Urteil vom Landgericht Rostock (4. Zivilkammer) - 4 O 367/07

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.307,78 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.295,18 € seit dem 26.05.2007 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.012,60 € seit dem 10.01.2008 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreites haben der Kläger 76,4 % und der Beklagte 23,6 % zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 14.010,96 €

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt vom beklagten Insolvenzverwalter Schadensersatz wegen der Vereitelung eines Aussonderungsrechtes.

2

Der Kläger verpachtete mit notariellem Pachtvertrag vom 29.09.2003 (Anlage K 3) seine Schweinemast- und Zuchtanlage an den späteren Insolvenzschuldner G.. Nach § 2 des Pachtvertrages galt das lebende und tote Inventar als Eigentum des Pächters. Streitig ist, ob als Anlage zum notariellen Pachtvertrag ebenfalls ein Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt mitbeurkundet wurde. Vor der Beurkundung hatten der Kläger und der Pächter am 28.09.2003 jedenfalls einen Vorvertrag geschlossen (Anlage B 1), wonach der Kläger ca. 190 Zuchtsauen, 180 Läufer und 200 Saugferkel verkaufen sollte. Unter die Unterschriften des Vorvertrages wurde später handschriftlich die Formulierung "bis zur Zahlung 100 % bleibt Eigentum" hinzugesetzt (Anlage B 4). Der Kläger übergab am 01.10.2003 seinen Viehbestand an den späteren Insolvenzschuldner G. (Übergabeprotokoll: Anlage K 5) und rechnete am 08.10.2003 die im Übergabeprotokoll aufgelisteten Tiere mit den vertraglichen Stückpreisen ab; die Rechnung belief sich auf 78.918,62 € netto/84.442,92 € brutto (Anlage K 6). Der Stückpreis für die verkauften 190 Zuchtsauen betrug 350,- € netto. Der beurkundende Notar H. erstellte am 15. bzw. 16.10.2003 eine erste Ausfertigung des Notarvertrages für den Pächter G. (Anlage B 2) und eine zweite Ausfertigung für den Kläger als Verpächter (Anlage B 3). Die Ausfertigungen enthielten als Anlage keinen Kaufvertrag über den Viehbestand des Klägers mit Eigentumsvorbehalt. Auch die am 06.11.2003 vom Notar anderweitig korrigierten Ausfertigungen enthielten wiederum keinen mitbeurkundeten Kaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 04.03.2004 (Anlage K 10) machte der Kläger den rückständigen Kaufpreis geltend und wies den Käufer/Pächter G. auf den vereinbarten Eigentumsvorbehalt hin; dieser antwortete mit Schreiben vom 19.03.2004 (Anlage K 15). Streitig ist, ob sich dieser Schriftwechsel in den Insolvenzunterlagen befand und somit dem Beklagten bekannt war (so der Kläger).

3

Der Beklagte wurde am 26.10.2004 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Pächters/Käufers G. bestellt (Anlage K 1). Bereits am 04.10.2004 hatte der Beklagte 177 Zuchtsauen übernommen, davon 88 (ehemalige) des Klägers. Der Beklagte verkaufte die Zuchtsauen des Klägers wie folgt: 50 Stück am 13./14.10.2004, 12 Stück am 21./22.10.2004, 8 Stück am 11./12.11.2004, 5 Stück am 02.12.2004, 6 Stück am 21./22.12.2004 und 4 Stück am 13.01.2005. Der Verbleib von 3 Zuchtsauen ist ungeklärt.

4

Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 27.10.2004 (Anlage K 9) wies der Kläger den Beklagten auf den vereinbarten Eigentumsvorbehalt hin und übersendete die zweite Ausfertigung des notariellen Pachtvertrages - ohne Vereinbarung zum Eigentumsvorbehalt - (Anlage B 3) nebst des Vorvertrages vom 28.03.2003 mit dem handschriftlichen Zusatz "bis zur Zahlung 100 % bleibt Eigentum" (Anlage B 4). Der Beklagte bezweifelte mit Antwortschreiben vom 27.10.2004 (Anlage K 20) den vorgetragenen Eigentumsvorbehalt. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 28.10.2004 (Anlage K 16) wies der Kläger nochmals auf den Eigentumsvorbehalt hin und versuchte mit weiterem Schreiben vom 29.10.2004 (Anlage K 17) die drohende Veräußerung der Tiere zu verhindern. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 02.11.2004 (Anlage K 19) weiterhin einen Eigentumsvorbehalt ab, der Kläger antwortete mit Rechtsanwaltsschreiben vom 02.11.2004 und forderte die Herausgabe der Schweine (Anlage K 18).

5

Der Notar H. überließ dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 09.11.2004 eine Kopie des mitbeurkundeten Tierkaufvertrages mit Eigentumsvorbehalt als vorletzte Seite des Originalvertrages (Anlagen B 5 und B 6). Der Kläger hat mit insoweit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 28.05.2008 behauptet, auch der Beklagte habe diese vorletzte Seite des Notarvertrages am 11.11.2004 erhalten. Der Notar sendete jedenfalls am 11.11.2004 eine vollständige beglaubigte Fotokopie des Notarvertrages vom 29.09.2003 an den Beklagten (Zugang 13.11.2004). Mit Schreiben vom 22.11.2004 (Anlage K 11) erkannte der Beklagte den Eigentumsvorbehalt des Klägers weiterhin nicht an, da die beglaubigte Fotokopie des Notarvertrages nicht mit der ihm vorliegenden ersten Ausfertigung vom 15.10.2003 übereinstimmte.

6

Am 10.01.2005 zeigte der Beklagte Masseunzulänglichkeit an. Am 18.01.2005 erklärte der Notar H. auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde hin gegenüber seinem Landgerichtspräsidenten, dass die Ausfertigungen unrichtig erstellt worden seien, da der mitbeurkundete Tierkaufvertrag gefehlt habe (Anlage K 4). Das Schreiben wurde den Parteien bekannt gemacht.

7

Am 28.02.2005 gab der Beklagte den Schweinemast- und Zuchtbetrieb an den Kläger zurück.

8

Mit rechtskräftigem Urteil vom 13.12.2006 sprach die Kammer dem Kläger einen Anspruch auf Ersatzaussonderung gem. § 48 S. 2 InsO in Höhe von 21.400,15 € zu (Anlage K 2). Der Anspruch auf Ersatzaussonderung resultierte aus einem vom Beklagten vereinnahmten Schlachtpreis von u.a. 164,35 € je Zuchtsau, der sich abzüglich der Haltungskosten noch unterscheidbar in der Insolvenzmasse befand.

9

Trotz des zusprechenden Urteils gewährte das OLG Rostock dem Beklagten für den Vorprozess mit Beschluss vom 31.01.2007 rückwirkend Prozesskostenhilfe (Anlage B 8). Die vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten des Vorprozesses betrugen ausweislich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 16.02.2007 2.012,60 € (Anlage K 14).

10

Der Kläger behauptet, als Anlage zum notariellen Pachtvertrag vom 29.09.2003 sei ein Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt mitbeurkundet worden, Anlage K 3 entspreche dem maßgeblichen Original des beurkundeten Notarvertrages. Aufgrund des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes habe der Beklagte das Aussonderungsrecht des Klägers schuldhaft vereitelt, der daraus resultierende Schaden berechne sich wie folgt:

11

Wert der 88 Zuchtsauen bei einem Stückpreis von 350,00 €:

 30.800,00 €

abzüglich des Schlachtpreises von 88 x 164,35 € =

 14.462,80 €

                 

Differenz:

 16.337,20 €

abzüglich der Haltungskosten (49,305 € je Zuchtsau)

4.338,84 €

                 

Ergebnis:

 11.998,36 €

12

Hinzu kämen die Kosten des Vorprozesses von 2.012,60 €, so dass der Schaden insgesamt 14.010,96 € betrage.

13

Der Kläger beantragt,

14

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 14.010,96 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 11.998,36 € seit dem 26.05.2007 sowie auf weitere 2.012,60 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2006 zu zahlen.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Der Beklagte ist der Auffassung, aufgrund des Widerspruches zwischen der ersten Ausfertigung des Notarvertrages vom 29.09.2003 und der am 11.11.2004 versendeten beglaubigten Fotokopie sei der Verkauf der Zuchtsauen des Klägers jedenfalls nicht schuldhaft erfolgt. Die nach dem 22.11.2004 vom Beklagten veräußerten Tiere hätten keinesfalls einen Wert von 350,00 € pro Stück gehabt.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Klage ist nur in Höhe von 3.307,78 € nebst Zinsen begründet und unterliegt im übrigen der Abweisung.

I.

19

Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gem. § 60 Abs. 1 InsO in Höhe von 3.307,78 € gegen den Beklagten zu, und zwar in Höhe von 1.295,18 € wegen des unrechtmäßigen Verkaufs von 15 Zuchtsauen (dazu 1.) sowie in Höhe von 2.012,60 € wegen der Kosten des Vorprozesses LG Rostock 4 O 7/06 (dazu 2.).

20

1. a) Der Beklagte hat das für 88 Zuchtsauen bestehende Aussonderungsrecht des Klägers (§ 47 InsO) vereitelt, denn die vom Beklagten am 04.10.2004 übernommenen 88 Zuchtsauen standen unter Eigentumsvorbehalt des Klägers.

21

Der notarielle Pachtvertrag vom 29.09.2003 enthält im maßgeblichen Original, das Anlage K3 entspricht, als mitbeurkundete Anlage einen entsprechenden Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt. Dies hat die Kammer im Vorprozess 4 O 7/06 aufgrund der dort durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt. Das Urteil vom 13.12.2006 (Anlage K 2) kann im vorliegenden Prozess als Urkunde verwertet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 13.12.2006 verwiesen. Der Beklagte hat gegen die dortigen Feststellungen und das Beweisergebnis nichts Erhebliches eingewendet.

22

b) Die Veräußerung von Aussonderungsgut stellt eine Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten i.S.v. § 60 Abs. 1 InsO gegenüber dem Aussonderungsberechtigten dar.

23

c) Der Verkauf der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Zuchtsauen des Klägers erfolgt jedoch erst ab dem 13.11.2004 schuldhaft, so dass der Beklagte nur für die nach diesem Stichtag verkauften 15 Zuchtsauen haftet.

24

Dafür, dass dem Beklagten das auf den Eigentumsvorbehalt hinweisende Rechtsanwaltsschreiben vom 04.03.2004 (Anlage K 10) bekannt war, hat der Kläger keinen Beweis angeboten.

25

Aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 27.10.2004 (Anlage K 9) ergab sich nicht, dass der Kläger an den Insolvenzschuldner G. die Zuchtsauen unter Eigentumsvorbehalt verkauft hatte. Mit dem Schreiben vom 27.10.2004 wurde die zweite Ausfertigung des Notarvertrages (Anlage B 3) übermittelt, die den mitbeurkundeten Tierkaufvertrag gerade nicht enthielt. Auch aus dem gleichzeitig übermittelten Vorvertrag vom 28.09.2003 (Anlage B 4) ergab sich für den Beklagten kein wirksam vereinbarter Eigentumsvorbehalt, da es sich nur um einen Vorvertrag handelte, der nach der vorgelegten zweiten Ausfertigung keinen Eingang in den notariellen Pachtvertrag vom 29.09.2003 gefunden hatte. Ferner war der handschriftliche Zusatz "bis zur Zahlung 100 % bleibt Eigentum" nicht durch die Unterschriften auf dem Vorvertrag gedeckt, sondern offensichtlich nachträglich hinzugesetzt worden. Aus den weiteren Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.10.2004 (Anlage K 16), 29.10.2004 (Anlage K 17) und 02.11.2004 (Anlage K 18) ergaben sich für den Beklagten keine neuen Erkenntnisse.

26

Die erforderliche Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis vom Eigentumsvorbehalt ergab sich für den Beklagten auch nicht aus der Übersendung einer Fotokopie der vorletzten Seite des Notarvertrages durch den Notar H.. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 28.05.2008 vorgetragen, der Notar H. habe am 09.11.2004 die vorletzte Seite des Notarvertrages (Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt) auch an den Beklagten gesendet, diesem sei der Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt am 11.11.2004 zugegangen. Dieser Vortrag ist gem. § 296a ZPO nicht zuzulassen, da dem Kläger insoweit kein Schriftsatznachlass gewährt wurde und es sich vielmehr um nachgeschobenes neues Vorbringen handelt. Zum anderen ergab sich aus der Übersendung einer einzelnen Seite nicht, ob und wie der Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt Eingang in den notariellen Pachtvertrag vom 29.09.2003 gefunden hat. Dies konnte sich erst aus dem gesamten Notarvertrag ergeben, sofern er dem Beklagten denn vollständig vorlag.

27

Mit Erhalt der beglaubigten Fotokopie des gesamten Notarvertrages am 13. bzw. spätestens 22.11.2004 musste der Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger seine Zuchtsauen unter Eigentumsvorbehalt an den Insolvenzschuldner G. verkauft hatte, weil am 29.09.2003 der entsprechende Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt als Anlage zum notariellen Pachtvertrag mitbeurkundet wurde. Wie sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 22.11.2004 ergibt (Anlage K 11), lag dem Beklagten eine am 11.11.2004 durch den Notar H. erstellte beglaubigte Fotokopie des notariellen Pachtvertrages vom 29.09.2003 vor. Damit musste für den Beklagten klar sein, dass die ihm ebenfalls vorliegende erste Ausfertigung unrichtig war, da sie den mitbeurkundeten Tierkaufvertrag nicht enthielt.

28

Selbst wenn man beide Urkunden (1. Ausfertigung ohne und begl. Fotokopie mit Tierkaufvertrag) als gleichwertig ansieht, dann bestand für den Beklagten zumindest Aufklärungsbedarf, etwa durch Rücksprache beim beurkundenden Notar oder ggfs. durch kurzfristige Einsichtnahme in den Original-Notarvertrag. Keinesfalls durfte der Beklagte mit der Veräußerung der Zuchtsauen des Klägers fortfahren und die klarstellende Auskunft des Notars einfach als unwahr abtun.

29

d) Während der Beklagten also 70 Zuchtsauen des Klägers schuldlos und 15 Zuchtsauen schuldhaft veräußerte, ist der Verbleib von drei Zuchtsauen ungeklärt. Dies geht zu Lasten des Klägers, da dieser zumindest nicht substantiiert behauptet hat, dass auch diese drei Zuchtsauen nach dem 13. bzw. 22.11.2004 verkauft worden seien.

30

e) Der Schaden des Klägers wegen des schuldhaften Verkaufs von 15 Zuchtsauen beträgt indes nur 1.295,18 €.

31

Die Kammer schätzt den Wert der verkauften Zuchtsauen gem. § 287 ZPO auf 300,-- € je Stück. Anknüpfungspunkt der Schätzung ist zum einen der im Tierkaufvertrag des Klägers mit dem Insolvenzschuldner G. vereinbarte Kaufpreis von 350,- € je Stück. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der vereinbarte Kaufpreis auch dem tatsächlichen Marktwert der Zuchtsauen entsprach. Weiterer Anknüpfungspunkt ist das Insolvenzeröffnungsgutachten des Beklagten (Anlage K 8), in dem ein Wert von 300,- € je Sau angenommen wurde. Auch wenn es sich nur um eine Schätzung des Beklagte mit entsprechendem Abschlag handelte, so lagen auch für den Beklagten seinerzeit offenbar keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der vereinbarte Kaufpreis von 350,- € je Zuchtsau unangemessen war. Die eigene Schätzung des Beklagten in dem Insolvenzeröffnungsgutachten gewinnt um so mehr an Gewicht, als dass der Beklagte die Zuchtsauen in Besitz genommen hatte, so dass er sie auch begutachten konnte. Der Beklagte kann auch nicht mit der Einwendung gehört werden, dass es sich bei den zuerst verkauften 73 Zuchtsauen um die besten Tiere gehandelt habe, während die zuletzt verkauften 15 Tiere die schlechteren gewesen seien. Aus der Abrechnung der Viehhandlung H. KG vom 13.12.2004 (Anlage K 13) ergibt sich, dass noch am 22.12.2004 ein durchschnittlicher Stückpreis von 164,71 € erzielt wurde. Zuvor wurden

32

bei der Lieferung vom 04.10.2004 ein Durchschnittsstückpreis von

 169,71 €

bei der Lieferung vom 14.10.2004 ein Durchschnittsstückpreis von

 161,28 €

bei der Lieferung vom 22.10.2004 ein Durchschnittsstückpreis von

 153,29 €

und bei der Lieferung vom 12.11.2004 ein Durchschnittsstückpreis von

 147,29 €

erzielt.

        
33

Daraus ergibt sich, dass die Qualität der letzten Lieferungen keinesfalls schlechter wurde, alle Durchschnittspreise liegen innerhalb der üblichen Streuung.

34

Bei einem Stückpreis von geschätzten 300,- € ergibt sich ein Wert der verkauften 15 Zuchtsauen von insgesamt 4.500,- €. Vom durch die Veräußerung für den Kläger verloren gegangenen Wert ist der jeweilige Schlachtpreis abzuziehen, der dem Kläger als Ersatzaussonderung mit Urteil der Kammer vom 13.12.2006 - 4 O 7/06 zugesprochen wurde. Bei einem Schlachtpreis von durchschnittlich 164,35 € je Stück ergibt sich bei 15 Zuchtsauen ein anzurechnender Schlachtpreis von 2.466,25 €. Vom resultierenden Schadensersatzbetrag in Höhe von 2.034,75 € sind die vom Kläger zugestandenen Haltungskosten abzuziehen. Der Kläger hat Haltungskosten von 30 % des Schlachtpreises zugestanden, das sind 49,305 € je Zuchtsau. Bei 15 Zuchtsauen ergeben sich anzurechnende Haltungskosten von 739,575 €. Der übrig bleibende Schadensersatzbetrag beläuft sich somit auf 1.295,18 €.

35

2. Durch den verlorenen Vorprozess hat der Beklagte ebenfalls insolvenzspezifische Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt und ist diesem gem. § 60 Abs. 1 InsO schadensersatzpflichtig.

36

Die insolvenzspezifische Pflichtverletzung liegt darin, dass der Beklagte den Anspruch des Klägers auf Ersatzaussonderung gem. § 48 S. 2 InsO nicht unverzüglich erfüllt hat, sondern es auf einen Prozess gegen den Masse hat ankommen lassen.

37

Grundsätzlich obliegen dem Insolvenzverwalter bei Führung eines Prozesses keine insolvenzspezifischen Pflichten gegenüber dem Prozessgegner. Die Insolvenzordnung begründet keine Verpflichtung des Verwalters, vor der Erhebung einer Klage oder während des Prozesses die Interessen des Prozessgegners an einer eventuellen Erstattung seiner Kosten zu berücksichtigen. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Verwalter nicht Kläger, sondern Beklagter eines Zivilprozesses ist (vgl. BGHZ 161, 236).

38

Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber um den Anspruch eines Aussonderungsberechtigten, dessen Aussonderungsrecht der Beklagte durch die Nichterfüllung des Herausgabeanspruches endgültig vereitelt hatte. Die insolvenzspezifischen Pflichten des Verwalters einem solchen Gläubiger gegenüber enden nicht mit dem Unmöglichwerden der Herausgabe, sondern setzen sich hinsichtlich etwaiger Sekundäransprüche - hier: des Anspruchs auf Ersatzaussonderung gem. § 48 S. 2 InsO - fort. Ebenso, wie der Insolvenzverwalter das Recht eines aussonderungsberechtigten Gläubigers zu respektieren hat, hat er dessen Anspruch auf Ersatzaussonderung zu erfüllen. Unterlässt er dies, haftet er ebenso aus § 60 InsO wie er für die Verletzung von Aussonderungsrechten einzustehen hätte. Diese Haftung umfasst auch die Kosten eines Prozesses, den der Gläubiger auf Grund eines in dieser Hinsicht pflichtwidrigen Verhaltens des Verwalters führen muss und die er wegen der Masseunzulänglichkeit nicht erstattet erhält (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.05 - IX ZR 115/01, ZIP 2006, 194 = NJW-RR 2006, 694).

39

Der Beklagte musste jedenfalls aufgrund der Erklärung des Notars H. vom 18.01.2005 (Anlage K 4) erkennen, dass er sich auf einen aussichtslosen Prozess einlässt. Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass das OLG Rostock dem Beklagten mit Beschluss vom 31.01.2007 Prozesskostenhilfe mit der Begründung gewährt hat, dass die Kammer dem Kläger erst nach durchgeführter Beweisaufnahme einen Anspruch auf Ersatzaussonderung zuerkannt hat. Das OLG Rostock hat in diesem PKH-Beschluss nicht beachtet, dass die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten auch schon vor Vernehmung des Notars H. aussichtslos war. Bei der im PKH-Verfahren gebotenen Beweisantizipierung lag auf der Hand, dass das maßgebliche Original des Notarvertrages vom 29.09.2003 als Anlage einen mitbeurkundeten Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt enthielt. Die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Notars H. wurde indes dadurch erforderlich, dass das Gericht selbst aussichtslos erscheinende Beweise zu erheben hat, wenn denn nur die Rechtsverteidigung des Beklagten formal erheblich ist; eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung darf nur im PKH-Verfahren erfolgen, nicht im Prozess. Die am 10.01.2005 angezeigte Masseunzulänglichkeit stand dem Anspruch des Klägers auf Ersatzaussonderung nicht entgegen, da der niedrigste Tagessaldo des entsprechenden Bankkontos des Beklagten nicht unter den aus den Tierverkäufen eingenommenen Betrag fiel und sich der Erlös aus den Tierverkäufen damit noch unterscheidbar in der Masse befand (vgl. BGHZ 141, 116).

40

3. Der Zinsanspruch des Klägers bezüglich des Schadensersatzanspruches von 1.295,18 € wegen der Veräußerung von 15 Zuchtsauen ergibt sich aus §§ 290, 288 BGB. Der Beklagte befand sich mit der Herausgabe der letzten 15 Zuchtsauen in Verzug, wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe hat er Wertersatz zu leisten.

41

Der Zinsanspruch des Klägers bezüglich der zu erstattenden Prozesskosten von 2.012,60 € ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB. Über diese Rechtshängigkeitszinsen hinausgehende Verzugszinsen sind nicht berechtigt, da der Beklagte persönlich mit der Zahlung der Prozesskosten nicht in Verzug gesetzt (gemahnt) wurde.

II.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

III.

43

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbar beruht auf § 709 ZPO.

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