Beschluss vom Landgericht Schwerin (5. Zivilkammer) - 5 T 280/07
Tenor
Die sofortige Beschwerde vom 18.07.2007 gegen den Beschluss des Amtsgericht Schwerin vom 29.05.2007, ausgefertigt am 04.07.2007, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.780,24 Euro.
Gründe
I.
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Der Beschwerdeführer war Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beteiligten zu 1.
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Mit Vorlage des Abschlussberichtes stellte er am 20.02.2007 einen Antrag auf Vergütung in Höhe von 20.613,31 Euro. Dabei legte er die Einnahmen der Masse ohne Drittrechte i.H.v. 24.347,86 Euro "zzgl. Vorsteuer aus Verwaltervergütung" i.H.v. 3.291,20 Euro als Insolvenzmasse (§ 1 InsVV) zugrunde.
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Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht eine Gesamtvergütung in Höhe von nur 18.833,07 Euro festgesetzt. Es hat seiner Berechnung dabei lediglich den von dem Beschwerdeführer angegebenen Wert der Insolvenzmasse in Höhe von 24.347,86 Euro zugrundegelegt und hat die auf die Verwaltervergütung entfallende Umsatzsteuer nicht als Teil des Wertes angesehen, auf die sich die Schlussrechnung bezieht (§ 1 I InsVV).
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Mit der sofortigen Beschwerde vom 18.07.2007 beantragt der Beschwerdeführer, die sich aus der letzten Umsatzsteuerjahreserklärung ergebende Vorsteuererstattung in die nach § 1 I, II und § 6 I S. 2 InsVV zu bestimmende Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Verwaltervergütung einzubeziehen.
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Unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 26.01.2006, IX ZB 183/04) und auf § 6 I S. 2 InsVV begründet er seine Beschwerde im Wesentlichen mit folgenden Argumenten:
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- Die Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung sei gemäß § 1 InsVV die Summe der Einnahmen abzüglich eines Kataloges enumerativ genannter Abzugspositionen, zu denen die Umsatzsteuer auf die Verwaltervergütung nicht gehöre.
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- Jede sich aus einer Umsatzsteuererklärung ergebende steuerliche Einnahme im laufenden Verfahren wie auch mit Abschluss des Verfahrens sei eine die Teilungsmasse erhöhende Einnahme.
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- Vorsteuererstattungen seien stets in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen und stellten keine "durchlaufenden Posten" dar, die vergütungsrechtlich nicht zu berücksichtigen seien.
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- Die Umsatzsteuererklärung resultiere insoweit aus der Tätigkeit des Insolvenzverwalters, als dieser nach Schlussrechnung, Verteilung und Entnahme der Verwaltervergütung entsprechend des Vergütungsbeschlusses einen aus der Begleichung der Insolvenzverwaltervergütungsrechnung rührenden Vorsteuererstattungsanspruch der Insolvenzmasse gegenüber dem Finanzamt mittels Umsatzsteuererklärung geltend machen müsse.
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- Die der Masse zu erstattende Vorsteuer sei nicht Teil bereits abgegoltener Kosten des Verfahrens, weil es sich gerade um einen aus der zusätzlichen Tätigkeit des Insolvenzverwalters rührenden "neuen" Vermögenswert der Masse handele. Erst infolgedessen, dass der Verwalter die Schlussrechnung sowie die Verteilung und die Bezahlung der Vergütungsrechnung vornehme, entstehe ein steuerlicher Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt. Ohne diese Handlungen wäre ein Anspruch steuer- und insolvenzrechtlich nicht neu begründet. Dieser neue Vermögensgegenstand der Masse sei abzugrenzen von der bisherigen Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung.
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- Eine Doppelanrechnung erfolge nicht, weil der Vorsteuerüberhang aus zuvor bezahlten Rechnungen während wie nach Abschluss des Verfahrens immer ein eigenständig entstandener steuerrechtlicher Anspruch sei.
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Auf Grund des Vergütungssystemes der InsVV sei es in der Tat denkbar, dass es zu Doppelberücksichtigungen kommen könne, weil nun einmal Einnahmen immer zu berücksichtigen, Ausgaben aber in der Regel nicht abzuziehen seien. Es handele sich hierbei schlicht um die Konsequenz des insolvenzvergütungsrechtlichen Berechnungsmodus.
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- Eine Aufrechnung mit Vorsteuererstattungsansprüchen über die jeweilige Periode der Voranmeldung hinaus sei unzulässig, so dass eine Aufrechnungslage nicht entstehe, diese Ansprüche seien daher auch nicht von der Berechnungsgrundlage abzusetzen. Nach periodengemäßer Saldierung der Vorsteuer mit der Umsatzsteuer i.S.v. § 16 II S. 1 UStG bestehe keine weitere Aufrechnungslage mehr, so dass es sich bei dem verbleibenden Vorsteuererstattungsanspruch um eine "echte Einnahme der Masse" handele.
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- Gegen die Bewertung des sich aus dem Vorsteuerüberhang ergebenden Zahlungsanspruch als neue Einnahme spreche nicht, dass die Verwaltervergütung zuvor als Teil der Kosten des Verfahrens aus der Masse beglichen worden sei. Dies sei im gesamten Verfahren der Fall, wo sich immer wieder aus zuvor beglichenen Masseverbindlichkeiten Vorsteuerüberhänge ergäben, die nach Einzug vom Finanzamt wiederum die Teilungsmasse erhöhen. Ergebe sich ein Zahlungssaldo, mindere dieser als Masseverbindlichkeit die Teilungsmasse gerade nicht.
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Mit Beschluss vom 06.09.2007 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
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Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Amtsgericht hat die auf die Verwaltervergütung entfallende Umsatzsteuer zu Recht nicht in die Berechnungsmasse gemäß § 1 InsVV einbezogen. Unabhängig von der Frage, ob vorliegend ein Erstattungsanspruch der Masse gegenüber dem Finanzamt überhaupt nachgewiesen ist - wie es der Bundesgerichtshof für die Berücksichtigungsfähigkeit der Umsatzsteuer als Teil der Vergütungsgrundlage nach § 1 InsVV verlangt (Beschluss vom 25.10.2007, IX ZB 147/06) -, steht dem Insolvenzverwalter über die ihm zugesprochene Vergütung ein weiterer Vergütungsanspruch nicht zu.
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Gemäß § 1 I S.1 InsVV wird die Vergütung des Insolvenzverwalters nach dem Wert der Insolvenzmasse berechnet, auf die sich die Schlussrechnung bezieht. Im Einzelnen bestimmt sich der Umfang der maßgeblichen Masse nach § 1 II InsVV. Grundlage für die Berechnung der Vergütung des Insolvenzverwalters ist gemäß § 63 I S. 2 InsO der Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens.
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Die Erhöhung der Berechnungsmasse um den erwarteten Erstattungsbetrag findet im Gesetz keine Stütze.
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§ 2 Nr. 3 Abs. 2 der Vergütungsordnung (VergVO) für Konkursverwalter hat der Gesetz- und Verordnungsgeber nicht in die insolvenzrechtliche Vergütungsordnung übernommen. Nach dieser Vorschrift wurden wiedereingehende verauslagte Prozess- oder Vollstreckungskosten gegen die verauslagten Kosten verrechnet. Hierbei handelte es sich lediglich um eine Klarstellung, die der Gesetzgeber für die Berechnung der Vergütung nach der InsVV als überflüssig angesehen hat. Nach der amtlichen Begründung zu § 1 II InsVV "dürfte es selbstverständlich sein, dass von der Masse verauslagte Kosten, die später wieder eingehen, die Berechnungsgrundlage nicht vergrößern können" (vgl. Haarmeyer/Wutzke/ Förster, Insolvenzrechtliche Vergütung, 3. Aufl., vor § 1 zu § 1 a.E.).
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Um nichts anderes geht es bei der Umsatzsteuer auf die Verwaltervergütung. Beide sind Teil der Kosten des Verfahrens (§ 54 Nr. 2 InsO), die von der Masse verauslagt worden sind. Unter bestimmten steuerrechtlichen Voraussetzungen fließen sie der Masse wieder zu. Ein Grund, dass dieser steuerrechtliche Vorgang sich auf die Höhe der Verwaltervergütung auswirken soll, ist nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich eine Erhöhung der Vergütung nicht dadurch rechtfertigen, dass der Verwalter die Schlussrechnung sowie die Verteilung und die Bezahlung der Vergütungsrechnung vornimmt und dadurch unter bestimmten Voraussetzungen ein steuerlicher Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt entsteht. Denn wenn die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruches gegeben sind, gehört es zu den Pflichten des Insolvenzverwalters, diesen geltend zu machen, ohne dass der Gesetzgeber diese Pflicht - wie etwa die in § 3 InsVV aufgeführten Tatbestände oder besondere Sachkunde gemäß § 5 InsVV - als vergütungsrelevant angesehen hat. Das Amtsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit des Insolvenzverwalters im Rahmen der letzten Umsatzsteuererklärung für die Vergütungsberechnung nicht relevant ist, weil nicht einzelne Handlungen des Verwalters Grundlage der Berechnung seien, sondern der Wert der Insolvenzmasse, auf die sich die Schlussrechnung bezieht und dass sämtliche Arbeiten nach Einreichung der Schlussrechnung bis zur Aufhebung des Verfahrens, ggf. auch Steuererklärungen bei fehlender Vorsteuerabzugsberechtigung, mit der Vergütung abgegolten sind. Für die Vergütung kommt es nicht darauf an, in welcher Art und Weise das Verfahren durchgeführt worden ist, welche Art der Beendigung es hat, ob Erlös an die Gläubiger verteilt wird oder ob Vorsteuer geltend gemacht, sondern allein auf den Wert der Insolvenzmasse als "Ergebnis" der Tätigkeit des Verwalters. Das Amtsgericht hat ebenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass es dem Vergütungssystem der InsVV nicht immanent ist, eine höhere oder niedrigere Verwaltervergütung bei angenommen gleichen Vermögenswerten und Fallkonstellationen allein davon abhängig zu machen, ob der Schuldner vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht.
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Ebenso ergibt sich aus § 1 II Ziff. 4 InsVV, dass zurückfließende Kosten die Berechnungsgrundlage nicht erhöhen. Nach dieser Vorschrift werden die Kosten des Insolvenzverfahrens - von konkret benannten, hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - nicht abgesetzt. Das bedeutet, dass die Kosten im Rahmen der Vergütungsberechnung als Teil der Insolvenzmasse anzusehen sind und sich daher im Falle ihres Rückflusses auch nicht erhöhend auswirken. Anderenfalls käme es zu einer Doppelberücksichtigung dieser Beträge.
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Schließlich zeigt die von dem Beschwerdeführer angewandte Berechnungsmethode, dass das Ergebnis sich nicht mit dem Willen des Gesetzgebers deckt. Denn sie führt systemfremd dazu, dass in unterschiedlichen Insolvenzverfahren je nach Höhe der jeweiligen Insolvenzmasse eine unterschiedliche Anzahl von Berechnungsschritten erforderlich wäre, um zu dem von dem Insolvenzverwalter postulierten Ergebnis zu gelangen.
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Der geltend gemachte Umsatzsteuerbetrag von 3.291,20 Euro errechnet sich nicht aus einem feststehenden Vergütungsbetrag, sondern ergibt sich erst am Ende einer Rechnung in mehreren Schritten, in deren Ergebnis die konkret ermittelte Umsatzsteuer bereits Bestandteil der zugrundegelegten Berechnungsmasse ist. Der angesetzte Umsatzsteuerbetrag ermittelt sich dadurch, dass zunächst lediglich die sich aus den Einnahmen ohne Drittrechte ergebende Insolvenzmasse als Berechnungsgrundlage gemäß § 1 InsVV für die Verwaltervergütung sowie die auf diese zu entrichtende Umsatzsteuer errechnet wird. In einem nächsten Schritt wird die zu entrichtende Umsatzsteuer der Insolvenzmasse als Berechnungsgrundlage zugerechnet. In weiteren Schritten werden jeweils - auf der Grundlage der auf diese Weise jeweils erhöhten Berechnungsmasse - die Verwaltervergütung und die hierauf zu entrichtende Umsatzsteuer erneut berechnet. Die Ermittlung der auf diese Weise berechneten Umsatzsteuer ist beendet, sobald der - wie beschrieben errechnete - Umsatzsteuerbetrag auf die Verwaltervergütung und der Betrag, der der Insolvenzmasse als Umsatzsteuer hinzugerechnet werden soll, um zu dem Vergütungsbetrag und der sich daraus ergebenden Umsatzsteuer zu gelangen, identisch sind.
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Zur konkreten Berechnung wird auf den Nicht-Abhilfe-Beschluss vom 06.09.2007 (Bl. 266 ff d.A.) Bezug genommen.
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Der Beschwerdeführer beruft sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
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Der BGH hat sich - soweit ersichtlich - mit der von dem Beschwerdeführer angewandten Berechnungsmethode bislang nicht befasst.
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- In seinem Beschluss vom 25.10.2007 (IX ZB 147/06) hat der BGH zwar unter Bezug auf seine vorangegangene Rechtsprechung ausgeführt, dass ein späterer Massezufluss - so auch Steuererstattungsansprüche der Masse - bereits bei der Schlussrechnung und der hierauf gestützten Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen sei, wenn er bei Einreichung der Schlussrechnung schon mit Sicherheit feststehe. Voraussetzung sei allerdings, dass die Steuererstattungsansprüche tatsächlich an die Masse ausbezahlt würden. Ein Umsatzsteuererstattungsanspruch ergebe sich nach Einreichung der Schlussrechnung nur dann, wenn für den dann maßgeblichen Besteuerungszeitraum ein Überschuss der Vorsteuerbeträge festgestellt werde. Eine Entscheidung in der Sache hat der BGH jedoch nicht getroffen, weil es in dem konkret zu entscheidenden Fall - wie übrigens vorliegend auch - an der Darlegung eines sicher zu erwartenden, an die Masse auszuzahlenden Überschusses der Vorsteuerbeträge fehlte. Der Sachvortrag könne auch so verstanden werden, dass der Verwalter den Umsatzsteuerbetrag der Verwaltervergütung grundsätzlich ansetzen wolle, unabhängig davon, ob sich tatsächlich ein auszuzahlender Umsatzsteuererstattungsanspruch ergebe. Der erwartete Rückfluss sei also unter Berücksichtigung anderer steuerrechtlicher Vorgänge darzulegen. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die von der Masse zu entrichtende Umsatzsteuer auf die Verwaltervergütung der Masse wieder zufließt.
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- In seinem Beschluss vom 26.1.2006 (IX ZB 183/04) hat der BGH ausgeführt, inwieweit nach der Schlussrechnung eingehende Massezuflüsse für die Verwaltervergütung gemäß § 3 VergVO zu berücksichtigen sind, ohne darauf einzugehen, ob die auf die Verwaltervergütung zu entrichtende Umsatzsteuer als Teil der der Vergütungsberechnung zugrundezulegenden Teilungsmasse ist. Die von dem Senat aufgestellte Berechnung der Vergütung gibt keinen Grund für die Annahme, die auf die Verwaltervergütung zu entrichtende Umsatzsteuer fließe in die maßgebliche Teilungsmasse als Berechnungsgrundlage ein.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 I ZPO.
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Referenzen
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- § 5 InsVV 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 I InsVV 1x (nicht zugeordnet)
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