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Der Kläger verlangt vom beklagten Land Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung eines Prüfers im ersten juristischen Staatsexamen.
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Im Frühjahr 1999 nahm der Kläger am schriftlichen Teil der ersten juristischen Staatsprüfung in ... teil. Zuvor hatte er die Prüfung bereits einmal absolviert, diese jedoch nicht bestanden.
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Mit Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 08.06.1999 wurde ihm mitgeteilt, dass er in den Aufsichtsarbeiten Nr. 1 bis 3 im Zivilrecht 3,5 Punkte, 2,0 Punkte und 3,0 Punkte erzielt hatte. In den übrigen Aufsichtsarbeiten Nr. 4 bis 7 hatte er mit 7,0 Punkten, 7,0 Punkten, 6,0 Punkten und 2,0 Punkten abgeschnitten, so dass er einen Durchschnittswert von 4,35 Punkten erreicht hatte.
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Entsprechend § 15 JAPrO in der Fassung vom 07.05.1993 wurde er von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen, weil er nicht in mindestens einer zivilrechtlichen Aufsichtsarbeit 4,0 oder mehr Punkte erzielt hatte. Er hatte damit die Wiederholungsprüfung erneut nicht bestanden.
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Gegen diesen Bescheid legte er mit Schreiben vom 06.07.1999 (Anlage B 3, Bl. 55 d.A.) Widerspruch ein mit dem Antrag, die Aufsichtsarbeit Nr. 1 im Zivilrecht mit mindestens 4,0 Punkten zu bewerten und ihn zur mündlichen Prüfung im Frühjahr 1999 zuzulassen. Den Widerspruch stützte er „in erster Linie“ darauf, dass die Bewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 1 mit mangelhaft (drei Punkte) durch den Zweitgutachter, Herrn ..., rechtsfehlerhaft gewesen sei. Vielmehr wäre allein eine Bewertung der Leistung mit der Note ausreichend (mindestens vier Punkte) rechtsfehlerfrei gewesen.
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Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 15.09.1999 zurückgewiesen, worauf der Kläger am 19.10.1999 Klage beim Verwaltungsgericht ... einreichte (Anlage B 4, Bl. 56 d.A.; Beiakte des Verwaltungsgerichts ..., Az.: 2 K .../99).
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Mit dieser Klage begehrte er die Aufhebung der Bescheide vom 08.06.1999 und vom 15.09.1999 sowie die Neubewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 1.
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Seine Klage stützte er nunmehr im Wesentlichen auf einen formellen Fehler, weil die Aufsichtsarbeit Nr. 1 nicht allein von den als Prüfern berufenen Herren ... und ... begutachtet worden sei. Im Übrigen wendete er sich auch gegen die Bewertung seiner Arbeit mit 4,0 und 3,0 Punkten durch die beiden Prüfer.
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Gleichzeitig beantragte der Kläger nach § 123 VwGO die vorläufige Zulassung zum mündlichen Teil der ersten juristischen Staatsprüfung in ... zum nächstmöglichen Prüfungstermin. Dieser Antrag wurde vom Verwaltungsgericht ... mit Beschluss vom 22.11.1999 (Beiakte 2 K .../99 des Verwaltungsgerichts ...) zurückgewiesen.
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Hiergegen beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 01.12.1999 die Zulassung der Beschwerde. Sein Antrag wurde vom Verwaltungsgerichtshof ... mit Beschluss vom 03.01.2000 (Beiakte 9 S .../99 des VGH ...) zurückgewiesen.
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Im Hauptsacheverfahren 2 K .../99 vor dem Verwaltungsgericht ... unterbreitete dieses am 19.04.2000 den Parteien den Vergleichsvorschlag, dass sich das beklagte Land verpflichten solle, die Aufsichtsarbeit Nr. 1 des Klägers durch einen anderen Erstprüfer neu bewerten zu lassen. Der Abschluss eines solchen Vergleiches wurde vom Kläger am 25.04.2000 (Bl. 267 der Beiakte 2 K .../99) abgelehnt mit der Begründung, dass allein das Erstgutachten wiederholt werden solle, nicht dagegen das ungünstige Zweitgutachten.
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In der Folgezeit wurde im August 2000 (Bl. 299 der Beiakte 2 K .../99) vom Landesjustizprüfungsamt aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2000 abgegebenen Anerkenntnisses veranlasst, dass die Aufsichtsarbeit Nr. 1 des Klägers einer erneuten Erstbewertung unterzogen wird. Als Erstprüfer wurde der ... bestimmt.
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Nach erfolgter Erstkorrektur sollte die Arbeit dem bisherigen Zweitprüfer ... zum Überdenken seiner bisherigen Zweitbewertung zugeleitet werden.
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Der neue Erstprüfer bewertete nunmehr die Arbeit mit „ausreichend“ (6,0 Punkten), während der bisherige Zweitprüfer bei der Benotung mit mangelhaft (3,0 Punkten) verblieb (Bl. 307 der Beiakte 2 K .../99). Dies wurde dem Kläger mit Schreiben vom 02.10.2000 mitgeteilt; zugleich auch, dass er nunmehr zum mündlichen Teil der Prüfung zuzulassen sei.
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Am 24./26.10.2000 schlossen die Parteien sodann einen außergerichtlichen Vergleich, wonach die Bescheide vom 08.06.1999 und 15.09.1999 aufzuheben und der Kläger zur mündlichen Prüfung im Januar/Februar 2001 zu laden seien.
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In der ersten Aufsichtsarbeit hatte er nunmehr eine Durchschnittspunktzahl von 4,5 Punkten erreicht und damit insgesamt 4,50 Punkte im schriftlichen Teil der Prüfung.
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Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ... wurde von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt und hierauf mit Beschluss vom 02.11.2000 (Bl. 333 der Beiakte 2 K .../99) eingestellt.
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Im Verlaufe des verwaltungsrechtlichen Verfahrens hatte sich herausgestellt, dass die Randbemerkungen bei der Aufsichtsarbeit Nr. 1 des Klägers entsprechend den unterschiedlichen Handschriften von drei verschiedenen Personen stammen mussten. Der Erstprüfer ... gab hierzu zunächst am 16.11.1999 eine dienstliche Erklärung des folgenden Inhalts ab:
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„Die Aufsichtsarbeit Nr. 1 in der ersten juristischen Staatsprüfung im Frühjahr 1999 in ... mit der Kennzahl ... wurde von mir als Erstgutachter selbst korrigiert; Hilfspersonen habe ich bei der Korrektur nicht eingesetzt.
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Soweit dies bei der mir jetzt vorliegenden Kopie erkennbar war, habe ich die von mir stammenden Randbemerkungen mit rötlichem Marker gekennzeichnet.“
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In einer späteren Erklärung an das Landesjustizprüfungsamt teilte Herr ... diesem mit Schreiben vom 26.03.2000 (Anlage B 1, Bl. 53 d.A.) mit:
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„Nach erneuter Durchschau der nochmals übersandten Kopie der oben angegebenen Aufsichtsarbeit habe ich, wenngleich die Kopie der Bleistiftschrift nicht all zu leicht erkennbar ist, diese meiner Ehefrau vorgelegt. Sie neigt dazu, dass diese Randbemerkungen wahrscheinlich von ihr stammen.
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Dies dürfte darauf beruhen, dass ich bei Erstkorrekturen - sofern ich bei den ersten durchgesehenen Arbeiten auf eine schwache Leistung stoße - ihr diese teilweise zu einer Meinungsbildung übergebe - um der Kandidatin/dem Kandidaten unabhängig insgesamt gerecht zu werden -. Meine Ehefrau ist als langjährige Zivilrichterin und Assistentin an der Universität ebenfalls sehr korrekturerfahren.
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In den Fällen, in denen dies geschieht, stammt aber das Gutachten und die Bewertung allein von mir - so auch in diesem Fall.“
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Nach der Neubewertung der ersten Aufsichtsarbeit legte der Kläger im Januar 2001 die mündliche Prüfung ab und erzielte eine Durchschnittspunktzahl von 4,95 Punkten.
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Zwischenzeitlich hat der Kläger am ...2003 auch das zweite juristische Staatsexamen bestanden mit einer Bewertung von 4,33 Punkten. Eine Anstellung als Anwalt in einer Kanzlei hat er noch nicht erreicht.
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Der Kläger behauptet, der Erstprüfer ... habe die Aufsichtsarbeit Nr. 1 entgegen § 13 JAPrO nicht persönlich begutachtet.
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Er ist der Auffassung, dass hierin eine Amtspflichtverletzung liege, durch die der Kläger einen erheblichen Vermögensschaden erlitten habe in Form von Verdienstausfall in Höhe von insgesamt 30.365,82 EUR, weil er erst 18 Monate später in das Erwerbsleben als Volljurist eintreten könne und auch als Assistent ein geringeres Einkommen erzielt habe. Diesen Anspruch stützt der Kläger zusätzlich auf die erste dienstliche Erklärung des Herrn ... vom 16.11.1999.
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1. Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 30.365,82 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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2. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land dazu verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen bis dato nicht bezifferbaren künftigen materiellen Schaden, insbesondere den sozialversicherungsrechtlichen Schaden, zu ersetzen, der dem Kläger durch den Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 08.06.1999 über die Ergebnisse des schriftlichen Teils des ersten juristischen Staatsexamens im Frühjahr 1999 entstehen wird.
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Das beklagte Land beantragt:
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Das beklagte Land behauptet, dass Herr ... die Aufsichtsarbeit Nr. 1 des Klägers persönlich und allein begutachtet habe. Er habe seine Ehefrau nicht als Hilfsperson eingesetzt; insbesondere habe durch diese keine Vorkorrektur stattgefunden. Es liege deshalb bereits keine Amtspflichtverletzung vor.
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Der dienstlichen Äußerung vom 16.11.1999 fehle es an der erforderlichen Drittbezogenheit. Schließlich sei das Verhalten des Herrn ... nicht kausal für den vom Kläger behaupteten Schaden, der auch der Höhe nach bestritten werde.
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Im außergerichtlichen Vergleich vom 24./26.10.2000 sei ausdrücklich festgehalten, dass etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers in keiner Weise anerkannt oder bestätigt würden, was zwischen den Parteien unstreitig ist (vgl. auch Bl. 331 der Beiakte 2 K .../99).
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Außerdem erhebt das beklagte Land die Verjährungseinrede.
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Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 16.12.2003 verwiesen.
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Die Akten 2 K .../99 und 2 K .../99 des Verwaltungsgerichts ... sowie 9 S .../99 des Verwaltungsgerichtshofs ... wurden zu Beweiszwecken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
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