Beschluss vom Landgericht Mönchengladbach - 5 T 148/13
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 23. Mai 2013 wird a u f g e h o b e n .
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, unter Beachtung der nachfolgenden Ausführungen, an das Amtsgericht zurückgegeben.
1
G r ü n d e :
2Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist zulässig und begründet.
31.
4Das Amtsgericht hätte den begehrten Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, dass es sich bei dem von der Gläubigerin verwendeten Formular nicht um das durch die Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV) vorgeschriebene Formular handele.
5Unstreitig handelt es sich bei dem von der Gläubigerin verwendeten Formular um ein im Rahmen des von der Gläubigerin verwendeten Programmes „RA-Micro“ angebotenes, der auf der Website des Bundesministeriums der Justiz herunterzuladenden Fassung nachgebildetes Formular. Dies allein, bzw. die vom Amtsgericht angeführten Unterschiede zu der durch das Bundesministerium der Justiz (BMJ) angebotenen Fassung des Formulars, rechtfertigen jedoch die Zurückweisung des Antrags nicht.
6Im Ausgangspunkt zutreffend verweist das Amtsgericht darauf, dass gemäß § 829 Abs. 4 ZPO in Verbindung mit § 2, 3 ZVFV das für die Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eingeführte Formular verbindlich zu nutzen ist. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hat die Gläubigerin jedoch das gemäß § 2 ZVFV in Verbindung mit Anlage 2 ZVFV bestimmte Formular genutzt. Denn § 829 Abs. 4 ZPO und § 3 ZVFV sind nach ihrem Sinn und Zweck nicht so auszulegen, dass gerade die vom BMJ zum Download angebotene Fassung des Formulars zu verwenden ist. Vielmehr sind die Vorschriften nach ihrem Sinn und Zweck so auszulegen, dass es sich auch bei solchen Formularen, welche dem Muster des BMJ nachgebildet sind und mit diesem in allen wesentlichen Merkmalen übereinstimmen, um das durch die ZVFV eingeführte Formular handelt.
7Sinn und Zweck der genannten Vorschriften ist es insbesondere, eine Steigerung der Effizienz bei der Bearbeitung der Anträge zu erreichen. Dieses Ziel wird mit dem von der Antragstellerin verwendeten Formular in gleicher Weise erreicht. Weder die vom Amtsgericht gerügte Linienstärke auf Seite 1 noch die in den Freifeldern auf den Seiten 4 bis 8 (im Vergleich mit in der vom BMJ zur Verfügung gestellten Fassung) fehlenden Linien in den Freifeldern haben irgendeinen Einfluss auf die Effizienz der Bearbeitung. Gleiches gilt für den auf Seite 3 befindlichen Schreibfehler. Irgendwelche konkreten Schwierigkeiten bei der Bearbeitung des Antrages sind aus den Ausführungen des Amtsgerichts auch nicht ersichtlich.
8Es ist auch nicht deswegen die Verwendung gerade der durch das BMJ zur Verfügung gestellten Fassung des Formulars zu verlangen, weil dies für eine – vom Gesetzgeber bei Erlass des Justizkommunikationsgesetzes vom 22. März 2005, mit welchem § 829 Abs. 4 ZPO eingeführt wurde, beabsichtigte – elektronische Aktenbearbeitung erforderlich wäre. Derartige Erwägungen sind hier bereits deswegen nicht anzustellen, weil mit der ZVFV ausdrücklich lediglich einheitlich gestaltete Formulare für die nicht elektronische Bearbeitung eingeführt wurden, welche entweder in Papierform oder am PC auszufüllen und sodann in Papierform an das Vollstreckungsgericht zu übersenden sind. Von der Einführung von Formularen für die elektronische Bearbeitung wurde dagegen ausdrücklich abgesehen.
9Soweit die dort zuständige Einzelrichterin in dem am 17. Mai 2013 unter dem Aktenzeichen 5 T 112/13 entschiedenen Fall eine von den obigen Ausführungen abweichende Auffassung vertreten hat, hält die Kammer daran nicht fest.
102.
11Das Amtsgericht hätte den Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch nicht deswegen zurückweisen dürfen, weil die Gläubigerin die Seite 3 des Formulars nicht ordnungsgemäß ausgefüllt hätte.
12Das Amtsgericht verweist insofern darauf, es sei nicht feststellbar, um welchen Betrag es sich bei dem in der linken Spalte aufgeführten Betrag von 38,63 EUR handele. Sofern es sich um kapitalisierte Zinsen handeln sollte, fehle der Zeitraum, für den sie berechnet seien. Zudem führe die zusätzliche Angabe kapitalisierter Zinsen dazu, dass die Zinsforderung der Gläubigerin doppelt geltend gemacht werde.
13Auch diese Ausführungen tragen diese Zurückweisung des Antrags der Gläubigerin nicht.
14Es kann dabei offen bleiben, inwiefern überhaupt eine Eintragung von Teilbeträgen auf der Seite 3 des Antragsformulars erforderlich ist, bzw. ob (und gegebenenfalls in welchen Fällen) auch der ursprünglich durch die Antragstellerin vorgenommene Verweis auf eine anliegende Forderungsaufstellung zur hinreichend bestimmten Bezeichnung der Zwangsvollstreckungsforderung zulässig ist. Denn jedenfalls in der durch die Gläubigerin nachträglich eingereichten geänderten Fassung der Seite 3 des Antrags ist die Zwangsvollstreckungsforderung hinreichend bestimmt bezeichnet, so dass das Amtsgericht den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht hätte verweigern dürfen.
15So ergibt sich aus den Angaben der Gläubigerin eindeutig, dass diese neben der Hauptforderung von 194,00 EUR auch Zinsen aus dieser Hauptforderung in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Juni 2009 beansprucht. Dass für die Angabe von Zinsen aus der Hauptforderung gegebenenfalls nicht die der Antragstellerin genutzte vierte Zeile der Tabelle, sondern vielmehr die dritte Zeile vorgesehen ist, rechtfertigt eine Zurückweisung des Antrags der Gläubigerin nicht. Denn es besteht gemäß § 829 Abs. 4 ZPO in Verbindung mit den Vorschriften der ZVFV lediglich eine Verpflichtung der Gläubigerin, dass durch die ZVFV eingeführte Formular zu nutzen. Dies hat sie wie ausgeführt getan. Eine Verpflichtung, dabei bestimmte Zeilen der auf Seite 3 des Formulars befindlichen Tabelle für die Angabe der Zinsforderung zu nutzen, kann jedoch den genannten Vorschriften bereits im Ausganspunkt nicht entnommen werden. Vielmehr war die Gläubigerin lediglich verpflichtet, die Zwangsvollstreckungsforderung so konkret zu bezeichnen, dass feststellbar ist, welche Beträge sie im Einzelnen vom Schuldner beansprucht. Hierfür ist unerheblich, in welcher Tabellenzeile Angaben gemacht werden, solange sie inhaltlich eindeutig sind. Dies ist hier der Fall.
16Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die Angaben der Gläubigerin auch nicht deswegen unklar, weil nicht feststellbar wäre, was mit dem Betrag von 38,63 EUR in der linken Tabellenspalte gemeint sei. Vielmehr handelt es sich hierbei offensichtlich um die kapitalisierten Zinsen, welche sich bis zum Zeitpunkt der Antragstellung aus dem in der rechten Tabellenspalte gemachten Angaben ergaben.
17Insofern ist schließlich auch der Hinweis des Amtsgerichts verfehlt, dass die Zinsen mehrfach berücksichtigt würden. Denn entscheidend ist, dass im Antrag hinreichend deutlich angegeben wird, welche Zinsen für welchen Zeitraum beansprucht werden. Dies ist hier der Fall. Eine doppelte Berücksichtigung von Zinsen ergibt sich daraus nicht. Es ist im Übrigen auch unklar, welcher Betrag in die linke Spalte der Tabelle des Formulars im Hinblick auf die Zinsen – sei es nun in der dritten oder vierten Zeile des Formulars – eingetragen werden sollte, wenn nicht der kapitalisierte Zinsbetrag.
18Da das Amtsgericht die weiteren Voraussetzungen für den Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss noch nicht geprüft hat, war die Sache gemäß § 572 Abs. 3 ZPO zur erneuten Entscheidung über den Antrag an das Amtsgericht zurückzugeben.
19Über die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht zu entscheiden, da mangels Entscheidung der Kammer über den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch die vorliegende Entscheidung niemand beschwert wird. Ebenso wenig war eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens veranlasst. Gerichtskosten entstehen gemäß Ziffer 2121 KV GKG nicht. Auch eine Kostenentscheidung zu Lasten des Schuldners im Hinblick auf etwaige außergerichtliche Kosten der Gläubigerin im Beschwerdeverfahren kommt nicht in Betracht, da sich der Schuldner am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt hat.
20Ausgefertigt
21Justizhauptsekretärin
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Referenzen
- ZPO § 829 Pfändung einer Geldforderung 3x
- ZPO § 572 Gang des Beschwerdeverfahrens 1x
- 5 T 112/13 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 ZVFV 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 ZVFV 1x (nicht zugeordnet)