erhöhten Versicherungsbeitrages mit- bzw. nachzuversichern. Dies habe sie jedenfalls noch mit Nachtrag-Nr. 017 vom 04.05.2015 durch folgende zusätzliche vertragsändernde Vereinbarung vom 04.05.2015 gezeigt, die da laute:

30

„Abweichend von den Vertragsversicherungssummen gelten für das Objekt I. M. M., H., folgende Versicherungssummen Betriebshaftpflicht: (Nachtrag-Nr. 017 vom 04.05.2015, Anlage K 2).

31

Dass es sich bei der Flutschutztätigkeit nicht um eine Überwachungstätigkeit und schon gar nicht um eine Alarmüberwachungstätigkeit handelt, zeige der Umstand, dass die Klägerin mit der P. E. eine zusätzliche Vereinbarung zu dem Alarmüberwachungsvertrag hinsichtlich des Flutschutzes getroffen habe (Beweis: Zusatzvereinbarung zum Alarmüberwachungsvertrag vom 12.09.2016, Anlage B 1). Diese Zusatzvereinbarung wäre überflüssig, wenn der Hochflutschutz bereits zum klassischen Überwachungsgewerbe gehört hätte. Wenn die Klägerin tatsächlich überobligatorisch und über den vereinbarten Alarmüberwachungsvertrag hinaus Flutschutztätigkeiten übernähme, so sei dies allein ihr Wagnis. Wenn sie dieses zusätzliche Wagnis versichert wissen wolle, müsse sie eine dementsprechende Zusatzvereinbarung treffen. Allein durch die tatsächliche erweiterte Risikoübernahme könne sie dem Versicherer keinen erweiterten Versicherungsschutz aufzwingen.

32

Abgesehen davon, dass die Flutschutztätigkeit nicht zur versicherten Tätigkeit der Alarmüberwachung zähle, greife der Ausschlusstatbestand für Überschwemmungsschäden nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 AHB. Nach § 4 Abs. 1 Ziff. 5 der vereinbarten AHB bestünden keine Haftpflichtansprüche aus Sachschaden, welcher entstehe durch allmähliche Einwirkung der Temperatur von Gasen, Dämpfen oder Feuchtigkeit, von Niederschlägen (Rauch, Ruß, Staub und dgl.). Ferner durch Abwässer, Schwammbildung, Senkung von Grundstücken, auch eines darauf errichteten Werkes oder eines Teiles eines solchen), durch Erdrutschungen, Erschütterungen in Folge Rammarbeiten, durch Überschwemmungen stehender oder fließender Gewässer, sowie aus Flurschaden durch Weidevieh und aus Wildschaden. Der streitgegenständliche Flutschaden stellt sich als Überschwemmung i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 5 AHB dar. Ausgeschlossen seien Schäden durch Überschwemmung stehender oder fließender Gewässer. Gewässer können dabei natürlich (Meer, See, Fluss) als auch künstlich angelegt sein (Stausee, Kanal, Klärteich, Badeanstalt). Das Wasser müsse nur über die Ufer der Gewässer getreten sein. Die Bedingung sei entgegen klägerischer Ansicht keineswegs unwirksam. Richtig sei, dass das OLG Nürnberg (Urt. V. 20.12.2001 – 8 U 2497/01 NVersZ 2002, 282) in einer einzelnen Ausreißerentscheidung darauf erkannt habe, dass die Bedingung für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer unklar und unverständlich sei. Selbst wenn man mit dem OLG Nürnberg die Umschreibung der Allmählichkeitsschäden für unklar halten wolle, führe dies jedoch keineswegs zur Gesamtunwirksamkeit des § 4 Abs. 1 Nr. 5 AHB. Lasse sich eine allgemeine Geschäftsbedingung bzw. Versicherungsbedingung ohne weiteres in zwei unabhängige Teile aufteilen, so bleibe die von der Unwirksamkeit nicht betroffene Restklausel wirksam, wenn sie nach ihrem Wortlaut aus sich heraus sinnvoll und verständlich sei.

33

Die Klage sei vollumfänglich – und nicht nur begrenzt auf den Ausschluss von Sachschäden – abzuweisen. Eine Tenorierung unter Ausschluss von Sachfolgeschäden verbiete sich zum einen deshalb, da die Klägerin solche gar nicht erst behaupte. Sachfolgeschäden würden zudem von dem Ausschlusstatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 5 AHB mitumfasst (BGH r+s 1990, 265; BGH VersR 1959, 174(175); OLG München, VersR 1952, 270; Lücke, in Prölss/Martin, WG, a a.O., AHB Ziff. 7 Rn. 113; Halm/Fitz, in: Staudinger/Halm/Wendt, WG, 2. Aufl., 2017, AHB 2008 Ziff. 7 Rn. 35.)

34

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

35

Die Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage kann dahinstehen, denn die Klage hat in der Sache keinen Erfolg

36

Zwar ist die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrages verpflichtet, der Klägerin Versicherungsschutz für Haftpflichtschäden zu gewähren, die von Dritten gegenüber der Klägerin im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeit erhoben werden. Wird der Versicherungsnehmer, wie hier die Klägerin, in seiner Eigenschaft als Betriebsinhaber von einem Dritten in Anspruch genommen, dann fällt das behauptete Schadensereignis ohne weiteres in die Haftpflicht aus dem Betrieb und damit unter das versicherte Risiko, gleichgültig, ob derjenige, der den Schaden verursacht haben soll, in Ausführung dienstlicher Verrichtungen gehandelt hat oder, denn der Haftpflichtversicherer hat auch unbegründete Ansprüche abzuwehren (Prölls/Martin-Lücke, VVG, 30.Aufl., § 102 Rdnr. 5). Im Übrigen zählt das Tätigkeitwerden der Klägerin im Zusammenhang mit dem Schließen von Flutschutztoren bei drohender Überschwemmungsgefahr zu den dienstlichen Verrichtungen im Rahmen der übernommenen Bewachungstätigkeit und hat keinen anderen Stellenwert als das Schließen von Fenstern oder Türen zur Abwehr anderer Gefahren.

37

Einem Anspruch der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag steht jedoch der Ausschlusstatbestand des § 4 I Nr. 5 AHB entgegen. Der Wassereintritt in das betroffene Gebäude, für das die Klägerin gemäß Vereinbarungen aus dem September 2016 das Schließen der Flutschutztore übernommen hatte, beruhte, das ist zwischen den Parteien nicht strittig, auf einer „Überschwemmung stehender oder fließender Gewässer“ im Sinne von § 4 I Ziff. 5 der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB). Eine Überschwemmung in diesem Sinne liegt vor, wenn das Wasser aus dem Bett des Gewässers tritt und das anliegende Gelände überschwemmt (BGH, VersR 1959, 79, 80). Dies war nach dem durch die Sturmflut vom 27.12.2016 auslösten Hochwasser der Elbe und der damit verbundenen Überflutung des Geländes in der Hafencity der Fall. Ob für den gegenständlichen Überschwemmungsschaden durch das Eindringen des Wassers in das Gebäude ein fehlerhaftes Handeln der Mitarbeiter der Klägerin mitursächlich war, ist für das Eingreifen des Risikoausschlusses von Überschwemmungsschäden nicht von Bedeutung (vgl. nur Späte/Schimikowski-Hardorf-Gebhardt, Haftpflichtversicherung, 2. Aufl., zu AHB 7 Rdnr. 412 f. m.w.N).

38

Der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Ziffer 5 AHB stellt in Bezug auf den Risikoausschluss für Überschwemmungen keine überraschende Klausel im Sinne des § 305 c BGB dar, da sie nicht ein typisches Risiko aus dem Betrieb eines Bewachungsunternehmens ausschließt. Sie ist weder objektiv ungewöhnlich noch war - aus der Sicht des Durchschnittskunden - nach den Umständen des Vertrages vernünftigerweise nicht mit ihr zu rechnen. Der Sinn und Zweck des § 4 I Nr. 5 AHB liegt neben der Absicherung vor tendenziell vorhandenen Beweisschwierigkeiten vor allem auch in der Möglichkeit von schwer oder unkalkulierbaren Katastrophenschäden (BGH VersR 1956, 789, 790). Dass Schadensfälle, die hinsichtlich ihrer Art und Entwicklung potentiell oder tatsächlich derart unberechenbar sind, dass sie nicht zu dem für gewöhnliche Haftpflichtgefahren kalkulierten Versicherungsbeitrag gedeckt werden können, wie dies für alle Risikotatbestände des § 4 Abs. I Nr. 5 AHB der Fall ist (OLG Koblenz VersR 2004, 724, 725), von dem allgemeinen Deckungsumfang der Haftpflichtversicherung ausgeschlossen sind, ist nicht ungewöhnlich (OLG Saarbrücken, Urteil vom 08. September 2004 – 5 U 21/04-, Rn. 26, juris).

39

Der von der Klägerin angeführte Einwand, dass es sich bei Schäden durch Eintritt von Wasser um ein „typisches Risiko“ des Bewachungsgewerbes, mit dessen Ausschluss die beteiligten Verkehrskreise nicht zu rechnen brauchen, handelt, überzeugt nicht. Der grundsätzliche Ausschluss von Haftpflichtansprüchen wegen Überschwemmungsschäden entfällt gemäß § 4 I AHB nur, wenn im Versicherungsschein nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Selbst wenn das Überschwemmungsrisiko zu den normalen Betriebsgefahren des versicherten Unternehmens gehört, ist, wie der Bundesgerichtshof (zum Tiefbauunternehmen) schon entschieden hat (VersR 1951, 79), nicht davon auszugehen, dass dieses Risiko auch vom Versicherungsschutz umfasst werden müsse. Die Ausschlussklausel kommt sogar zur Anwendung, wenn allgemein die Haftpflicht aus der Benutzung von Wasserläufen im versicherten Betrieb eingeschlossen ist (OLG Hamm, VersR 1960, 697, 698). Für ein Bewachungsunternehmen, wie es die Klägerin betreibt, muss dies umso mehr gelten, denn dass im Betrieb eines Bewachungsunternehmens Haftpflichtschäden durch Überschwemmungen verursacht werden, ist für diese Tätigkeit gerade nicht charakteristisch. Auch für die Klägerin war die in der Police (Anl. K 1 S. 9) vollständig abgedruckte Klausel bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs als Risikoausschlussklausel für Überschwemmungsschäden deutlich zu erkennen. Die Zusammenfassung der verschiedenen ausgeschlossenen Risiken in § 4 I Nr. 5 AHB, auch der „Allmählichkeitsklausel“, ändert daran nichts.

40

Das Gericht vermag auch den von der Klägerin vorgetragenen Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 4 I Nr. 5 AHB nicht zu folgen.

41

Der gewerbeordnungsrechtlichen Verpflichtung zum Nachweis einer Haftpflichtversicherung (§ 34 a Abs. 1 Nr. 4 GewO) genügt die Klägerin durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung. Dass sich die Versicherung in Umfang und Bestand an den allgemein gültigen Regeln der AHB in Bezug auf Risikoausschlüsse orientiert, liegt in der Natur der Sache. Im Übrigen ist die Frage, mit welchem Inhalt ein Versicherungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist, nicht danach zu beurteilen, welchen Versicherungsumfang die Klägerin gewerberechtlich abzudecken verpflichtet war. Bei Abschluss des Versicherungsvertrages im Jahre 2008 gehörte die Flutschutztätigkeit offenbar noch nicht zu den im klägerischen Betrieb anfallenden Verrichtungen, so dass seinerzeit auch keine Notwendigkeit bestand, die Vereinbarkeit des Risikoausschlusses für Überschwemmungsschäden im Hinblick auf die betriebliche Tätigkeit zu problematisieren. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn die Klägerin die im Jahre 2016 der Beklagten die zusätzlich übernommenen Aufgaben der Gebäudeabsicherung zum Schließen der Flutschutztore angezeigt hätte, kann dahinstehen, denn dies war unstreitig nicht der Fall.

42

Eine Unwirksamkeit von § 4 I Nr. 5 AHB in Bezug auf die Zusammenfassung von Überschwemmungsschäden und Allmählichkeitsschäden in derselben Klausel ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Soweit in der Rechtsprechung Bedenken gegen Wirksamkeit des Ausschlusses eines "Allmählichkeits-Schadens" erhoben sind, beruhte dies auf Annahme eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot (OLG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2001, 8 U 2497/01 – Rdnr. 10 ff. juris). Dies betrifft aber nicht den in § 4 I Nr. 5 AHB ebenfalls geregelten Ausschluss von Haftpflichtansprüchen in Bezug auf Schäden durch Überschwemmungen. Denn diese Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres verständlich, denn sie führt dem Versicherungsnehmer klar und deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang sein Versicherungsschutz trotz der Klausel noch besteht.

43

Ebenso stehen der Anwendung von § 4 I Nr. 5 AHB nicht die Risikoausschlüsse der in der Police abgedruckten Bedingungen für die Bewachungshaftpflichtversicherung (Anl. K 1 S. 32 ff) entgegen. In Ziff. 1 von Teil V. ist unter der Überschrift „Versicherungsschutz“ ausdrücklich erwähnt, dass der Versicherungsschutz durch die Bewachungshaftpflichtversicherung im Rahmen der AHB versichert ist. Die in Ziff. 4.02. aufgeführten „Nicht versicherbare(n) Risiken“ (Anl. K 1, S. 35) betreffen gemäß lit. b) zwar auch Schäden durch höhere Gewalt, soweit „sich elementare Naturkräfte ausgewirkt haben“ und könnten, sofern sie vorlägen, dem Risikoausschluss des § 4 I Nr. 5 AHB vorgehen. Daraus lässt aber nicht ableiten, dass unterhalb der Schwelle eines durch „höhere Gewalt“ verursachten Wasserschadens, etwa durch eine vom Versicherungsnehmer verursachte Überschwemmung die AHB keine Geltung mehr haben sollen. Die in Ziff. 4.02. aufgeführten Risiken betreffen besondere – nicht beherrschbare – Gefahrenlagen wie Krieg, Aufruhr oder eben die Verwirklichung elementarer Naturkräfte und stellen damit weder eine spezielle noch eine abschließende Regelung für allgemein er auf einer Überschwemmung beruhende Wasserschäden dar.

44

Da die Klägerin nicht vorgetragen hat, dass durch das Eindringen von Wasser in das versicherte Objekt neben Sachschäden auch Vermögensschäden eingetreten sind, die nicht unter den Ausschluss des § 4 I Nr. 5 AHB fielen, hatte die Klage insgesamt keinen Erfolg. Zwar schließt § 4 I Nr. 5 AHB nur die Haftung für Sachschäden aus. Dazu zählen aber, wie die Beklagte unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung zutreffend eingewandt hat, auch Vermögensschäden, die auf Sachschäden beruhen.

45

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

46

[Hinweis der Dokumentationsstelle: Der Berichtigungsbeschluss wurde in den Entscheidungstext eingearbeitet.

47

Beschluss vom 14.06.2018

48

Auf Antrag der Beklagten wird der Tatbestand des Urteils vom 16.05.2018 auf Seite 3 im 2. Absatz dahin ergänzt, dass nach dem Satz :

49

„Der maßgebliche Versicherungsschein und die dazugehörigen Versicherungsbedingungen stammen vom 9. Januar 2008 (Anlage K1).“

50

folgender Satz eingefügt wird:

51

Wegen der Beschreibung des versicherten Risikos und der Vertragsbedingungen wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.]

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