Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 6 S 22/05

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 03.06.2005- AZ.: 2 C 113/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten weiterhin die satzungsmäßigen Rechte für die Versicherungszeit vom 01.05.2002 bis zum 31.01.2004 zustehen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
Die zulässige Berufung des Klägers ist in vollem Umfang begründet. Das Urteil des Amtsgerichts ist wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern. Wegen des Parteivorbringens in erster Instanz und der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 05.09.2004 (I, 29) ist kein Antrag auf Beitragserstattung im Sinne des § 44 VBLS n. F. und brachte die Rechte des Klägers aus der Versicherung für die seit 01.05.2002 zurückgelegten Umlagezeiten im Umfang von 21 Monaten (I, AH 23) nicht gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 VBLS n. F. zum Erlöschen.
Mit dem genannten Schreiben vom 05.09.2004 begehrte der Kläger die Erstattung aller für ihn geleisteten Beiträge und Umlagen, nicht nur seiner Eigenanteile an der Umlage (vgl. § 64 Abs. 3 VBLS n. F.). Dieses Erstattungsbegehren des Klägers findet keinerlei Anknüpfungspunkt in der Satzung der Beklagten. Insbesondere konnte der Kläger allenfalls gemäß § 44 Abs. 3 Buchstabe c) VBLS n. F. die Erstattung der Eigenanteile des Pflichtversicherten an der Umlage erwarten.
Das Schreiben vom 05.09.2004 kann nicht so ausgelegt werden, als ob es als Minus einen Antrag auf Erstattung der in § 44 Abs. 3 VBLS n. F. genannten Beiträge enthielte. Eine solche beschränkte Auslegung des Antrags ist nicht möglich und würde vielmehr weder dem wirklichen noch dem mutmaßlichen Willen des Antragstellers entsprechen. Vielmehr bringt ein solcher Antrag, wie ihn der Kläger gestellt hat, den Anspruch auf Beitragserstattung nicht zum Entstehen und damit auch die Rechte des Antragstellers aus der Versicherung auch nicht zum Erlöschen (vgl. Amtsgericht Karlsruhe, Urteil vom 08.08.1997, Az. 2 C 247/97; Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, Stand: 01.08.2002, B, § 60, Blatt B 278 b, zum Antrag auf teilweise Erstattung der Beiträge). Das Begehren des Klägers vom 05.09.2004 ist aus Rechtssicht ein bloßes nullum.
Auch aus der vorgelegten weiteren Korrespondenz wird klar ersichtlich, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Rechtsfolge des § 44 VBLS n. F. wollte. Auf die Mitteilung der Beklagten vom 23.09.2004 über die Erstattung der Beiträge in Höhe von EUR 877,87 (I, 23) reagierte der Kläger prompt und wies mit Schreiben vom 03.10.2004 darauf hin, dass sein Antrag von der Beklagten offensichtlich fehlerhaft ausgelegt worden sei (I, 21).
Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 08.11.2004 (I, 19) in einer lediglich für Kenner der Rechtsmaterie verständlichen Art und Weise auf die begriffliche Unterscheidung zwischen „Beiträgen“ (Arbeitnehmer) und „Umlagen“ (Arbeitgeber) abheben wollte und der Kläger mit Schreiben vom 21.11.2004 (I, 13) die Meinung äußerte, dass auch sein Arbeitgeber „Beiträge“ entrichtet habe, verdeutlichte sich auch für die Beklagte das Missverständnis des Klägers erneut. Nicht nachvollziehbar erscheint, dass die Beklagte nicht bereits das ursprüngliche Schreiben vom 05.09.2004 (I, 29) zum Anlass genommen hat, den Kläger auf das beschriebene grundlegende Missverständnis, welches auch bereits im ersten Schreiben zum Ausdruck kam, hinzuweisen.
Zutreffend ist zwar, dass der am ... 1972 geborene Kläger, der nur bis zum 31.01.2004 bei der Beklagten pflichtversichert war und bis dahin lediglich 21 Monate Umlagezeiten zurückgelegt hatte, bisher noch nicht die Wartezeit im Sinne des § 34 VBLS n. F. (60 Monate) hinter sich gebracht hat. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, dass der Kläger im Verlaufe seines voraussichtlich noch mehrere Jahrzehnte andauernden Erwerbslebens in den öffentlichen Dienst zurückkehrt und erneut VBL-versicherungspflichtig wird.
Die Klage, die im Lichte des im Kammertermin vom 13.01.2006 gestellten Antrags ausgelegt wurde, war daher in vollem Umfang erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 und § 91 ZPO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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