Urteil vom Landgericht Kiel (1. Kammer für Handelssachen) - 14 O Kart 57/06

Tenor

Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung geboten, ab dem 01.06.2006, 00:00 Uhr, die angemeldeten Gasmengen nach von der Verfügungsklägerin vor Einspeisebeginn mitzuteilenden Fahrplänen auf Basis von der Verfügungsbeklagten nach § 315 BGB festzusetzender Lastprofile (hier: Profile der ... für Haushaltskunden bis 1.500.000 kWh/a) für die Abnahmestellen im Gasversorgungsnetz der Verfügungsbeklagten auszuspeisen,

Zug um Zug gegen Nachweis der zeitgleichen Einspeisung von entsprechenden Mengen von Gas durch die Verfügungsklägerin in einen der Verfügungsklägerin zurechenbaren bei der ..., ... geführten Bilanzkreis

und Zahlung eines angemessenen Entgeltes an die Verfügungsbeklagte für die Nutzung des Gasversorgungsnetzes der ... und der Verfügungsbeklagten.

Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsbeklagten nach einem Streitwert von 50.000,00 € auferlegt.

Tatbestand

1

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden Klägerin) ist Energiehändlerin und mit ihrer Geschäftstätigkeit auch auf den Vertrieb von Gas zum Zwecke der Belieferung von Netzverbrauchern ausgerichtet. Sie verfügt nicht über ein eigenes Netz auf dem Markt für Belieferung mit Erdgas und begehrt von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden Beklagten) Zugang zu deren Gasversorgungsnetz.

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Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der ... und ist Betreiberin eines Netzes für den Gastransport in ihrem Netzgebiet.

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Für die Gasversorgung eines Endverbrauchers mussten die netzabhängigen Gaslieferanten nach bisheriger Rechtslage selbst einen Transaktionspfad von Einspeise- bis zum Ausspeisepunkt ermitteln und mit den einzelnen Netzbetreibern Verträge abschließen. Mit der Reform des Energiewirtschaftsgesetzes vom 13.07.2005 wurde der Zugang zu den Gasversorgungsnetzen als ein vom konkreten Transportpfad unabhängiges Modell ausgestaltet (Entry-Exit-Modell). Nach der gesetzlichen Regelung sind nach einer Übergangszeit bis zum 01.02.2006 nur ein Einspeisevertrag mit dem Netzbetreiber, in dessen Netz die Einspeisung erfolgt, und ein Ausspeisevertrag mit dem Netzbetreiber, aus dessen Netz das Gas entnommen werden soll, abzuschließen. Netzbetreiber haben im Innenverhältnis so zusammen zu arbeiten, dass sie die Abwicklung des Transportes über mehrere miteinander verbundene Netze gewährleisten können.

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Eine Umsetzung des Gesetzes durch einen Kooperationsvertrag zwischen sämtlichen im Gebiet des EnWG ansässigen Netzbetreibern ist bisher nicht erfolgt. Ein Netzzugangsmodell soll nach dem Zeitplan der Bundesnetzagentur zum 01.10.2006 in Kraft treten.

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Bezugnehmend auf die Gesetzesänderung bat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 26.01.2006 um die Übersendung eines Exit-Vertragsvorschlages bis zum 1.2.2006. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 31.01.2005 mit, dass der gewünschte Exit-Vertrag noch nicht vorliege. Grund hierfür sei, dass die für die Vertragserstellung erforderlichen Einzelheiten der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen bislang noch nicht feststünden. Nach Abstimmung mit der Bundesnetzagentur sollten die für den Netzzugang erforderlichen Verträge bis zum 01.06.2006 erstellt werden. Damit die Klägerin ihren Lieferverpflichtungen nachkommen könne, solle eine konkrete Transportanfrage übersandt werden. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach, forderte die Beklagte vielmehr mit Schreiben vom 17.02.2006 auf, bis zum 06.03.2006 einen Vertragsvorschlag zu übersenden. Mit Schreiben vom 27.02.2006 teilte die Beklagte mit, dass sie beabsichtige, sich an den Zeitplan der Bundesnetzagentur zu halten und die für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben erforderlichen Abstimmungen nicht durch Interimsverträge belasten zu wollen. Bis zur Umsetzung des neuen Gasnetzzugangsmodells könne sie der Klägerin jedoch ab dem 01.04.2006 alternativ die Beistellung ihrer Kunden anbieten. Das lehnte die Klägerin mit Schreiben vom 30.03.2006 ab und bat erneut um Übersendung eines Vertragsentwurfs bis zum 18.04.2006. Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht mehr.

6

Die Klägerin ist der Ansicht, der Verfügungsanspruch ergebe sich aus § 20 Abs. 1 und 1b des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Diese Norm gelte seit . Mit dieser Norm sei das transaktions-unabhängige Entry-Exit-Modell eingeführt worden. Mit dem Abschluss nur eines Vertrages für die Einspeisung und eines Vertrages für die Ausspeisung stelle sich das Gasversorgungsnetz für den Kunden - im Verhältnis zur Gesamtheit aller Netzbetreiber - als eine Einheit dar. Verantwortlich für den Gasnetzzugang sei der Betreiber des Ausspeisenetzes, mithin hier die Beklagte. Es sei Sache der Netzbetreiber, die tatsächlichen Lastflüsse mit den Ein- und Ausspeisungen zu saldieren und abzustimmen. Alle Netzbetreiber hafteten als Gesamtschuldner für die Einhaltung der seit dem 01.02.2006 bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen. Alle Netzbetreiber müssten alle Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Netzbetreibern ausschöpfen, um die Zahl der Netze, Teilnetze sowie Bilanzzonen möglichst gering zu halten. Jeder Netzbetreiber sei zur vollständigen Leistung des Netzzuganges verpflichtet. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nicht nachgekommen. Sie habe der Klägerin nur ein transaktionsabhängiges Modell angeboten. Auch sei die angebotene Beistellung von Gas nicht ausreichend. Sie, die Klägerin, könne als Netzkundin Einspeisekapazitäten an den Einspeisestellen und unabhängig davon in unterschiedlicher Höhe auch zeitlich abweichend Ausspeisekapazitäten an jedem Ausspeisepunkt buchen. Die Beklagte müsse nur mit der - unstreitig vorgelagerten - Gasnetzbetreiberin über die Abwicklung des Gastransportes verhandeln, diese Mengen im Rahmen ihres eigenen Bezuges von Gas von der ... berücksichtigen und dort die in einem der Klägerin zurechenbaren Bilanzkreis bereitstehenden Gasmengen abrufen. Da die Klägerin einen sogenannten offenen Liefervertrag mit ihren Lieferanten habe, sei der gesonderte Abschluss eines Bilanzausgleichsvertrages nicht erforderlich. Die Netzbetreiber seien bis zum 01.02.2006 gehalten gewesen, gemeinsame Vertragsstandards zu entwickeln. Das habe man - und damit auch die Beklagte - versäumt. Ihrem Anspruch stehe keine Einigung zwischen Verbänden der Gaswirtschaft und der Netznutzerverbände dahingehend, dass netzübergreifende Transporte erst ab 01.10.2006 durchgeführt werden sollen, entgegen. Eine solche Einigung gebe es nicht. Im Übrigen könnten gesetzliche Regelungen nicht durch Vereinbarungen zwischen Verbänden geändert werden.

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Die Klägerin beantragt,

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der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu gebieten,

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ab dem 01.06.2006, 00.00 Uhr, die angemeldeten Gasmengen nach von der Klägerin vor Einspeisebeginn mitzuteilenden Fahrplänen auf Basis von der Beklagten nach § 315 BGB festzusetzender Lastprofile (hier: Profile der ... für Haushaltskunden bis 1.500.000 kWh/a) für die Abnahmestellen im Gasversorgungsnetz der Beklagten auszuspeisen,

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Zug um Zug gegen Nachweis der zeitgleichen Einspeisung von entsprechenden Mengen von Gas durch die Klägerin in einen der Klägerin zurechenbaren bei der ... geführten Bilanzkreis

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und Zahlung eines angemessenen Entgeltes an die Beklagte für die Nutzung des Gasversorgungsnetzes der ... und der Beklagten.

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Die Beklagte beantragt,

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den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, nicht Gesamtschuldnerin eines Anspruchs aus § 20 Abs. 1 1b EnWG zu sein. Die Umsetzung des Gasnetzzugangsmodells sei für einen einzelnen Netzbetreiber technisch und wirtschaftlich nicht zumutbar und nicht möglich. Sie, die Beklagte, sei an den von der Bundesnetzagentur entwickelten Zeitplan gebunden. Sämtliche Netzbetreiber kämen in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur der Verpflichtung, verbindlich zusammen zu arbeiten, um ein Vertragsmodell zu verwirklichen, nach. Es gebe keine irgendwie geartete Blockade oder Verzögerungstaktik der Gasnetzbetreiber.

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Es fehle nicht nur an einem Verfügungsanspruch, sondern auch an einem Verfügungsgrund. Ersatzansprüche könnten einen bei der Klägerin eintretenden Schaden hinreichend kompensieren. Ein Imageverlust drohe nicht, da sie, die Beklagte, die Gasbelieferung nach dem bisher üblichen Verfahren angeboten habe. Sie habe nicht generell den Zugang zum Gasnetz verweigert, sondern ihr, der Klägerin, 2 Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Auch sei die Eilbedürftigkeit einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht zu erkennen. Sie, die Beklagte, habe bereits mit Schreiben vom 31.01.2006 deutlich gemacht, den Anspruch erst dann erfüllen zu wollen, wenn die mit der Bundesnetzagentur abgestimmten Verträge vorlägen.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vortrages beider Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet. Sowohl Verfügungsanspruch als auch Verfügungsgrund sind gegeben.

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1. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 20 Abs. 1 und Abs. 1b EnWG. § 20 Abs. 1 EnWG beinhaltet einen direkten Anspruch gegen Betreiber von Energieversorgungsnetzen und bestimmt, dass diese grundsätzlicher jedermann nach sachlich gerechtfertigten Kriterien diskriminierungsfrei Netzzugang zu gewähren haben. § 20 Abs. 1b EnWG regelt die Ausgestaltung des Netzzugangs. Diese Norm sieht ein transaktions-unabhängiges Entry-Exit-Modell vor. Dadurch wird der Zugang zu allen Gasversorgungsnetzen in Deutschland durch Abschluss eines Vertrages für die Einspeisung und eines Vertrages für die Ausspeisung ermöglicht. Netzkunden können Einspeise- und Ausspeisekapazitäten unabhängig voneinander buchen. Es obliegt den Netzbetreibern, die tatsächlichen Lastflüsse mit Ein- und Ausspeisungen zu saldieren und abzustimmen. Der Anspruch der Netznutzer besteht seit dem 01.02.2006, nachdem die gemäß § 118 Abs. 1a EnWG eingeräumte Frist zur Umsetzung abgelaufen ist.

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§ 8 Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) steht dem von der Klägerin begehrten Anspruch nicht entgegen. Nach dieser Norm sind die örtlichen Verteiler der Netzbetreiber lediglich verpflichtet, den Gasnetzzugang auf der Grundlage eines Transportvertrages zu gewähren und dafür standardisierte Formulare für Transportanfragen zur Verfügung zu stellen. Die Regelung des § 8 GasNZV, die ein transaktionsabhängiges Punkt-zu-Punkt-Modell enthält, nachdem jede Durchleitung mit allen Netzbetreibern entlang des fiktiven Transportpfades einzeln verhandelt werden muss, verstößt gegen die Ermächtigungsgrundlage der §§ 20 Abs. 1b Satz 11, 24 EnWG. Durch die neue Vorschrift des § 20 Abs. 1b EnWG ist nämlich das transaktionsunabhängige Entry-Exit-Modell für den Gasnetzzugang eingeführt worden. Die GasNZV berücksichtigt nicht die ab dem 01.02.2006 geltende Rechtslage und ist nicht auf der Grundlage des § 20 Abs. 1b EnWG entstanden. Eine Anpassung des § 8 GasNZV an die Neufassung des Gesetzes ist bisher unterblieben, es findet ausschließlich § 20 Abs. 1b EnWG Anwendung.

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Der Anspruch der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dadurch erfüllt worden, dass vorgerichtlich mit Schreiben vom 31.01.2006 angeboten wurde, eine konkrete Transportanfrage zu stellen. Eine solche Anfrage hätte lediglich der bisherige § 8 GasNZV entsprechende Praxis eines transaktionsabhängigen Modells entsprochen. Dieses widersprach nach den obigen Ausführungen der Neufassung des § 20 Abs. 1b EnWG, da nicht nur ein Einspeise- und ein Ausspeisevertrag, sondern eine Vielzahl von Verträgen mit den jeweiligen Netzbetreibern hätte geschlossen werden müssen.

21

Auch die Beistellung, die die Beklagte mit Schreiben vom 27.02.2006 alternativ angeboten hat, widersprach § 20 Abs. 1b EnWG und erfüllte nicht den der Klägerin zustehenden gesetzlichen Anspruch.

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Zwar ist die Beklagte derzeit nicht in der Lage, jeden netzübergreifenden Transport zu gewährleisten. Gemäß § 20 Abs. 1b Satz 5 EnWG sind alle Betreiber von Gasversorgungsnetzen verpflichtet, untereinander in dem Ausmaß verbindlich zusammen zu arbeiten, das erforderlich ist, damit der Transportkunde zur Abwicklung eines Transportes auch über mehrere durch Netzkopplungspunkte miteinander verbundene Netze nur einen Einspeise- und einen Ausspeisevertrag abschließen muss. Die Leistungspflicht des einzelnen Netzbetreibers beschränkt sich nicht auf eine selbstständige Teilleistung i.S.d. § 420 BGB. Es besteht kein einzelner abtrennbarer Teilbereich, der von der Beklagten vollständig erfüllt werden könnte. Die den Netzkunden gesetzlich geschuldete Leistung auf Netzzugang oder Gewährung des netzübergreifenden Gastransportes ist nicht teilbar, da sie nicht ohne inhaltliche Wesens- oder Wertveränderung in mehreren gleichartigen Teilen erbracht werden kann. Das Entry-Exit-Modell muss durch alle Gasnetzbetreiber zur Ermöglichung eines netzübergreifenden Gastransportes unter Abschluss eines Einspeise- und eines Ausspeisevertrages umgesetzt werden.

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Die Beklagte ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht als Gesamtschuldnerin zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung anzusehen. Bei der Gesamtschuld hat der Gläubiger mehrere Schuldner, die dasselbe einheitliche Interesse des Gläubigers jeweils ganz aber insgesamt nur einmal befriedigen sollen. § 431 BGB ist jedoch nur anwendbar, wenn die als solche unteilbare Leistung zwar von keinem teilweise, aber von jedem ganz erbracht werden kann. Erfordert die Leistung hingegen notwendig ein Zusammenwirken aller Schuldner, so muss eine gemeinschaftliche Schuld angenommen werden. Ein notwendiges Zusammenwirken zur Befriedigung des Gläubigerinteresses ist erforderlich, wenn der Schuldner die gesamte Leistung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für sich allein nicht erbringen kann.

24

Bevor sich das Gasversorgungsnetz im Bereich des EnWG für Kunden als Einheit darstellt, bedarf es notwendiger Kooperationsvereinbarungen zwischen Netzbetreibern von Übertragungsnetzen und den verbundenen Netzen. Bevor ein dem § 20 Abs. 1b EnWG entsprechender Netzzugang ermöglicht werden kann, sind zahlreiche äußerst schwierige und komplexe technische und wirtschaftliche Probleme zu lösen. Es bedarf eines einheitlichen Zugangsmodells. Ein solches ist jedoch bezüglich der im vorliegenden Verfahren begehrten Netznutzung nicht erforderlich. Die Klägerin begehrt die Ausspeisung der angemeldeten Gasmengen im Netz der Beklagten Zug um Zug gegen Nachweis der zeitgleichen Einspeisung von entsprechenden Mengen von Gas in einen ihr zurechenbaren, bei der ... geführten Bilanzkreis. Dieses Netz ist dem Netz der Beklagten unstreitig direkt vorgelagert, d.h. es gibt einen direkten Kopplungspunkt zwischen beiden Netzen. Zwar hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2006 vorgetragen, keinen Vertrag mit dem vorgelagerten Netzbetreiber ... geschlossen zu haben. Ihre Lieferanten stellten ihr das Gas am Kopplungspunkt zur Verfügung. Die Klägerin weist jedoch zutreffend darauf hin, dass sich die Beklagte lediglich mit der ... in Verbindung setzen und dort die in einem der Klägerin zurechenbaren Bilanzkreis bereit stehenden Gasmengen abrufen müsse. Unstreitig hat die Klägerin einen sogenannten offenen Liefervertrag mit ihrem Lieferanten. Es werden also die jeweils erforderlichen Mengen geliefert und nicht nur die nach einem Fahrplan bestimmten Mengen. Insofern ist der gesonderte Abschluss eines Bilanzausgleichsvertrages nicht erforderlich.

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Da zwischen dem Einspeise- und Ausspeisenetz keine weiteren Netze liegen, sondern beide Netze unmittelbar miteinander verbunden sind, ist der für die Erfüllung des konkreten streitgegenständlichen Antrages erforderliche Umfang der Kooperation eingeschränkt gegenüber den für ein bundesweites Entry-Exit-Modell erforderlichen Abstimmungen und Absprachen. Insofern ist unerheblich, dass die Beklagte keinen direkten Anspruch gegen andere Netzbetreiber auf Schaffung der Voraussetzungen für ein bestimmtes bundesweit umsetzbares Zugangsmodell besitzt. Die Klägerin kann den Anspruch gegen die Beklagte nur durchsetzen, wenn sie eine zeitgleiche Einspeisung von entsprechenden Mengen von Gas in das Netz der ... nachweist. Sie muss also einen entsprechenden Einspeisevertrag mit der geschlossen haben. Dieser Einspeisevertrag beinhaltet das Recht der Nutzung des Netzes der ... . Die Beklagte muss deshalb nicht dafür sorgen, dass die Klägerin das vorgelagerte Netz der ... nutzen darf. Die Beklagte ist nach § 20 Abs. 1b Satz 5 EnWG verpflichtet, mit der ... verbindlich zusammen zu arbeiten, damit die Klägerin zur Abwicklung des von ihr gewünschten Transportes in der Lage ist. Sie hat hier nur die oben aufgezeigten Tätigkeiten auszuführen. Zu diesen ist sie nach dem Gesetz verpflichtet. Insofern ist für den vorliegenden Fall unerheblich, ob das von allen Netzbetreibern in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur zu entwickelnde komplexe Zugangsmodell noch nicht existiert. Hier bedarf es nur einer Absprache mit dem vorgelagerten Netzbetreiber, zu der die Beklagte, wie ausgeführt, verpflichtet ist.

26

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch der erforderliche Verfügungsgrund vor. Die Klägerin ist auf einen sofortigen Netzzugang angewiesen. Durch § 1 Abs. 2 EnWG soll wirksamer und unverfälschter Wettbewerb gewährleistet werden. Es ist der Klägerin ein Abwarten eines Hauptsacheverfahrens nicht zuzumuten. Ihre Marktchancen steigen, wenn sie frühzeitig Zugang zum Netz der Beklagten erhält. Die Möglichkeit späterer Schadensersatzansprüche stellt keinen hinreichenden Ausgleich für die ihr bis dahin entstehenden Nachteile dar. Die durch eine verweigerte Durchleitung eingetretenen Umsatzverluste und mögliche Kundenverluste lassen sich im Nachhinein nur schwer nachweisen. Die Klägerin kann keine weiteren Kunden werben, wenn die Beklagte sich weigert, dem Anspruch aus § 20 EnWG nachzukommen. Ein weiterer Marktauftritt wird durch die unberechtigte Weigerung der Beklagten nachhaltig beeinträchtigt und grundlegend gefährdet, so dass die Klägerin auf einen möglichst frühzeitigen Zugang zum Netz angewiesen ist.

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Dass die Klägerin bis zum 12.05.2006 mit der Einreichung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugewartet hat, begründet keinen Zweifel an der Eilbedürftigkeit. Vorgerichtlich haben die Parteien ihre unterschiedlichen Rechtsauffassungen ausgetauscht. Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 30.03.2006 der Beklagten eine letzte Frist zur Vorlage eines Vertragsentwurfes bis zum 18.04.2006 gesetzt. Erst auf dieses Schreiben hat die Beklagte dann nicht mehr reagiert. Zuvor hatte sie die jeweiligen Schreiben der Klägerin beantwortet und Alternativvorschläge unterbreitet. Nach Fristablauf hat die Klägerin dann zeitnah den Antrag gestellt, so dass der erforderliche Verfügungsgrund gegeben ist.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.


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