Beschluss vom Landgericht Krefeld - 2 O 265/12
Tenor
wird der Antrag des Sachverständigen S. vom 06.08.2014 auf Ersetzung der Zustimmung einer Partei zur Erhöhung des Stundensatzes gem. § 13 Abs. 2 JVEG zurückgewiesen.
1
Begründung:
2I.
3Mit Beschluss vom 25.07.2014 wurde der Sachverständige S. zum Sachverständigen gem. Beweisbeschluss vom 17.02.2014 bestellt und mit der Beantwortung der in diesem Beweisbeschluss unter „c“ aufgeführten Frage beauftragt.
4Mit Schreiben vom 08.06.2014 bestätigte der Sachverständige den Eingang der Gerichtsakten und beantragte, bei den Parteien gem. § 13 Abs. 1 JVEG das Einverständnis zur Erhöhung seines Stundensatzes von 70 € auf 140 € einzuholen und im Falle einer Verweigerung des Einverständnisses einer Partei die Zustimmung des Gerichts zu der Erhöhung der Stundensätze. Ferner seien weitere Kostenvorschüsse von 1.400,00 € und 1.750,00 € bei der vorschusspflichtigen Partei anzufordern. Diesen Antrag begründet der Sachverständige damit, die Erhöhung des Stundensatzes sei erforderlich, um kostendeckend arbeiten zu können und entspreche der Vergütung, welche er für seine Leistungen im außergerichtlichen Bereich erziele. Das kürzlich novellierte JVEG mit der Erhöhung der Stundensätze beruhe auf einer Umfrage, welche bereits vor fünf Jahre durchgeführt worden sei und zudem einen „Justizrabatt“ von 10 % enthalte. Die beantragte Erhöhung liege noch im Rahmen des gesetzlich Erlaubten und sei daher nicht zu beanstanden.
5Das Gericht hat diesen Antrag an die Parteien zur Stellungnahme weitergeleitet. Mit Schriftsatz vom 19.09.2014 haben die Klägerin und die Drittwiderbeklagte ihre Zustimmung zu der Erhöhung des Stundensatzes erteilt. Die Beklagten haben gem. Schriftsatz vom 14.08.2014 zunächst von einer Stellungnahme abgesehen, im Rahmen einer telefonischen Nachfrage des Gerichtes am 21.08.2014 dann aber erklärt, der Erhöhung nicht zuzustimmen.
6II.
7Der Antrag des Sachverständigen S. vom 08.06.2014 war dahingehend auszulegen, dass dieser beantragt, die fehlende Zustimmung der Beklagten zur Erhöhung seines Stundensatzes zu ersetzen, weil die grundsätzlich gem. § 13 Abs. 1 JVEG erforderliche Zustimmung aller Parteien nicht vorliegt.
8Eine solche Ersetzung setzt zunächst gem. § 13 Abs. 2 JVEG unter anderem voraus, dass sich keine geeignete Person zur Übernahme der Tätigkeit zu dem gesetzlich bestimmten Honorar bereit erklärt hat. Bereits diese Voraussetzung kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden, da das Gericht zuvor bei weiteren Sachverständigen anfragen müsste, ob diese den Gutachterauftrag zu den Stundensätzen des JVEG durchführen können. Einer solchen Umfrage bedarf es jedoch nicht, weil auch die übrigen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 S. 2 JVEG nicht vorliegen.
9Das Gericht muss im Rahmen der Prüfung, ob es die Zustimmung einer Partei zu der Stundensatzerhöhung ersetzt, auch dessen wirtschaftliche Interessen berücksichtigen. Vor allem ist zu prüfen, ob die voraussichtlichen Sachverständigenkosten nicht außerhalb jedweder Relation zu der Klageforderung stehen. Diese Relation ist vorliegend nicht mehr gewahrt, wenn die Vergütung des Sachverständigen antragsgemäß erhöht wird. Ausgehend von einem Gegenstandswert der Klageforderungen von 3.000,00 € fallen ausweislich der Kostenanmeldung des Sachverständigen durch dessen Begutachtung Kosten in Höhe von 3.900,00 € (bereits erhaltener Vorschuss von 750,00 € zzgl. weiterer Vorschüsse in Höhe von 1.400,00 € und 1.750,00 €) an. Unabhängig davon, dass bereits durch die Beantwortung der übrigen Beweisfragen Sachverständigenkosten angefallen sind, liegen die voraussichtlichen weiteren Kosten somit sogar deutlich über dem Gegenstandswert der Klage. Ein angemessenes Verhältnis der Kosten zu dem Klagewert muss mithin verneint werden, weswegen die Zustimmung nicht ersetzt werden kann. Das Gericht übersieht hierbei nicht, dass auch bei Zugrundelegung der üblichen JVEG- Stundensätze eine Unwirtschaftlichkeit eintreten kann; eine solche vermag das Gericht jedoch insoweit nicht zu verhindern, als diese in der Dispositionsmaxime der Parteien ihren Ursprung haben und der beweisbelasteten Partei eine erforderliche Beweisführung nicht wegen der Unverhältnismäßigkeit der Kosten verweigert werden kann. Die Zustimmung des Gerichtes zur Auslösung (noch) höherer unverhältnismäßiger Kosten, muss hingegen bereits zum Schutz der Partei, welche sich nicht gegen den Anfall der Kosten wehren kann und am Ende des Prozesses mit diesen belastet werden könnte, verweigert werden.
10Die zur Stundensatzerhöhung angeführte Begründung des Sachverständigen S. ist zudem im Ansatz ungeeignet, um eine Stundensatzerhöhung zu rechtfertigen. Welche Vergütung grundsätzlich für die durchschnittliche sachverständige Tätigkeit angemessen ist, bestimmt das JVEG. Sofern der Sachverständige die dort festgesetzten Stundensätze für zu niedrig erachtet, mag dies aus seiner Sicht stimmen, ändert jedoch nichts daran, dass der Gesetzgeber diese für angemessen erachtet und sogar erst in jüngster Vergangenheit erhöht hat. Ob bei dieser Erhöhung der Stundensätze veraltete Umfragen zugrunde gelegt worden sind, vermag das Gericht nicht nachzuprüfen und ist überdies aus rechtlicher Sicht auch unerheblich. Für das Gericht sind diese gesetzlich festgelegten Stundensätze deshalb zunächst bindend und als übliche Vergütung zu betrachten. Die Ausnahmevorschrift des § 13 Abs. 2 JVEG soll es dem Gericht, den Parteien und dem Sachverständigen in Ausnahmefällen ermöglichen, von diesen gesetzlich festgelegten Stundensätze abzuweichen, wenn es hierfür nachvollziehbare Gründe gibt. Solche Gründe können jedoch nicht in dem Umstand gesehen werden, dass die Stundensätze aus Sicht des Sachverständigen stets zu niedrig sind und ein auskömmliches Arbeiten nicht ermöglichen. Die Auskömmlichkeit der Vergütung wurde schon bei der Bildung der Mindestvergütung der einzelnen Honorargruppen durch den Gesetzgeber berücksichtigt. Selbst wenn hierbei ein „Justizrabatt“ vorgenommen worden sein sollte und in der Privatwirtschaft höhere Stundensätze zu erzielen sind, so scheint dies in Anbetracht der mit der öffentlichen Bestellung verbundenen Vorteile, wie etwa der Ausschluss von Zahlungsausfällen auf Auftraggeberseite, die hohe Zahl der Aufträge sowie das im Vergleich zu Privataufträgen bestehende geringere Haftungsrisiko wegen § 839 a BGB und der dort normierten Haftungsprivilegierung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, vertretbar zu sein.
11Die Vergütung des Sachverständigen wird vielmehr gem. § 13 JVEG nur dann zu erhöhen sein, wenn besondere Gründe des Einzelfalls, wie z.B. eine besonders große Sachkunde und Kompetenz des Sachverständigen oder besonders schwierige Beweisfragen, deren Beantwortung überlegenes Wissen oder den Einsatz technisch anspruchsvoller und selten vorgehaltener Gerätschaften erfordern, dies rechtfertigen. All diese Kriterien finden in der Begründung des Antrages des Sachverständigen S. keine Berücksichtigung und sind auch ansonsten nicht evident, denn es handelt sich um eine recht einfach gelagerte Beweisfrage, deren Beantwortung dem Sachverständigen keine besonderen Anstrengungen abverlangen dürfte. Ferner dürften auch andere Sachverständige zur Beantwortung dieser Beweisfrage in der Lage sein, so dass der Sachverständige S. auf seinem Bestellungsgebiet auch kein Alleinstellungsmerkmal aufweist, was ggf. eine Stundensatzerhöhung rechtfertigen könnte. Gegenteiliges wird auch durch den Sachverständigen nicht behauptet. Dieser argumentiert ausschließlich mit der Wirtschaftlichkeit des Gutachterauftrages. Dies allein kann aber nicht zur Erhöhung des Stundensatzes führen, weil die gesetzgeberische Wertung und Abwägung des JVEG zur Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit der Sachverständigenvergütung ansonsten unterlaufen und ad absurdum geführt werden würde, denn mit dieser Argumentation könnte jeder Sachverständige eine ihm angemessen erscheinende Vergütung verlangen. Dass dies im Rahmen der Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger nicht vorgesehen ist, sondern eine Vergütung nur auf Grundlage der gesetzlich vorgesehenen Stundensätze verlangt werden kann, zeigen § 407 ZPO und das JVEG.
12Dieser Beschluss ist gem. § 13 Abs. 2 S. 4 JVEG unanfechtbar.
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