Urteil vom Landgericht Köln - 91 O 17/20
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag über FFP2-Masken.
3Die Klägerin erwarb von der Beklagten 900 x 20 N FFP2 Masken mit Ventil, weiß, gefaltet zum Preis von 32.400,00 € (netto), lieferbar am 20.02.2020. Die Beklagte hatte diese Masken von der Streithelferin erworben. Am 17. und 20.02.2020 verkaufte die Klägerin die Masken an in China ansässige Kunden weiter. Der Klägerin wurde die Ware am 20.02.2020 auf 5 Paletten in geschlossenen Umkartons geliefert.
4Die Klägerin behauptet, die gelieferte Ware sei nicht die bestellte gewesen. Statt der bestellten Masken der Firma N hätten sich bei Lieferung zwar Kartons mit dem Aufdruck N in der Umverpackung befunden, darin jedoch Masken eines anderen Herstellers, nämlich der Firma G. Entgegen der Angabe auf einer Banderole auf der Umverpackung hätten die Masken auch nicht aus einer Produktion aus dem Jahr 2018 gestammt, sondern seien bereits 2009 produziert worden. Wegen des Aktivkohlefilters seien diese Masken nicht mehr nutzbar. Die Banderolen seien über die ursprünglichen Banderolen geklebt worden, die als Produktionsjahr das Jahr 2009 ausgewiesen hätten.
5Bei einer stichprobenartigen Untersuchung der Ware, die nach dem Vorbringen der Klägerin zunächst von der Geschäftsführerin, nach neuem Vortrag im Schriftsatz vom 18.02.2021 durch Mitarbeiter der Klägerin durchgeführt worden seien, seien die Mängel nicht entdeckt worden. Die Klägerin behauptet, nach einer Mengenkontrolle habe ihre Geschäftsführerin bzw. hätten die Mitarbeiter von den für sie zugänglichen Paletten die Umverpackung mit einem Teppichmesser aufgeschnitten und sodann einzelne Kartons mit den Masken herausgeholt, geöffnet und die Masken überprüft. Dabei sei nichts aufgefallen. Es sei nicht erkennbar gewesen, dass die auf den Kartons befindlichen Aufkleber (Banderolen) beklebt gewesen seien.
6Der chinesische Zoll habe die Masken konfisziert. Erst die Untersuchung des chinesischen Zolls habe die Mängel offenbart.
7Ihren chinesischen Abnehmern habe die Klägerin die Kaufpreise in voller Höhe erstattet. Mit der Klage hat sie ursprünglich einen Schadensersatz und 54.006,00 € geltend gemacht, der sich aus dem von der Beklagten zurückzuzahlenden brutto Kaufpreis (inklusive Umsatzsteuer), entgangenem Gewinn aus dem Weiterverkauf sowie vergeblich aufgewendeten Transportkosten zusammensetzt (im Einzelnen vergleiche Seite 4 ff. der Klageschrift).
8Die Klägerin beantragt nach Rücknahme des auf die Umsatzsteuer entfallenden Teils der ursprünglichen Forderung,
9die Beklagte zu verurteilen, an 51.700,00 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.642,40 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.04.2020 zu zahlen.
10Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte behauptet, sie habe die Masken nach Lieferung durch die Streithelferin noch am 18.02.2020 am Flughafen untersucht und keine Mängel entdeckt. Die Klägerin habe die Ware nach Lieferung hingegen nicht untersucht, jedenfalls nicht als mangelhaft gerügt, weshalb die Ware als genehmigt gelte.
13Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer Bezug auf die Gerichtsakte.
14Entscheidungsgründe
15Die Klage ist nicht begründet.
16Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, denn ein Mangel der Masken ist nicht festzustellen. Überdies gelten die gelieferten FFP2-Masken mangels rechtzeitiger Rüge gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt.
17Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass die am 20.02.2020 gelieferten Masken nicht die waren, die sie von der Beklagten gekauft hatte. Zwar behauptet sie, bereits bei Lieferung seien in den Umverpackungen andere als die bestellten Masken gewesen. Dieser bestrittene Vortrag ist allerdings ohne Beweisantritt. Die Erkenntnisse der Klägerin und ihr Vortrag beziehen sich auf den Zustand der Ware, wie er vom chinesischen Zoll dokumentiert wurde. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die von der Beklagten gelieferte Ware mangelfrei war und erst auf dem Weg nach China oder dort noch vor der Zollkontrolle ein Austausch der Masken stattgefunden hat. Dieses Szenario ist auch nicht etwa deshalb unwahrscheinlich oder gar auszuschließen, weil nach dem Vorbringen der Klägerin (auch) eine Manipulation der Banderolen auf der Umverpackung vorgenommen wurde. Auch diese Manipulation kann erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem des Gefahrübergangs auf die Klägerin vorgenommen worden sein.
18Abgesehen hiervon gilt die Ware gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt. Die Klägerin hat gegen ihre Untersuchungs- und Rügeobliegenheit aus § 377 Abs. 1 HGB verstoßen. Dem Vortrag der Klägerin zur angeblich durchgeführten Untersuchung ist nicht nachzugehen. Dabei kann offenbleiben, ob der wechselnde Vortrag schon deshalb unbeachtlich ist, weil die Klägerin zunächst vorgetragen hat, die Untersuchung sei von ihrer Geschäftsführerin durchgeführt worden, später dann behauptet, zwei ihrer Mitarbeiter hätten untersucht. Denn bei der gebotenen Untersuchung können die behaupteten Mängel schlechterdings nicht unbemerkt geblieben sein. Art und Umfang Untersuchung richtet sich nach dem, was im ordnungsgemäßen Geschäftsgang tunlich ist. Bei Lieferung einer größeren Warenmenge – wie hier – genügen aussagekräftige Stichproben. Diese sind aber auch notwendig. Die Stichproben sind dabei an verschiedenen Stellen des Transportmittels vorzunehmen (hier vergleiche hierzu Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 35. Aufl. Rn. 26). Danach war hier erforderlich, dass die Klägerin mehrere Stichproben von den auf fünf Paletten gestapelten Kartons auf Identität und Qualität der gelieferten Masken vornahm. Hierzu war es auch erforderlich, nicht nur die 20iger Kartons, sondern auch deren Inhalt stichprobenartig zu überprüfen. Bei einer derart mit der gebotenen Aufmerksamkeit durchgeführten Stichprobe der gelieferten Maske hätte – das Vorbringen der Klägerin zum Mangelbild zugrunde gelegt – auffallen müssen, dass die Produktionsdaten von Außenverpackung und Innenverpackung voneinander abwichen. Denn auf der Unterseite der Kartons, die jeweils 20 Masken enthielten ist als Produktionsdatum das Jahr 2009 angegeben (vergleiche Lichtbild Bl. 11 der Gerichtsakte). Zudem war offensichtlich, dass das G-Logo auf der Plastikhülle der einzelnen Masken nicht mit dem N-Logo auf der Verpackung (Bl. 64 der Gerichtsakte) identisch war, wie sich augenfällig dem von der Klägerin vorgelegten Lichtbild (Blatt 65 der Gerichtsakte) entnehmen lässt. Da der Geschäftsführerin der Klägerin bzw. den Mitarbeitern der Klägerin diese offensichtlichen Mängel nicht aufgefallen sind, lagen sie entweder nicht vor – in diesem Fall fehlt es an der Anspruchsvoraussetzung eines Mangels – oder wurde die Untersuchung nicht mit der gebotenen Sorgfalt ausgeführt – in diesem Fall führt die unterlassene Anzeige zu einem Verlust sämtlicher Mängelrechte.
19Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Zum einen ist schon nicht bewiesen, dass bereits bei Lieferung der Masken der behauptete, schadensbegründende Mangel vorlag. Denkbar ist wie beschrieben auch, dass es erst nach der Versendung der Ware an die Kunden der Klägerin zu einem Austausch der bis dahin fehlerfreien Ware gegen altes Material erfolgte. Abgesehen davon ist ein Betrugsvorsatz der Beklagten nicht dargelegt.
20Mangels begründeter Hauptforderung stehen der Klägerin auch kein Ersatzanspruch bezüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie Zinsansprüche zu.
21Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 269, 709 ZPO.
22Streitwert:
23bis 17.02.2021: 54.006,00 €
24ab dann: 51.700,00 €
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