Urteil vom Landgericht Hamburg (10. Zivilkammer) - 310 O 62/20

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Haft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen ohne die Einwilligung des Klägers die nachfolgend eingeblendete und in Anlage K1 wiedergegebene Fotografie öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu vervielfältigen:

Bild entfernt

ohne den Kläger als Urheber der Fotografie zu nennen und ohne auf die der Nutzung der Fotografie zugrundeliegende Creative Commons Lizenz unter https://c..w..org/w/... zu verweisen, wenn dies geschieht wie

- auf der Internetseite https://d.-p..de/ unter der URL https://d.-p..de/... wie in der Anlage K24 abgebildet, sowie unter der URL https://d.-p..de/... wie in der Anlage K28 abgebildet,

- sowie über die Suchmaschine „Bing" unter der URL https://www.bing.com/ bei Eingabe des Suchbegriffes „d.p....", wie in der Anlage K25 abgebildet.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.000,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.12.2019 zu zahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.500,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.03.2020 zu zahlen.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.03.2020 zu zahlen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

VI. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 EUR im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

VII. Der Streitwert wird auf EUR 30.500 festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung eines von ihm erstellten Architekturfotos ohne Urheberbenennung und ohne Hinweis auf die Lizenzbedingungen in Anspruch sowie auf Zahlung zweier Vertragsstrafen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

2

Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Fotograf. Die Beklagte, die D. G. f. P. e.V. ( D.), ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, dessen Vereinszweck die Förderung von Pflegewissenschaft und -forschung, insbesondere durch Unterstützung des diesbezüglichen wissenschaftlichen Diskurses, ist.

3

Der Kläger ist Urheber des aus dem Tenor zu I. ersichtlichen Lichtbildwerks der Landesvertretung Nordrhein-Westfalens beim Bund, das sich aus verschiedenen einzelnen Aufnahmen zusammensetzt, die sukzessive auf eine einzelne Platte belichtet wurden, während die Kamera unverändert auf einer Stelle stand.

4

Der Kläger gestattete auf besonderen Wunsch seines damaligen Auftraggebers, dass eine Verwendung der Fotografie auch im Rahmen der Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ zulässig ist. Fotografien, die dort Verwendung finden, werden über die Plattform „Wikimedia" unter einer sog. „Creative Commons“-Lizenz zur Verfügung gestellt. Im Rahmen dieser Lizenz ist eine Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung ausdrücklich nur erlaubt, wenn der Verwender eine entsprechende Urhebernennung vornimmt, konkret unter Linksetzung auf die Creative Commons-Lizenz verweist sowie angibt, ob Änderungen an dem Werk vorgenommen wurden. Diese Angaben sind in einer Weise vorzuhalten, die nicht fälschlicherweise den Eindruck erweckt, der Lizenzgeber unterstütze den konkreten Verwender oder dessen Werknutzung (vgl. Lizenzerläuterungen in Anlage K 11).

5

Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte mehrfach das streitgegenständliche Lichtbildwerk rechtsverletzend genutzt hat, d.h. ohne Benennung des Klägers als Urhebers und ohne Hinweis auf die Lizenzbedingungen, und das auch nach Abgabe zweier strafbewehrter Unterlassungsverpflichtungserklärungen.

6

So stellte der Kläger im Oktober 2019 fest, dass die Beklagte das Lichtbildwerk auf ihrem Internetauftritt verwendete, ohne den Kläger als Urheber der Fotografie zu benennen oder auf die der Verwendung zugrundeliegende Creative Commons-Lizenz zu verweisen und zwar unter der URL https://d.-p..de/... (vgl. Anlage K 13). Der Kläger beanstandete dies per E-Mails am 21.10.2019 (Anlage K 14), in welcher er ausführte:

7

Zu keinem Zeitpunkt hatte ich Ihnen gegenüber oder Dritten mein Einverständnis mit der Nutzung dieser Aufnahme auf der Ihrer Webseite unter [....] erklärt.

8

Natürlich hatte ich Ihnen gegenüber auch nicht mein Einverständnis für die Nutzung der Aufnahme ohne Angabe des Urhebers gegeben.

9

Am 23.10.2019 meldete sich eine Mitarbeiterin der Beklagten und behauptete, eine Nennung des Klägers sei im Impressum des Internetauftritts erfolgt und sie hätten diese Angaben zur Urheberschaft jetzt auch unter dem Bild ergänzt (Anlage K 15). Die Auslegung dieser E-Mail steht zwischen den Parteien im Streit - nicht im Streit steht zwischen den Parteien, dass zum Zeitpunkt der Ermittlung des Verstoßes durch den Kläger im Impressum der Webseite der Beklagten kein Hinweis auf den Kläger vorhanden gewesen ist.

10

Der Kläger wandte sich daraufhin mit E-Mail vom 23.10.2019 an die Beklagte und forderte die Abgabe einer Unterlassungserklärung auf der Basis der von ihm vorformulierten Unterlassungserklärung (Anlage K16).

11

Hierauf meldete sich eine  M. Anwaltskanzlei für die Beklagte und kündigte eine Überprüfung der vorgeschlagenen Unterlassungserklärung binnen sieben Tagen an. Zudem wurde die Entfernung des klägerischen Lichtbildwerkes von der Homepage der Beklagten bestätigt. Mit Schreiben vom 28.10.2019 gab die Beklagte sodann eine Unterlassungserklärung nebst einem festen Vertragsstrafeversprechen - wie vom Kläger vorformuliert - in Höhe von 5.500,00 Euro je Zuwiderhandlung ab (Anlage K 18), die der Kläger annahm.

12

Am 19.11.2019 stellte der Kläger fest, dass das streitgegenständliche Lichtbildwerk auch weiterhin über den Internetauftritt der Beklagten abrufbar war, konkret unter der URL https://d.-p..de/... (vgl. Anlage K 28).

13

Auf die erneute Aufforderung zur Abgabe einer verschärften Unterlassungserklärung gab die Beklagte zunächst unter dem 25.11.2019 eine Unterlassungserklärung mit einem festen Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 6.000,00 Euro ab und räumte sich einseitig eine Aufbrauchfrist bis zum 02.12.2019 ein. Damit zeigte sich der Kläger nicht einverstanden. Die Parteivertreter einigten sich für die Parteien anschließend telefonisch auf die Abgabe einer erneuten Unterlassungserklärung mit einer erhöhten Vertragsstrafe von 7.000 Euro und auf eine Umsetzungsfrist bis zum 06.12.2019. Die Beklagte gab daraufhin mit Schriftsatz vom 29.11.2019 eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (vgl. Anlage K 22), die der Kläger mit Schriftsatz vom gleichen Tag annahm (Anlage K 23). Der Beklagtenvertreter erklärte bezugnehmend auf die telefonische Einigung ferner Folgendes:

14

Unsere Mandantin zahlt - ohne Präjudiz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - an Ihren Mandanten einen Betrag in Höhe von 7.000 EUR zur Gesamtabgeltung aller wechselseitigen Ansprüche. Davon unberührt ist die die folgende, hier abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung [..]

15

Die Beklagte zahlte daraufhin an den Kläger 7.000 EUR.

16

Der Kläger stellte im Dezember 2019 nach Ablauf der eingeräumten Aufbrauchfrist fest, dass das streitgegenständliche Lichtbildwerk zu diesem Zeitpunkt auch weiterhin ohne Urhebernennung über den Internetauftritt der Beklagten abrufbar war und zwar unter der URL https://d.-p..de/... (vgl. Anlagen K 24 und K 25).

17

Der Kläger ließ die Beklagte daraufhin am 12.12.2019 durch seine Prozessbevollmächtigen zur Abgabe einer weiteren Unterlassungserklärung auffordern sowie zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 14.000 EUR. Die Beklagte lehnte dies ab und bot eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1.500 EUR (vgl. Anlagen K 26 und K 27).

18

Mit seiner am 12.03.2020 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung der Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung des von ihm erstellten Lichtbildes ohne Urheberbenennung und ohne Hinweis auf die Lizenzbedingungen in Anspruch sowie auf Zahlung der Vertragsstrafenbeträge aus beiden Unterlassungsverträgen und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

19

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe ihn in ihrer ersten Antwort auf seine Beanstandung über die angebliche Urheberbenennung im Impressum getäuscht. Tatsächlich sei er eben nicht bereits im Impressum der Beklagten als Urheber benannt gewesen. Die Rechteeinräumung auch der Creative Commons-Lizenz erfolge jedoch ausschließlich bei Einhaltung der jeweiligen Lizenzbedingungen, insbesondere der Urheberkennzeichnung; diese habe die Beklagte nicht eingehalten.

20

Der Kläger behauptet weiter, die Lizenzgebühren für das streitgegenständliche Bild lägen mit 1.250 EUR pro Foto im unteren Lizenzbereich und erheblich unterhalb seiner durchschnittlichen Lizenzpraxis. Er trägt umfangreich zu seiner bisherigen Lizenzierungspraxis vor (vgl. Replik vom 19.10.2020, S. 3 ff., und Anlagenkonvolut K 12, dort insbesondere L11 und L22).

21

Der Kläger macht geltend, er könne aufgrund der erneuten Verletzungen eine gerichtliche Titulierung der Unterlassungspflicht begehren (Antrag zu I.). Er bestreitet, die Einschaltung der von der Beklagten genannten Agentur und den Vortrag zur Löschung des Bildes.

22

Der Kläger ist der Ansicht, die vereinbarte Schadensersatzsumme habe sich nur auf die beiden URLS bezogen: https://d.-p..de/... und https://d.-p..de/... . Er sei daher berechtigt, auch für die nachträglich von ihm festgestellte, nach Abschluss des ersten, aber vor Abschluss des zweiten Unterlassungsvertrages begangene Verletzungshandlung unter der URL https://d.-p..de/... (vgl. Anlagen K 28 und K 28a) die Vertragsstrafe aus dem ersten Unterlassungsvertrag zu fordern (Antrag zu III.). Er behauptet, er habe die Verletzung am 29.11.2019 festgestellt, der Upload sei aber bereits im Jahre 2018 erfolgt.

23

Er ist weiter der Ansicht, aufgrund der Verletzung im Dezember 2019 könne er die Vertragsstrafe aus dem zweiten Unterlassungsantrag verlangen (Antrag zu II.). Die Verletzung im Dezember 2019 sei durch ein PDF über gängige Suchmaschinen, wie Bing, problemlos auffindbar gewesen, beispielsweise durch Eingabe des Namens der Beklagten (vgl. Anlagen K 24, K 24a und K 25).

24

Er ist schließlich der Ansicht, aufgrund der neuerlichen Verletzung im Dezember 2019 habe er seine Prozessbevollmächtigen einschalten dürfen, deren Gebühren sich nach einem Unterlassungswert von 18.000 EUR und eines Vertragsstrafenwertes von 14.000 EUR, mithin nach 32.000 EUR, berechneten und von der Beklagten zu erstatten seien (Antrag zu IV.).

25

Der Kläger beantragt:

26

wie erkannt

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Klage abzuweisen,

29

Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe das streitgegenständliche Bild in der von dem Beklagten tatsächlich auch verwendeten geringen Größe und Auflösung unter die CC-BY-SA Lizenz gestellt. Das so veröffentlichte und von der Beklagten verwendete Bild habe über eine Auflösung von 800 × 431 Pixel verfügt, also 0,345 Megapixel, was im komprimierten .jpg-Format einer Dateigröße von lediglich 324 Kilobyte entspreche; zum Vergleich generierten moderne Smartphones Aufnahmen mit 12 Megapixel. Die Verwendung durch die Beklagte sei also mitnichten vergleichbar mit der normalen Nutzung, für welche die Kunden des Klägers vier- bis fünfstellige Beträge aufbrächten. Die von dem Kläger nach seinem Vortrag üblicherweise erzielten Einnahmen seien auch deshalb nicht maßgeblich, da der Kläger einer kostenlosen Nutzung seines Bildes zugestimmt habe (vgl. Anlage K 12). Die Lizenzierung unter der CC-BY-SA 2.0 sei nach eigener Aussage des Klägers bereits über die Geschäftsbeziehung zum Architekturbüro P. abgegolten.

30

Die Beklagte ist der Ansicht, nicht sie habe den Kläger, sondern der Kläger habe sie mit der ersten Berechtigungsanfrage getäuscht, weil er nicht auf die Lizenzierung nach Wiki Commons hingewiesen habe, sondern es so dargestellt habe, als sei die Nutzung insgesamt und gänzlich rechtswidrig. Aus diesem Grund erklärt sie die Anfechtung der abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärungen wegen Täuschung, da der Kläger irrig den Eindruck erweckt habe, die gesamte Nutzung sei rechtswidrig, nicht nur die unterlassene Urheberbenennung.

31

Die Beklagte meint, die feste Vertragsstrafe sei in beiden Unterlassungserklärungen zu hoch angesetzt und gemäß § 307 Abs.1 BGB unwirksam, da sie die Beklagte unangemessen benachteilige. Das Bild sei in einem Archivartikel auf der Webseite der Beklagten verwendet worden, nicht etwa auf deren Homepage oder Landing Page, sowie in einem veralteten Flyer. Die Gefährlichkeit für den Kläger sei also gering gewesen. Außerdem handele es sich bei der Beklagten um einen gemeinnützigen Verein, nicht etwa um ein gewinnorientiertes Unternehmen oder gar um einen Wettbewerber des Klägers. Die geforderten Vertragsstrafen von 5.500,00 EUR und 7.000,00 EUR seien daher völlig übersetzt.

32

Sie meint, alles in ihrer Macht stehende getan zu haben, um die Nutzung des Bildes ohne Urheberbenennung zu unterbinden. Sie habe nach dem 23.10.2019 den gesamten Beitrag, der das Bild ursprünglich enthalten hatte, aus ihrem Archiv gelöscht. Zu den einzelnen Löschungsschritten hat sie unter Bezugnahme auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.10.2020 vorgetragen (Bl. 76 ff d.A.). Am 19.11.2019 habe die Beklagte die Agentur  P1 mit der Löschung aus dem Backend beauftragt, die am 21.11.2019 bestätigt habe, dass das Bild nicht mehr auffindbar sei (vgl. Anlage MK 2). Dabei habe sie, die Beklagte, jedoch übersehen, dass das Bild noch in einer pdf-Datei genutzt worden sei.

33

Sie macht geltend, es habe sich um einen alten Flyer gehandelt, der auch, anders als der Kläger vortrage, nicht durch Eingabe des Namens des Beklagten bei Google auffindbar gewesen sei, sondern erst bei der Eingabe der Begriffe „P.en“; ... dies zeige auch die vom Kläger eingereichte Anlage K 26. Man habe also den Namen des Beklagten, den Standort der in der Vergangenheit liegenden Veranstaltung und sogar das Dokumentformat eingeben müssen, um zu dem Flyer zu gelangen. Was das Erscheinen des Bildes in der Bing-Suche angehe, so liege hier allenfalls eine Störerhaftung vor. Die Suchmaschine habe einen Marktanteil von unter 6 % und sei keinesfalls mit der Google-Suche vergleichbar. Es liege daher kein schuldhafter Verstoß vor.

34

Das Verhalten des Klägers sei insgesamt rechtsmissbräuchlich.

35

Auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.10.2020 wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

36

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Der Kläger kann die Beklagte mit Erfolg auf Titulierung des Unterlassungsanspruchs in Anspruch nehmen (dazu nachfolgend 1.). Die Beklagte hat sich wirksam in zwei Unterlassungsverträgen unterworfen. Die Anfechtungserklärung der Beklagten im Prozess greift nicht durch. Die Höhe der Vertragsstrafeversprechen steht auch nicht im Konflikt mit den Regelungen des AGB-Rechts (dazu nachfolgend 2.). Die Beklagte hat beide versprochenen Vertragsstrafen verwirkt (dazu nachfolgend 3.). Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe nach § 343 BGB ist nicht vorzunehmen (dazu nachfolgend 4.).

1.

37

Der vom Kläger mit dem Antrag zu I. geltend gemachte Unterlassungsanspruch in Bezug auf die konkreten neuerlichen Verletzungsformen folgt aus §§ 97 Abs. 1 S. 1, 16, 19a Urheberrechtsgesetz (UrhG).

a)

38

Der Kläger ist unstreitig Urheber des streitgegenständlichen Lichtbildwerks, für das er aufgrund des ebenfalls unbestrittenen, aufwendigen Herstellungsverfahrens Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG beanspruchen kann. Zu den ausschließlichen Nutzungsrechten des Lichtbildwerkurhebers gehört das Recht, das Bild zu vervielfältigen und öffentlich zugänglich zu machen (§§ 16, 19a UrhG). Der Kläger ist daher berechtigt, die Beklagte aufgrund ihrer unbestrittenen Verwendung des Lichtbildwerks auch nach der Abgabe zweier Unterlassungserklärungen gerichtlich auf Titulierung der Unterlassungsverpflichtung in Anspruch zu nehmen.

b)

39

Die Beklagte haftet für die, mit dem Hochladen auf ihre Homepage verbundene Vervielfältigung nach § 16 UrhG. Die Nutzung des Bildes durch eigenhändigen Upload hat die Beklagte nicht in Abrede genommen.

c)

40

Die Beklagte hat das Lichtbildwerk auch unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht. Nach § 19a UrhG ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Bei dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung handelt es sich um ein besonderes Recht der öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 und 3 UrhG).

41

Eine „Handlung der Wiedergabe“ in diesem Sinne liegt vor. Für eine solche Handlung reicht es aus, wenn ein Werk einer Öffentlichkeit in der Weise zugänglich gemacht wird, dass deren Mitglieder dazu Zugang haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diese Möglichkeit nutzen oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 10.1.2019 - I ZR 267/15, GRUR 2019, 813 Rn. 40 - Cordoba II). Vorliegend richtet sich die beanstandete Zugänglichmachung an sämtliche potenzielle Nutzer der Website der Beklagten und damit an eine unbestimmte und ziemlich große Zahl von Adressaten, so dass sie als „öffentlich“ im Sinne der vorstehenden Grundsätze anzusehen ist (vgl. für Fotografien auf der Website einer Schule: BGH, GRUR 2019, 813 Rn. 41 - Cordoba II). Aufgrund der unstreitigen Abrufbarkeit der letzten Verletzungshandlung über die Suchmaschine Bing ist das erforderliche Quorum potentieller Nutzer als erreicht anzusehen. Denn die Beklagte hat nicht in Abrede genommen, dass das Dokument bei einer Suche über die Suchmaschine Bing aufrufbar gewesen ist. Der Umstand, dass der Marktanteil von Bing, einem Dienst von Microsoft, der immerhin auf den Dienstrechnern der Mitglieder der Kammer als Standardsuchmaschine voreingestellt ist, nur auf einen Marktanteil von unter 6 % kommen mag, steht der Annahme einer öffentlichen Verbreitungshandlung nicht im Wege. Denn auch ein solcher Marktanteil genügt für die Annahme, dass die Beklagte die Fotografie weiterhin potentiell an eine unbestimmte und ziemlich große Zahl von Adressaten zugänglich gemacht hat, so dass sie als „öffentlich“ im Sinne der oben genannten Grundsätze anzusehen ist. Für die mit der allgemeinen Abrufbarkeit der Homepage verbundene öffentlichen Zugänglichmachung haftet die Beklagte aufgrund der Einordnung als eigene Inhalte, § 7 Abs 1 TMG.

2.

42

Zwischen den Parteien bestehen weiterhin zwei Unterlassungsverträge, nämlich einmal für den Zeitraum zwischen dem 28. Oktober 2019 und dem 29. November 2019 ein Unterlassungsvertrag mit einem Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 5.500,00 Euro je Zuwiderhandlung und zum anderen für den Zeitraum ab dem 29. November 2019 ein Unterlassungsvertrag mit einem Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 7.000,00 Euro je Zuwiderhandlung. Die Anfechtungserklärung der Beklagten im Prozess greift nicht durch. Die Höhe der Vertragsstrafeversprechen steht auch nicht im Konflikt mit den Regelungen des AGB-Rechts.

a)

43

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf einen Anfechtungsgrund stützen.

aa)

44

Die Beklagte hat sich wirksam in Unterlassungsverträgen unterworfen. Bei einer strafbewehrten Unterlassungserklärung handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung i.S. des § 130 BGB, die den allgemeinen Regeln über Willenserklärungen im Zivilrecht unterliegt. Sie enthält ggf. die Annahme des mit dem Abmahnschreiben ausgesprochenen Angebots auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrages, der mit Zugang dieser Erklärung zustande gekommen ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19.02.2015 - 16 U 141/14, BeckRS 2015, 117593 Rn. 17). Damit ist die Erklärung nach den allgemeinen Regeln über Willenserklärungen grundsätzlich nach §§ 119 II, 123 BGB anfechtbar, mit der Folge, dass bei einer erfolgreichen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch ein Unterwerfungsvertrag aufgelöst werden kann, §§ 142, 143 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 10. 6. 2009 - I ZR 37/07, GRUR 2010, 167 Rn. 11 - Unrichtige Aufsichtsbehörde; OLG Stuttgart Urt. v. 11.6.2015 – 2 U 136/14, GRUR-RS 2015, 15247 Rn. 28, mwN; Bornkamm in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 12 Rn. 1.239).

bb)

45

Die Anfechtungserklärungen gehen jedoch ins Leere. Die Beklagte kann ihre Anfechtung nicht mit Erfolg auf eine Fehlvorstellung über den Schuldgrund, also das Bestehen des Unterlassungsanspruchs, stützen - sofern eine solche Anfechtung überhaupt für zulässig zu erachten ist (dagegen OLG Frankfurt, BeckRS 2015, 117593 Rn. 17). Denn die Beklagte kann sich schon in der Sache nicht darauf stützen, dass der Kläger irrig den Eindruck erweckt habe, die gesamte Nutzung sei rechtswidrig und nicht nur die unterlassene Urheberbenennung. Denn genau diese Beanstandung ist vom Kläger in der von ihm vorformulierten Unterlassungserklärung konkret vorgehalten worden und nur insoweit hat sich die Beklagte - unter anwaltlicher Hilfe - tatsächlich mit ihrer Unterlassungserklärung auch unterworfen (vgl. Anlagen K 18 und K 22). Unpräzise, möglicherweise tatsächlich zu weitgehende Äußerungen des Klägers in seiner ersten E-Mail sind damit jedenfalls korrigiert und eben nicht Gegenstand der Unterwerfung der Beklagten geworden.

cc)

46

Dies gilt umso mehr für die zweite Unterlassungserklärung, die Gegenstand von Verhandlungen der Parteien gewesen ist und deren Gegenstand richtigerweise ebenfalls darauf begrenzt ist, die Nutzung insbesondere ohne Urheberbenennung zu unterlassen.

b)

47

Die vereinbarte Vertragsstrafe erweist sich in beiden Fällen auch nicht als AGB-rechtswidrig.

aa)

48

Unterwerfungsvereinbarungen erfüllen in der Regel, wenn der Gläubiger dem Schuldner den von ihm vorformulierten Text der Unterlassungsverpflichtung- und des Vertragsstrafeversprechens mit der Aufforderung zugesandt hat, diese Erklärung zu unterzeichnen und zurückzusenden die Voraussetzungen eines den Vorschriften der §§ 305 ff. BGB unterfallenden (Formular-)Vertrags (vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 77/12, GRUR 2014, 595 Rn. 10 - Vertragsstrafenklausel; Bornkamm in Köhler/Bornkamm/Feddersen, aaO. § 12 Rn. 1.203). Im Streitfall hatte sich der Kläger mit E-Mail vom 23.10.2019 selbst an die Beklagte gewandt und zur die Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert (Anlage K16). Die E-Mail enthielt auch den Vorschlag einer Unterlassungserklärung, die der entsprach, die die Beklagte tatsächlich letztlich unterzeichnet hat. Aufgrund dieser Vorlage durch den Kläger besteht die Vermutung, dass er diese Formulierung regelmäßig bei Beanstandungen von Nutzungen seiner Fotografien verwendet und sie daher als allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren ist.

bb)

49

Die Vorschrift des § 309 Nr. 6 BGB kommt im Streitfall nicht zum Tragen, weil es sich bei der Beklagten rechtlich um eine Unternehmerin nach § 14 BGB handelt. Nach § 310 Abs. 1 S. 1 BGB findet § 309 BGB keine Anwendung auf allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Nach § 14 BGB ist Unternehmer eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. In Abgrenzung zum Verbraucherbegriff des § 13 BGB, können juristische Personen des Zivilrechts (Kapital- und Personengesellschaften, Vereine, Stiftungen des bürgerlichen Rechts) und des öffentlichen Rechts keine Verbraucher sein, auch wenn sie weder gewerblich noch unternehmerisch tätig sind (vgl. Büscher/Schilling, UWG, 2019, § 2 Abs. 2; Wolf/von Bismarck, JA 2010, 841, 846). Die Beklagte hat die Unterlassungserklärung hier im Pflichtenkreis ihrer selbständigen - wenn auch gemeinnützigen - beruflichen Tätigkeit abgegeben. Das pauschale Verbot der Vereinbarung von Vertragsstrafen greift daher nicht ein.

cc)

50

Auch der Vorwurf, die feste Vertragsstrafe sei zu hoch angesetzt und gemäß § 307 Abs.1 BGB unwirksam, da sie den Beklagten unangemessen benachteilige, erweist sich als unbegründet.

51

(1) Nach § 307 Abs.1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt dann vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen. Dabei ist ein generalisierender, überindividueller Prüfungsmaßstab und eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste typisierende Betrachtungsweise zu Grunde zu legen. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (st. Rspr., vgl. nur BGH, GRUR 2014, 595 Rn. 13 - Vertragsstrafenklausel, mwN).

52

(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur formularvertraglichen Zulässigkeit von Vertragsstrafenvereinbarungen im Rahmen von Austauschverträgen ist die Höhe einer Vertragsstrafe insbesondere dann unangemessen, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Verstoßes und zu seinen Folgen für den Vertragspartner steht. Dies soll immer dann der Fall sein, wenn der vereinbarte Betrag nicht auch angesichts des typischerweise geringsten Verstoßes noch angemessen ist. Eine unangemessen hohe Vertragsstrafe führt danach zur Nichtigkeit der Vertragsklausel nach § 307 Abs.1 BGB (BGH, GRUR 2014, 595 Rn. 14 - Vertragsstrafenklausel, mwN). Jedoch können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diese Grundsätze auf Unterwerfungserklärungen nicht ohne Weiteres übertragen werden. Denn Unterwerfungserklärungen, die nach Schutzrechtsverletzungen oder Wettbewerbsverstößen abgegeben werden, dienen zwar auch der Schadenspauschalierung in Bezug auf zukünftige Rechtsverletzungen. In erster Linie besteht ihre Funktion jedoch darin, den Unterlassungsschuldner dadurch zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht zu bewegen, dass er auf Grund der versprochenen Strafe vor weiteren Verstößen zurückschreckt. Eine solche Unterwerfungserklärung hat zur Folge, dass die durch den in Rede stehenden Verstoß begründete Wiederholungsgefahr entfällt (BGH, GRUR 2014, 595 Rn. 15 - Vertragsstrafenklausel, mwN).

53

(3) Für diesen Zweck muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt. Die Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe bemessen sein muss, um dieser Funktion gerecht zu werden, lässt sich nicht allgemein, sondern immer nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Dabei ist auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie auf Art und Größe des Unternehmens des Schuldners abzustellen. Bei der Vereinbarung einer absoluten Vertragsstrafe ist bereits bei Vertragsschluss auf Grundlage des Verhaltens des Schuldners, das Anlass für die Vereinbarung der Vertragsstrafe gegeben hat, und der konkreten Umstände des Einzelfalls eine entsprechende Prognose über die für die notwendige Abschreckungswirkung erforderliche Höhe der Vertragsstrafe vorzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Unterlassungsschuldner – anders als bei Austauschverträgen – mangels synallagmatischer Pflichten kein originäres Eigeninteresse an der Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht hat. Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, dass der Unterlassungsgläubiger weitere Schutzrechtsverstöße oftmals nur sehr schwer und mit erheblichem Aufwand aufzudecken vermag (BGH, GRUR 2014, 595 Rn. 17- Vertragsstrafenklausel, mwN).

54

(4) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.500 EUR im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich um eine durchaus erhebliche Betragshöhe, wenn man in den Blick nimmt, dass die Verletzungshandlungen nur die Urheber- und Lizenzbedingungs-Benennung betrifft und nicht die Werknutzung als solche, die kostenlose Nutzung vom Kläger grundsätzlich erlaubt worden war, die Bilder eine geringe Auflösung hatten und die Beklagte nicht gewerblich, sondern gemeinnützig tätig ist. Das Vertragsstrafeversprechen erreicht damit mehr als das doppelte Niveau eines gerichtlichen Ordnungsmittels für den Fall eines fahrlässigen Erstverstoßes, nicht aber den – ebenfalls möglichen und von der Vertragsstrafebewehrung abzudeckenden – Fall eines vorsätzlichen Verstoßes. Zudem haben Ordnungsmittel und Vertragsstrafen unterschiedliche Zielsetzung, weshalb auch aus diesem Grund ein höheres Niveau bei einer Vertragsstrafebewehrung erforderlich erscheint, als im Falle der Bewehrung mit Ordnungsmitteln. Ein Vertragsstrafeversprechen von unterhalb 2.500 EUR ist außerhalb von Bagatellfällen nicht ausreichend (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 9.12.2013 – 11 W 27/13, BeckRS 2014, 10597; zust. Dreier/Schulze/Specht, 6. Aufl., UrhG § 97 Rn. 61). Von einem solchen Bagatellfall kann vorliegend nicht ausgegangen werden, so dass eine Größenordnung im Bereich von 5.000 EUR durchaus noch als angemessen und hinreichend ernst zu nehmend angesehen werden kann (vgl. zum Wettbewerbsrecht: Büscher/Schmidt, UWG, 2019, § 12 Rn. 59). Denn die Verletzungshandlung betraf den Flyer einer Einladung zur 30-Jahr-Feier der Beklagten, mithin ein Dokument mit der Eignung einer großen Verbreitungshandlung und entsprechenden Gefährlichkeit für den Kläger als Rechteinhaber. Bei der Beklagten handelt es sich nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers zudem um eine etablierte und mitgliederstarke Großorganisation mit breiter gesellschaftlicher Verankerung (vgl. Klageschrift, S. 5). Auch dies spricht für einen erheblichen Angriffsfaktor. Schließlich ist nicht zu übersehen, dass sich die vereinbarte erste Vertragsstrafe - trotz der Leistung einer Abgeltungszahlung in Höhe von 7.000 EUR für die Vergangenheit - tatsächlich nicht als ausreichend erwiesen hat, weil die Beklagte ihre Webseite anschließend nicht ausreichend auf weitere Rechtsverletzungen hin überprüft hat, sondern die streitgegenständliche Fotografie des Klägers unstreitig weiterhin an anderer Stelle auffindbar war.

dd)

55

Für eine Klauselkontrolle ist hinsichtlich der zweiten Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten kein Raum. Denn hier verhandelten die Parteien gerade auch über die Höhe der Vertragsstrafe. Eine Erhöhung hatte der Kläger auch fordern dürfen. Denn haben die Parteien im Vertrag für jeden Verstoß einen festen Betrag als Vertragsstrafe vorgesehen, so kann der Gläubiger nach einem Verstoß die Vereinbarung eines höheren Festbetrages verlangen (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Brüning, 4. Aufl., UWG § 12 Rn. 201). Die Beklagte hatte hier zunächst eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000,00 Euro angeboten nebst Aufbrauchfrist bis zum 2.12.2019. Dies genügte dem Kläger nicht. Die Parteien einigten sich dann auf die Abgabe einer erneuten Unterlassungserklärung mit einer erhöhten Vertragsstrafe von 7.000 Euro und auf eine Umsetzungsfrist bis zum 06.12.2019. Damit liegt der Vertragsstrafe in diesem Fall keine allgemeine Geschäftsbedingung mehr zugrunde, sondern eine Individualvereinbarung.

3.

56

Die Beklagte hat gegen beide Unterlassungsverpflichtungen verstoßen. Zwischen den Parteien steht die weitere Abrufbarkeit der streitgegenständlichen Fotografie auch nach Abgabe der jeweiligen Unterlassungserklärungen nicht im Streit; im ersten Falle am 19.11.2019 gemäß Anlagen K 28 und K 28a, im zweiten Falle am 09.12.2019 gemäß Anlagen K 24, K 24a und K 25). Das Verschulden der Beklagten ist, da ein vertraglicher Anspruch betroffen ist, nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vermuten. Dabei muss sie sich ein Verschulden ihrer Hilfspersonen und deren Unkenntnis der Abrufbarkeit von bestimmten Seiten nach § 278 BGB zurechnen lassen. Der Vortrag der Beklagten genügt zu ihrer Entlastung nicht.

a)

57

Die Beklagte hat schon nicht behauptet, im Nachgang auf die Abgabe der ersten Unterlassungserklärung ihren eigenen Internetauftritt auf weitere Verwendungen der streitgegenständlichen Fotografie untersucht zu haben. Sie hat lediglich vorgetragen, nach dem 23.10.2019 „den gesamten Beitrag“, der das Bild ursprünglich enthalten hatte, aus ihrem Archiv gelöscht zu haben. Eine Überprüfung auf weitere Verletzungshandlungen hat sie nicht behauptet. Auch aus dem Vortrag zu den einzelnen Löschungsschritten unter Bezugnahme auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.10.2020 (Bl. 76 ff d.A.) ergibt sich eine solche Überprüfung nicht. Sie wäre indes geboten gewesen, um sich nicht dem Vorwurf der (groben) Fahrlässigkeit auszusetzen. Der Kläger hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten vorgetragene Einschaltung eines Dienstleisters erst Wochen nach Abgabe der ersten UVE erfolgt sei.

b)

58

Auch hinsichtlich des Verhaltens nach Abgabe der zweiten Unterlassungserklärung hat die Beklagte die Verschuldensvermutung nicht zu entkräften vermocht. Zwar hat sie hier vorgetragen, am 19.11.2019 die Agentur P1 mit der Löschung aus dem Backend beauftragt zu haben, die am 21.11.2019 bestätigt habe, dass das Bild nicht mehr auffindbar sei (vgl. Anlage MK 2). Darauf, dass der Kläger diesen Vortrag bestritten hat, kommt es nicht an. Denn die Beklagte hat eingeräumt, dass sie, die Beklagte, übersehen habe, dass das Bild noch in einer pdf-Datei genutzt worden sei. Bei dieser pdf-Datei handelte es sich ebenfalls um eine Verwendung in einem Einladungsflyer und damit um einen naheliegenden weiteren Verstoß im Zusammenhang mit dem Erstverstoß. Dabei kann offenbleiben, ob das pdf gemäß Anlagen K 19 und K 28, wie der Kläger behauptet, über die Suchmaschine Google problemlos auffindbar gewesen sei oder nur durch Eingabe der wesentlichen Bestandteile der in Rede stehenden URL einschließlich des Dokumentenformats (vgl. Klagerwiderung vom 22.04.2020, S. 8). Denn die Beklagte hat nicht in Abrede genommen, dass das Dokument bei einer Suche über die Suchmaschine Bing aufrufbar gewesen ist und damit potentiell an eine unbestimmte und ziemlich große Zahl von Adressaten zugänglich gemacht worden ist (siehe dazu oben unter 1. c]).

c)

59

Die Beklagte hat damit beide versprochenen Vertragsstrafen verwirkt. Die Abgeltungsklausel in der Vereinbarung vom 29.11.2019 und die Zahlung der Abgeltungssumme von 7.000 EUR erstreckt sich ersichtlich nicht auf Verletzungen in der Zukunft, selbst wenn sie in der Vergangenheit ins Werk gesetzt worden sein mögen. Der vertragliche Anspruch kann entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht über die Commons-Lizenz als abgegolten angesehen werden, da die Beklagte unstreitig deren Bedingungen nicht eingehalten hatte - darum dreht sich der gesamte Rechtsstreit. Der Verwirkung auch der Vertragsstrafe aus der zweiten Unterlassungsvereinbarung kann nicht entgegengehalten werden, dass eine Handlungseinheit im Rechtssinne vorläge. Wenn keine natürliche Handlungseinheit vorliegt, kann die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergeben, dass mehrere fahrlässig begangene und zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Zuwiderhandlungen, die in der Weise zusammenhängen, dass sie gleichartig und unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, nur als ein Verstoß zu werten sind (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2015 - I ZR 224/13, GRUR 2015, 1021 Rn. 29 - Kopfhörer-Kennzeichnung). Diese Grundsätze können vorliegend schon deshalb nicht zum Tragen kommen, weil die Beklagte nach dem ersten Verstoß vom Kläger erneut abgemahnt worden ist und sie sich auch neuerlich mit einer erhöhten Strafbewehrung unterworfen hat. Diese Umstände bewirken eine Zäsur im Rechtssinne.

4.

60

Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe nach § 343 BGB ist nicht vorzunehmen.

a)

61

Die Zuerkennung von recht hohen Vertragsstrafen im Grenzbereich des Unterlassungsgebots kann im nichtkaufmännischen Geschäftsverkehr durch eine Reduzierung der Vertragsstrafe nach § 343 BGB erreicht werden (vgl. Wandtke/Bullinger/Kefferpütz, 5. Aufl., UrhG § 112 Rn. 52). Da für die Annahme einer Kaufmannseigenschaft eine Gewinnerzielungsabsicht oder jedenfalls Teilnahme am Wettbewerb erforderlich ist (vgl. zum Meinungsstand BeckOGK/Servatius, 1.10.2020, HGB § 1 Rn. 27), kann sich die Beklagte als gemeinnütziger Verein grundsätzlich auf die Regelung des § 343 BGB berufen, da sie nicht von § 348 HGB erfasst wird. Auch kann die Beanstandung der Beklagten, dass die Vertragsstrafen übersetzt seien, als Antrag auf Herabsetzung nach § 343 BGB gesehen werden.

b)

62

Gemäß § 343 Abs.1 S. 1 BGB kann eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe auf Antrag auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist gem. § 343 Abs.1 S. 2 BGB jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht bloß das Vermögensinteresse in Betracht zu ziehen. Die Vereinbarung ist nicht auf allgemeine Verhältnismäßigkeit oder Angemessenheit hin zu überprüfen. Die Angemessenheit der verwirkten Vertragsstrafe richtet sich wegen ihres Sanktionscharakters primär nach Schwere und Ausmaß der Vertragsverletzung und nach der Gefährlichkeit für den Gläubiger (MüKoBGB/Gottwald, 8. Aufl., BGB § 343 Rn. 18). Zusätzlich ist die wirtschaftliche Lage der Parteien in Betracht zu ziehen. Weiterhin sind je nach dem Sinn und Zweck des konkreten Strafversprechens die Höhe des möglichen und des eingetretenen Schadens, der Grad des Verschuldens des Schuldners sowie das Interesse zu beachten, weitere Verletzungshandlungen zu verhindern (OLG Frankfurt, Urteil vom 11.12.2018 – 11 U 88/17, GRUR-RR 2019, 460 Rn. 19).

c)

63

Die Vertragsstrafen von 5.500 EUR und 7.000 EUR erweisen sich jedoch nicht als unverhältnismäßig.

aa)

64

Es erscheint bereits dem Grunde nach fraglich, ob für den Entfall der Wiederholungsgefahr erforderliche Strafbewehrungen über § 343 BGB überhaupt als unverhältnismäßig angesehen werden können. Aber auch mit Blick darauf, dass Strafbewehrungen auch vorsätzliche Verletzungen abzubilden haben, kann im Streitfall nicht von einer unverhältnismäßigen Vertragsstrafe ausgegangen werden. Denn auch insoweit geht es um eine angemessene Sanktion, um neuerliche Rechtsverletzungen zu verhindern. Bei der Bemessung der Vertragsstrafe geht es zudem um den Druck, unter den sich der Schuldner selbst setzt, weil er grundsätzlich an der Unterlassung kein eigenes Interesse hat. Wie bereits ausgeführt, betraf die Verletzungshandlung den Flyer einer Einladung zur 30-Jahr-Feier des Beklagten, mithin ein Dokument mit der Eignung einer großen Verbreitungshandlung und entsprechenden Gefährlichkeit für den Kläger als Rechteinhaber. Wie ebenfalls bereits ausgeführt, handelt es sich bei Beklagten um eine etablierte und mitgliederstarke Großorganisation mit breiter gesellschaftlicher Verankerung, was ebenfalls eine gesteigerte Gefährlichkeit für den Gläubiger nahelegt. Bei dem Grad des Verschuldens ist zu berücksichtigen, dass die erste vereinbarte Vertragsstrafe von 5.500 EUR und die Zahlung des Abgeltungsbetrages von 7.000 EUR tatsächlich nicht dazu geführt hat, dass die Beklagte ihren eigenen Internetauftritt insgesamt überprüft, nicht einmal alle Dateien rund um die Einladungsflyer und deren Versionen (vgl. Anlagen K 24 und K 28). Der Schwere des Verstoße steht auch nicht entgegen, dass lediglich gering aufgelöste Versionen des streitgegenständlichen Bildes gegenständlich waren und dass die Beklagte gemeinnützig tätig ist. Denn auch diese Auflösung und die Verwendung durch eine gemeinnützige Organisation kann die kostenpflichtige Nutzung des besser aufgelösten Originals durch die Rezipienten ersetzen und die Exklusivität der Bildernutzung des Klägers und seine mit der Urheberbenennung verbundene Bewerbung schmälern. Die Beklagte hat zum Zeitpunkt der Abgabe der ersten Unterlassungserklärung auch keinen externen Dienstleister eingeschaltet, der ihr mit möglicherweise größerer technischer Kompetenz bei der Beseitigung jeglicher Rechtsverletzung durch die Verwendung des streitgegenständlichen Bildes ohne Urheberbenennung hätte zur Seite stehen können. Dies hätte jedoch nahe gelegen.

bb)

65

Dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten die Höhe als unangemessen erscheinen lassen könnte, hat die Beklagte nicht geltend gemacht, wie sie überhaupt zu diesem Punkt keinen Vortrag gehalten hat. Dagegen war das Interesse des Klägers aufgrund der weiteren Verstöße nachvollziehbar gesteigert.

cc)

66

Für die erhöhte Vertragsstrafe von 7.000 EUR gelten diese Erwägungen entsprechend. Auch dieser Betrag hat die Beklagte nicht zur sorgfältigen Überprüfung jedenfalls aller öffentlich zugänglichen Versionen des Einladungsflyers angehalten. Sie ist daher noch als angemessen zu beurteilen.

5.

67

Die Abmahnkosten hat die Beklagte zu erstatten, da die neuerliche Abmahnung aufgrund der erneuten Verletzungshandlung begründet war. Die Gegenstandsberechnung ist nicht zu beanstanden.

6.

68

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1. und 2 ZPO.

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