Urteil vom Landgericht Itzehoe (7. Zivilkammer) - 7 O 296/11

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 34.780,28 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 29.9.2011 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger am 28.06.1999 gezeichneten Beteiligung an der xxx Grundstücks-Vermietungsgesellschaft. Objekt xxx im Nennwert von DM 50.000,00 resultieren und die ohne Zeichnung dieser Beteiligung nicht eingetreten wären.

3. Die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1-2 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Übertragung der vom Kläger am 28.06.1999 gezeichneten Beteiligung an der xxx Grundstücks-Vermietungsgesellschaft. Objekt xxx im Nennwert von DM 50.000,00 sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der vom Kläger am 28.06.1999 gezeichneten Beteiligung an der xxx Grundstücks-Vermietungsgesellschaft. Objekt xxx im Nennwert von DM 50.000,00 sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet.

5. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weitere EUR 828,84 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6. Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

7. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem durch die Beklagte vermittelten Erwerb einer Beteiligung an der Xxx. geltend.

2

Der Kläger ist seit 30 Jahren Kunde der Beklagten. Der Vater des Klägers hatte für den Sohn des Klägers einen größeren Kapitalbetrag in mündelsicheren Bundesschatzbriefen angelegt. Nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Sohns konnte er über die angelegten Summen frei verfügen. Teile der Gelder wurden auf Anraten der Beklagten sukzessive in andere Anlageformen wie etwa Vermögensverwaltung umgeschichtet. Nach Vortrag des Klägers habe dabei im Vordergrund die Sicherheit der Anlage gestanden.

3

Am 28.06.1999 wurde der Kläger und dessen Sohn in der Xxx Filiale der Beklagten vom Bankberater Xxx im Rahmen eines Besprechungstermins auf die Anlagemöglichkeit des Immobilienfonds Xxx. Objekt Xxx angesprochen. Es handelt sich dabei um einen von der Xxx Fonds Beteiligungsgesellschaft herausgegebenen Immobilienfonds. Die Beklagte hat den Anlegern Fondsbeteiligungen am CFB 130 als Anlage zur privaten Altersvorsorge anempfohlen. Der Inhalt des Beratungsgespräches ist streitig. Streitig ist auch, ob vor oder im Zuge der Beratung der diesbezügliche Prospekt übergeben wurde. Im Anschluss an das Gespräch unterzeichnete der Kläger am 28.06.1999 in der Filiale der Beklagten eine Beitrittserklärung zum Immobilienfonds mit einem Nennbetrag von 50.000,00 DM, zuzüglich eines Agios von 5 %. Der Kläger hat die Summe vertragsgemäß geleistet. Im Prospekt ist unter der Überschrift „Investitionsplanung und Ertragsprognose“ auch unter anderem eine Eigenkapitalvermittlungsgebühr von 12.000,00 DM, eine Platzierungsgebühr von 6.000,00 DM (Seite 27), jeweils zu zahlen an die CFB angegeben. Es ist ferner in der Planrechnung das Agio erwähnt. Von der Eigenkapitalvermittlungsprovision und vom Agio hat die Beklagte jedenfalls insgesamt 5 % erhalten. Darüber hinaus hat die Beklagte 3 % aus der Platzierungsgarantie erhalten.

4

Mit der Klage begehrt der Kläger Schadensersatz in Höhe des Erwerbspreises nebst Agio, abzüglich der Ausschüttungen in Höhe von 10.097,94 € sowie Ersatz des Zinses, den der Kläger für das angelegte Geld als Darlehenszinsen an seinen Sohn gezahlt hat.

5

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe ihn durch ihren Mitarbeiter in mehrfacher Hinsicht falsch beraten. Der Prospekt sei nicht vor der Besprechung übergeben worden. Es sei über die an die Beklagte geflossenen Rückvergütungen nicht aufgeklärt worden. Die Anlage sei zu Unrecht als Anlage zur Altersvorsorge angepriesen worden, es habe keinen Hinweis auf ein Totalverlustrisiko gegeben, keinen ausreichenden Hinweis auf eine mangelnde Fungibilität, keinen hinreichenden Hinweis auf Haftungsrisiken.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 34.780,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab 29.09.2011 zu zahlen,

8

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger am 28.06.1999 gezeichneten Beteiligung an der Xxx. Objekt Xxx im Nennwert von DM 50.000,00 resultieren und die ohne Zeichnung dieser Beteiligung nicht eingetreten wären,

9

Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagen auf Übertragung der vorgenannten Beteiligung sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte,

10

ferner festzustellen,

11

dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung im Annahmeverzug befindet,

12

ferner die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 828,84 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Widerklagend beantragt die Beklagte,

16

festzustellen, dass Folgendes von der geltend gemachten Zahlungs- bzw. Freistellungsverpflichtung der Beklagten abzuziehen bzw. soweit die Forderung dann bereits beglichen worden sein sollte, zurückzuzahlen sei:

17

Sämtliche im Rahmen der Steuerveranlagung anrechenbaren Kapitalertragssteuern, Zinsertragssteuern und Solidaritätszuschläge sowie Steuervorteile aufgrund von Verlustzuweisungen, die der Kläger insgesamt während seiner Beteiligung am Fonds erhalten hat und/oder noch in Zukunft erhalten wird und die bei der Berechnung des geltend gemachten Schadensersatzanspruches nicht berücksichtigt wurden;

18

sämtliche dem Kläger über die bereits berücksichtigten Ausschüttungen hinaus zugeflossenen oder zufließenden Ausschüttungen, die ihren Grund an der Beteiligung des Klägers haben,

19

hilfsweise festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, etwaig von der Beklagten erhaltene Schadensersatzleistungen, die seitens der zuständigen Finanzbehörde nicht der Nachversteuerung ganz oder teilweise unterworfen sind und/oder werden in Höhe der erhaltenen Steuervorteile an die Beklagte zurückgezahlt.

20

Die Beklagte hat den Einwand der Verjährung erhoben.

21

Sie behauptet, der Kläger habe in verjährter Zeit jedenfalls Kenntnis oder doch grob fahrlässige Nichtkenntnis hinsichtlich der behaupteten die Pflichtverletzungen betreffenden Umstände erlangt.

22

Die Beklagte behauptet weiter, den Kläger in jeder Hinsicht vollständig beraten zu haben. Sie verweist hierzu insbesondere auf den Prospekt. Hinsichtlich der Rückvergütungen meint die Beklagte, aufgrund der Tatsache, dass aus dem Prospekt sich Rückvergütungen an die CFB Beteiligungsgesellschaft ergäben, sei dem Kläger klar gewesen oder habe ihm klar sein müssen, dass die Beklagte selbst Rückvergütungen erhielt. Sie verweist hierzu darauf, dass es sich bei Fondsherausgeberin um eine Gesellschaft im Konzernverbund der Beklagten handele. Sie meint, schon deshalb müsse sich der Kläger darüber klar gewesen sein, dass Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insofern sei eine Betrachtung des Konzernverbunds insgesamt geboten.

23

Hinsichtlich der Widerklage ist die Beklagte der Ansicht, es stehe ihr insoweit dem Grunde nach ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der im Feststellungsantrag angegebenen Steuern und Abgaben-Vorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung zu, insoweit bestehe ein Feststellungsinteresse.

24

Zum weiteren Vorbringen wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.04.2013 (Bl. 414 d. A.) sowie auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe

25

Die Klage ist begründet.

26

Die Widerklage ist unbegründet.

27

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 280 BGB zu. wegen Verletzung des Anlageberatungsvertrages. Zwischen den Parteien ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Es kann dahinstehen, ob die Mitarbeiter der Beklagten den Kläger im Übrigen fehlerhaft beraten haben. Jedenfalls liegt eine Verletzung des Anlageberatungsvertrages insoweit vor, als der Anlageberater der Beklagten den Kläger nicht darüber aufgeklärt hat, dass die Beklagte Rückvergütungen sowohl in Höhe der ausgewiesenen Eigenkapitalsvermittlungsprovision als auch in Höhe des Agios erhalten sollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der das Gericht folgt, hat die beratende Bank den Anleger ungefragt vollständig über jegliche Rückzahlung von Vergütungen aufzuklären, und zwar vollständig nach Grund und Höhe, die im Beteiligungsprospekt oder anderweitig offen ausgewiesen sind. Dies gilt insbesondere für das Agio. Dies ist unstreitig nicht geschehen. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass sich Rückvergütungen aus dem Prospekt ergeben, so hat sie hiermit keinen Erfolg. Denn aus dem Prospekt ergibt sich nirgends, dass diese tatsächlich an die Beklagte geflossen sind.

28

Soweit die Beklagte meint, eine Pflicht auf Rückvergütungen hinzuweisen erübrige sich deshalb, weil das angebotene Produkt aus dem Verbund der xxxbank stammt, es sei deshalb nicht notwendig gewesen hierauf hinzuweisen, so vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. An der Aufklärungspflicht ändert sich nämlich nichts dadurch, dass es sich bei der Emittentin des Produkts um eine 100prozentige Tochter der Beklagten handelt. Maßgeblich ist vielmehr, ob aus der maßgeblichen Sicht des Anlegers ein zu offenbarender Interessenkonflikt vorliegt, den der Anleger nicht ohne weiteres abschätzen kann. Ein solcher liegt vorliegend aber vor, ungeachtet der Tatsache, dass die Beklagte ein Produkt aus dem eigenen Konzernverbund angeboten hat. Bei der Betrachtung, ob ein solcher offenbarungspflichtiger Interessenkonflikt vorliegt, kommt es allein darauf an, ob bei der beratenden Bank selbst ein solcher vorliegt, nicht aber ob im Rahmen des Konzernverbundes ein Interesse der beratenden Bank am Vertrieb des Objekts bestehen kann, aus welchen Gründen auch immer. Insoweit ist eine rein formale Betrachtung geboten. Denn der Anleger kann aus der Tatsache, dass ihm ein Produkt aus dem Konzernverbund angeboten wird nicht ohne Weiteres daraus schließen, dass zusätzlich die „Beratung“ dadurch gefördert wird, dass die ihn selbst beratende Bank insbesondere auch der ihn beratende Mitarbeiter nicht nur über das Vertriebsinteresse des Konzerns, sondern darüber hinaus durch direkte Rückvergütungen bei der Auswahl der anzubietenden Produkte beeinflusst ist.

29

Dem Kläger steht daher ein Anspruch auf Rückabwicklung des Geschäfts zu. Die fehlende Aufklärung ist auch ursächlich. Dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung von der fraglichen Kapitalanlage Abstand genommen hätte, ist zu vermuten. Die Vermutung ist durch die Beklagte nicht hinreichend widerlegt.

30

Der Kläger ist danach so zu stellen, als habe er die fragliche Kapitalanlage nicht getätigt, sondern statt dessen eine andere, nicht von einem Interessenskonflikt belastete. Die Beklagte hat daher an den Kläger den angelegten Betrag einschließlich Kosten und Agio zu erstatten. Sie hat darüber hinaus dem Kläger den Zinsschaden zu ersetzen, den dieser bei anderweitiger pflichtgemäßer Anlage erzielt hätte. Das Gericht schätzt gemäß § 287 ZPO, dass der Kläger jedenfalls den geltend gemachten Zins anderweitig erzielt hätte.

31

Daneben war festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von weiteren wirtschaftlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der gezeichneten Beteiligung freizuhalten hat, beides Zug um Zug gegen Übertragung der gezeichneten Beteiligung, wobei ein Angebot wie geschehen ausreichend ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs obliegt es dem Geschädigten nur, der Bank die Übertragung der Produkte anbieten, dass die Übertragung vollzogen wird ist allein ein Problem der beklagten Bank.

32

Es war ferner der Annahmeverzug antragsgemäß festzustellen. Hinsichtlich der geltend gemachten Anwaltskosten steht dem Kläger lediglich eine Gebühr in Höhe von 1,5/10 zu, für die vorgerichtliche rechtsanwaltliche Beratung. Dass die Angelegenheit eine darüber hinausgehende Gebühr nach Umfang und Schwierigkeit rechtfertigt, ist nicht hinreichend dargetan. Vielmehr handelt es sich gerichtsbekannt bei der Tätigkeit der Klägervertreter um standardisierte Verfahren ohne Besonderheiten.

33

Die Widerklage war abzuweisen. Dem Widerklageantrag zu 1 fehlt das Feststellungsinteresse. Jedes Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind dem Geschädigten zufließende Steuervorteile nur dann im Wege des Vorteilsausgleichs in die Schadensberechnung einzubeziehen, wenn feststeht, dass dem Kläger unter Berücksichtigung einer Nachversteuerungspflicht des geleisteten Schadensersatzes ganz erhebliche diese Nachversteuerungspflicht übersteigende Steuervorteile verbleiben. Solche wären im Zuge der Schadensberechnung vom Schädiger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen und im Wege des Einwands gegenüber dem Schadensersatzanspruch geltend zu machen, nicht im Wege der Feststellungswiderklage. Gleiches gilt für den Hilfsantrag zu 2. Auch insoweit wäre von der Beklagten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass dem Kläger erhebliche Steuervorteile verbleiben. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass bei pflichtgemäßer Beratung der Kläger bei einer Kapitalanlage entsprechend seinen Wünschen und der ordnungsgemäßen Beratung ebenfalls Steuerersparnisse erzielt hätte.

34

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 286 BGB, §§ 92,708 ZPO.


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